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Tageblatt. Amtsblatt des Kgl. Bezirksgericht- zu Freiberg, sowie der Kgl. Gerichtsämter u. der Stadträthe zu Freiberg, Sayda u. Brand.' ^°48. Srschtinl jedm W^chmtag ftuh 9 U. Inserat« wtrden bi« Nachm. 3 Uhr für dir nächste Nr. angenommen. Dienstag, den 27. Februar Preis vierteljährl. -0 Ngr. Inserat« «erden die geshaltme Zeile »der derm Raum mit 8 Pf. berechnet. 18««. Berliner 8 - Correspondent der „Deutschen Allgemeinen Zeitung" schreibt unterm 25. Februar: „Die neueste Wendung in den Verhandlungen zwischen Preußen und Oesterreich, welche eine Zeit lang einen sehr drohenden Charakter angenommen hatten, soll eine friedliche sein. Diese friedliche Wendung ist aber keineswegs hervorgerufen durch die Nachgiebigkeit des österreichischen CabinetS gegen die preußischen Vorschläge in Rege lung der Herzogthümerfrage, sondern der Grund dazu ist hier in Berlin zu suchen. EineStheils hat dazu wohl der Bericht beigetragen, welchen Graf v. d. Goltz über die Stimmung des französischen Kaisers gemacht hat. Napoleon hat das größte Wohlwollen gegen Preußen. Unzweifelhaft! Er wünscht sogar sehr, daß die Bestrebungen der Staatsmänner an der Spree von Erfolg gekrönt sein mögen, und lächelt freundlich weitern Schritten aus diesem Wege zu, aber — diese Bestrebungen in irgend einer Weise zu unterkützen, da bleibt er in einer bedenklichen Zurückhaltung. Er will sich nicht einmal aus Ver sprechungen, geschweige denn auf ein Bündniß mit Preußen einlaffen. Das Fehlschlägen dieser Hoffnung soll nun sehr niederschlagend auf hiesige unternehmungslustige und kricgSdrohende Kreise gewirkt haben. Dies ist der eine Grund der friedlichen Wendung; der andere» und zwar der eigentlich entscheidende, ist aber in unsern innern Verhältnissen zu suchen. Unsere Negierung hat an dem Beispiel, welches Oesterreich im Jahre 1859 gegeben hat, gelernt, wie schwach ein Land ist, in welchem die Regierung sich nicht im wahren Sinne aus das Volk stützt. Sie hat gesehen, daß ein unter solchen Verhältnissen unternommener Krieg sowohl zum Nachtheil des Landes als auch ganz sicherlich zur vollkommenen Niederlage des RegierungSsystcms ausschlägt, daS der Regierung die Stütze am Laude entzogen hat. Diese Folgen haben sich in Oesterreich nach dem italienischen Kriege auf das Deutlichste gezeigt. Die ultra-conserrative Partei hat die Leitung des Staates aus den Händen geben müssen, freilich erst, nachdem das Land eine seiner schönsten Provinzen verloren hatte. Darüber aber darf das Mi nisterium sich nicht täuschen, daß Oesterreich seine Forderungen nun so hoch als möglich stellen wird, sobald es erst bemerkt hat, daß man in Preußen ansängt, nachzugebcn. Denn das ist eben die üble und ge fährliche Seite der sonst sehr leichten Drohpolitik, daß man entweder, wenn die Drohung nicht fruchtet, zur That schreiten muß, oder daß zu verlängern strebt. Der preußische Landtag hat ein unvermuthrt schnelle-Ende erreicht. Ein Ministerium, welches die Verfassung in ihren klarsten Bestimmungen Punct für Punct fälschte und aus jedem ihrer Artikel herauSinterpretirte, daß die Krone alles und die Volksver-^ tretung gar kein Recht habe; ein Ministerium, welche« dir oberste Justizbehörde des Landes zu einer Competenz-Ueberschreitung ver leitete, und das beschworene Grundgesetz, welches nur durch ein« Vereinbarung zwischen Landesvertretung und Krone im verfassungs mäßigen Wege abgeändert werden kann, durch einen Ausspruch de» ObertribunalS in seiner wesentlichsten Bestimmung der Unverant wortlichkeit und Immunität der Abgeordneten vernichten ließ — ein solches Ministerium hatte keine Aussicht, ein für seine innere oder auswärtige Politik irgendwie zu verwerthendeS Votum de» Abgeordnetenhauses zu erlangen. Nach der markerschütternden Discussion über die Obertribunals-Entfcheiduug war es klar, daß das Ministerium der Kammer oder die Kammer dem Ministerium werde weichen müssen. An eine Transaction war nicht mehr zu denken, sondern nur an Krieg bis auf das Messer. In direktester Weise forderte die Regierung hierzu noch durch ihr Rescript vom 18. d. an den Kammer-Präsidenten Grabow heraus, in welchem dem Abgeordnetenhause seine Beschlüsse in Betreff der Einverleibung Lauenburgs, der Entscheidung des Ober-Tribunals und des Kölner Abgeordnetenfestes als unannehmbar und verfassungswidrig vor die Füße geworfen wurden. Es war der CulminationSpunct junkerlichen Hohnes und Hasses gegen das beschworene Landesrecht, als da» Ministerium Bismarck dieser Volksvertretung, welche nichts fordert, als die Beobachtung der Verfassung, die Anklage des Verfassungs bruche« in das Angesicht schleuderte. Auch war dieses empörende Rescript darauf berechnet, das Abgeordnetenhaus aller Fassung zu berauben und zu einem verzweifelten Schritte zu wrängen. Be antwortete das Haus die Bismarck'sche Heransforderung mit einer Einstellung seiner Thätigkeit, so überhob eS das Ministerium der Nothwendigkeit, den Bruch selbst zu vollziehen. Graf '.Bismarck würde dann nicht ermangelt haben, höhnisch auf die Fahnenflucht des Abgeordnetenhauses hinzuweisen und daraus eine neue und scheinbar wenigstens begründete Anklage des VerfafsungSbruche» gegen die Volksvertretung zu schmieden. Diese Erwägung hat tu den Abgeordnetenkreisen wohl auch den Ausschlag gegeben, und indem das Haus am 22. d. M. das Rescript des Ministerium» mittelst UebergangeS zur einfachen Tagesordnung zu den Acten legte und den Reichensperger'schen Vermittlungsantrag auf Erlaß einer Adresse ablehnte, zahlte es Verachtung mit Verachtung heim, durchkreuzte e» die ministerielle Tactik und zwang e» den Grafen Bismarck zur verhängnißvollen Initiative. Daß aber der preußische Premier die mit der Landtagsschließung geschaffne unconstrtutivnelle innere Lage für seine AetionspoM ja -t- Freiberg, 26. Februar 1866. „DaS Papier ist geduldig" — wie Jedermann weiß, und wer es noch nicht wissen sollte, der darf sich nur die massenhaften Conjecturen in der schleswig-holsteinischen Frage vergegen wärtigen, wo eine immer die andere Lüge straft. Sie einzeln auf- zutischen, mag man uns erlassen. Wir haben vor acht Tagen in Nummer 42 schon erklärt, die Geduld und Langmuth unserer Leser damit nicht in Anspruch nehmen zu wollen. Was aber zwischen dem 19. und 26. Februar liegt, müssen wir denn doch in aller Kürze recapituliren. In weiter Ferne vernahm man durch die „Hamburger Nachrichten" und die „Flensburger Nordd. Zeitung" erst ein dumpf grollendes Gewitter, welches sich näher und näher bis zum RedactionSbureau der „Kreuzzeitung" zog, um von dort mit einem Donnerschlag gegen Oesterreich loszubrechen. In feinem Gefolge war ein Platzregen giftiger Artikel der inspirirten Officiösen gegen den treuen Alliirten, dann der Noten- und Depeschenwechsel zwischen Wien und Berlin, dann die Ankunft des Grafen v. d. Goltz in Berlin und endlich die Mobilmachung des in Schlesien stehenden 6. Armeecorps — natürlich Alles — den Grasen v. d. Goltz aus- genommen — auf dem Papier. Mit einem Wort: Kriegslärm und Säbelgerassel füllte die politische Tagesordnung der letzten Woche. Zu oft haben wir an dieser Stelle darauf hingewiesen, daß ein Krieg zwischen der in Preußen herrschenden Junkerpartet und dem jetzigen Oesterreich ein Unding ist, so daß wir heute ein mal ein anderes Nrtheil, als das unsere, citiren wollen. Der man dem Gegner durch das Zurückweichen vor der That neuen Muth macht. Wir haben also alle Ursache, zu fürchten, daß wir durch un sere schleswig-holsteinische Politik, für welche Preußen jetzt seit 2 Jah ren so große Opfer auserlegt sind und die un- schon mit aller Welt in Conflicte gebracht hat, schließlich gar nichts haben werden, auch nicht einmal das, worin alle Parteien einig find, nämlich eine nähere militärische und maritime Verbindung der Hcrzogthümer mit Preußen." Dieser objectiven Darstellung der Sachlage haben wir nicht weiter beizufügen; sie entspricht vollkommen dem Charakter der jetzigen preußischen Politik, die mit Redensarten und Drohungen großsprecherisch bis zum Exceßist, aber vor jeder ernsten That zurück schrickt, weil sie am besten weiß, daß ihr der Hinterhalt am Volk fehlt. DaS ganze preußische System balancirt aber nur auf den Spitzen der Bayonnete, im ernsten Zusammenstoß könnten sie zum Todes stoß für dasselbe werden. Und sür so selbstmörderisch darf man eine Partei nicht halten, die so unermüdet die Spanne ihre» Dasein»