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ror schwerlich Leute octroyiren lasten, welche die Gegenfüßler Derer sind, die sein Vertrauen genossen! Nicht unwahrscheinlich ist, daß der frühere Minister HeS Innern, v. Neumayr, wieder an's Ruder kommt; schwieriger wird es sein, einen Ersatz für den CultuSmini- ster zu finden. Bezeichnend für gewisse Stimmungen waren die offenbar absichtlich auSgesprengten Gerüchte von beabsichtigter Ab dankung des Königs, ja selbst mit Hindeutungcn auf nicht freiwil lige, möglicherweise aber nothwendig werdende. An Lust zu solchem Vorgehen mag es da und dort nicht fehlen; allein wir leben eben doch nicht in einer Zeit, wo solche Dinge noch ausführbar sind, wie sie es früher waren. Gott erhalte dem Könige dm heiteren, festen Jugendmuth und lasse ihn die Männer finden, die er bedarf, um die Verbesserungen durchzuführen, die schon sein Vater geneh migt und vorbereitet hatte. Das Leichenbegängniß des Ministers v. Koch war ein glänzendes Gericht über den Todten und ein Fin gerzeig, welches der Geist sei, in dem der König eine feste Stütze seines Thrones und die belebende Kraft für seinen Staat zu suchen habe. Baiern ist jedenfalls in eine Periode eingetreten, die nicht arm an Kämpfen sein wird, bis aus ihnen die Männer hervor- grhen, welche mit dem Willen auch die Kraft haben, dem Könige treu mit Rath und That zur Seite zu stehen, mehr geneigt, ihm und dem Staate, als sich selbst und einseitigen, Interessen zu dienen!" — 30. Januar. (N. C.) Die aus verschiedenen Landestheilen hier eingetroffene. Deputation erhielt diesen Vormittag die Mitthei« lung, daß die erbetene Audienz bei Sr. Mas. dem Könige nicht gewährt worden sei, worauf sämmtliche Mitglieder der Deputation unsere Stadt wieder verlassen haben. Es soll indessen zugleich be merkt worden sein, daß die Deputation ihre Wünsche rc. auf dem aeschäftsordnungSmäßigen Wege durch das Staatsministerium des Innern in Vorlage bringen könne. Wie uns anderseitig mitgetheilt wird, ließ Se. Mas. der König der Deputation durch den StaatS- rath Fischer erklären, daß er die verfassungsmäßige Volksvertretung als das Organ betrachte, durch welches das Land zu ihnr spreche, und daß er deshalb ihr Vorbringen anzunehmen nicht in der Lage sei. Kastel, 29. Jan. (F. I.) Prinz Moritz von Hanau hat dem Vernehmen nach sein Mandat als Vertreter der Ritterschaft nieder gelegt. Kopenhagen, 27. Januar. (B. Bl.) Die tragische Geschichte des Tischlermeisters Jörgensen, welcher unschuldig in den Verdacht der Brandstiftung gerieth und in Folge der Untersuchungshaft starb, während seine Unschuld durch das Geständniß eines zum Tode ver- urtheilten Verbrechers kurz vor dessen Hinrichtung an den Tag kam, kam infolge einer deshalb von Herrn I. A. Hansen gestellten Inter pellation im Volksthing des Reichstags zur Verhandlung. „Die Haare stiegen Einem zu Berge", äußerte der Redner, „wenn man hörte, daß Solches in einem auf seine Freiheit und Rechtssicherheit stolzen Lande vorkommen könne." Hansen behauptete, daß man un erhörte Torturen gegen Jörgensen angewandt habe, daß in strenger Kälte der steinerne Boden seiner Zelle mit Wasser begossen sei, daß er so gehungert habe, daß er die Grütze seines Verbandes habe essen müssen, daß man ihm feuchte Hemden mit Zwang angezogen und endlich ihn nur mangelhaft bekleidet habe, ja, daß in seiner Zelle außer dem kalten, feuchten Steinboden kein Sitz gewesen sei, auf dem er hätte ruhen können. Das menschliche Gefühl empörte sich gegen dergleichen; es sei entsetzlich, daß so etwas möglich sei, blos gegen einen Verdächtigen. Der Redner fragte dann, was man gethan habe, um den Verhörsrichter und alle Betreffenden zur Rechenschaft zu ziehen, oder ob sie noch in ihrem Amte säßen? Der Justizminister antwortete dem Redner, ein höchst unglückliches Zusammentreffen von Umständen hätte dieser Sache eine so traurige Wendung gegeben; die öffentliche Meinung hätte damals stark die Entdeckung und Bestrafung des Brandstifters gefordert, weil mehrere Menschen dabei ums Leben kamen; dies hätte die Untersuchung etwas beeinflußt, allein die verschiedenen Angaben angewendeter Tortur seien unrichtig und die ganze Schilderung schlechter Behand lung sei übertrieben. ES seien Erklärungen von den Betreffenden eingefordert, welche dies anssagten, und eine amtliche Erklärung von der Unschuld Jörgensen'S, so wie die Rückzahlung der Unter suchungskosten sei beschlossen. Der betreffende Verhörsrichter endlich stehe vor einem hühern Richter, er sei gestorben. Aus Dublin meldet der „Telegraph" vom 29. Januar: In einer an allen Straßenecken angeschlagenen Proclamation wird der früher auf die Habhaftwerdung de« Fenierhäuptlings gestellte Preis von 1000 Pfd. St. auf das Doppelte erhöht, und werden 1000 Pfd. Demjenigen zugesagt, durch dessen geheime Mittheilung die Ein saugung des Flüchtigen bewerkstelligt wird. Seinen Mitschuldigen bei der Flucht aus dem Gefängnisse, sowie Denjenigen, welche ihn beherbergen, tvird, wenn sie sein Versteck angeben, voller Pardon und eine Belohnung von 300 Pfd. St. zugesagt. Die Regierung hat, wie eS heißt, mehreren Officieren Bestallungen als Friedens richter ertheilt, damit sie bei etwaigen Unruhen unabhängig von den Civilbehörden zu handeln im Stande seien. i — Sachsen. -f- Dresden, 1. Februar. Es wird Ihren Lesern noch er innerlich sein, daß im August v. I. der Reiter Ahner vom zwei ten Reiterregiment ein Attentat auf den Rittmeister v. Zerschwitz ausführte, indem er ihn bei Ausschlagung eines Äivouak» wieder holt mit einem Campirpfahle schlug und ihn möglicherweise erschla gen hätte, wenn dem Rittmeister nicht andere Soldaten zu Hilfe kamen. Gegen Ahner wurde vor dem Kriegsgerichte der Proceß wegen dieses Verbrechens eingeleitet und ist derselbe von dem be treffenden Militärgericht wegen der in Reihe und Glied und unter den Waffen verübten thätlichen Vergreifung an der Person eine» Vorgesetzten zum Tode verurtheilt worden. Es bleibt nun abzuwarten, ob das Oberkriegsgericht dieses Urtheil bestätigen oder verwerfen wird. — Das Neujahrsgeschenk der Wasserleitung, wo mit die Bewohner Leipzigs am 1. Jan. d. I. erfreut wurden, ist bei uns noch immer ein frommer Wunsch geblieben, obgleich es nicht verkannt werden kann, daß die städtischen Behörden zur Rea- lisirung dieser Frage bisher redlich das Ihre gethan haben. Auf Anregung der Stadtverordneten hat nun neuerdings der Stadtrath die Regierung um Auskunft darüber gebeten, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Expropriationsgesetz zu WasserleitüngSzwecken als ständische Vorlage zu gewärtigen sei^ Die Antwort des k. Mini sterium des Innern wurde in der gestrigen Stadtverordneten sitzung mitgetheilt und geht im Allgemeinen dahin, daß ein Ge genstand von so großer Wichtigkeit, wie die Versorgung größerer Städte mit gutem Wasser, wohl Anlaß zur Vorlage eines Expro priationsgesetzes sein könne. Jedoch würde vorausgesetzt werden müssen, daß cin bestimmtes Project vorliege, sowie die Führung des Nachweises, daß erstlich das Wasser auf keine andere Weise be schafft werden könne und daß es in quantitativer und qualitativer Hinsicht dem vorliegenden Bedürfnisse entspreche. Sobald derar tige Vorlagen gemacht werden, erklärt sich das Ministerium bereit, den Entwurf eines Expropriationsgesetzeö den Ständen vorzulegen. Bei dem Interesse, welches die städtischen Behörden dieser Frage bisher zugewendet haben, läßt sich wohl etwarten, daß man so schnell wie möglich die nöthigen Vorlagen machen werde. — Nach dem schon seit Jahren die Residenz auf ihrer Südseite sich durch Anlage eines neuen Stadttheils bi« dicht an den böhmischen Bahn hof ausgedehnt hat, trat das Bedürfniß, auch nach dieser Richtung hin einen Ausgang über die Bahn zu gewinnen, immer dringender hervor. Die hermetische Absperrung der Wagenpassage von der Bergstraße bis an den Anfang des Großen Gartens vertrug sich nicht mehr mit dem regen Verkehr, welcher sich in dem neuerbau ten sogenannten englischen Stadtviertel entwickelt hatte; außerdem aber war der Stadt durch den beengenden Eisenbahngürtel jede Möglichkeit abgeschnitten, sich nach der Südseite bin weiter auszu« dehnen und die lebhafte Baulust, welche dieser Richtung sich zu wendete, zu befriedigen. Jenseits der Bahn liegt nämlich ein Bau terrain von fast 2 Millionen Quadrat-Ellen, ganz dazu geschaffen, einen neuen Stadttheil mit einem geordneten Straßennetze aufzu« nehmen, sobald demselben eine ausreichende Verbindung mit der Stadt gesichert werden könnte. Es kam deshalb bereits vor zwei Jahren zwischen dem Fiscus und der Commune ein Vertrag zu Stande, wonach die Verlegung des sächsisch-böhmischen Güterbahnhofes auf das von der Stadt erworbene Areal zwischen der Falkenstraße und dem Rosenwege festgestellt und der Stadt circa 218,190 Quadrat-Ellen Terrain südlich des Bahnhofe» abgetreten wurde. Gestern fand nunmehr die Abgrenzung de» be treffenden Terrains statt. Die Commune war dabei durch Herrn Stadtrath Teucher und die k. Eisenbahndirection durch Herrn Di« rectionsrath Rachel vertreten. Die Bebauung des erworbenen Ter rains dürfte nun sehr bald von unsern Bauspeculanten in Angriff genommen werden. St. Petersburg, 26. Januar. Der „Russ. C." sagt: Im Anfang des Sommers 1864 hatten wir 1,235,000 Mann und 96,000 Pferde. Am 1. Januar 1865 enthielt der Militärbestand 909,000 Mann und 82,000 Pferde. Und heute beträgt er nur noch 805,000 Mann und 75,000 Pferde. Diese Verminderung hat nothwendig die de» für die Armee bestimmten Budget« zur Folge gehabt. Im Jahre 1864 betrug eö 152,155,000 Rubel, für 1865: 127,831,000 und für 1866 beträgt eS: 116,589,000 Rubel.