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Tageblatt Amtsblatt des Kgl. Bezirksgerichts zu Freiberg, sowie der Kgl. Gerichtsämter u. der Stadträthe zu Freiberg, Sayda u. Brand ^-153. Erscheint jeden Wochentag früh S U. Inserate werden bi« Nachm. 3 Uhr für die nächste Nr. angenommen. Mittwoch, den 4. Juli Pdei« vierteljährl. 20 Ngr. Inserat« «erden die gespaltene Zeile oder deren Raum mit S Pf. terechnet. 18SS. -t- Freiberg, 2. Juli 1866. Während der letzten Tage ist gar manches Opfer dem Schlach tengott gefallen, aber der Entschcidungskampf steht noch bevor. Näher nnd näher sind namentlich in Böhmen die Heeressäulen an einander gerückt, jeder Tag kann uns die Nachricht von einem Kampfe bringen, der vielleicht mit zu den blutigsten unserS Jahr hunderts gehört. Soweit man den Kricgsplan bis jetzt übersehen kann, so rückte die preußische Armee auf drei großen Hccreöstraßen fächerartig in Böhmen ein, um sich zu einer Armee vor den österreichischen Linien zu verschmelzen. Prinz Friedrich Carl führte das Centruin über Löbau, Zittau nach Reichenberg; General Her- warth v. Bittenfeld die Elbarmee als rechten Flügel, der Kron prinz die schlesische Armee als linken Flügel. Alle drei Heeresab- theilungen drangen unter fortwährenden kleineren und größeren Vorpostengefechten vorwärts, und je näher sie einander kamen, desto heftiger wurden die Kämpfe Seitens Oesterreichs, nm ihre Vereinigung zu vereiteln. Am bedeutendsten ist jedenfalls die Schlacht zwischen dem österreichischen Armeccorps unter Feldmar schall-Leutnant v. Gablenz und dem preußischen Gardecorps vom 28. Juni. Hier gatt es, das preußische Centrum zu durchbrechen, nm die rechten und linken Flügel zwischen zwei Fener zu nehmen und aufzurciben. Dies ist nicht gelungen; Gablenz wurde geschla gen und da auch Herwarth v. Bittenfeld mit dem rechten und der Kronprinz von Preußen mit dem linken Flügel siegreich vordrangen, so ist ihre Vereinigung zur Thatsache geworden und das Gros der preußischen Armee steht nunmehr dem Gros der österreichischen in einer Ausdehnung von Münchengrätz bis in die Gegend von Jo- sephstadt gegenüber. Soweit läßt sich der Thatbestand aus den Mittheilungen preußischer Blätter entnehmen, auf die wir unter gegenwärtigen Verhältnissen angewiesen sind. Der mitteldeutsche Kriegsschauplatz gewinnt an Ausdehnung, da auch Nassau nächstens zu den occupirten Staaten gehören und ein Kampf mit dem Bundes - Armeccorps am Mmiö>cvorstehcn dürfte. Die größeren Opfer an militärischer Kräslanstrcngung, welche Preußen dieser Auödehnnng willen zu bringen hat, werden durch die Erfolge in Hannover ausgeglichen, denn dort hat das Heer die Waffen gestreckt, so daß Preußen nur noch mit den deut schen Südstaatcn zu thun hat. Die Bundcsarmee ist überhaupt noch nicht in Action getreten, denn daß man das hohenzollernsche Ländchen Sigmaringen? mit einem Bataillon Württemberger besetzt hat, dürfte man kaum als eine kriegerische Action bezeichnen. AuS einer Proclamation des Fürsten von Hohenzollern geht jedoch her vor, daß Preußen selbst die Offensive gegen die Bnndesarmee er greifen werde. Diese Proclamation ist an die Bewohner Nassau'- gerichtet und lautet: „Bewohner des HerzogthumS Nassau! Se. Majestät der König von Preußen hat das Schwert gezogen, um Deutschland vor dem Unglücke zu bewahren, aus der Bahn einer glänzenden geistigen und materiellen Entwickelung zurttckzusallen unter die entnervende Herrschaft dynastischer Interessen und einseitiger Sonder- bestrebungen. Aber meines Königs hochherziger Sinn wollte die zer störende Last de- Kriege- nur dorthin lenken, wo die Nothwendigkeit der Entscheidung e- erforderte. Die reichen Länder, welche die preu ßische Rheinprovinz umgeben, sehen ihre Grenzen unberührt, ihren Handel ungestört, die Blüthe ihrer Felder unangetastet. I» frevel haftem Uebermuth verkennt aber da- süddeutsche Armeecorps am Main, zu welchem die nassauische Regierung ihr Eontingent gestellt hat, den menschenfreundlichen, deutschen Sinn meines König- und Herrn. Trup pen dieses Corps haben e- gewagt, in den preußischen Kreis Wetzlar einzurücken und durch diesen Schritt für mich die Nothwendigkeit her« beigeführt, Nassau al- ein feindliches Land anzusehen. Die Lvlonnen meines königlichen Kriegsherrn marschiren gegen den Main. Ich hoff« um de- nassauischen Lande- willen, daß die Haltung seiner Bewohner keinen Zweifel darüber lassen wird, daß sie nicht Theil haben an dem verblendeten Beginnen ihrer Regierung." In Bezug auf den italienische,» Kriegsschauplatz liegt nichts Neues vor. Daß übrigens nächstens eine zweite Schlacht geschlagen werden dürste, geht auS folgendem Telegramm hervor: Florenz, 27. Juni. Der König sagt in einem Telegramm aus dem Hauptquartier, daß die am 24. gelieferte Schlacht weder eine verlorene noch gewonnene zu nennen sei. Er habe die Con centration sämmtlicher Streitkräfte anbefohlen, um sofort wieder in Action zu treten. Die Armee verlangt nach einem neuen Kampfe. — Die italienische Armee concentrirt sich zwischen Cremona uni» Piacenza. Aus Ancona wird vom 27. gemeldet: Die österreichische Flotte erschien heute Morgen in Sicht, entfernte sich aber wieder, als sie gewahr ward, daß die italienische Flotte sich zum Angriff anschickte. Auch in den französischen Blättern drängen die Nachrichten vom Kriegsschauplätze, namentlich die vom italienischen, für den Augenblick alles Andere in den Hintergrund. Allerdings will man wissen, daß auf der italienischen Gesandtschaft keine besonders großen Besorgnisse gehegt wurden; indeß erinnert man sich bei den Nach richten von dem unglücklichen Kampfe bei Custozza unwillkürlich daran, daß Durando auch bei früheren Gelegenheiten entschiedenes Mißgeschick gehabt hat, und im Bewußtsein, wie wichtig der Gang des italienischen Freiheitskrieges speciell anch für Frankreich seit» muß, fragt man in Paris jetzt vor Allem: Wo ist Cialdini? Wo die Flotte? — Hinsichtlich der deutschen Verhältnisse ist die Be- urtheilung, welche der „Siecle" den preußischen Bestrebungen an gedeihen läßt, sehr bemerkenwerth. „Die Einheit Deutschlands", sagt nämlich das gedachte Blatt,' steht im Begriffe, sich zu vollziehen; es bedarf nur eines entschei denden Sieges für Preußen, und sie ist vorhanden, denn das deutsche Parlament würde sie verkündigen. Dann freilich würde sich vor Europa eine andere, sehr schwer zu lösende Frage aufwerfen, wie würde es einem großen siegreichen Deutschland gegenüber mit einem an seiner Nordostgrenze blosgestellten Frankreich aussehen? DaS ist der schwarze Punkt am Horizont, und die deutschen Staats männer verlieren chn keinen Augenblick aus den Augen. Der König von Preußen denkt bis jetzt noch nicht an so durchgreifende Umwandlungen, selbst nicht gegenüber den Fürsten, mit denen er sich im Kriege befindet: er fordert auch gegenwärtig nichts zurück, als die durch Oesterreich verletzten Rechte des Wiener und Gasteiner Vertrags. Mit Hrn. v. Bismarck aber ist es etwas Anderes. Er hat nur das Äne vor Augen: ein bis an den Main von Oester reich befreites Deutschland, und man muß anerkennen, daß in den letzten Wochen seine Politik einen logischen, reiflich vorbereiteten und mit bemerkenSwerther Energie und Präcision ausgeführten Plan verräth. In den englischen Blättern und Wochenschriften bespricht man die Vortheile, welche sich Preußen durch sein energisches mit» entschlossenes Vorgehen erworben hat. Oesterreich", heißt es u. A.,