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und Tageblatt. " ii ri ,i Amtsblatt des Kgl. Bezirksgerichts zu Freiberg, sowie der Kgl. Gerichtsämter u. der Stadträthe zu Freiberg, Sayda u. Btavh ^?S2. Pischkint jtdm Wcchmtag früh 9 U. Jnsnate werdm bl« Nachm. Z Uhr für die nächst« Nr. <ma«noinm«n. 18M Montag, den 23. April Vr«i» »itNelMI. SV Rar. 3»ft>«»« wndtn die -«spalttne Zeil« oRr dn«n Raum mit I Pf. brrrtuet. Abwarten! Wenn man die zahlreichen Volksversammlungen beachtet, die aller Orten jetzt stattfinden, so läßt sich nicht leugnen, daß die Idee de» deutschen Parlaments, unter die Massen gebracht, zu wirken be» ginnt, ohne daß sich ein anderes Bild von dieser Wirkung ergäbe, als da» eines Ameisenhaufens, in den man mit einem Stock ge» rührt. .Bundesreform, d. h. eine friedliche Verständigung unter den dttltschen Staaten über eine Veränderung der BundeSeinrich- tungen — und dabet Kriegsdrohen der beiden deutschen Großmächte, wie reimt sich dies zusammen? Wie kann da- Eine neben dem Andern gedacht werden! Allerdings momentan tritt die Kriegsrüstung der beiden Groß mächte mit fammt der schleswig-holsteinischen Frage vor dem preu ßischen Project der Bundesreform in den Hintergrund; denn Jeder mann fühlt, daß da- letztere eine wichtigere und zwingendere Be deutung hat und in ihm auch zugleich die schleswig-holsteinische Frage enthüllen tst. Aber wer 'glaubt, daß da» Projekt des Grafen Bis marck lebensfähig sein wird? Wer kann regen Antheil daran neh men, wenn er bedenkt, von wem eS angeregt worden ist und wie e» sich verwirklichen müßte, wenn es zugleich den Interessen eines Ministerium» Bismarck, denen der deutschen Bundesstaaten und nun auch noch Oesterreichs entsprechen sollte! Wie würde es dann Wohl in dieser schönen Verwirklichung der deutschen Nation gefallen! Ebensowenig wie an eine Lebensfähigkeit dieses Reformvor- schlage« Bismarcks, will man an den Krieg zwischen Preußen und Oesterreich glauben, weil nirgends das Volk Luft dazu hat und Niemand einen anderen Grund für ein so folgenschwere» Ereigniß angeben könnte, als die Rivalität zwischen den beiden Großmächten. ES liegt auf der Hand, daß der Sieger in diesem Kampfe die Bundesreform so vorschreiben würde, wie sie ihm gefiele und seinen speriellen Interessen entspräche, und dafür wird sich doch am aller, wenigsten das deutsche Volk begeistern können. Indessen, der Sauerteig ist aufgerührt und das Chaos beginnt. Zunächst muß man die Wirkung beobachten, welcher dieser preußische Antrag auf Oesterreich und die deutschen Mittelstaaten hervorbrin. gen wird. Wie e» scheint, ist sie überall eine recht kühle und giebt nicht besondere Hoffnungen, daß Graf Bismarck nur über da- erste Stadium der Verwirklichung seines Projekts gelange. Die Kreuzzeitung-partei, deren Held Graf Bismarck bisher war, muß komischer Weise jetzt in den sauren Apfel beißen und für ein deutsches Parlament Lanzen brechen, vor dem sie immer einen unüberwindlichen Abscheu gehabt hat. Wer sich um da» Bivmarck'sche Regiment nur ein wenig ge kümmert, wird wohl überzeugt sein, daß das Volk von einer Stär- kung und Erhaltung desselben Alles zu fürchten, Nicht« zu hoffen hati Eine Schöpfung Bismarcks kann nicht im Geist'der deutschen Nation sein, und ein deutsches Parlament aus diesen Händen, da« müßte eine hübsche Farce bilden. Daher, glauben wir wenigstens, nichtz um alle Herrlichkeit der Welt dürfte e« Bismarck gelingen, da» deutsche Volk für seine Pläne zu gewinnen. Ruhig die Zu kunft und den Verlauf der Dinge abwartend, steht ihm zunächst ohne Theilnahme für diesen Schritt verzweiflung-vollen Ehrgeize« die große liberale Partei gegenüber. Man glaubt im Volke weder, an den Ernst de« Vorsätze« bei dem preußischen Premier, noch aq gut gemeinte Absichten desselben — und auch dieser Glqube läßt sich nicht erzwingen. Setzt kann di« liberale Partei sagen; sie hat Zeit, sie kann warten. Erst wenn die nöthige Klarheit in dieses neu hervorgerufene Chaos gekommen, wird es Zeit sein, die End ziele des preußischen Projekt» näher zu würdigen. Vorläufig ist die Parole de» Volk« unzweifelhaft: „Abwarten!" — > — —. Tagesgeschichte. Dresden, 20. April. In mehreren Zeitungen findH sich di, Nachricht, daß die Regierungen von Bayern und Sachsen sich Aber ein Programm in der Bundesreformfrage geeinigt, dasselbe in Wien vorgelegt und auch die „Genehmigung" de» kaiserlich österreichischen Cabinet» dazu erhalten hätten. De» „Dr. I." ist zu der Erklärung ermächtigt, daß von den gedachten beiden Regierungen eine aus die Bundesreform bezügliche Vorlage in Wien gar nicht gemacht worden ist. Berlin, 20. April. Bor einigen Tagen erinnert« die „N. A- Ztg." daran, daß schon im Anfang de» Jahres 1863 der preußische Gesandte am Bundestag seine Stimme für die Einberufung eine» deutschen Parlaments, welche« aus allgemeinen, direkten Wahlen hervorgegangen, erhoben habe, und daß der Graf Bismarck in der Denkschrift vom September 1863 dieselbe Forderung ausgesprochen habe. Das officiöse Blatt wollte damit beweisen, daß der jetzige preußische Antrag beim Bunde nur der Ausdruck eine« lange ge hegten Planes sei, und irren wir nicht, so lag jener Mittheilung auch wohl der geheime Wunsch zu Grunde, man solle glauben, der Graf Bismarck sei immer der Ueberzeugung gewesen, daß da allgemeine Stimmrecht für den im Auge gehabten Zweck und bei der Nothwendigkeit, die verschiedensten partikularen Verhältnisse einem Maßstab dienstbar zu machen, al« da« allein Mögliche be zeichnet werden muß, und daß er um so weniger niemals Anstcnw genommen haben würde, diese Form der Wahl in Vorschlag zv bringen, als er dieselbe für da» konservative Princip förderlicher erachtet, wie irgend einen anderen guf künstlichen Lombinationen beruhenden Wahlmodu». — Dem ist jedoch nicht so, dem Grafen Bismarck ist die Ueberzeugung von der Bortrefflichkeit de» allge meinen, direkten Wahlrechtes erst in muester Zett geworden, viel leicht veranlaßt durch die ihm und seinem Systeme ungünstigen Erfolge, welche ein anderer, „auf künstlichen Combinationen be ruhender Wahlmodu»", gehabt hat, während er sah, welche günstigen Erfolge sein hohe« Urbild in Frankreich durch da« allgemeine direkte Wahlrecht zu erzielerr im Stande ist. Wie der Graf Bi-marck früher über da« allgemeine direkte Wahlrecht, und gerade in seiner' Anwendung auf ganz Deutschland , gedacht hat, dafür liegen un« al« unantastbarer Bewei» seine eigenen Worte vor, welche er vb»' 17 Jahren, am Sonnabend, 21. April 1849, in der zweiten pr?utz. Kammer bei Gelegenheit der Debatte über die Annahme der deutschen' Reich-Verfassung gesprochen hat. Lr sagte damals: „Sie (d. h. die deutsche Retchsverfasfung) bringt un» zweiten» die direkten Wahlen mit allgemeinem Stimmrecht. Wenn dir Wahlbezirke blrrbrn sollen, wie sie sind, so werden ungefähr auf einen Wahlbezirk, der! zwei Abgeordnete wählen soll, 26,000 Urwähler im Durchschnitt kommen. Ich frage, ob irgend einer der rechten Seite sich im Stande glaubt, 26,000 Wähler, die zerstreut in den verschiedenen Hütten und Bauerhöfen wohnens parteimäßig zu orgauifiren. Den Hprren der linken Seite" wird e» viekletcht leichter sein. Gern rättme ich