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Tageblatt. Amtsblatt de« Kgl. Bezirksgericht« zu Freiberg, sowie der Kgl. GerichtSämter u. der Stadträthe zu Freiberg, Sayda u. Bra«« «aa>Un»t»mW»chm>°,ftui>vu. Put. °>n,.l,LhrI. r« Nz-. In,««« H 88. Mittwoch, dm ri. Marz 1888. Prag, 18. März. (Dr. I.) Die Energie, mit welcher die Regierung den Aufruhrs- und PlünderungSscenen, deren Schauplatz eine Anzahl Orte in Böhmen — vorzüglich Schüttenhofen — g^ worden, durch die Verkündung des Standrechts entgegentritt, rann auf allgemeinen Beifall im Lande rechnen. Der Umstand, daß diese Itrenge Maßregel zugleich in vier Kreisen — dem Prager, Pilsner, Piseker und Taborer — zur Anwendung kam, scheint da rauf zu deuten, daß die Regierung rechtzeitig davon in Kenntniß gesetzt worden sei, eS sei auch in andern Städten und Fabrikorten der Versuch ähnlicher Gewaltthaten zu besorgen. Die Nachrichten über jene mittelalterlichen Scenen sind bis jetzt äußerst unvollstälh dig ; so viel scheint jedoch aus ihnen hervorzugehen, daß die eigust' liche Arbeiter- und Fabrikbevölkerung sich von den Excessen fett» hielt und dieselben fast durchgehends von Individuen verübt wur den, die bei allen aufrührerischen Bewegungen zuerst in den Vor dergrund treten: arbeitsscheue Subjecte, herabgekommene Leute. Unrichtig ist die Annahme, die berührten Vorgänge hätten ihre« Grund in der Ueberhandnahme des Pauperismus in jenen Bezir ken. Wie gesagt, die Armuth nahm keinen Theil an der Plünde rung rc. Daö Gerücht, es wären auch in Prag für die nächsten Tage gegen die Israeliten gerichtete Aufläuse zu besürchten gewe sen, falls die Regierung nicht so entschiedene Maßregeln ergriffen hätte, hat wohl nur in übertriebenen Besorgnissen seinen Ursprung gefunden. Immerhin mag jedoch die Vorstellung einer Anzahl Han delsleute und Industrieller bei der hiesigen Statthalterei, daß der Handel und der Fabrikbeirieb unter den Nachrichten von fortwäh renden Angriffen auf israelitische Kaufleute empfindliche Nachtheile erleiden, daß in Folge der Plünderungen Zahlungseinstellungen und Stockungen des Geschäftsbetriebes in erheblichem Umfange eintreten^ auf die rasche Entschließung der Regierung Einfluß geübt haben. Daß viele israelitische Familien die kleinen böhmischen Ortschaften verlassen, um in größere Städte zu übersiedeln oder in andern Kronländern sich niederzulasscn, wäre nach solchen Vorgängen recht leicht erklärlich. Der Besuch von Jahrmärkten und der Betrieb des kleinen Zwischenhandels hat natürlicherweise durch dte Ueber» handnahmc der Angriffe auf das Eigenthum der Israeliten empfind lichen Abbruch erfahren. Das gestern verbreitete Gerücht, bei Raud« nitz wären neuerdings Excesse gegen Israeliten vorgefallen, hat sich bisher nicht bestätigt. Schleswig, 16. März. (S.-H. Z.) Es regnet jetzt förmlich Lonfiscationen. Heute waren der „Altonaer Mercur" und „Ham burger Correspondent", gestern das „Rendsburger Wochenblatts wiederum mit Beschlag belegt. — Gestern Nachmittag waren dip Vorstandsmitglieder des hiesigen Bürger- und Kampfgenossenverein», ferner der Wort- und Biceworthalter und der Wirth eine« hier be- stehenden BierrlubS „der Brüder der Schlei" aus's Polizeiamt ci- tirt, um sich von dem Polizeimeister die neue Verordnung vorleset» und deren Inhalt recht an'S Herz legen zu lassen, damit sie in ihren resp. Vereinen für deren genaue Befolgung Sorge tragen könnten. Der Wirth zur „neuen Börse", wo der (durchaus harm lose, lediglich dem König Gambrinus und dem.Herzoge MomuS huldigende) Schleiclub seine Sitzungen hält, ward noch insbeson dere darauf aufmerksam gemacht, daß er für in seinem Locale etw« vorfallende ungesetzliche Aeußerungen haften werde, fall« er dieselben nicht sofort zur Anzeige bringe. — Die Entlassungen folgen Schlag auf Schlag. Nun sind auch die Zollverwalter za Holtenau und Friedrichstadt, die Herren Falkenberg und Ziegler, sowie der He- bungscontroleur auf Pelworm, Herr Rubens, ihres Amtes plötzlich entlassen. « A März. Die „Patrie" meldet, daß der preußische Botschafter, Graf v. d. Goltz, heute dem kaiserlichen Prmzen den schwarzen Adlerorden im Namen de» Königs von Preußen über- Tagesgeschichte. Dresden, 19. März. Das „Dr. Journ." schreibt: Ein hie siges Blatt brachte unlängst die Nachricht, der preußische Gesandte in Dresden solle im Namen seiner Regierung die Erklärung ab gegeben haben, daß für den Fall eines Kriege« zwischen Preußen und Oesterreich seine Regierung die gewünschte Neutralität Sach sens respectiren werde, und in Folge dessen sei die schon angeordnet gewesene Mobilisirung der sächsischen Armee sistirt worden. Ein Leipziger Blatt, welches diese Notiz erwähnt, spricht zugleich, ob schon mit dem Ausdrucke des Zweifels, von einer ernsten Drohung, die Graf v. Bismarck dem sächsischen Gesandten Grafen v. Hohen - thal in Berlin mit besonderer Bezugnahme auf die sächsische Presse ausgesprochen haben soll. — Beide Nachrichten beruhen vollständig auf Erfindung. Berlin, 18. März. Die von Wien und London au« gemel dete Nachricht," wonach Lord Clarendon eine Depesche nach Berlin gerichtet hätte, um dem preußischen Cabinet die schwere Verant wortlichkeit der Herbeiführung einer Friedensstörung zu bedenken zu geben, wird von den hiesigen osficivsen Blättern als „erdichtet" bezeichnet. Ebenso wird von ihnen gesagt, die Nachricht, die West mächte hätten gegen die Hochverrathsverordnung für Schleswig re- monstrirt, sei eine „Alarmente." Man kann mit diesen officiösen Berichtigungen, eingedenk der früher» officiösen Versuche, die Ein sprache der Wcstmächte bezüglich der Convention mit Rußland zu Beginn des polnischen Aufstandes und bezüglich des Gasteiner Ver trags gleichfalls in's Reich der Märchen zu verweisen, die Sache wohl noch keineswegs erledigt erachten. Magdeburg, 16. März. Der Redacteur der demnächst ein gehenden „Magdeb. Presse", Abgeordneter Hoppe, wurde heute auf Grund §. 37 des Preßgesetze« zu 25 Thlr. Geldstrafe und in Be tracht der Vorbcstrafungen zum Verlust der Concession verurtheilt. ES handelte sich um eine Anklage wegen Beleidigung und Ver leumdung de« Ministerpräsidenten. Der betreffende Artikel war während Hoppe's Abwesenheit ausgenommen worden; da er aber keinen Stellvertreter bestellt und auch den Herausgeber nicht nam haft »nackte, so traf ihn die Verantwortlichkeit und Strafe gemäß tz. 37 des Preßgefetzes. Die als Theilnehmer an dem Vergehen angeklagten Mitredacteure wurden freigesprochen. Die „Magdeb. Presse" bringt die Erklärung, daß die Generalversammlung der Unternehmer diesen Schritt beschlossen habe, weil die Theilnahme de« Publikums mit den bereits vom GründungScapital gebrachten Opfern nicht gleichen Schritt gehalten. ES wurde jedoch _in Aus sicht genommen, ein kleineres freisinniges Blatt an ihrer Stelle zu gründen. Die „Magdeb. Pr." wurde mit einem Grundcapital von 30,000 Thlrn. gegründet. Gleiwitz, 14. März. Der „Schl. Ztg." wird Folgende« be richtet: Die ThphuSepidemie in unserer Stadt nimmt an Umfang immer mehr zu. Die Zahl der Kranken, worunter sich auch na mentlich Gymnasiasten befinden, beträgt bi« jetzt 4 - 500. Täglich kommen mehrere Sterbefälle vor. Göttingen. Der berühmte StaatSrechtSlehrer Zachariä hier, wohl die erste Autorität seine« Faches, hat ein Schriftchen heraus- aegeben, worin er den zu so seltsainer Berühmtheit gelangten Be- schluß de« preußischen Obertribunals in Bezug auf die gerichtliche Verfolgung der preußischen LandtagSabgeordneten für „keinen RechtS- spruch", sondern für ein „politisches Verbiet" erklärt und demselben „völlige Unhaltbarkeit und objeclive BerfassungSwidrigkeit" fchuld giebt. Wie gewichtig diese Schrift ist, beweist der Umstand, daß /ie in Berlin polizeilich confiscirt wurde.