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Aus unserer sächsischen Geschichte Sein Privileg - allen und jedem kritische Worte sagen zu dürfen Bronzefigur des Hofnarren Joseph Fröh lich am Neustädter Markt. Foto: Daniel Neben den vielen bekannten, wegen des kunstgeschichtlichen Wertes niemals ersetzbaren architektonischen Kleinodien zu beiden Seiten der Elbe, wurde auch das unweit der heutigen Georgi-Dimi- troff-Brücke befindliche „Narrenhäusel" in Dresden im Februar 1945 ein Opfer des Krieges. Bauherr und populärster Be wohner dieses Hauses, der Volksmund gab ihm seinerzeit wegen des ungewöhn lichen Grundrisses den Namen „Fröh lichs Brille", war der sächsische Hofnarr. Etwa am Standort der späteren, sehr beliebten und bekannten Dresdner Gast stätte befindet sich heute eine interes sante Bronzeplastik des Magdeburger Bildhauers Heinrich Apel. Diesem Denk mal des Hofnarren Joseph Fröhlich zollt der Strom der unweit davon vorüberzie henden Passanten vom und zum Fußgän gertunnel am Neustädter Markt nur we nig Aufmerksamkeit. Etwas zu Unrecht, denn die skurrile Persönlichkeit des Hof narren August II. und dessen Sohnes, als „kurzweiliger Rat" bei Hofe agierend und beim Volk beliebt, war nicht nur ein Clown, Prellbock fürstlicher Launen und unterhaltsamer Possenreißer. Es kann wohl mit Sicherheit angenommen wer den, daß vielmehr seine für die Zeit hohe Bildung, sein lebhaftes Interesse für Phi losophie und sein kritischer Standpunkt zur Gesellschaft, in welcher er leben mußte, solchen bedeutenden Künstlern wie Kändler und Kirchner Veranlassung war, ihn als Porzellanfigur zu verewigen. In der Personenstaffage des bekannten Gemäldes Canalettos mit dem Titel „An sicht Dresdens vom rechten Elbufer aus", ist der „Königlich-Polnische Mühlenkom- missarius", von seinem Monarchen mit der Mühle von Mariemont bei Warschau beschenkt, zu entdecken. Nach langer Irrfahrt, so bis in die Sammlungen eines britischen Kunsthändlers, gelangte eine Elfenbeinschnitzerei „Hofnarr Fröhlich auf dem Schweinewagen" in das Dresdner Grüne Gewölbe zurück. Es han delte sich dabei um ein Werk des Hof bildhauers Carl August Lücke von einem hohen künstlerischen Wert. Fröhlich war seinerzeit nach dem Kurfürsten die am häufigsten porträtierte Persönlichkeit am kursächsischem Hofe. Vor reichlich zweihundertdreißig Jah ren, im Sommer des Jahres 1757 verstor ben, war Joseph Fröhlich 1725 erstmalig nach Dresden gekommen. Neben seinem eigentlichen Beruf als Müller versuchte er sich, im Ergebnis stetigen autodidakti schen Trainings, sehr erfolgreich mit überaus geschickten und originellen Ta schenspielereien. An den in ihrer Gei steshaltung oft recht primitiven Fürsten höfen seiner Zeit war der kluge, von witzigen Einfällen, Schlagfertigkeiten und unterhaltsamen Ideen nur so sprühende und wortgewandte Müllergeselle ein gern gesehener Gast. Zeitgenössischen Dokumenten aus den ersten Monaten sei nes Aufenthaltes in der sächsischen Resi denz ist folgende charakteristische Schil derung zu entnehmen: er erregte großes Aufsehen auf den Straßen, sinte malen er im schwäbischen Bauernhabit - Fröhlich war 1694 in Alt-Aussee im Salz kammergut geboren worden - so in gro ßen weiten Hosen und einem spitzigen Hut besteht, auf einem kleinen schwarz weiß gefleckten Tigerpferd einherreitet, auf der Brust das markgräflich bayreu- thische Wappen tragend." Es nimmt also nicht wunder, daß Fröhlich bald die Auf merksamkeit des stets auf Späße, Ab wechslung und Unterhaltung versesse nen Kurfürsten erregte. Ab 1727 ständig in Dresden ansässig, avancierte Joseph Fröhlich schnell zum Hofnarren Augusts des Zweiten, und als dessen Günstling mit dem Titel „kurzweiliger Rat" gewinnt er an Einfluß. Sein Privileg, allen und je dem kritische Worte sagen zu dürfen, in jener Zeit des Absolutismus ein unge wöhnliches Zugeständnis des Monar chen, wurde von ihm auch dazu genutzt, menschliche Schwächen und gesell schaftlich bedingte Mängel als solche zu benennen.. Im Verlauf seines Tätigseins am sächsi schen Hofe - auch nach dem Ableben Augusts des Starken blieb er in seiner Funktion - erwarb er eine umfangreiche Sammlung von medizinischer und philo sophischer Literatur, aber auch Werke von Grimmelshausen, Abraham a Santa Clara und anderer bedeutender Geistes schaffender wie beispielsweise auch Cer vantes. Sein Haus barg eine Fülle von ge schmackvollen Kunstgegenständen und war überaus stilvoll eingerichtet. Unter dem Titel „Diarium" publizierte er län gere Zeit eine Art satirischer Wochenzeit schrift. Stoff für ihre inhaltliche Gestal tung bot das Leben und Verhalten der Hofgesellschaft in reichem Maße. Fröh lich beklagte sich darin aber auch dar über, daß die Uneinigkeit der kleinen Leute die Ursache ihrer Erniedrigung sei. Diese beredten schriftlichen Zeugnisse des Zeitgeistes einer dekadenten Ober schicht sind heute interessantes For schungsmaterial für Historiker und Ge sellschaftswissenschaftler. _ - . , Georg Daniel „Russische Klassik^ — zu den Dresdner Musikfestspielen für 1990 1 240 Karten wurden durch die Medizinische Akademie bestellt „Russische Klassik" zu den Dresdner Musikfestspielen? Gibt es sie überhaupt? Ist nicht die musikalische „Klassik" auf die Stadt Wien, auf die Komponisten Haydn, Mozart und Beethoven ein für al lemal beschränkt? Lebten im alten Ruß land etwa auch Komponisten, die wir nur nicht kennen? Russische Klassik - es gibt sie, sie sind bekannt, aber sie sind die Meister der russischen Musik des 19. Jahrhunderts, die zu „Klassikern" geworden sind. Mit dem Begriff „Klassik" ist daher kein stili stisch und historisch begrenzter Zeitab schnitt gemeint, sondern er umfaßt Werke, die zum unverzichtbaren Be standteil der musikalischen Weltliteratur gehören. Längt haben sich die Musikge Schichtsschreibung und die musikalische Tageskritik dazu durchgerungen, den Eh rentitel eines „Klassikers" auch Komponi ¬ sten des 20. Jahrhunderts zu verleihen. Was nun die modernen sowjetischen Komponisten wie Rodion K. Schtsche drin, Alfred G. Schnittke oder Edison W. Denisow betrifft, so sträubt sich die Fe der, diese international angesehenen Komponisten schon zu Lebzeiten aufs Po dest der Klassiker zu heben. Überlassen wir diese Entscheidung getrost der Zu kunft. Alle Ehren- und Rechtstitel sind in dessen wertlos, wenn sie nicht durch die klingenden Werke bewiesen werden. Die Dresdner Musikfestspiele bieten an 16 Tagen die Möglichkeit, sich von der Klassizität der russischen und der so wjetischen Musik zu überzeugen. Werk auswahl und Qualität der Interpretation stehen dafür ein. Das Angebot offenbart zudem die Spezifik der russischen Musik kultur. Anläßlich der Aufführung von Pai- siellos „Barbier von Sevilla" 1987 durch die Kammeroper Prag war darauf hinge wiesen worden, daß diese so italienische Oper 1782 unter der bleichen Sonne von St. Petersburg entstanden ist - ein deutli ches Zeichen für die im 18. Jahrhundert überall in Europa vorherrschende italieni sche Oper. Erst mit Michail I. Glinka (1804-1857), der in Berlin studierte, be gann sich eine eigenständige russische Opernkunst herauszubilden, die von Pe ter I. Tschaikowski, Nikolai A. Rimski- Korsakow, Sergej S. Prokofjew und Dmi tri D. Schostakowitsch fortgesetzt wurde. Für die Dresdner Musikfestspiele wur den 62 Bausteine, das entspricht 1 240 Karten, bestellt. Die AGL-Bereiche haben die Bestellungen bereits aufgenommen. Zusätzliche Karten für Kinderveranstal tungen zu den Musikfestspielen wurden ebenfalls bestellt. NEU NEU in Jhrer fewerksdnaftsbibliothe Unser Bestand an Kinderliteratur wurde durch folgende Bücher ergänzt: Die Jüngsten lädt ein Spielbilderbuch von James Krüss mit dem Titel „Glucke, Puppe, Kasper, Bär, Rummelplatz und Feuerwehr" zum fröhlichen Betrachten und Spielen ein. Auch „Hasenfritz", ein Buch mit schö nen alten Versgeschichten vom Hasen, „Die Eule" von Witali Bianki und „Tö nerne Märchen" von Gennadi Blinow sind neue Bücher für unsere Kinder im Erstlesealter oder zum Vorlesen und An sehen für noch Kleinere. Inge Gürtzig regt die etwas Größeren mit ihrer Broschüre „Wir gestalten mit Naturmaterialien" zum Basteln mit Stei nen, Gräsern, Federn und vielem ande ren mehr an. Moosbart, Halbschuh und Muff sind „Drei lustige Gesellen", die seit langer Zeit bekannt und beliebt bei den Kindern sind. Der estnische Schriftsteller Eno Raud läßt die drei Wichtelmänner in ei nem dritten Band viele neue Abenteuer erleben. „Sagen der Welt" wie Gilga mesch, Beowulf oder Gudrunsage wur den für Kinder von Schriftstellern wie Stefan Hermlin, Franz Fühmann und Joa chim Novotny nacherzählt. Roald Dahls verrücktes Buch „Hexen hexen" wird wohl unter Erwachsenen und Kindern genauso Liebhaber finden wie auch die „Märchen der Bergwelt" aus dem Slovart-Verlag und das Märchen buch „Auf Märchenpfaden um die Welt" aus dem Artia-Verlag. Beide Bücher ver einigen Märchen aus vielen Ländern und beide sind mit wunderbaren Illustratio nen versehen. Der Film war ein Kino-Hit, das Buch findet ebensolchen Anklang: Astrid Lind grens „Ronja Räubertochter". Ronja und Birk, die Kinder zweier verfeindeter Räu berbanden, kämpfen gemeinsam für ein Leben mit weniger Feindschaft und mehr Freundschaft. Dabei erleben sie allerlei Sonderbares, müssen Gefahren und Wi derständen entgegentreten. Herausgeber: Medizinische Akademie „Carl Gustav Carus" Dresden, Fetscherstraße 74, Dresden, 8019. Dem Redaktionskollegium ge hören an: Dipl. rer. pol. H. Eckert, Dr.-Ing. U. Lochmann, Doz. Dr. sc. med. J. Schulze, Doz. Dr. sc. med. G. Sebastian, Prof. Dr. sc. med. P. Wunderlich. Verantwortlicher Redakteur ist Ur sula Berthold, Ruf: 4 58 34 68. Veröffentlicht unter Lizenz-Nr. 50 beim Rat des Bezirkes Dresden, Druck lil/9/288, Grafi scher Großbetrieb Völkerfreundschaft Dres den, Julian-Grimau-Allee, Dresden, 8012, Ruf: 4 86 40.