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6 Academia Medicinae Dresdensis Arbeitslos? Was tun? Die Arbeitslosenversicherung gibt es seit dem 1. Juli 1990 auch in der ehemaligen DDR. Sie ist dem bundes deutschen Recht - von Ausnahmen abgesehen - komplett nachgebildet. Das heißt: Das westdeutsche Arbeits förderungsgesetz gilt nun auch in den fünf neuen Bundesländern. Das be trifft beispielsweise alle Formalitäten, die Arbeitslosigkeit mit sich bringt. Erste Frage: Was ist zu tun, wenn Arbeitslosigkeit ansteht? Sofort zum Arbeitsamt - am besten noch vor dem letzten Arbeitstag. Das ist die Antwort, denn der Anspruch auf Ar beitslosengeld ist von der „persönli chen" Meldung über Arbeitslosigkeit abhängig. Frühestens vom Tag der Meldung und Antragstellung an darf das Amt zahlen. Was ist mitzubringen? Alle Unterla gen, die das letzte Arbeitsverhältnis betreffen - und außerdem all jene der letzten drei Jahre. Denn der Grundan spruch auf Arbeitslosengeld setzt vor aus, daß in den vorhergehenden drei Jahren wenigstens ein Jahr lang ein Arbeitsverhältnis bestanden hat (für Arbeitsverhältnisse, die über den Juni 1990 hinaus bestanden haben oder seit Juli 1990 begründet wurden: daß auch Beiträge an die Arbeitslosenver sicherung abgeführt worden sind). Weitere Voraussetzung ist, daß die oder der Arbeitslose „der Arbeitsver mittlung zur Verfügung" steht. Darun ter ist zu verstehen: • Die oder der Arbeitslose ist bereit, jede „zumutbare" Beschäftigung, die ihm vom Arbeitsamt vermittelt wird, anzunehmen. Dabei muß bedacht werden: Die neue Beschäftigung hat nicht unbe dingt der Ausbildung oder der bisheri gen beruflichen Tätigkeit zu entspre chen, und die neue Arbeitsstelle kann durchaus auch weiter als die bishe rige von der Wohnung entfernt sein. Zudem: Dauer, Lage und Verteilung der Arbeitszeit müssen der bisherigen nicht unbedingt entsprechen, um noch als „zumutbar" angesehen wer den zu können. • Die oder der Arbeitslose hat bereit zu sein, an (wiederum „zumutbaren") Maßnahmen zur beruflichen Ausbil dung, Fortbildung und Umschulung teilzunehmen, um so ihre oder seine Vermittlungsaussichten zu verbes sern. • Außerdem muß sie oder er gesund heitlich in der Lage sein, eine Be schäftigung „unter den auf dem Ar beitsmarkt allgemein üblichen Ar beitsbedingungen" auszuüben. Das Arbeitsamt hätte ja sonst kaum eine Vermittlungsmöglichkeit. • Schließlich muß die oder der Ar beitslose für das Arbeitsamt „jederzeit erreichbar sein und das Arbeitsamt täglich aufsuchen" können. Ausnah men davon können zum Beispiel für die Dauer eines Erholungsurlaubes bestehen. Aus: Das ÖTV-Magazin Nr. 11, November 1990. Waltraud Bachmann fotografierte auf der Station 30b Schwester Angela Walther aus Dresden und die Hamburgerinnen Ursel Großkopf, Annemarie Petschelt und Margarethe Seyffarth (v. I. n. r.) Aus dem Kennenlernen erwächst das Verständnis füreinander Die Vorgeschichte ist schnell erzählt: In der Woche vor Pfingsten fuhren 8 Pfle gekräfte aus Dresden, so auch aus der Medizinischen Akademie, nach Hamburg und hospitierten in den dortigen Kran kenhäusern. Diese Privatinitiative von Hans jörg Rättig und Reiner Westen vom Hafenkrankenhaus Hamburg hatte zum Ziel, persönliche Kontakte knüpfen zu wollen und die Schwestern und Pfleger zu bestärken, nicht in den Westen abzu wandern, sondern persönlich zu sehen, daß auch sie nur mit Wasser kochen. Vom 3. bis 9. November waren die Hamburger Kolleginnen und Kollegen zum Gegenbesuch in Dresden. Ebenfalls eine Woche hospitierten sie auf Stationen und in Pflegedienstleitungen der Dresdner Krankenhäuser, sechs von ih nen in der Medizinischen Akademie. Am Freitag war dann hier bei uns Auswer tung gemeinsam mit der Oberin Annelies Passek und dem Prorektor für medizini sche Betreuung, Prof. Dr. med. Graup ner. Das Fazit sei vorweggenommen: „Hut ab, vor dem Pflegepersonal, die die Kran kenversorgung aufrecht halten. Ich bin erstaunt, wie die Schwestern das schaf fen", faßte Schwester Margarethe Seyf farth vom Universitätskrankenhaus Ep pendorf ihre Eindrücke zusammen. Und Wolfgang Adamus, der stellvertretende Pflegedienstleiter vom Marienkranken haus, würde am liebsten alle chronischen Meckerer seines Pflegepersonals hierher schicken. „Mit den Mitteln, die Ihnen zur Verfügung standen, haben Sie gut und toll gearbeitet." Es tat gut, das zu hören, tun doch man che Bürger westlich unserer Region so, als müßten wir erst einmal arbeiten ler nen. Eine ganze Menge positiver Dinge gäbe es, die man nicht abschaffen sollte, die trotz des rasanten Tempos der Verei nigung in den Köpfen drin bleiben soll ten. Dinge, die später mit sehr viel Auf wand wieder restauriert werden müßten. Es brauche sich hier niemand mit seinen Leistungen verstecken. Den Hamburgern fiel in unseren Kran kenhäusern die noch vorhandene Un selbständigkeit der Pflegedienste auf. Er müsse noch mehr an eigenem Profil ge winnen. Das Berufsbild der Schwester gelte es noch besser abzugrenzen. Die Schwestern in Dresden putzen noch im mer viel zu viel. Dazu haben sie nicht stu diert. Auch sei der Stellenwert der Kran kenpflege in Hamburg höher angesehen als hier. Die Vormittage waren ausgefüllt mit Ho spitationen auf den Stationen der Klini ken, nachmittags standen zentrale Wei terbildungsveranstaltungen auf dem Pro gramm, in denen Themen mit gewisser Brisanz diskutiert wurden, wie den Para graphen 218. Bei diesen Veranstaltungen engagierten sich mit den Herren Prof. Schröder, Zentrale Hochschulpoliklinik, Dr. Böhm, Direktor der Medizinischen Fachschule, Dr. Frank, Verwaltungsdirek tor, und Dr. Ficker, Klinik und Poliklinik für Psychiatrie auch Mitarbeiter unserer Einrichtung. Ihnen sei ebenso gedankt wie den Gesprächspartnern aus den an deren Krankenhäusern der Stadt. Man war sich einig: das Begonnene sollte fortgesetzt und in jeder Stadt eine Inter essengruppe gebildet werden, die sich diesem Austausch widmet und sich vor allem der umfangreichen organisatori schen Kleinarbeit annimmt. Es wurde der Vorschlag diskutiert, ei nen längerfristigen Austausch ins Auge zu fassen, der mindestens vier Wochen dauert und nicht aus Hospitieren, son dern aus echtem Mitarbeiten besteht, da von würden die Schwestern und Pfleger am meisten profitieren. Auch sollte es wieder krankenhausübergreifend ge macht werden. Das Hineinwachsen in die Probleme sei am wichtigsten; es zeigte sich aber in der Diskussion, daß manches in Hamburg gar nicht so anders ist. Um noch einmal Herrn Adamus zu zitieren, er meinte, eines habe er hier mitbekom men, nämlich die Fähigkeit, zu improvi sieren. Natürlich lassen sich solche Vorhaben auf Privatinitiative nicht mehr realisieren. Hier seien die Berufsverbände gefragt. Daß Dresden immer eine Reise wert ist, hat sich rumgesprochen. Das kultu relle Rahmenprogramm trug dazu bei und fand großen Anklang. Unfair wäre, nicht auch diejenigen zu erwähnen und ihnen zu danken, die hier in Dresden die Fäden in der Hand hatten. Das waren vor allem Michael Ossadnik, Ina Voß und Katrin Liszke. Und der Herr mit dem Portemonnaie - sprich Schirm herr - war Dr. Frank. Es war kein Schlußpunkt, sondern ein Mosaikstein auf dem Weg zu einem Volk. Berthold