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Nr. 50/1914 PAPIER-ZEITUNG 1705 sehr niedrigen Preise zu kaufen sind, so staunt man, wie es mög lich ist, etwas technisch so Vollendetes derart billig herzustellen. Auch die neuzeitliche Graphik, über die ein umfangreiches Werk von Singer im gleichen Verlage bald erscheinen wird, ist durch einige Originalradierungen vertreten. Vorgelegt werden auch die zahlreichen bei E. A. Seemann erscheinenden Zeit schriften, wie die Zeitschrift für bildende Kunst, Zeitschrift für Bücherfreunde, und ein Teil des Buchverlages, der sich durch vornehme Ausstattung auszeichnet. Ueber die dem Verlage angegliederte Lichtbildanstalt wurde bereits in Nr. 44 der Papier-Zeitung ausführlich berichtet. Gleich neben diesen Kojen stellten Vobach & Co. ihre prachtvollen Vierfarbendrucke aus. Die Kopie der Sixtinischen Madonna in Originalgröße dient dem Verlage als Vorbild für die Vervielfältigungen dieses Bildes. Zwei weitere Verleger, die sich um den Wandschmuck des deutschen Hauses Verdienste erworben haben, sind Merfeld & Donner und F. E. Wachsmuth. Wenn auch die Bilder des zu letzt genannten zum Teil als Anschauungsmittel für den Schul unterricht gedacht sind, so sind sie doch durch ihre künstlerische Ausführung zur Ausstattung eines Wohnzimmers geeignet. Neben Steinzeichnungen fallen farbenprächtige Aquarelldrucke und Heliogravüren besonders auf. Die Dürr’sche Verlagsbuch handlung gibt eine Auswahl gediegener Festgeschenke, zu denen die Werke Ludwig Richters in .billigen Volksausgaben gehören. Daß die Besichtigung der Räume der Verleger der Schönen Literatur lohnend ist, bedarf kaum der Erwähnung. Man be trachte hier vor allem das Aeußere der Bücher, an dem man be wundern kann, auf welch hoher Stufe die Buchkunst steht. Allen Geschmacksrichtungen wird sie gerecht, von der verwöhnten des Bibliophilen bis zur einfachen des Mannes aus dem Volke. Gerade in der Ausstellung des billigen Buches wird in Leipzig viel geleistet, wie in erster Linie Philipp Reclam jun. und Hesse & Becker beweisen, deren Klassiker und billige Sammlungen das Lese bedürfnis weiter Kreise befriedigen. Reclam hat einen großen Teil der Bändchen seiner Universal-Bibliothek nach den Leser kreisen geschickt geordnet. Durch die Verschiedenheit der Leser wird man sich der Mannigfaltigkeit des Dargebotenen erst richtig bewußt. Die Werke der Klassiker sind mit gutem Papier, klarem Druck und geschmackvollem Einband ausgestattet, und auf die Heliosausgaben wird besondere Sorgfalt verwandt. Hesse & Becker sind mit ihrer Volksbücherei und verschiedenen Ausführungen ihrer Klassikerbibliothek zur Stelle. Neben den Volksausgaben stehen künstlerisch verzierte Luxus- und Salonausgaben in ge diegenen Halbfranzbänden. Das Streben, unserem Volke seine Klassiker in bester Lesart und ansprechendem Gewände zu billigen Preisen näher zu bringen, verfolgt auch der Tempel-Verlag, zu dem sich eine Anzahl unserer bedeutendsten Verlagsbuchhändler vereinigt haben. Die Tempelklassiker sind volkstümlich und billig und alle in einheitlicher, von E. R. Weiß entworfener Fraktur gedruckt, die dem Auge keinerlei Ermüdung verursacht. Im gleichen Raume befindet sich die Firma Kurt Wolff. Sie verlegt hauptsächlich moderne Belletristik, die Drugulin-Drucke und die Original-Graphik und bringt ihre Erzeugnisse in einem Ge wände heraus, das dem verwöhntesten Geschmack gerecht wird. Dem Bibliophilen-Geschmack angepaßte Ausstattung haben auch die Bücher des Xenien-Verlages. Bütten und Pergament werden reichlich verwendet. Sehenswert sind die Ausgaben von No valis, Hymnen an die Nacht, und von der Bergpredigt. Der Insel- Verlag vereinigt in einem weiß ausgestatteten Raum die billig sten und die teuersten und seltensten Bücher. Ein unnachahm liches Pracht werk ist die Faksimileausgabe der zweiundvierzig zeiligen Bibel von Gutenberg in mehrfarbigem Lichtdruck, die von Paul Schwenke neu herausgegeben wurde. Ein Exemplar auf Van Gelder - Büttenpapier mit aufgelegtem Gold kostet 2600 M. Ueberhaupt sucht der Verlag, Erstausgaben in getreuer Nachahmung auf den Markt zu bringen. Beachtenswert sind die Italienische Reise mit 58 Handzeichnungen Goethes und eine Aus gabe von Shakespeares Hamlet mit Lithographien von Eugene Delacroix. Im Gegensatz zu diesen nur Wohlhabenden zugäng lichen Werken hat sich der Insel-Verlag große Verdienste durch Herausgabe billiger Romanausgaben erworben. Die schmucken Bändchen der Insel-Bücherei, die Perlen der deutschen Literatur enthalten, sind für 50 Pf. käuflich. Die bedeutendsten graphischen Künstler wie Marcus Behmer, Walter Tiemann, E. R. Weiß, arbeiten an den Werken des Insel-Verlages, um dem Inhalt eine ihm würdige äußere Form zu geben. Viele schöne Bücher für das deutsche Haus finden wir in dem gemeinsamen Zimmer von C. F. Amelangs und L. Staackmanns Verlag. Die Verlagsunter nehmungen beider dienen der Unterhaltung und auch praktischen Zwecken. C. F. Amelang zeigt seine bewährten Kochbücher von Scheibler und Villiers, die schon durch ihre geschmackvolle Auf machung zur Besichtigung einladen, und Bändchen seiner wunder hübschen auf federleichtem Dickdruckpapier gedruckten Taschen bibliothek. Freilich können diese sich nicht an Eigenart mit den japanischen Dichtungen des Verlages messen. Die drei Werke „Dichtergrüße aus dem Osten”, „Weißaster” und „Japanische Dramen” sind in Japan gedruckt, mit herrlichen japanischen Farbenholzschnitten versehen, und von Karl Florenz, Professor an der Universität zu Tokio ins Deutsche übertragen. L. Staack mann hat ein kleines Heft „Der Verlagsrahmen” von Horst Schöttler zur Erläuterung seiner Ausstellung herausgegeben, das dem Besucher überlassen wird. Schon bei flüchtiger Be trachtung der in diesem Verlage erschienenen Gesamt werke z. B. der von Spielhagen und Rosegger, ferner der Romane von Bartsch, Otto Ernst, Ertl, Geißler, Greinz, und endlich der Dra men von Schönherr erkennen wir, daß Staackmann Bücher der Lebensbejahung herausgibt. Seit Beginn dieses Jahres verlegt er eine Halbmonatsschrift „Der Turmhahn”, die unter Leitung des Schriftstellers Strobl literarischen und kulturellen Zwecken dienen soll. Zu den gelesensten Romanen der letzten Zeit gehört „Das eiserne Jahr” von Bloem, dessen Verleger Grethlein & Co. in launigerWeise den Riesenabsatz des Werkes an der Betrachtung veranschaulicht, um wieviel die 350 000 verkauften Exemplare übereinandergelegt den Gaurisankar, den höchsten Berg der Erde, überragen würden. Neben sportlicher Literatur erscheint bei Grethlein die bekannte Feuilleton-Korrespondenz „Der neue Zeitungsroman”, die den Tageszeitungen Unterhaltungs literatur bietet. Verleger, die den Lesehunger nach des Tages Arbeit durch gute, leichte Romane befriedigen wollen, sind Paul List, Georg Merseburger und Fr. IV. Grunow. Der erste ver legt die’Werke der Eschstruth und läßt in Serien eine neue Aus gabe des Rattenfänger-Dichters Julius Wolff erscheinen. Von Merseburgers Verlagstätigkeit zeugen der inhaltreiche Leipziger Kalender, die nordische Bücherei, deren Hauptautor Kielland ist, und die Sammlung „Bücher für die ganze Familie”. Zu den beliebtesten Autoren des Grunow’schen Verlages gehört Char lotte Niese. H. Haessel, der Verleger der Werke Conrad Fer dinand Meyers, hat deren Erstausgaben ausgelegt und zum Ver gleich mit diesen die 100 ste Auflage von Jürg Jenatsch, einen geschmackvollen Lederprachtband. Vertreter des Jugendschriften-Verlages ist Alfred Hahn. Die kindlich empfundenen Bilderbücher von Caspari, unzerreißbar und im Leporellofalz, erregen mit ihren lustigen Versehen und bunten Bildchen des Kindes höchstes Entzücken. Nützliche Beschäftigungsmittel sind die Schnellzeichenbücher dieses Ver lages. Durch ihre Gleichmäßigkeit wirkt die Ausstellung von Bernhard Tauchnitz, dessen billige Ausgaben von Werken der englischen Literatur sich großer Beliebtheit erfreuen. Rings an den Wänden sind die zahlreichen weißen Bändchen der Collectibns of British, American and German Authors aufgestellt. Sehenswert sind auch die ausliegenden Verlagsbriefwechsel und ein Verlags vertrag mit der Königin Viktoria über ihr Werk „Leaves from the Journal of our Life in the Highlands”. Den Abschluß der Besichtigung des Leipziger Buchhandels bildet die hauptsächlich statistischen Zwecken dienende Vor führung des Vereins der Buchhändler von Leipzig, welche be zweckt, den gewaltigen Umfang des Leipziger Buchhandels und seine Mittelpunktstellung in der ganzen Welt zu veranschau lichen. Die graphischen Darstellungen sind teilweise recht witzig, z. B. die Zunahme der Neuerscheinungen auf dem Büchermarkt und die Zahl der Berufszugehörigen des 'Buchhandels in den deutschen Großstädten. Es ist lehrreich zu erfahren, daß in Leipzig jeder 50., in Stuttgart jeder 100., in Berlin jeder 300. Einwohner dem Buchhandel angehört. Dieser Raum beherbergt auch die gewaltigen Katalog-Unternehmungen Leipzigs, der Häuser Hin richs, Volckmar und Köhler. Diese Riesenwerke im Verein mit der Statistik sprechen eine lebendige Sprache und zwingen uns hohe Achtung vor der gewaltigen Arbeit ab, die im Leipziger Buchhandel geleistet wird, durch Zusammenwirken der drei mächtigen Berufszweige Verlag, Sortiment und Kommissions geschäft. Bugra. Beihilfen zum Besuch der Leipziger Ausstellung. DasGraphi- sche Kartell zu Fürth i. Bayern hatte an den dortigen Magistrat das Ersuchen gestellt, eine angemessene Summe zum Besuche der Leip ziger Ausstellung zur Verfügung zu stellen. Der Bau- und Verwaltungs ausschuß befürwortete dieses Gesuch, da die graphische Industrie in Fürth etwa 1200 Arbeiter beschäftige. Auch sonst wurden keine Einwendungen gemacht. Es wurden 400 M. für das graphische Kartell bewilligt und außerdem noch 200 M. für die die Ausstellung besu chenden Gewerbetreibenden. CI.