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Nachdem der Neubau fertiggestellt und mehrere Wochen in glattem Betrieb war, lud uns die Firma zur Besichtigung der Neu-Anlage ein. Herr Carl Schmeil, Mitleiter des Unternehmens und Sohn des Vorbesitzers und Vorsitzenden des Aufsichtsrates, erwartete den Unterzeichneten am Hauptbahnhof in Dresden und fuhr mit ihm zur Station Heidenau, von wo man in wenigen Minuten nach dem Eingang der Fabrik gelangt. Bild 1 zeigt eine Ansicht der Fabrik und ihrer Umgebung. Die ursprüngliche Anlage war so gebaut, daß sich ihr eine Neu-Anlage harmonisch an gliedern konnte, derart, daß das Herz der Fabrik, die Kraft anlage, in der Mitte des Anwesens blieb. Allerdings mußte die Firma hierzu im Laufe der Jahre eine große Anzahl Grund stücke erwerben, aber sie hat jetzt ihren Grundbesitz so erweitert, daß sie eine 650 m lange Wasserfront und auf den an das Wasser grenzenden Wiesen reichlichen Raum zum Abteufen von Brunnen besitzt. Zur Fabrikation wird nämlich kein Elb- wasser, sondern nur gepumptes Grundwasser verwendet, welches in reichlicher Menge zur Verfügung steht. Das Verwaltungs andern übernimmt, wenn viel Abdampf zum Trocknen des Papiers auf der Papiermaschine gebraucht wird. Ein namhafter Teil der elektrischen Energie betätigt einen in dem Krafthaus untergebrachten Umformer, dessen Strom nur zum Antrieb der neuen Papiermaschine dient. Meßinstrumente zeigen hier die Wasserstände in den Hoch- und Sammel-Reservoirs an. Eine große Hauptschalttafel, welche den Kraftsaal nach Westen völlig abschließt, ermöglicht bequeme Reglung aller elektrischen Einheiten. Ein Laufkran, der den ganzen Kraftsaal befahren kann, hilft bei Bedarf die schweren Maschinenstücke heben. Im ganzen sind in diesem Kraftsaal 3500 Kilowatt vereinigt. Der Fußboden des Saales sowie aller Erdgeschoßräume in der ganzen Fabrik liegt so hoch, daß er den höchsten Wasserstand der Elbe im Jahre 1845 erreicht. Das neue Kesselhaus (C in Bild 2) ist an das alte (D) angeschlossen und bildet dessen Verlängerung. Es enthält drei Wasserrohrkessel von je 500 qm Heizfläche einschließlich Ueberhitzer mit selbsttätiger Feuerung und Bekohlung. Die alte Kesselanlage enthält 9 Cornwall-Kessel von je 100 qm Heizfläche, gleichfalls mit selbsttätiger Feuerung Bild 3. Kraftanlage Gebäude, das den Gebäudeblock nach der Landseite zu ab schließen soll, ist vorläufig nur im Plan und im Modell, das auf dem Stand der Firma in der Bugra (Abteilung: Papier-Industrie) gezeigt wird, fertig. Zur Zeit der Besichtigung, am 5. Mai, standen dort alte Häuschen, in denen vorläufig die Kontore zur Not untergebracht sind. In einem ebenerdigen Raume des Neubaus befindet sich das Betriebs-Büro (A in Bild 2) des Ingenieurs. Hier laufen aus allen Teilen der Fabrik elektrische Drähte zusammen und geben dank sinnreicher Uebertragung auf Zeigern der ver schiedensten Art Dampfdruck, Stromverbrauch, Temperatur und Wasserstände in den Abteilungen der Fabrik an. Hier befindet sich auch eine Normaluhr, von der aus sämtliche Registrier- Apparate in der Fabrik elektrisch bedient werden. Man liest auf den Zeigern in diesem Raum u. a. die Belastung der Turbinen in Kilowatt und die Spannung des elektrischen Stromes in den verschiedenen elektrischen Kraftleitungen ab. Der elektrische Fern-Thermometer läßt sich für die verschiedenen Säle um stellen, deren Temperatur wichtig ist. Die Telephonanlage in diesem Zimmer läßt sich gleichzeitig mit allen Fabriksälen ver binden, so daß man jeden Beamten rasch heranrufen kann. Die neue Kraft-Zentrale (B in Bild 2) ist ein großes helles Gebäude mit Oberlicht, in welchem folgende von der Allgemeinen Elektrizitäts-Gesellschaft erbaute Turbogeneratoren laufen: eine 1000-Kilowatt-Gegendruck-Turbine und eine 2500-Kilowatt-Kon- densations-Turbine. Sie sind so miteinander gekuppelt, daß die eine Turbine selbsttätig einen Teil der Kraftleistung von der und Bekohlung. Die Kohle wird selbsttätig vom Schiff oder vom Bahnwagen nach den Kohlenbunkern über den Kesseln und'von dort auf die Roste befördert. Die gesamte Kesselanlage wird durch einen 92 m hohen Schornstein bedient, den weitaus höchsten Schornstein weit und breit, dessen obere lichte Weite 3% m beträgt, und der noch für mehr Kessel hinreichen würde. Es ist auch Raum für Erweiterung des Kesselhauses vorgesehen. Nach der anderen Seite des Kesselhauses liegt die alte Kraft anlage (E), die eine dreifache Expansionsmaschine von 1000 PS, eine Zwillings-Maschine von 1750 PS und eine kleine Reserve maschine von 250 PS enthält. An die Dampfmaschinen sind Dynamomaschinen gekuppelt, welche die Kraft elektrisch über tragen. Beide Kraftanlagen können bei Vollbetrieb einen Kraft überschuß entwickeln, der wesentliche Vergrößerung der Fabrik zuläßt. Es ist dafür gesorgt, daß eine Kraftanlage der andern aushelfen kann. Am Gebäude E steht ein wasserdicht gemauerter tiefer 1 Pumpenschacht F, dem das Wasser aus der alten Wasser gewinnungsanlage durch Heber zufließt. Tief unten am Boden des Schachtes stehen die Pumpen. Papierfabrik Das Holz wird zumeist aus Böhmen und Sachsen mit der Bahn herangebracht und auf den geräumigen Holzplätzen von Hand geschält. In der alten Schleiferei G wird das Holz auf drei- pressigen Voithschen Schleifern mit wagerechter Welle ge schliffen, in Zentrifugal-Sortierern verfeinert und der Sortier stoff auf Raffineuren feingemahlen. An die alte Schleiferei