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1666 PAPIER-ZEITUNG • Nr. 49/1914 vertreten. Die moderne Künstler-Karikatur zeigt die erneute Pflege der Lithographie und Radierung in den Blättern von Jean Veber, A. Willette, Caran d’Ache und Louis Legrand. In besonderem Raume wird die moderne graphische Nachbildungs kunst gezeigt, die Urbilder und ihre Drucknachbildungen sind hier vergleichend gegenüber gestellt. Daran schließt sich ein schöner Raum „Das illustrierte Buch der Gegenwart”, sowie eine, nicht des Humors entbehrende Vorführung „Die Graphik im täglichen Leben” mit den drei Abteilungen „Arme”, „Bemittelte” und „Reiche” in Form von großen „Triptychen”. Der Staat und die Kommune behandeln in ihren Drucksachen alle Bürger in gleicher Weise, der Fürst benutzt dieselbe Fünfpfennigkarte wie der Arbeiter; die Unterscheidung beginnt erst bei der Eisenbahn fahrkarte mit den verschiedenen Klassen. Die Ungleichheit in Aesthetik, Technik und Preis zeigt sich aber schon rasch in den kleinen graphischen Erzeugnissen des täglichen Gebrauchs (Be suchskarten, Ansichtskarten usw.). Sie findet ihren Höhepunkt bei dem Uebergang vom Einblatt über das Mehrblatt zum Buche und der Zeitschrift (Beispiele für das Mehrblatt: „Nach Feierabend”, „Universum”, „Zeitschrift für bildende Kunst”). Ein Raum der Kulturverleger beschließt diese Abteilung: Eugen Diederichs in Jena füllt ihn vollständig aus. Warum nur er allein, bleibt bei aller Anerkennu g der Diederichs’schen Leistungen unklar. Es gibt doch noch andere leistungsfähige „Kulturver leger” in Deutschland. Nun zur zeitgenössischen Graphik. Hier treten die lebenden Graphiker aller Länder zu einer internationalen Ausstellung zu sammen, wie sie einzig dasteht. Leider fehlt aber der größte und berühmteste, Whistler, weil er nicht mehr unter den Lebenden weilt, in allen Abteilungen. Neben den Ländern deutscher Zungen erscheinen England, Frankreich, Spanien, Italien, die Nieder lande und Belgien, Dänemark, Schweden,- Norwegen, Rußland und die Vereinigten Staaten von Nordamerika, diese letzten aller dings nur sehr ungenügend. Die „Allgemeine Deutsche Kunst genossenschaft” und der „Deutsche Künstlerbund” sind erfreu licherweise zusammengegangen unter Leitung von Paul Herr mann und Firtz Mackensen und dem Ehrenvorsitz von Karl Koepping und Max Klinger. Die alte Zwietracht scheint hiermit endgültig begraben. Die Jurierung und das Hängen war wahr haftig keine Kleinigkeit, umso angenehmer ist aber auch der Ein druck. Die Blätter hängen nicht wie Briefmarken an den Wänden, die Fülle drückt nicht, die Besichtigung strengt zwar an, aber sie ermüdet nicht. Der Geist, der die Griffelkunst beseelt, kann mit Genuß verfolgt werden. Weit über 5000 Blätter aller Herren Ländern sind hier zusammengebracht; den großen führenden deutschen Meistern hat man eigene Ehrensäle eingeräumt. Klinger hat einen großen Raum, dessen Hauptanziehungskraft die voll endeten Blätter des neuen Zyklus „Das Zelt” sind. Der Raub einer Frau ist das Thema dieser Radierungen, in denen sich der neue, kapriziöse und geistreiche „nervöse” Klinger zeigt. Um den Sinn des Ganzen zu erfassen, wird es notwendig sein, die Vollendung abzuwarten. Eine Anzahl, zum Teil aus bedeutendem Leipziger Privatbesitz hergeliehener Handzeichnungen, darunter der meister hafte Studienkopf Nr. 1123, mit das Schönste, was Klinger ge schaffen hat, schließen sich an. Die Entwürfe zu berühmten Blättern aus dem Zyklus „Vom Tode II. Teil”, die Salome- und Kassandra-Studien und anderes wird man mit besonderem Genuß in sich aufnehmen. In dem großen Saale, der Max Liebermann gewidmet ist, finden wir eine lange Reihe seiner bedeutenden Bildniszeichnungen und begrüßen wie liebe alte Bekannte die graphischen Arbeiten der letzten Jahre. Für meinen Geschmack ist dies der anziehendste Saal. Max Slevogt, der bedeutendste Berliner Graphiker neben Liebermann, ist ebenfalls gut vertreten. Auch Karl Koepping ist ein eigener Raum eingeräumt, doch wollen uns diese riesenhaften Nachstiche bekannter Meister heut wenig mehr behagen. Dagegen können wir wieder den größten deutschen „Zeichner” mit seiner Liebe für die Wirklichkeit, Otto Greiner, im Saale neben Klinger, mit großem Vergnügen be trachten. Seine neusete Arbeit, die Lithographie „Professor Meurer”, hängt freilich in den Verlagskojen von E. A. Seemann in dem Raume „Deutscher Buchhandel”. Schmutzers riesenhafte Radierungen sehen zu sehr nach Photographie aus, nur die klei neren Blätter gewähren ungetrübten Genuß. Unter den zahl reichen jüngeren Künstlern seien hier nur wenige aufgeführt. Nennt man den jetzt mit am meisten geschätzten Hans Meid, der so fein bildnerisch zu erzählen versteht, diesen Graphiker mit graziösem Temperament und ganz eigenem Gesicht, so darf man auch die vier jungen Dresdner Radierer Henne, Rehn, Gelbke und Philipp nicht unerwähnt lassen, die kürzlich zu sammen bei Emil Richter in Dresden gezeigt wurden. Nennen wir Anton Scheuritzel, den hervorragenden Landschafts- und Architektur-Radierer, so müssen wir unwillkürlich auch an Ingwer Paulsen denken, der ein Klassiker der modernen Ra dierung zu werden verspricht. Der Greiner-Schüler Erich Wolfs feld zeigt seine neusten Blätter, wie die „Danae” und den „Hiob”, rein zeichnerisch fast so bedeutend wie die Arbeiten seines Leh rers, aber leider viel zu groß im Format. Werner Hamann, der neueste Mitarbeiter des „Kladderadatsch”, führt ein paar seiner köstlichen Karikaturen und eine große Pariser Kaffeehaus- Szene vo '. Max Coschell in Berlin besitzt auch auf kleinem For mate Helleu’sche Grazie, Bernhard Schumacher erinnert mit seinen feinen Radierungen an die besten englischen Graphiker. Emil Orlik, der alle Techniken beherrscht, ist wieder außer ordentlich vielseitig vertreten. Leider fehlt unsere größte deutsche Graphikerin, Käthe Kollwitz, so gut wie ganz; man muß sie im Haus der Frau studieren. Man hätte zu ihren Gunsten lieber auf ein paar Leipziger Lokalgrößen verzichten sollen, von denen statt großen Zyklen ein paar Blätter vollauf genügt hätten. Auch Paul Herrmann würde angenehner wirken, wenn er nur seine Haupt blätter zeigen würde; weniger wäre auch hier mehr. Heinrich Wolff-Königsberg weiß mit seiner Roulette Wundervolle Wir kungen zu erzielen, und man hat ihn nicht mit Unrecht den deutschen Zorn genannt. Bei Leonhard Fantos mit feinstem Far bensinn, großer Kraft und Einfachheit ausgeführten Farben holzschnitten müssen wir auch an Moritz Melzers köstliche plasti sche Holzschnitte denken. Kurzum, es gibt eine solche Fülle des Wertvollen und Fesselnden zu sehen, daß man den ganzen Ka talog abdrucken müßte, um allen Künstlern gerecht zu werden. Die ausländischen Säle führen nur ihr Bestes vor, sie haben tüchtig gesiebt. Natürlich ist es unrecht, zu erklären, daß Deutsch land allein an der Spitze marschiert; Frankreich und England hätten in ihren eigenen Ländern bei mehr Raum sicherlich auch eine noch weit bedeutendere Veranstaltung zuwege bringen können. In England sind es vor allen Dingen auch die litho graphischen Arbeiten des „Senefelder-Klubs", der der Litho graphie neben der Radierung die ihr gebührende Stellung er ringen will, die uns besonders fesseln. Recht tüchtig ist das kleine Holland und ist auch Dänemark vertreten, während Ame rika nicht annähernd das zeigt, was es in Wirklichkeit auf gra phischem Gebiete leistet. Kein verständiger Besucher wird ohne großen Gewinn diese Ausstellung verlassen, und er wird der Worte Liebermanns ge denken, daß, gerade wie die Hausmusik die größte Förderung für die Pflege und das Verständins der Musik überhaupt ist, so auch der Besitz guter Graphik den Geschmack vertieft undJden’Sinn und die Freude an bildender Kunst erhöhen hilft. Tarifamt für Deutschlands Chemigraphen und Kupferdrucker Berlin SIV 48, Friedrichstraße 239 Briefadresse :’z. H. des Geschäftsführers Herrn Rich. Köhler; L „ (Nachstehende Firma hat um Aufnahme in’die Tarifgemeinschaft nachgesucht. Falls nicht innerhalb vier Wochen vom Tage der Ver öffentlichung an begründete Proteste gegen die Aufnahme derselben bei dem Tarifamt einlaufen, gilt die Firma als aufgenommen.) 2. Kreis Halle a. d. Saale: Müller, Adolf; Graph. Kunstanstalt. * * * Aus dem Verzeichnis der tariftreuen Anstalten gestrichen wurden die Firmen: Kreis 1: E. Alfred Schulze in Berlin. Kreis 1: W. Langenbruch in Berlin. * * * Bekanntmachungen Betreffen: Tarif ausschuß , Stuttgart: Gehilfen vorsitzender: Chr. Gaupp, Böheimstraße 70/3. Arbeitsnachweis : Stuttgart. Arbeitsnachweis der Chemigraphen und Kupferdruckei Mozartstraße 51. Schiedsgericht: Düsseldorf. [Gehilfenvorsitzender: Ernst Rott, Sonnenstraße'29.’ Berlin, 13. Juni 1914 Albert Frisch, Arthur Gerhardt, [7 Prinzipalsvorsitzender Gehilfenvorsitzender Rich.^Köhler, Geschäftsführer Duftende Papiere herstellen Ich beabsichtige“ Karten zu parfümieren. Können 2 mir einige Angaben über das Parfümieren machen ? P. Wir bitten um Mitteilung von Erfahrungen.