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DEUTSCHER PAPIERVEREIN Die vertraulichen Listen (Einzellisten Nr. 3184 bis Nr. 3196) sind versandt. - Reklamewagen Wir stellten vor etwa einem Jahre für unseren Geschäftsbetrieb ein Fahrzeug ein, dessen Kasten die Form eines Rolljalousiepultes hatte, siehe Bild 1. Während bei diesem Fahrzeug die Polizei keinerlei Bild 1 Einwendungen machte, verbat sie sich merkwürdigerweise das Fahren mit dem zweiten kürzlich eingestellten Fahrzeug, welches äußerlich die Form einer Schreibmaschine hat, siehe Bild 2. Da Bild 2 Aus den Gründen Der Angeklagte ließ durch seinen Angestellten im März 1914 einen Kraftwagen in den Straßen Münchens fahren. Der Kraft wagen diente zum Transport von Schreibmaschinen. Der Kasten desselben, in dem die Schreibmaschinen auf den Wagen verstaut werden, hat die äußere Form einer Schreibmaschine. Nach § 109 Absatz 3 der ortspolizeilichen Vorschriften vom 18. 2. 11 über den Stsaßenverkehr ist der Verkehr mit Reklame wagen verboten. Was als Reklamewagen anzusehen ist, ist in den ortspolizeilichen Vorschriften nicht weiter ausgeführt. Das Schöffen gericht ist der Auffassung, daß ein Wagen von der erwähnten Art als Reklamewagen, dessen Verkehr verboten werden kann, nicht anzusehen ist. An sich unterliegt es doch der freien Bestimmung des Eigentümers, welche Form er dem Kastenbau eines Transport wagens geben will. Die Polizeibehörde kann hier insoweit nach § 366 Nr. 10 StrGB Anordnungen erlassen, als dies zur Erhaltung der Sicherheit, Bequemlichkeit, Reinlichkeit und Ruhe auf den öffentlichen Wegen, Straßen und Plätzen dient. Das Schöffen gericht kann nicht einsehen, wie durch das Fahren des erwähnten Wagens die Sicherheit, Bequemlichkeit, die Reinlichkeit und die Ruhe gestört sein soll. Wenn einzelne Neugierige auf der Straße das Bedürfnis fühlen, einen solchen Wagen als etwas besonders Merkwürdiges anzustaunen und deshalb stehen zu bleiben, ; so ist es nicht der Wagen, der die Sicherheit, Bequemlichkeit, Reinlich keit und Ruhe stört, sondern das ungeeignete Verhalten dieser Neugierigen. So wenig das bekannte Ansammeln der Fußgänger vor den an den zahlreichen Häusern der Stadt angeschlagenen Telegrammen der Zeitungen, obwohl diese Telegramme nicht selten Nachrichten bringen, die die Allgemeinheit nicht im geringsten interessieren können, die die etwaigen wirklichen Interessenten ohne Schaden auch mit Erscheinen der Zeitung noch früh genug erfahren, einen Anlaß für die Polizeibehörde bildet, das Anschlägen von Telegrammen zu verbieten, so wenig kann auf Grund des § 366 Ziffer 10 StrGB dasFahren eines Wagens von der Art verboten werden, bloß deshalb, weil einige Neugierige stehen bleiben zu müssen glauben, um den Wagen anzustaunen. Das Schöffengericht spricht deshalb den Angeklagten von einer Uebertretung nach § 366 Nr. 10 StrGB frei. Weil der Angeklagte freigesprochen worden ist, treffen die Kosten die Staatskasse. wir mit diesem Verbot nicht einverstanden waren, und um es auf ein Urteil ankommen zu lassen, trotzdem damit fuhren, wurden wir alsdann auch mit 5 M. Strafe bedacht. Hiergegen legten wir Berufung ein und wurden freigesprochen. Die vernünftige Ansicht des Richters ist in dem Urteil sehr gelungen zum Ausdruck gebracht. Wir übersenden Ihnen anbei Abschrift hiervon. Das Urteil lautet: Anz. Verz. F. 1728/1914. Im Namen Seiner Majestät des Königs von Bayern erkennt das Schöffengericht des K. Amtsgerichtes München in der Straf sache gegen F. wegen Straßenpolizeiübertretung in seiner öffentlichen Sitzung vom 8. Mai 1914 nach gepflogener Hauptverhandlung zu Recht wie folgt: F., München, Geschäftsinhaber, wird von der Anklage einer Uebertretung straßenpolizeilicher Vor schriften unter Ueberbürdung der Kosten auf die Staatskasse frei gesprochen. Mangelhafte Ausführung der Fensterbrief umschläge Nachdem sich in den beiden letzten Jahren die Benutzung von Fenster-Briefumschlägen so außerordentlich stark eingeführt hat, daß diese heute fast in jedem größeren Büro Verwendung finden, ist es angebracht, auf Mißstände und Fehler aufmerksam zu machen, die von den Briefumschlag-Fabrikanten beachtet werden sollten. Nach meinen Beobachtungen ist es nicht zu verstehen, weshalb die Briefumschlag-Fabrikanten und die Papierhändler nicht mehr darauf achten und die Kundschaft darauf hinweisen, daß die Fenster- Briefumschläge stets mit Hochschluß versehen werden, auch wenn sich der Preis hierfür etwas teurer stellt. Bei den Fenster-Briefumschlägen werden die Briefe bekanntlich so gefaltet, daß die beschriebene Seite nach außen Hegt, also beim noch nicht geschlossenen Umschlag aus der tief ausgeschnittenen Rückseite des Umschlages herausragt. Müssen dann abends, meistens kurz vor Büroschluß, in Hast die zahlreichen Briefe geschlossen werden, so läßt es sich nicht immer vermeiden, daß Feuchtigkeit auf die Verschlußklappe gelangt. Die Briefe sind meistens mit einem für die Kopiermaschine berechneten, fetten Farbbande geschrieben und werden dann vollkommen verwischt. Auch bei kopierfähigem Drucke, den die Banken für ihre Formulare sehr viel benutzen, hat man die gleiche Erscheinung. Aus beiliegenden Umschlägen, wie sie täglich zu Dutzenden in unserem Büro eingehen, ist ersichtlich, wie sich der Farbstoff auf den Verschlußklappen abfärbt. Die eingelegten Briefe und meistens die Unterschriften der Briefe, die sich bei einseitigem Beschreiben gerade an dieser Stelle befinden, sind vollkommen ver wischt. Bei Hochschluß fiele dieser Uebelstand weg. Macht man die Verbraucher hierauf aufmerksam, so findet man stets dankbar Gehör, und der Mehrpreis wird sicherlich bewilligt, denn jederwünscht, daß seine Briefe nicht verwischt, vielmehr möglichst sauber in die Hände der Empfänger gelangen. Ein weiterer Fehler, den ich regelmäßig bei Fenster-Briefum schlägen beobachte, die einige Zeit in Kartons hintereinander ge stapelt sind, besteht darin, daß die Spitzen der gummierten Umschlag-