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Nr. 44/1914 PAPIER-ZEITUN G 1489 Der Unterzeichnete ist Gesellschafter und Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung unter der Firma „A". Sein Mitgesellschafter hat der Firma „A“ laut Gesellschaftsvertrag auf die Dauer von 10 Jahren die von ihr bestellten Waren auszuführen und an sie zu liefern. Nachdem Unterzeichneter infolge aufgetre tener Streitpunkte seinen Mitgesellschafter brieflich wiederholt darauf hingewiesen hat, daß die Fabrikation der Waren für die Firma ,,A“ liegen bleibt, obwohl die anderen Fabrikationszweige weiter betrieben werden, und daraus hervorgehe, daß nicht Mangel an Betriebsmitteln sondern lediglich- der gute Wille fehle, behauptet der Mitgesellschafter, daß seine Bank als Hauptgläubigerin auf dem Standpunkt stehe, daß sie ihm im Rahmen seines Kredits bis auf weiteres irgend welche Gelder nicht zur Verfügung stellen könne, wenn diese zur Fabrikation der Waren für die Firma ,,A“ verwandt werden würden. Unterzeichneter ist jedoch der Ansicht, daß es nicht angängig ist, daß die Bank bloß Geld für die anderen Fabrikationszweige her gibt und zur Fabrikation der Waren für die Firma ,,A“ nicht, da müßten unter solchen Umständen doch alle Betriebe stillgesetzt oder verhältnismäßig eingeschränkt werden. Was meinen Sie dazu ? und was ist zu tun, daß die Weiterfabrikation der Waren für die Firma „A" sofort wieder beginnt ? Die Stellung der Bank als Hauptgläubigerin des Mitgesellschaf ters wird dazu benutzt, den Unterzeichneten zu einer Aenderung des Gesellschaftsvertrages in so wichtigen Punkten zu zwingen, daß dies mit der alsbaldigen gänzlichen Auflösung seiner Gesellschaft gleichbedeutend wäre. Da Unterzeichneter hierauf nicht eingeht und solche Vorschläge seines Mitgesellschafters zurückweisen mußte, sucht die Bank offenbar im Einverständnis mit dem Mitgesellschafter den Widerstand des Unterzeichneten dadurch zu brechen, daß sie trotz der den Kunden daraus erwachsenden großen Schädigungen die Weiterfabrikation der Waren für die Firma ,,A“ untersagt und nicht zugibt, daß die nötig gewordenen Ersatzstücke angefertigt werden, obwohl an der Verpflichtung zur Lieferung kein Zweifel besteht. X. Gutachten unseres rechtskundigen Mitarbeiters : Gegen seinen Mitgesellschafter kann Fragesteller alle der Gesellschaft infolge der Nichterfüllung der von Ersterem im Gesellschaftsvertrage übernommenen Lieferungsverpflichtungen zustehenden Rechte geltend machen. Er kann also entweder auf Erfüllung klagen und auf Grund des ergehenden Urteils die Erfüllung durch Geld strafen öder Haft zu erzwingen suchen (§ 888 CPO). Dieser Weg erscheint, weil zu umständlich und langwierig, wenig praktisch. Statt dessen wird Fragesteller zweckmäßiger von den Rechten des § 326 BGB Gebrauch machen, d. h. nach Setzung einer ange messenen Nachfrist oder, falls der Mitgesellschafter die Erfüllung bereits ausdrücklich verweigert hat, auch ohne Setzung einer solchen, Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen. Dieser Schadensersatz besteht, falls Fragesteller infolge der. Nicht erfüllung seitens des Mitgesellschafters den Lieferungsverpflich tungen der Gesellschaft Dritten gegenüber nicht mehr nach kommen kann, in dem Ersatz aller der Gesellschaft dadurch entstehenden Nachteile und des entgangenen Gewinns. Frage steller hat aber auch das Recht, sich zwecks Erfüllung der Lie ferungsverpflichtungen der Gesellschaft namens derselben ander weitig einzudecken und vom Mitgesellschafter den Unterschied zwischen dem Preise des Deckungskaufes und dem Vertrags preise zu fordern. Wegen des vorstehend erörterten Schadens kann aber Frage steller auch die Bank in Anspruch nehmen, wenn diese aus sitten widrigen Motiven den Mitgesellschafter durch die Androhung, ihm sonst den Kredit zu entziehen, zum Vertragsbrüche der Gesellschaft gegenüber gezwungen oder unter Ausnutzung seiner Notlage verleitet hat (vgl. RG. Juristische Wochenschrift 1910 S. 705 Nr. 5 und Bd. 78 S. 14 ff). Daß ein auf Schädigung der Ge sellschaft abzielendes, sittlich verwerfliches Motiv auf Seiten der Bank vorliegt, ist aus der Sachdarstellung allerdings nicht er sichtlich und wäre vom Fragesteller im Prozesse zu beweisen. Entscheidet sich Fragesteller für die Klage auf Erfüllung, so kann er mit derselben die Klage auf Feststellung der Liefe rungsverpflichtung, soweit diese noch nicht fällig ist, bis zum Ab laufe des Vertrages verbinden. * In der Sitzung der ordentlichen Gesellschafter-Versammlung war u. a. zur Tagesordnung folgender Punkt zur Erledigung vor gesehen: „Vorlegen und Prüfen der Bilanz des ersten Geschäfts jahres und Entlastung des Geschäftsführers“. Die Geschäftsbücher wurden hierauf zwar vorgelegt, aber von dem anderen Gesellschafter und seinem mit schriftlicher Vollmacht versehenen Vertreter nicht geprüft, sie machten sich trotz wiederholten Verbots nur Notizen über die Verkaufspreise der Waren und über die Namen sowie Wohn orte der Besteller. Ist dieses Verhalten, wenn es sich um Aneignen von Büchergeheimnissen handelt, strafbar ? Der Unterzeichnete beantragte die Genehmigung der Bilanz und seine Entlastung. Es wurde ohne Aussprache darüber abge stimmt. Er stimmte dafür; der Rechtsanwalt in Vollmacht des anderen Gesellschafters dagegen. Ein Beschluß über diesen Punkt kam infolge Stimmengleichheit nicht zustande. Der Rechtsanwalt protestierte gegen diese Erklärung im Protokollbuch, weil der Antrag infolge Stimmengleichheit abgelehnt sei. Was ist zu tun, nachdem die Bilanz nicht genehmigt und der Geschäftsführer nicht entlastet worden ist? Ist es künftighin zulässig, wenn sich der andere Gesell schafter durch einen mit schriftlicher Vollmacht versehenen Ver treter in den Versammlungen vertreten läßt, daß der Gesellschafter gleichzeitig der Versammlung beiwohnt ? Oder kann man in solchen Fällen darauf bestehen, daß der Gesellschafter die Versammlung vor Beginn derselben verlassen muß ? X. Gutachten unseres rechtskundigen Mitarbeiters: Die bloße Aneignung von Geschäftsgeheimnissen der Gesellschaft mit beschränkter Haftung seitens eines Gesellschafters durch Ent nahme von Notizen aus den Geschäftsbüchern ist nicht strafbar. Strafbarkeit käme erst in Frage, wenn der Gesellschafter die Geheimnisse zu Zwecken des Wettbewerbs unbefugt verwerten oder an andere mitteilen würde. (§ 17 Abs. 2 des Wettbewerbs gesetzes.) Fragesteller hat als Geschäftsführer infolge Verweigerung der Entlastung ein Klagerecht auf Erteilung der Entlastung gegen die Gesellschaft (nicht etwa gegen den Mitgesellschafter) Die Entlastung gilt infolge Stimmengleichheit als verweigert. Ein Klagerecht auf Genehmigung der Bilanz besteht nicht. (Vgl. RGBd. 49, S. 141). Der andere Gesellschafter kann neben einem von ihm mit Vollmacht versehenen Vertreter der Gesellschafter versammlung nur dann beiwohnen, wenn er für einen Geschäfts anteil persönlich erscheint und für einen anderen ihm gehörigen Geschäftsanteil den Vertreter bestellt (vgl. Staub-Hachenburg, Anm. 9 zu § 47). Hat also der andere Gesellschafter nur einen Geschäftsanteil, so kann er entweder nur selbst oder durch einen Vertreter beiwohnen. In solchem Falle kann die Versammlung auf Entfernung des einen von beiden bestehen. Hierzu bedarf es aber, wie bei jedem Beschlusse, der Stimmenmehrheit. Literatur und Papierverbrauch. Zu dem Hundertjahrfest der Selbständigkeit Norwegens, das am 17. Mai u. a. mit Eröffnung einer großen Ausstellung in Kristiania gefeiert wurde, hat der größte nordische Buchverlag, Gyldendalske Boghandel Nordisk Forlag A.-S. in Kopenhagen (und Kristiania), eine neue Ausgabe der vier norwegischen Klassiker des Jahrhunderts, Ibsen, Björnson, Lie und Kielland, 66 Bände zu je 2 Kr., alle in gleichartiger Aus stattung, fertiggestellt. Das Papier und der Druck der 350 000 Bände wurde im Laufe des letzten Halbjahres hergestellt. Das Papier, 387 Tonnen, stammt von der A.-S. Hamang Papirfabrik in Sand- viken, Norwegen, bg. Kartoffelstärke und Kartoffelmehl Marktbericht von A. Siewerts in Berlin SW 19 25. Mai 1914 Die augenblickliche sommerliche Witterung deckt sich mit sommerlicher Ruhe im Geschäft. Bei fast unveränderten Preisen ist genügend Angebot vorhanden, um den laufenden Bedarf zu versorgen, es fehlt jedoch an irgend welcher Anregung, die Anfrage lebhafter zu gestalten. Für neue Kampagne sind die deutschen Fabriken noch nicht am Markte, während erste Marken holländisches Superior-Mehl mit 18 M. bis 18 M. 50 Pf. fob Amsterdam für Oktober-März- Lieferung angeboten sind. Dieses billige Angebot in neuer Ware trägt natürlich nicht dazu bei, die Stimmung der Waren-Inhaber zuversichtlicher zu gestalten, aber man hält trotzdem zähe an der Ware fest und hofft noch Gelegenheit zu finden, wenigstens die gehabten Einstandspreise zu erzielen. Ueber den Stand der Kartoffeln läßt sich noch kaum etwas sagen, vielfach sind dieselben gerade erst in die Erde gekommen. Die Niederschlagmengen sind in den hauptsächlichsten Kartoffel gegenden Deutschlands bisher zwar genügend, aber nicht allzu reichlich gewesen, und Regen ist überall erwünscht. Berlin notiert zur Lieferung im Mai: Kartoffelstärke und Kartoffelmehl, trockene Superior 18,50—19,00 M. „ ,, Prima 18,00—18,50 „ „ ,, abfallend Prima . . . 17,00—17,50 „ Kapillarsirup, prima weiß 44° 23,25—23,75 „ Stärkesirup, prima halbweiß 21,25—21,75 „ Kapillarzucker, prima weiß 22,25—22,75 „ Dextrin, prima gelb und weiß 24,25—24,75 „ Die Preise gelten für die 100 kg bei ersten Kosten in Posten von mindestens 10 000 kg.