Volltext Seite (XML)
1486 PAPIER-ZEITUNG Nr. 44/1914 Deutscher Papiergroßhändler-Verband Hauptversammlung Freitag, 22. Mai, in Leipzig im Verwaltungs gebäude der Bugra Die diesjährige Hauptversammlung hatte vor allem den Zweck, dem Verbände eine neue, geschlossenere Gestalt zu geben, und als die Vertretung des Papiergroßhandels verhandlungs fähig zu machen, durch Annahme neuer Satzungen, auf Grund deren der Verband künftig ins Vereinsregister eingetragen werden kann, und durch Wahl eines Vorstandes, welcher nach diesen neuen Satzungen zusammengesetzt ist. Nachdem bereits am Himmelfahrtstage die Satzungen gründlich durchberaten waren, fanden sich zur Versammlung einige 30 Herren zusammen, um die gut vorbereitete Arbeit endgültig durchzuführen. Da alle Beteiligten ohne Ausnahme bestrebt waren, zum Ziele zu kommen, so wurden die sich entgegenstellenden Schwierigkeiten über wunden. Die Versammlung wurde von Herrn Alexander Flinsch, Berlin, in mustergültiger Weise geleitet. Nachdem der vom Vorstand erstattete Jahresbericht und der Bericht des Schatz meisters, des Herrn Kauffmann, Hamburg, widerspruchslos genehmigt war, wurde in die Beratung der neuen Satzungen eingetreten. Mit geringfügigen Abänderungen wurde die vom Satzungsausschuß vorgeschlagene Form angenommen. Der aufopfernden Arbeit des Satzungsausschusses wurde der ge bührende Dank gezollt. Die anwesenden Herren traten sofort unter den neuen Satzungen zusammen und wählten einen zehn- gliedrigen Vorstand. Zum Vorsitzenden wurde einstimmig der verdiente bisherige Vorsitzende, Herr Alexander Flinsch, Berlin, gewählt, und zu dessen Vertretern die Herren Konsul Klippgen Dresden, und Kauffmann, Hamburg. Sämtliche Herren nahmen die Wahl dankend an. Als Ort für die nächste Generalversammlung wurde Hannover bestimmt. Herr Flinsch dankte darauf allen den Herren, die bisher für den Verband gearbeitet haben. Er hob die Herren Berliner, Wegener, Löhr und die an dem Satzungs ausschuß Beteiligten hervor, widmete aber besondere Worte des Dankes dem Herrn Christoffer, der jederzeit sich in auf opfernder Weise in den Dienst des Verbandes gestellt hätte. Alle Anwesenden stimmten in die Dankesworte ihres Vor sitzenden ein. Nachdem Herr Beyer dann noch Herrn Flinsch den Dank der Versammlung ausgesprochen hatte, der in ge bührender Form seinen Ausdruck im Erheben von den Sitzen fand, wurde die Versammlung geschlossen. Geschichte der 375 Jahre alten Papierfabrik Lachendorf bei Celle i. Hann. Lachendorf — ursprünglich Ladendorf genannt — dieses liebliche Dorf der Lüneburger Heide, mit seinen alten Eichen, schönen Wäldern und Fluren, umsäumt von der Erika, bewohnt von einem urechten alten Niedersachsenschlag — ist der Sitz der Familie Drewsen, Besitzerein der im Jahre 1538 von Herzog Ernst dem Bekenner begründeten Papierfabrik. Nach „Friedrich Drewsen Major a. D., Geschichte der Fa milie Drewsen und der Papierfabrik Lachendorf” hat es sich an fänglich um eine Papiermühle gehandelt, die Herzog Ernst nach Fertigstellung auf 10 Jahre an Martin Kummer verpachtete, gegen eine Abgabe von 4 Ballen Papier jährlich. Das auf Per gament geschriebene, vom Herzog unterzeichnete Dokument befindet sich im Staatsarchiv von Hannover. In denselben Akten befindet sich auch eine Denkschrift, aus welcher hervorgeht, daß Herzog Ernst der Bekenner im Jahre 1538 die Papiermühle Lachendorf hat bauen lassen. Wie Drewsen in seinem Buch weiter schreibt, handelt es sich um die älteste Papiermühle Hannovers. In der angeführten Beckmann’s Techno logie (1789) Seite 119 finden sich folgende Angaben: „Im Hannoverschen sind 34 Papiermühlen, 7 landesherrliche und 27 Privatmühlen, unter denen die im Jahre 1538 zu Lachen dorf angelegte Mühle die älteste ist”. Selbstverständlich hat es sich anfänglich mit der Erzeugung nur um handgeschöpftes Papier gehandelt; hauptsächlich um Kanzlei- und Dokumentenpapier. Den Rohstoff bildeten aus schließlich Lumpen. Für den Ankauf der Lumpen war im Lün- burg’schen die Lachendorfer Mühle allein privilegiert. Die Mühle bestand ursprünglich aus 1 Bütte, 1 Wasserrad und 2 Lochbäumen, von denen der eine 3 Löcher und 12 Stampfen, der andere 4 Löcher und 15 Stampfen hatte. Zum Lumpenhacken dienten 3 Hackemesser. Die Mühle hat dann verschiedentlich ihre Besitzer gewechselt. Im Jahre 1714, vor genau 200 Jahren ging sie in den Besitz des Papiermeisters Morens Drewsen, geb. 1. 3. 1678 in Buxtehude über. Er war der Sohn des Kaufmanns und Bürgers Johann Drewsen in Buxtehude. Ein Bruder von ihm, Johann Drewsen, geb. 1667, war Besitzerder Papiermühle Strandmölln bei Kopen hagen. Bis ins Jahr 1835 ist nichts Wesentliches zu berichten. In diesem Jahr übernahm Georg Drewsen, Sohn von Friedrich Christian Drewsen die Mühle, die sich inzwischen schon zur Fabrik entwickelt hatte. Er führte die Fabrik auf eigene Rech nung unter der "Firma „Georg Drewsen.” Im Jahre 1845 wurde bereits die erste Papiermaschine, ge baut von Escher Wyss & Co. in Zürich, aufgestellt; damit begann eine neue Entwickelung in der Geschichte der Fabrik. Die Hand papiermacherei wurde allmählich verdrängt. Ostern 1853 wurde Carl Drewsen mit 21 Jahren zum Leiter der Fabrik berufen. Unter ihm hat die Fabrik gewaltigen Auf schwung genommen. Besonders glücklich für die Weiterent- wickehing waren die Jahre nach dem 70er Krieg. 1877 kam in Lachendorf bereits die zweite Papiermaschine in Betrieb. 1874, also vor 40 Jahren kaufte Carl Drewsen die in Celle befindliche frühere Capelle’sehe Tuchfabrik und richtete daselbst das Halb stoffwerk ein. Aber der steigenden Nachfrage mußte weiter ge nügt werden durch Einbau einer dritten Papiermaschine in Celle. Als Leiter der Fabrik in Celle wurde Major a. D. Friedrich Drewsen, der Bruder Carl Drewsen’s bestellt. Carl Drewsen wurde im Jahre 1888 König!, preußischer Kommerzienrat. Er bekleidete zahlreiche Ehrenämter, war Mit glied der Landwirtschaftskammer Hannover und langjähriger Vorsitzender des Vereins Deutscher Papierfabrikanten. Infolge seiner großen Verdienste um den Verein ist Kommerzienrat Carl Drewsen bis zu seinen Tode Ehrenvorsitzender des genannten Vereins gewesen. Im Jahre 1900 starb Kommerzienrat Carl Drewsen, und beide Fabriken gingen in den Besitz seines Bruders Friedrich Drewsen, Major a. D. über. Dieser zog sich im Jahre 1910 von der Leitung der Geschäfte zurück, und seit dieser Zeit ist nunmehr alleiniger Besitzer Herr Walther Drewsen, der einzige Sohn des Friedrich Drewsen. Walther Drewsen ist vermählt mit Paula Josefa Drewsen, geb. von Elpons, Tochter des- verstorbenen Generals von Elpons. Die Erzeugnisse der Firma Georg Drewsen sind weltbekannt. Als Sondererzeugnis gelten surrogatfreie Bücherpapiere, Normal- Dokumenten-Urkundenpapier, Zeichenpapiere, feine Post- und Schreibpapiere mit Wasserzeichen, Registerkarten, Postkarten, Elfenbein-Kartone, Hanf- und Lichtpauspapiere. Die Firma hat von jeher darauf gesehen, im Wettstreit allein durch die Güte der Ware zu siegen. Fast jedes Jahr hat Veränderungen und Verbesserungen gebracht, immer mehr legt die Firma ihr Hauptaugenmerk darauf, durch Veredelung der Stoffe mehr Freunde zu dem alten Kundenstamm zu ge winnen. Die Fabriken werden gut geleitet, Vertreter der Firma be finden sich an den meisten größeren Plätzen. Auch für Wohlfahrtseinrichtungen ist bestens gesorgt. Zahl reiche Arbeiterfamilien-Wohnhäuser sind in den letzten Jahren gebaut worden. Bei Uebernahme der Firma hat Herr Walther Drewsen ein ansehnliches Kapital für bedürftige Arbeiter ge stiftet. Die Firma verfügt ferner über einen gutgeschulten Ar beiterstamm. Zahlreiche Orden konnten in den letzten Jahren an alte verdienstvolle Beamte und Arbeiter mit Dienstzeiten bis über 50 Jahre verliehen werden. Aus der ehemaligen alten Mühle ist allmählich ein großer moderner Fabrikbetrieb entstanden, der sich getrost neben so mancher Neugründung sehen lassen kann. Und wenn auch nichts mehr zeugt von dem ehemaligen Getriebe, eins ist im. Wechsel der Zeiten nicht verloren gegangen: Die alte trepe Zusammen gehörigkeit, das Zunftverhältnis, wie es früher bei den alten Papiermachern geübt wurde und wie es sich jetzt ergänzt durch das gute Einvernehmen zwischen Inhaber und Angestellten. Hier steht der Arbeiter nicht blos in einem gewöhnlichen Lohnverhält nis, er nimmt vielmehr Anteil am Wohl und Wehe des Unter nehmens. Möge es auch in Zukunft so bleiben! Werner