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Nr. 43/1914 PAPIER mit Hinweisen auf das zur Schau gebrachte Büchersammelwesen der Königlichen Bibliothek zu Berlin, die Darstellung der Bibliotheken in den verschiedenen Zeitaltern, die Ausstellung der Bibliophilen, unter ihnen in erster Reihe Dr. Wolfheim, Berlin, die Seltenheiten der Musikliteratur, gezeigt u. a. von Frau Schoeller in Düren, die Literaturschätze aus den Königlichen Privatbibliotheken, gesichtet vom Kgl. Bibliothekar Dr. Krieger. — Die technisch gewerbliche Seite der gewaltigen Ausstellung sei in ihrer seltenen Vielgestaltig keit geeignet, außer gesteigertem Erwerbsinteresse auch die Liebe für historische Forschung in Gewerbe und Beruf zu erwecken und zu fördern und im Hinblick auf die allerdings zum Teil noch im Werden begriffenen Abteilungen und fremdländischen Pavillons zu Ver gleichen mit anderen Nationen anzuregen; Amerika fehlt leider unter den letzteren. Die Schriftgießereien — in deren erster Reihe H. Berthold, Berlin, — die Druckverfahren, die Buchbinderei mit musterhaften Verlegereinbänden, der Buchhandel, nach Haupt orten dargestellt — unter ihnen München in geschmackvoller Auf machung — gäben in ihrem Aufbau ein großartiges Gesamtbild, die Maschinenhallen, in ihrem Inhalt auch der Vollendung ent gegenreifend, machten mit ihrem gewaltigen Getriebe einen bedeut samen Eindruck. Unter den fremden Nationen sei Oesterreich bereits fertig, bei ihm bemerke man den guten Einfluß der Wiener Kunstgewerbler; Rußland zeige in seinem Bauwerk Architektur teile der Moskauer Kremlbauten, England seinen bekannten Tudor stil, Frankreich den des Louis XVI., nicht minder interessierten in ihrer Eigenheit Schweden, Dänemark, die Schweiz. Mit präch tigen Darbietungen glänze das Sächsische Flaus, das u. a. den Börsen verein der Buchhändler, die Königliche buchgewerbliche Akademie beherbergt, im einzelnen unter vielem anderen Bücherei-Modelle, die Schulen mit der Entwickelung des gewerblichen Unterrichts und Schülerarbeiten. In der Sonderausstellung „Der Kaufmann“ werde vorgeführt, was alles der Welthandel vom Buchdrucker be darf, das „Haus der Frau“, aufs schönste vollendet, gebe rühmliches Zeugnis für die Betätigung der Damen; Frauenzeitungen, Exlibris, mannigfache Frauenkultur von heute, die Ergebnisse der Frauen bewegung seien da gezeigt. Der in mäßigen Grenzen gehaltene Vergnügungspark finde in der Ausstellung „Der Student“ — stu dentisches Leben in Altheidelberger Umrahmung — einen anziehenden Mittelpunkt. So biete die große Ausstellung in ihrer Gesamtheit ein schön gelungenes Werk von Bedeutung für die Graphik auf allen Gebieten und berge in sich einen offenbaren Kulturgewinn erster Ordnung. Reicher Beifall folgte den Schilderungen des Freiherrn von Biedermann, dem der Vorsitzende im Namen der Gesellschaft dankte. Hierauf erhielt Herr Hennig das Wort, der in Uebereinstimmung mit dem Vorredner den Gesamteindruck als großartig und über wältigend bezeichnete. Die Reproduktionstechnik unserer Zeit, als Sondergebiet betrachtet, zeige sich auf ihrer vollen Höhe, die sie mit Hilfe der Photographie erreicht habe. Wenn man dem Aus land auch hier gebührende Anerkennung zollen müsse, z. B. bei Schweden autotypischen Mehrfarbendrucken mit Leinwandrück seite, so stehe Deutschland doch in so ziemlich allen Fächern vorn an. Aus der Menge anderer Eindrücke von Einzelheiten seien nur erwähnt die historische Hainsdorfer Papiermühle, die Halle der modernen Papierfabrikation, aus der englischen Abteilung die an genehm empfundene, gute Erklärung durch unterrichtete Damen, die Schaustellung von Musikautographen und Musikautomaten, die Königlichen Bücherschätze in ihren Originalschränken, die graphische Industrie der Schweiz in Farbendruck und Kartographie, der Krausesche Riesenkalander mit 16 Walzen und 31/2 m lange Walzen des Grusonwerkes. So sei der Besuch, auf den man bei sorgfältigem Studium 8—14 Tage rechnen könne, schon jetzt, jeden falls aber möglichst vor der allgemeinen Ferienzeit zu empfehlen. — Im Anschluß gab der Vorsitzende, Herr Könitzer, seine eigenen Beobachtungen bei der Eröffnungsfeier und an den folgenden ersten Tagen kund. Die Rohstoffe zur Buchherstellung, z. B. in Papier und Farbe für alle Techniken seien ebenso wie der Buchdruck selbst in Gruppe 9 erschöpfend zur Schau gebracht. Bemerkenswert sei die gruppenweise Einordnung in die Organisationen und rühmlich auch die gleichmäßige Aufmachung der Ausstellung, die gewisser maßen die gemeinsame Tätigkeit an einem großen Werke in den Vordergrund stelle; Raumkünstler und Architekten haben Groß artiges geleistet. Ihm seien wieder andere Erlebnisse wie den beiden Vorrednern haften geblieben, so bei den Farbenfabriken die Dar stellung der Leinsaaten; die Firnisarten und deren Bereitung, hierzu gehörige Dioramen, die verdienstvolle Arbeit des Bundes der Chemigraphen Deutschlands unter Leitung von Stadlinger und Sternheim i. Fa. Büxenstein; ferner H. Bertholds schöner Raum in Polisanderholz, Gurschs große Ausstellung mit Schreibschriften von der Komplettmaschine, die hervorragenden Erzeugnisse der Firma D. Stempel, aus dem Raum der Akademie der Fries mit den Zeitaltern von fünf Jahrhunderten. Technisch belehrend sei die Darstellung der Arbeitsmaterialien, der Ausdrucksmittel des Buch drucks beim Buchgewerbe-Verein, die Zeitschriftenschau, an der Sachsen den Löwenanteil habe, das Modell der Druckerei Brand stetter, die Gruppe der befreundeten Leipziger Typographischen Gesellschaft „der Mensch in seinem Lebenslauf und der Buchdruck“, die Beteiligung von Berliner Firmen wie Sittenfeld, Gebr. Feyl, Fachtischlerei Kraft, ferner der Reichsdruckerei in schön und ruhig wirkendem Raum. Die Buchhändler-Ausstellung zeige alle Möglich -ZEITUNG 1461 keiten typographischer Arbeit; bei den Abarten der verschiedensten Reproduktionsverfahren bliebe auch dem Fachmann noch so manches zu entschleiern. Aus dem von Tag zu Tag sich mehr und mehr lichtenden Chaos der Maschinenteile und Maschinen erwachsen die schönsten Schaustellungen wie die von Rockstroh & Schneider, die Tiegeldruckpressen der Bautzner Industriewerke, von König & Bauer und von der Vogtländischen Maschinenfabrik, im Bereich der Setzmaschinen u. a. die Multi-Magazine der Linotype. Herr Könitzer schloß mit dem Worte Dr. Volkmanns bei der Eröffnungs feier: „Möge die Buchdruckerwelt die Dinge auf sich wirken lassen“ ! Herr Erler dankte im Namen der Versammlung für das Gehörte, und Herr Zehnpfund fügte aus eigener Anschauung noch einige launige Schilderungen hinzu, die einheitliche, harmonische Gesamt wirkung auch hierbei unterstreichend. Er gedachte auch des viel erörterten Plakatvogels der Bugra. Herr Könitzer erinnerte in seinem Schlußwort an den Rigaer Besuch zu Ende Juni. Die nächste Sitzung findet des Pfingstfestes wegen am 9. Juni statt. Für die daran interessierten Mitglieder und andere Leipzigfahrer ist im Buchgewerbesaale ein kleines Reklamebüchlein „Die Druckstadt Leipzig“ mit farbigem Plan von Leipzig und illustrierten Hinweisen auf Stadt und Ausstellung für 15 Pfennig täglich von 11—2 und an den Leseabenden zu entnehmen. Schluß der Sitzung 3412 Uhr. Sch. Die deutsche Frbeiterversicherung auf der Bugra Wie sich die Invaliden- und Hinterbliebenen-, Unfall- und Krankenversicherung der im Buchgewerbe tätigen Personen entwickelt hat, wird gemeinsam mit dem Reichsversicherungs amte von den Berufsgenossenschaften, Landesversicherungs ämtern und Krankenkassen in einem Raume vorgeführt, der sich im Mittelbau der Halle Deutsches Buchgewerbe dicht hinter der Empfangshalle links befindet. Dieser Raum ist durch Zwischenwände in 3 Abschnitte ge trennt. In dem einen Drittel zeigt das Reichsversicherungsamt auf einem großen Bilde, welches das Tor einer alten märkischen Stadt darstellt, auf Schildern, die an diesem Tor angebracht sind, die Einnahmen, Ausgaben usw. der gesamten deutschen Arbeiterversicherung von 1885—1912. Die Beiträge der Arbeitgeber betrugen z. B. für diesen Zeit raum 6170 Millionen Mark, wovon auf die Invalidenversicherung 1611,4 Millionen Mark, auf die Unfallversicherung 2784,6 Millionen Mark, und auf die Krankenversicherung 1774,0 Millionen Mark kommen. Die Beiträge der Versicherten stellten sich insgesamt auf 5478,1 Millionen Mark, davon für die Invalidenversicherung 1611,4 Millionen Mark und für die Krankenversicherung 3866,7 Millionen Mark. Auf vier Aquarellen sind in drastischer Weise für die Jahre 1885 und 1912 die Unfallverhütungskosten der landwirtschaft lichen Unfallverhütung, die Rücklagen, Einnahmen und Ausgaben, das Vermögen, und das Schaden verhütende und Schaden aus gleichende Wirken der deutschen Arbeiterversicherung, sowie die Unfallverhütungskosten der gewerblichen, der Bau- und der See-Unfallversicherung ersichtlich gemacht. Sechs Schatten bilder, die auch in Postkartenform ausliegen, führen die sach gemäße erste Hilfe bei Betriebsunfällen, die Heilbehandlung nach Betriebsunfällen, in Krankheitsfällen und zur Vorbeugung der Invalidität die Wiederbeschäftigung Genesener, Arbeits vermittelung und Arbeitsstätten für Unfallverletzte und In valide, sowie die Unterbringung von Invaliden und Waisen in Heimen, Kolonien und Pensionen vor. Ferner sind statistische Tafeln und Photographien aus gehängt, welche die Versicherungen des Deutschen Reiches be treffen und, außer verschiedenen, die Arbeiterversicherung an gehenden Schriften, 3 Alben ausgelegt, mit Photographien von Einrichtungen zur Heilbehandlung, Erholung und Fürsorge (Erholungsheime, Walderholumgsheime, Invalidenheime, Arbeiter wohnhäuser, Krankenhäuser) und von Einrichtungen zur Unfall verhütung. Im mittleren Drittel des Raumes befindet sich die Aus stellung der Berufsgenossenschaften. Die Papiermacher-Berufs- genossenschaft, also die Unfallversicherung der Industrie, die das vom Buchgewerbe verarbeitete Material liefert, hat außer graphischen Darstellungen über die Zahl der Betriebe, der Ver sicherten, der Löhne, der Unfälle usw., die Zeichnung der Füllner’ sehen Papiermaschine, die in der Ausstellung selbst in Tätigkeit ■ist, angebracht. Durch rote Eintragungen sind auf der Zeichnung die an der Papiermaschine notwendigen Schutzmaßnahmen gekennzeichnet. Außerdem liegen Verwaltungsberichte, Unfall verhütungsvorschriften und Merkblätter der Papiermacher- Berufsgenossenschaft und ein Album mit Photographien von Maschinen aus.