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Nr. 38/1914 PAPIER-ZEITUNG 1287 Eröffnung der Bugra Die Weltausstellung für Buchgewerbe und Graphik wurde am 6. Mai, 1212 Uhr vormittags, in Anwesenheit des Königs von Sachsen eröffnet. Leipzig hatte Festschmuck angelegt, und die schöne Zufahrtstraße der Ausstellung s die Straße des 18. Oktober, war durch Fahnen-Masten in eine Triumphstraße verwandelt. Ihr Abschluß mit den schmucken Ausstellungs gebäuden und' dem Völkerschlacht-Denkmal gewähren einen großartigen Anblick. Dr. Ludwig Volkmann, der Vorsitzende des Ausstellungs-Ausschusses, hielt im Kuppelsaal der Halle „Deutsches Buchgewerbe” an den König und an die versammelten Festgäste eine markige Ansprache, in welcher er die Bedeutung der Buchgewerbe für die Stadt Leipzig, für ganz Deutschland sowie für alle gebildeten Völker hervorhob und den Werdegang der Ausstellung erzählte. Diese sei international, und das Buch gewerbe eigne sich wie kein anderes zur gemeinsamen Arbeit aller Völker, da Kunst und Wissenschaft, denen das Buchgewerbe Dr. Ludwig Volkmann dient, international seien. Dabei komme jedoch die Eigenart der einzelnen Völker in ihren Ausstellungsgegenständen zum Ausdruck. Redner dankte allen Staatsoberhäupten, Regierungen, Behörden und Mitarbeitern für die reiche Unterstützung, welche sie der Bugra haben angedeihen lassen. Der König eröffnete hierauf die Ausstellung und trat mit seinem Gefolge einen 51stündigen Rundgang an, wobei er zahlreiche Aussteller ansprach und sich über vieles Dargebotene ausführlich berichten ließ. Wenige Tage vor Eröffnung der Ausstellung hieß es, daß sie noch recht unfertig sei. Das am Eröffnungstag Gesehene bewies aber, daß der überwiegende Teil der Ausstellung fertig ist. Fertig sind zunächst alle Ausstellungsteile, welche in Ge bäuden der vorjährigen Baufach-Ausstellung untergebracht werden konnten. Hierzu zählen die großen Gruppen für das Buchgewerbe mit Vorführungen von Druckwerken und Schrift proben der verschiedensten Art, die ungemein reiche und mit musterhaftem und auserlesenem Geschmack einheitlich angeordnete Vorführung der Buchhändler und Verleger, die Halle der Kultur mit einer außerordentlich reichhaltigen und wertvollen internationalen Ausstellung von Gravüren und Radierungen, die Ausstellungen von Oesterreich, Frankreich und derjenigen fremden Staaten, die in einem gemeinsamen Gebäude untergebracht sind. Fertig sind auch die Sonder ausstellungen „Die Schule und das Kind”, „Das Haus der Frau” mit seiner reizenden Inneneinrichtung, fertig ist die alte Papier mühle, welche am Eröffnungstage sogar schon Lumpen ge stampft hat. In dem altertümlichen Gebäude dieser Mühle, deren Rad allerdings elektrisch angetrieben werden muß, und in welcher die Firma J. W. Zanders, Berg.-Gladbach, Papier schöpfen lassen wird, befindet sich auch noch eine mittelalter liche Schriftgießerei sowie eine alte Buchbinderei, ebenso eine von dem Veranstalter dieser Gruppe, Herrn Dr. Paul Klemm zusammengestellte Sammlung von alten Schreibstoffen, wie echtem Pergament, Papyrus usw. Hier soll nächster Tage auch eine naturgetreue, von der Maschinenfabrik Allimand in Rives angefertigte Nachbildung der ersten Robertschen Papiermaschine auf gestellt werden. Die Maschinenhalle I beherbergt vorzugsweise Maschinen der Papierverarbeitung, insbesondere für Buchbinderei und Kartonnagenfabrikation. Hier ragt im Mittelpunkt ein 16 walziger Kalander von Karl Krause mit Antrieb von der unteren Walze und elektrischer Fahrbühne turmartig empor. Die großen Maschinenfabriken der Papierverarbeitung wie Karl Krause, Christian Mansfeld, Gebrüder Brehmer, Ferd. Emil Jagenberg, Praktische Maschinen-G. m. b. H., Fomm, Dietz & Listing und viele andere Firmen, die wir jetzt nicht aufzählen können, haben hier ihre neuesten und besten Erzeugnisse in reich haltiger Weise ausgestellt. Riesige Kalanderwalzen des Kruppschen Grusonwerks fesseln die Aufmerksamkeit. Alle Maschinen sind hier wie in den anderen Maschinenhallen mit elektrischem An trieb versorgt und sollen im Betriebe vorgeführt werden. Während Halle I mit ihrem Inhalt fix und fertig dasteht, ist die Maschinen halle II noch nicht so weit vorgeschritten. Hier sind viele Aus steller ziemlich im Rückstand, aber aller Wahrscheinlichkeit nach wird in den nächsten acht Tagen auch hier alles in Ordnung kommen. U. a. sehen wir hier die mannigfaltigen Druck- und Tapetenmaschinen der Druckmaschinen werke Altona-Elbe und von Max Kroenert in Altona-Ottensen. Die Maschinen sind mit vielen wertvollen Neuerungen ausgestattet und sollen von uns eingehend beschrieben werden. Noch weiter zurück ist die ge waltige Maschinenhalle III, in welcher die bedeutendsten Schnell- pressen-Fabrikanten und andere Maschinenfabrikanten ihre Er zeugnisse ausstellen sollen. Hier dürfte erst in 10 bis 14 Tagen Ordnung in das Chaos kommen. Leider ist auch die Halle der Gruppe Papierindustrie noch recht zurück. Die Ehrenhalle in der Mitte, welche die Vereine der Papier- und Zellstoff-Fabrikanten auf ihre Kosten bauen und ausstatten, ist noch von Gerüsten umhüllt, und es wird noch eine Weile dauern, ehe die Maurer hier herauskommen. In einem Flügel dieser Halle haben Papierfabriken und Geschäfts- bücher-Fabriken ausgestellt, und einige Aussteller haben ihre Koje auch schon in Ordnung. Wir sehen hier u. a. die gemeinsame Ausstellung der Patentpapierfabrik Penig und der Großhandlung Ferdinand Flinsch, ferner die Koje der Papierfabriken von Krause & Baumann, Scheufeien in Oberlenningen, Sieler & Vogel, Sacrau, und anderer. Hier hat auch das Köthener Poly technikum eine lehrreiche Zusammenstellung von Lehrmitteln und Schüler-Arbeiten ausgestellt. Eine große Zahl von Kojen in diesem Gebäudeteil harren aber noch der Ausstellungsgegen stände. Im rechten Flügel des Gebäudes wird an der Aufstellung der Papiermaschine gearbeitet, welche von der Firma H. Füllner in Warmbrunn gebaut ist und von der Fockendorfer Papier fabrik in Betrieb gehalten wird. Vielleicht wird diese große Maschine, für welche ein eigenes Kraftwerk mit Schornstein gebaut wurde, Anfang Juni betriebsfertig sein, wie es die Leitung dieser Abteilung hofft. Das hier gemachte Papier wird dann auf einer Rotationsdruckmaschine, die gleichfalls noch ihrer Aufstellung harrt, an Ort und Stelle bedruckt werden. Die Fachpresse wird mit der Ausstellung für Stenographie in einem großen Gebäude untergebracht, jedoch werden zurzeit erst die Kojen dafür gebaut. Das Schriftwesen hat ein eigenes Gebäude, das aber bis jetzt erst von einem kleinen Teil der Aus steller bezogen wurde. Das erst in letzter Zeit errichtete Staatsgebäude für Ruß land ist noch unfertig, und die Gegenstände werden erst auf gestellt, wenn Maurer und Zimmerleute das stattliche Haus verlassen. Die Ausstellung ist so groß, reichhaltig und umfangreich, daß man in einem Tage fleißigen Studiums nur einen Ueber- blick gewinnen und in die Einzelheiten nicht eingehen kann. Wir werden unsere Leser durch Einzelberichte über alles Wissens werte auf dieser großen Heerschau des Buchgewerbes unter richten. Für den leiblichen Menschen ist auf der Ausstellung sehr gut gesorgt. Neben dem Hauptrestaurant und dem Haupt kaffeehaus gibt es noch in allen Teilen Wirtschaften, aber be sonders anheimelnd ist die Gastwirtschaft in dem „akademischen Viertel”. Ein Hof der henliehen Schloßruine zu Heidelberg ist hier getreu nachgebildet. An langen Tischen saßen hier Hunderte von Studenten der Leipziger Universität in vollem Wichs, und als der König diese Abteilung durchschritt, wurde