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1286 PAPIER-ZEITUNG Nr. 38/1914 Anfertigung von Diapositiven nach Abziehbildern Nachdruck verboten Zur Herstellung von Diapositiven lassen sich Abziehbilder bester Sorte sehr gut verwenden, da dann die Glasdekorationen ganz vorzüglich ausfallen, weil die Farben brillant und feurig wirken, während die freien Stellen glasklar durchsichtig sind. Das Abziehen usw. geht anstandslos von der Hand, was natürlich bei den gewöhnlichen Abziehbildern selten der Fall ist. Gewöhnlich wird zum Abziehen der Bilder auf Glas Küchen gelatine empfohlen, von der man eine Tafel mit der Schere in kleine Stückchen schneidet, diese in ganz kaltem Wasser einige Zeit einweicht, öfters umrührt und nachher das Wasser durch ein Sieb weggießt, wobei der an der Gelatine haftende Staub und Schmutz mit entfernt wird, so daß sich eine klare Lösung ergibt. Die etwas aufgequollenen Stückchen werden in einem ganz reinen Emaillegeschirr mit 150 ccm weichen oder destillierten Wassers übergossen, dann gibt man das Geschirr in einen Topf mit kochendem Wasser, in welchem die Gelatine gänzlich ge schmolzen wird. Man drückt sie dann heiß durch dichte Lein wand, um noch etwa vorhandenen Schmutz und die Klümpchen zu beseitigen. Mit der filtrierten und warm, d. h. flüssig zu haltenden Lösung muß man mit einem weichen, breiten und nicht haarenden Pinsel die Bildseiten der Abziehbilder so bestreichen, daß man die einmal berührten Stellen nicht mehr bestreicht, um die Auflösung der Bildschicht zu verhüten, weshalb der Pinsel so zu führen ist, daß man Strich bei Strich eine genügende Menge Gelatine aufträgt, um nur eine mäßig dicke Schicht von mög lichster Gleichmäßigkeit zu erzielen, denn nur dann kann man auf genaues sicheres und zuverlässiges Abziehen rechnen. Das Gelatineaufstreichen muß vorerst etwas geübt werden; es geht ziemlich leicht von der Hand, wenn einige Tropfen Spiritus der Lösung beigefügt werden. Zu kalt darf die Lösung nicht sein, dann gerinnt sie, während bei zu starker Erhitzung die Bildschichten sehr rasch aufgelöst und beschädigt werden. Nach dem Aufstreichen soll man das Abziehbild sofort auf das bereit liegende Glas auflegen und mit dem Rollenquetscher von der Mitte ausgehend anquetschen, das Glas muß etwas erwärmt sein, damit der Gelatineanstrich beim Auflegen der Bilder nicht erstarrt. Bei derartigen Arbeiten sollen zwei Personen be schäftigt werden; während die erste bestreicht, besorgt die zweite das Auflegen und Anquetschen. Mitunter zeigt die Gelatihe- lösung beim Verarbeiten Schaum oder vereinzelte Blasen, die man versuchen. muß, mit einigen Kartonstücken langsam ab zustreichen und am Rande abzuheben. Zur Vermeidung der Blasen darf der Pinsel niemals zu rasch eingetaucht oder die Lösung in schleudernder Hast umgerührt werden, denn dadurch wird viel Luft in die Lösung gerissen, die dann die Blasen bildung verursacht. Ein vorzügliches Blasenverhinderungs mittel bei allen Leim- oder Gelatinelösungen ist eine ganz kleine Zugabe von frischer ungekochter Milch. Dadurch wird die Klebkraft der Lösungen sogar noch erhöht, die Durchsichtig keit aber nicht beeinträchtigt. Die Gelatinelösung darf für Abziehzwecke niemals zu alt sein, da sie dann trübe, streifig und fleckig wird. Man sollte gerade nur so viel mischen, als in einem bis zwei Tagen verbraucht werden kann. Ueberhaupt verderben diese Lösungen ungemein rasch, im Sommer schneller als im Winter, auch muß man den Behälter vor hineinfallendem Staub sorgfältig behüten. Nachdem die Bilder auf das Glas aufgezogen und gut ange rollt sind, überzeugt man sich, ob sie blasenfrei festsitzen. Man braucht die Gläser nur wagerecht von sich weggestreckt gegen das Licht zu halten, um an den kleinen Erhöhungen sogleich zu erkennen, daß dort Luft zwischen Glas und Bild vorhanden ist, die durch Durchstechen des Papiers mit einer dünnen Näh nadel zu beseitigen ist. Die Stelle muß nachher mit dem warmen Finger sanft einige Zeit an das Glas gedrückt werden, um durch die Wärme des Fingers Erweichung der Gelatine und Fest kleben am Glase zu erzielen. Durch den Nadelstich entweicht die Luft, ohne Beschädigung des Bildes. Dieses einfache Ver fahren kann man bei allen Klebemitteln anwenden. Das dekorierte Glas stellt man etwa 5—6 Stunden geschützt vor großer Wärme und dem grellen Tageslicht zum Trocknen auf, denn das Abweichen des Papiers darf erst nach dem völligen Trocknen des Klebstoffes erfolgen, alsdann geht das Abziehen ziemlich schnell und sehr sicher. Das Glas ist nur einige Sekunden in lauwarmes Wasser ganz unterzutauchen, wobei das stark feuchtigkeitsempfängliche Papier rasch erweicht wird, dann kann es von einer Ecke aus glatt von der Bildschicht abgelöst werden. Das tadellose Abziehen usw. ist nur bei den besten Sorten Abziehbilder zu erreichen. Nach dem Abziehen bleiben die Gläser etwa 30 Minuten ruhig liegen, dann wird die Zwischenschicht (der Gummi) mit einem weichen Pinsel oder ungeleimter Watte mit lauem Wasser entfernt, indem man die Bildfläche ausgiebig damit überspült, aber nicht zu scharf überreibt. Bei Herstellung der Abziehbilder papiere wird nämlich das Papier zuerst mit Gummischleim vorgestrichen, bevor es die Abziehbildschicht erhält. Beim Abziehen wird durch das Erweichen der Papierrückseiten die Gummiisolierschicht erweicht, so daß die Abziehschicht auf dem Klebstoff der Gläser usw. haften bleibt, während das Papier abgelöst werden kann. Natürlich bleibt ein Rest vom Gummi schleim auf dem Papier und der Abziehschicht kleben, der ent fernt werden muß, da sonst Trübungen, auch Risse und Sprünge in der Bildschicht entstehen können. Aus diesem Grunde muß das Abpinseln ziemlich eingehend geschehen, doch sind natürlich Verletzungen der Bildschichten sorgfältig zu vermeiden. Nach der Reinigung läßt man die Gläser bei geringer Wärme und geschützt vor Sonne und Staub trocknen, alsdann kann man sie mit irgend einem glasklaren Terpentinlack (Damarlack, Kanadabalsam usw;) ganz dünn und recht gleichmäßig über streichen, und der Lack muß wenn nötig noch mit ganz reinem rektifiziertem Terpentinöl soweit verdünnt werden, daß er sich leicht und sicher verarbeiten läßt. Auch ein ganz klarer Zapon lack kann den genügenden Schutz gewähren. An Stelle von Gelatine kann ein selbst zubereiteter Abzieh lack verwendet werden, der aus 5 Teilen goldgelben, echt venetianischen Terpentins, 1 Teil ganz reinen Kolophoniums und 80—100 Teilen rektifizierten echten Terpentinöls herge- stellt wird. Man löst das Ganze in einer weithalsigen gut ver korkten Flasche durch längeres Stehen am warmen Orte und öfteres Umschütteln auf. Die sehr gut gereinigten, ganz trockenen und staubfreien Glasflächen sind mit einem weichen Pinsel nicht zu dick, aber sehr gleichmäßig mit dem Abziehlack zu be streichen, dann legt oder stellt man das Glas, vor Staub geschützt beiseite, bis der Anstrich soweit trocken ist, daß er sich gut klebrig anfühlt. Auf diese klebrige Fläche wird das knapp zu geschnittene Abziehbild glatt aufgelegt, mit dem Gummi quetscher, ohne zu starken Druck angerollt, und dann taucht man das Ganze wie vordem, einige Sekunden in laues Wasser und zieht das Papier ab usw. Wenn möglich läßt man das auf geklebte Bild etwa 24 Stunden liegen, damit der Abziehlack gänzlich auftrocknen kann, andernfalls kann man das Abziehen auch sofort nach dem Aufkleben vornehmen, doch darf dann das nachherige Ueberlackieren erst etwa 48 Stunden nach dem Abziehen geschehen, wenn Terpentinlack oder Zaponlack benutzt wird. Andernfalls kann ein guter Spirituslack (bester Etiketten lack la) aus den Druckerei- oder Buchbindereifachgeschäften in vorzüglichster Güte erhältlich, benützt werden. Eine kleine Abweichung ist bei dem folgenden Abziehverfahren ersichtlich, das aber sehr gute Ergebnisse ergibt: Das Abziehbild wird mög lichst knapp beschnitten, dann überstreicht man die Bildseite mit ganz glasklarem reinem Politurlack bester Sorte, wonach das Bild vor Staub geschützt so lange beiseite gelegt wird, bis der Anstrich etwas kleberig geworden ist, nachher bringt man es auf das zu verzierende Glas, drückt es mit einem weichen Tuch oder dem Rollenquetscher an, doch darf das Papier erst nach etwa 12—14 Stunden, d. h. nachdem der Politurlackanstrich getrocknet ist, in der beschriebenen Art abgezogen werden. Sobald das Bild tadellos auf dem Glase steht, kann es ein- bis zweimal mit dünnem Politurlack überstrichen werden, der auch zu den vorher geschilderten Uebertragungen dienen kann. Zur gründlichen Reinigung der zu verzierenden Gläser dient entweder ein ganz feines mehlartiges Polierrot (Kaput mortuum) mit ein wenig Wasser, oder ganz fein geschabte, mehl artige Kreide mit starkem Spiritus. Nach dem gründlichen Ab spülen mit viel Wasser sind die Gläser vor Staub, Fingergriffen usw. gut geschützt zu trocknen, alsdann schlägt man sie in reines Druckpapier und verwahrt sie so, wenn sie nicht gleich ver arbeitet werden sollen. Die besten Sorten der Abziehbilder müssen vor grellem Sonnenlicht und besonders vor Staub und Feuchtigkeit geschützt, verwahrt werden, doch soll man sie nicht zu alt werden lassen. Ferner dürfen sie nicht mit fettigen und schweißigen Fingern befaßt werden, und man beschneidet sie möglichst knapp, doch muß beim Aufstreichen des Politurlackes sehr vorsichtig zu Werk gegangen werden, damit kein Lack auf die Rückseite des Abziehpapiers gelangt. Deshalb ist bei der zuletzt beschriebenen Arbeitsweise mit Politurlack das Abschneiden nicht zu knapp vorzunehmen. M.