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PAPIER-ZEITUNG Nr. 37/1914 Tagesordnung: 1. Geschäfts- und Kassenbericht für das Jahr 1913 und Abnahme der Verwaltungskostenrechnung der Sektion für 1913. 2. Aufstellung des Verwaltungskostenvoranschlages für das Jahr 1915. 3. Wahl der Rechnungsrevisoren für das Jahr 1914. 4. Verschiedenes. Mitteilungen und Anträge aus der Mitte der Versammlung. Der Sektionsvorstand Kommerzienrat Dr. Haerlin, Vorsitzender Der deutsche Forstverein über Papierholz Eine Erwiderung des Vereins Deutscher Zellstoff-Fabrikanten Ende Januar 1914 ist der Bericht über die 14. Haupt-Ver- sammlung des Deutschen Forstvereins, die vom 25. bis 30. August 1913 in Trier stattgefunden hat, erschienen. Auf dieser Tagung wurde u. a. das Thema behandelt: „Welche Wirkungen haben die bestehenden Zollsätze auf die deutsche Forstwirtschaft gezeitigt, und welche Verbesserungen sind bei der Ausgestaltung der neuen Zolltarife anzustreben ?" Hierbei kam auch die Frage der Ver zollung von Papierholz zur Sprache. Vgl. S. 113 bis 159 des Berichts. Wir wollen im folgenden auf die in Trier gemachten Aus führungen über Papierholz in einigen Punkten nochmals eingehen, nachdem dies bereits von nahestehender Seite in Nr. 119 und 120 des „Holzmarkts" vom 4. und 7. Oktober 1913 geschehen ist. Beginnen wir mit den Ausführungen des Herrn Prof. Mammen über die Steigerung der deutschen Holzeinfuhr. Derselbe bemerkt auf Seite 120 des Berichts: „Diese Zunahme der Einfuhr ist haupt sächlich veranlaßt durch das sogenannte Papierholz, das seit dem Zugeständnis der Erweiterung der Ausmaße für zollfrei eingehendes Papierholz durch den Vertragstarif von 1906 eine rapide Einfuhr steigerung erfahren hat." Hiernach könnte es scheinen, als ob die Zunahme der Papier holzeinfuhr seit 1906 lediglich auf die Erweiterung der Maßgrenzen durch den am 1. Januar 1906 in Kraft getretenen deutschen Zoll tarif zurückzuführen wäre. Daß aber diese geringfügige Erweiterung nicht die Ursache der zunehmenden Holzeinfuhr gewesen sein kann, wird sofort klar, wenn man die Papierholzeinfuhr in den früheren Jahren betrachtet. Nach der amtlichen Statistik betrug seit 1889 die Einfuhr an Papierholz: 1889 . . . 166 841 dz 1897 ... 814 896 dz 1905 ... 3 896 190 dz 1913 ... 12 848 734 dz Die Einfuhr an Papierholz steigerte sich also von 8 zu 8 Jahren folgendermaßen: von 1889 bis 1897 um 389 v. H. von 1897 bis 1905 um 378 v. H. von 1905 bis 1913 um 229 y. H. Der Grad der Steigerung hat seit der zugestandenen Er weiterung der Maße gegen früher abgenommen; er ist, wenn wir bis 1889 zurückgehen, während der Periode von 1889 bis 1897 am stärksten gewesen. Daraus geht deutlich hervor, daß die Erweiterung der Maße für das zollfreie Papierholz nicht die Ursache der zu nehmenden Einfuhr gewesen ist. Das Wachsen derselben ist viel mehr darauf zurückzuführen, daß seit der Entstehung der Zellstoff industrie in den siebziger Jahren die Erzeugung der deutschen Papierindustrie, und namentlich die Erzeugung an Zellstoff und Holzschliff, entsprechend dem wachsenden Bedarf, außerordentlich gestiegen ist. Während noch im Jahre 1880 nur etwa 20 — 25 Tages tonnen Zellstoff in Deutschland erzeugt wurden, beträgt die heutige Tageserzeugung im Inlande reichlich 2000 Tonnen. Dementsprechend hat natürlich auch der Bedarf an Fichten- und Tannenholz, welches fast ausschließlich (zurzeit zu 96 v. H.) in Frage kommt, und dessen unzureichende Deckung durch die heimische Erzeugung, wie auch Herr Professor Mammen auf S. 120 zugibt, „immer augenschein licher geworden ist", gewaltig zugenommen. Der Bedarf an Papier holz ist also gestiegen; die einheimische Erzeugung aber nicht oder doch nur ganz verschwindend, somit mußte das Mehr, soweit es nicht anderem Bedarf entzogen wurde, schließlich gänzlich aus dem Ausland herbeigeschafft werden. Aus der wachsenden Papierholzeinfuhr leitet nun Herr Professor Endres Nachteile für andere Erwerbsstände ab. So sagt er auf S. 149: „die Zellulosefabriken sind auf einem solchen wirtschaft lichen Stande angekommen, daß sie eine Bevorzugung oder wesent liche Unterstützung auf Kosten anderer Erwerbsstände nicht mehr brauchen". ’ Hierzu ist zunächst festzustellen, daß der wirtschaftliche Stand der Zellstoffabriken keineswegs so glänzend ist, wie man ihn mit unter bezeichnet. Herrn Professor Endres haben scheinbar bei seinen Ausführungen die Dividenden einiger Aktiengesellschaften vorgeschwebt. Es ist aber nirgends und namentlich nicht in der Papier- und Zellstoff Industrie angängig, die Rentabilität lediglich nach dem Dividendenprozentsatz und, wie dies mitunter geschieht, sogar nur demjenigen einiger weniger Betriebe zu beurteilen. Bei mehreren Fabriken sind die nominellen Anlagekapitalien früher überdies noch durch Zusammenlegung oder Käufe aus Konkursen reduziert worden, und bei genauer Kenntnis der Verhältnisse und richtiger Rechnung würde sich herausstellen, daß selbst die besten Zellstoffabriken, vielleicht mit einziger Ausnahme von Königsberg, auf das wirklich arbeitende Kapital nicht viel mehr als die Ver zinsung einer guten Hypothek bringen, bei einigen bleibt dieselbe sogar noch bedeutend darunter. Im übrigen darf auch nicht ver gessen werden, daß gerade bei dieser Industrie bekanntlich das Risiko ein außergewöhnlich großes ist. Auf diese Weise wird man also die Berechtigung einer Er schwerung der Papierholzeinfuhr keineswegs herleiten können. Im Hinblick auf die angebliche Bevorzugung oder wesentliche Unterstützung auf Kosten anderer Erwerbsstände ist sodann zu bedenken, daß die Holzbezugsverhältnisse in der Zellstoffindustrie andere sind, wie z. B. in der Gruben- oder Schneidemühlindustrie. Die Gruben können vorwiegend auch Kiefernholz verwenden. Die Zellstoffabriken, abgesehen von vereinzelten besonderen Zwecken (Natronzellstoff, Braunholzschliff), können dagegen Kiefernholz nicht gebrauchen. Somit sind die Zellstoffabriken in einer viel schlechteren Lage als die Gruben. Dazu kommt, daß die Kohlen industrie bekanntlich dem Abnehmer die Preise zu diktieren ver mag, dis ist aber bei der Zellstoff- und Papierindustrie gänzlich ausgeschlossen. Nicht nur der Wettbewerb des Auslandes würde dies verhindern, sondern auch im Inlande entsteht sofort neue Konkurrenz, wo der Preis irgendeiner Papiersorte durch eine Ver einigung oder in anderer Weise geregelt und erhöht wird. Es wird ferner ein großer Teil des zu Papierholz geeigneten Materials zu Grubenholz aufgearbeitet. Tatsächlich sind die Gruben somit sehr viel leichter in der Lage, ihren Bedarf zu decken, als die Zellstoff industrie. Dasselbe trifft auch für die Schneidemühlen zu, die neben Nadel- auch Laubholz verarbeiten können. Außerdem ist es mög lich, bis zu einem gewissen Grade auch Ersatzmittel (Eisen und Beton) statt der Balken zu verwenden. Ein neues brauchbares Ersatzmittel für die Herstellung von Papier hat sich indessen bisher noch nicht ausfindig machen lassen. Weiterhin ist von den Herren Referenten in Trier über unge nügenden Absatz an Papierholz geklagt worden. So sagt Professor Mammen auf S. 130: „Uebereine genügende Verwertung der hier in Frage kommenden schwächeren Hölzer wird besonders, wie bereits hervorgehoben, in Ostdeutschland noch vielfach geklagt, und des halb wird Ihnen dafür ein etwas höherer Zoll vorgeschlagen", ferner Prof. Endres auf S. 148: „die Wirkung der Rundholzzölle zeigt sich gerade darin, daß das Ausland dieses schwache Material, das bei uns zum Teil noch schwer absetzbar ist, an welchem wir einen Ueberfluß haben, nicht zu Schleuderpreisen zu uns hereinbringen kann". Etwas milder drückt sich auch Profi Mammen auf S. 130 und S. 131 aus, indem er bemerkt: „den Bedarf an starkem Rund holz können wir natürlich am wenigsten befriedigen, während hinsichtlich des schwachen die Hoffnung durchaus nicht unbe gründet ist, daß wir davon genügend erzeugen können". „Auch hier handelt es sich um geringwertigere Hölzer, die das Deutsche Reich zweifellos in steigendem Maße selbst zu erzeugen imstande ist, wenn eben die Erzeugungsvoraussetzungen dazu auch auf dem Gebiete der Zollpolitik erfüllt sind." Unsere Forstwirtschaft ist bekanntlich schon längst nicht mehr in der Lage, die heimische Papierindustrie auch nur annähernd mit Holz zu versorgen. Die Tatsache, daß gegenüber früheren Jahren die mit Wald bebaute Fläche eine kleine Vergrößerung erfahren hat, und daß unsere Forstwirtschaft auf diesem Wege fortschreitet, ändert hieran nichts. Diese Zunahme ist verschwindend gegenüber der jährlichen Steigerung des Holzbedarfs. Insbesondere ist das Tannen- und Fichtenholz, welches für die Zwecke der Sulfit zellstoffabrikation ausschließlich sowie für die Herstellung des weißen Holzschliffs fast allein in Frage kommt, in Deutschland bei weitem nicht genügend vorhanden. Im Jahre 1897 beanspruchte die Papierindustrie schon ungefähr 13 v. H. des gesamten Fichten- und Tanneneinschlags des Deutschen Reiches, heute dürften es mindestens 33 v. H. sein. Gemäß ihrer geographischen Lage können aber manche Fabriken nur ganz verschwindende Prozentsätze ein heimischen Holzes beziehen, während andere Werke, die mehr im Binnenlande liegen, zum Teil hierin besser gestellt sind. Dies liegt daran, daß schon wegen der Abwässerfrage die Fabriken unserer Industrie immer mehr genötigt ' wurden, sich an den größeren Strömen und insbesondere an den Flußmündungen niederzulassen, während die Fichten- und Tannenbestände sich vorwiegend am Oberlauf der Flüsse in unseren Mittelgebirgen befinden. Aber selbst Fabriken, die in Sachsen, Thüringen und im Schwarzwald gelegen sind, sind heute schon darauf angewiesen, aus dem Auslande, und zwar namentlich aus Rußland, einen wesentlichen Teil ihres Holz bedarfes zu beziehen. Nun wird aber das Fichten- und Tannenholz bekanntlich nicht allein von der Papierindustrie gebraucht, sondern das Bauwesen, die Grubenindustrie wie eine Menge weiterer Gewerbe benötigen neben anderen auch dieselben Holzarten. Wir dürfen ferner nicht vergessen, daß Fichte und Tanne in weiten Gebieten Deutschlands überhaupt nicht vorkommen; die