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Nr. 34/1914 PAPIER-ZEITUNG 1147 Oesterreichisch-ungarischer Verein der Zellstoff und Papier-Chemiker Hauptversammlung in Wien am 7. Februar 1914 Wärmebedarf beim Sulfitverfahren Vortrag von Dr. Arthur Klein Beim Aufschließen von Holz mittels schwefligsaurer Lösungen verlaufen mechanische und chemische Prozesse nebeneinander und hintereinander. Die mechanischen Prozesse bedingen Aufwand an Kraft und diese einen Aufwand an Wärme. Die chemischen Prozesse, die beim Sulfitverfahren geübt werden, machen zum Teil Wärme frei, doch zum überwiegendsten Teil bedingen sie ganz bedeutende Wärmezufuhr. Wärme wird eigentlich nur bei der Laugenbereitung, beim Brennen von Schwefel oder Abrösten von Schwefelkies frei. Alle übrigen chemischen Prozesse verlaufen erst beim Zellstoffkochen, nachdem man Wärme zugeführt hat. Große Wärmemengen benötigt man auch zum Trocknen des Zellstoffes und zur Krafterzeugung. Die Kraftmenge, die bei Erzeugung von 100 kg Sulfitzellulose benötigt wird, schwankt natürlich je nach der vorhandenen Ein richtung. Sie hängt nicht zuletzt von den vorhandenen mechanischen Transporteinrichtungen und von der Wasserversorgung der Anlage ab. Es gibt Anlagen, wo die Wasserversorgung 15 —20 v. H. des ge samten Kraftverbrauchs verursacht, während andere Anlagen, wo das Wasser nicht hoch gefördert werden muß, nur geringen Kraft aufwand für diesen Zweck haben. Es kann deshalb eine allgemein gültige Verbrauchszahl nicht aufgestellt werden, doch kann mit ziem licher Berechtigung angenommen werden, daß meine Feststellung, die ich in der Festnummer des Wochenblattes für Papierfabrikation 1911 veröffentlichte, und nach der für Erzeugung von 100 kg unge bleichter Sulfitzellulose etwa 40 Pferdekraftstunden durchschnittlich benötigt werden, für normale Verhältnisse ungefähr zutrifft. Wenn diese Zahl angenommen wird, kann man berechnen, wie viel Dampf zur Krafterzeugung nötig ist. Eine gut arbeitende Dampf maschine leistet im Betriebe mit etwa 4.2 kg Dampf von 12 Atmosphären und 300° C eine indizierte Pferdekraft. 10 v. H. Verlust für die effek tive Pferdekraft und weitere 15 v. H. Verlust, sei es für elektrische Uebertragung oder mechanische Vorgelege und Riemenverluste gerechnet, ergibt ungefähr 220 kg Dampfverbrauch für Kraftbedarf auf 100 kg Zellulose gerechnet. Nach Knoblauch-Jacobi ist die mittlere spezifische Wärme dieses Dampfes 0.52, daraus die Gesamtwärme etwa 730 Kalorien und der Gesamtverbrauch entspricht dann 730x220 = etwa 160 000 Kalorien. Zum Kochen wurden tatsächlich benötigt auf Grund der bereits erwähnten im Wochenblatt veröffentlichten Ergebnisse etwa 320 kg Dampf von 7 Atmosphären auf 100 kg Zellulose, entsprechend ins gesamt etwa 210 000 Kalorien. Interessant ist nun dabei der Vergleich mit folgenden theore tischen Ueberlegungen: für 100 kg Zellulose sind ungefähr 1000 1 = 1 m 3 Lauge von 15° auf 150° C zu erwärmen. Das entspricht 1.2 x (150—15) X 1000 = 162 000 Kalorien. Es besteht demnach eine Differenz von ungefähr 30 v. H. zwischen dem berechenbaren Bedarfe an Wärme und dem tatsächlichen Be- darfe, und diese Differenz entsteht dadurch, daß auch das erwärmte Holz, bzw. die Zellulose Wärme absorbiert, und außerdem durch Ausstrahlungs- und Leitungsverluste. Zum Trocknen wurden tatsächlich etwa 190 kg Dampf verbraucht auf 100 kg Zellulose, was bei 3 Atmosphären etwa 120 000 Kalorien entspricht. Theoretisch ergibt sich folgendes: Unter der Voraussetzung, daß die Zellulose mit 35 v. H. Trockengehalt auf die Trockenzylinder gelangt und auf 87 v. H. absolut getrocknet wird, sind auf 100 kg trockener Zellulose etwa 150 kg Wasser zu verdampfen, was bei 15° C Stoffwärme 150 x (85 + 540) = 93 750 Kalorien erforderlich macht. Nachdem der Heizdampf 3 Atmosphären hat, das Kondensat bei etwa 0.1 Atmosphären abgeht = 101.76° C, können nur 650 — 102 = 548 Kalorien auf das Kilogramm Heizdampf nutzbar gemacht werden, was 93 750:548 = 170 kg Heizdampfverbrauch theoretisch entspräche. Es .wurden demnach etwa 10 v. H. der im Dampf enthaltenen Wärme nicht verwertet (190 kg Verbrauch gegen 170 kg theoretisch) und ungefähr 15 v. H. Wärme sind im Kondensate (102 Kalorien von 650 Kalorien) enthalten, die bei Verwendung des Kondensates zum größten [eile rückgewonnen werden können. Auf Grund vorstehender Unterlagen ergibt sich auf 100 kg Zellulose nachstehender Wärmebedarf: 1. Kraftbedarf. 40 PS effektiv = etwa 220 kg Dampf = etwa 160 000 Kalorien. 2. Kochen. Tatsächlich verbraucht 320 kg Dampf = etwa 210000 Kalorien. Theoretisch zum Erhitzen der Lauge maximal etwa 162000 Kalorien benötigt. Restverbrauch zum Erhitzen des Stoffgutes (was theoretisch nicht bestimmbar, weil spezifische Wärme unbekannt) und durch Ausstrahlung und andere Verluste. 3. Trocknen. Tatsächlich verbraucht 190 kg Dampf = etwa 120 000 Kalorien. Theoretisch benötigt 170 kg Dampf = etwa 110 000 Kalorien, wovon für Trocknen eigentlich etwa 94 000 Kalorien benötigt und im Kondensat weitere etwa 15 v. H. zum größeren Teile regene rierbar. Zum Kochen und Trocknen werden also rund 500 kg Dampf auf 100 kg Zellulose benötigt. Außerdem wird Dampf zum Heizen der Räume und so weiter benötigt, doch ist diese Menge im Verhältnisse zu den Hauptverbrauchszahlen: Kraft, Kochen und Trocknen, ver hältnismäßig unbedeutend. Es ergibt sich demnach praktisch aus den vorstehenden Zahlen ein gesamter Verbrauch von 110 bis 120 kg Kohle auf 100 kg ungebleichter Zellulose bei etwa 6 1 / 4 facher Ver dampfung. Außer der Kraft benötigt man auf 100 kg Zellulose also tat sächlich ungefähr 330 000 Kalorien für Kochen und Trocknen. Nehmen wir nun zum Schlüsse die Verbrauchszahlen einer kom binierten Dampfturbine mit Dampfentnahme, um ganz kurz und rasch über deren Wirtschaftlichkeit ein Bild zu haben: Bei 750 KW. effektiver Belastung: Verbrauch auf KW. 24.4 kg Dampf (171 2 Atmosphären + 300° C), wenn stündlich 15 000 kg Heizdampf von 6% Atmosphären entnommen werden, und 21.3 kg Dampf, wenn stündlich 12 000 kg Heizdampf entnommen werden. Nehmen wir den Wärmeinhalt des Heizdampfes mit etwa 680 Kalorien an, stehen bei 15 000 kg Dampfentnahme etwa 10200000 Kalorien Heizdampf, bei 12 000 kg Dampfentnahme etwa 8 160 000 Kalorien Heizdampf stündlich zur Verfügung. Bei einer stündlichen Leistung von ungefähr 2%2 Tons Zellulose entspricht der Kraftverbrauch etwa den 750 KW. und der Bedarf an Koch- und Trockendampf 25 X 330000 Kalorien = etwa 8300 000 Kalorien. Die Turbine würde verbrauchen bei Abgabe von 12 000 kg stündlichem Heizdampf entsprechend etwa 82/10 Millionen Kalorien 21.3 x 750 kg = etwa 16 000 kg Dampf; bei Abgabe von 15 000 kg stündlichem Heizdampf entsprechend etwa 102/10 Millionen Kalorien etwa 18 300 kg Dampf. Bei 2500 kg stündlicher Zelluloseerzeugung beträgt der gesamte Dampfverbrauch bei getrennter Krafterzeugung etwa 720 x ungefähr 18 000 kg Dampf nach den tatsächlichen Verbrauchszahlen, wovon etwa 81/4 Millionen Kalorien als Heizdampf nötig sind. Bei der Turbine mit Heizdampfentnahme würde sich unter ähn lichen Verhältnissen der gesamte- Dampfverbrauch demnach um etwa 2000 kg Dampf stündlich günstiger stellen, was etwa 80 kg Dampf weniger für je 100 kg Zellulose bedeutet. Nachdem aber gewöhnlich der mechanische Kraftverbrauch bei einer gewissen Erzeugungsgrenze auch nicht mehr oder nur un bedeutend wächst, ist wahrscheinlich, daß bei größerem Dampf verbrauche als 12 000 kg stündlich die Erzeugung steigen kann, ohne Steigerung des Verbrauches an Kraft. In diesem Falle wäre die Verschiebung zugunsten der Turbine mit Heizdampfverwertung oder einer Dampfmaschine mit Zwischendampfentnahme dann noch größer. (Lebhafter Beifall.) Papierholz in Amerika Seit im nordöstlichen Teile der Vereinigten Staaten der Bestand an Fichtenwald ziemlich spärlich geworden ist, sind die dort gelegenen zahlreichen Papierfabriken auf Holzbezug aus Kanada angewiesen. Die Regierungen einiger kanadischer Provinzen, u. a. von der Provinz Ontario, haben aber im Be streben, Papier- und Papierstoffabriken im Lande entstehen zu lassen, die Holzausfuhr aus Waldungen, die der Krone ge hören, verboten. Diese Waldungen bilden z. B. im Staate Ontario 60 v. H. des gesamten Waldgebietes. Da im letzten Winter Schneestürme gewaltige Windbrüche in den staatlichen Wäldern verursacht haben, liegt dort zurzeit sehr viel Papier holz, das nicht verkauft werden kann, weil die kanadischen Papierstoffabriken bereits auf lange Zeit reichlich mit Holz versorgt, sind. Auf Verlangen der Waldbesitzer hat nun die Regierung des Staates Ontario vom 1. April an vorläufig auf ein Jahr das Ausfuhrverbot von Papierholz aus Kronländereien nach den Vereinigten Staaten aufgehoben . Die Papierfabriken im Nordosten der Vereinigten Staaten werden aus dieser Ver fügung großen Nutzen ziehen, denn der Preis des Holzes wird sich dadurch wesentlich ermäßigen.