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1144 PAPIER-ZEITUNG Nr. 33/1914 Angemessenes Gehalt 13191. Frage: Welches Gehalt kann man für einen, alle technischen Hilfsmittel beherrschenden, fachkundigen, jüngeren Kaufmann und Prokuristen (29) festlegen, und in welcher Höhe und Zeit können Aufbesserungen stattfinden? Grundlage: Alte Firma, Geschäftsbücherfabrik, Steindruckerei, mittlerer Betrieb, welcher durch umsichtige, organisatorische Tätigkeit des Prokuristen einen neuen Fabrikationszweig erhalten hat, der sich auf ein ständig zunehmendes Absatzgebiet erstreckt (früher nur Platzgeschäfte). Antwort: Diese Frage ließe sich nur beantworten, wenn für kaufmännische Angestellte ähnliche Rang- und Zahlungs ordnungen beständen wie für die Angestellten von Behörden. Kaufmännische Angestellte werden nach ihren Leistungen bezahlt, auf die Höhe des Gehaltes haben ferner Größe und Um fang des Geschäfts, Höhe des Reingewinns, persönliche Eigen schaften des Angestellten und des Geschäftsherrn sowie vieles andere Einfluß. Viele Angestellte schreiben das Aufblühen des Geschäfts hauptsächlich ihrer Tätigkeit zu und unter schätzen die Arbeit des Geschäftsinhabers. Die Höhe der Auf besserungen hängt hauptsächlich davon ab, ob die Ansicht des Angestellten über seine Leistungen mit der des Geschäfts inhabers übereinstimmt. Geschäfts-Bezeichnung 13192. Frage: Von einer Papierwarenfabrik, an der ich mit größerem Kapital still beteiligt bin, vertreibe ich auch die Fabrikate. Ist es gesetzlich erlaubt, daß ich auf meine Briefe und Rechnungen Papierwarenfabrik drucken lasse ? Gebäude, Maschinen, alles ge hört mir. Papiereinkauf geschieht auf meine Rechnung, jedoch geht das Geschäft nicht unter meinen Namen, ich bin auch nicht als Teilhaber eingetragen. Antwort: Da die Firma, unter welcher Fragesteller einen Großhandel mit Eisenwaren und Werkzeugen betreibt, nicht Inhaberin der Papierwarenfabrik, sondern an dieser nur als stiller Gesellschafter beteiligt ist, so darf sie auf ihre Briefe und Rechnungen die Bezeichnung „Papierwarenfabrik” nicht drucken. Abrollpapier auf Abruf 13193. Frage: Die Firma X verkaufte vor einigen Jahren an einen meiner Kunden in N. einen 50 cm breiten Papier- Ab roll- apparat und lieferte ihn unberechnet mit der Bedingung, daß mein Kunde eine bestimmte Menge Papier abnehmen mußte. Nachdem nun X meinen Abnehmer M. in N. auf Abnahme verklagt hat, M. aber dem Gericht die Kopie vorlegte ,,abzunehmen nach Bedarf ohne Zwischenkauf“, wurde Y abgewiesen. Bei einem neueren Termin behauptete aber Y, daß M. von anderer Seite Papier ge kauft habe und infolgedessen kontraktbrüchig geworden, dem gemäß auch zu verurteilen sei, was auch geschehen ist. Mein Ab nehmer M. will Berufung einlegen. M. kaufte allerdings nach träglich einen 30 cm breiten Papierabrollapparat und das dazu ge hörige Papier von mir, und hiergegen erhob die klägerische Firma Y Widerspruch, da dies nicht zulässig, M. vielmehr verpflichtet sei, sämtliches Papier bei ihm zu beziehen. Dieser Ansicht kann sich jedoch unmöglich jemand fügen. Meines Erachtens kann Y nur verlangen, daß M. das Papier für den von Y bezogenen Apparat von ihm nimmt. Ich bitte hierüber um Ihre Ansicht. Antwort: Der Ladenbesitzer kann das Papier, welches von der 30 cm langen Vorrichtung abgerissen wird, vielfach zu denselben Zwecken verwenden wie das Papier vom 50 cm langen Apparat. Deshalb kann der Kauf des Papiers für den neuen Abrollapparat als eine Umgehung des früheren Vertrages angesehen werden, und Berufung hat nur dann Aussicht auf Erfolg, wenn der Ladenbesitzer nachweisen kann, daß er für den früheren breiten Apparat auch nach Ankauf des schmäleren Apparates durchschnittlich noch ebenso viel Papier gebraucht und bezogen hat wie vorher. Kam ein Auftrag zustande? 13194. Frage: War der Kunde berechtigt, den bei uns fest bestellten Auftrag zurückzuziehen ? Auf unser Angebot auf eine Anfertigung erhielten wir den Auftrag. Unter der Bestellung schrieb der Kunde wörtlich: „Lieferungsbedingungen, die mir von allen Lieferanten eingehalten werden, sind franko Fracht und Verpackung, sowie 5 v. H. Skonto.“ Wir bestätigten den Auftrag und schrieben darunter: „Die Preise haben wir alleräußerst kalkuliert, indem wir in Betracht zogen, daß Sie bereits unsere äußersten Konditionen, franko Fracht und den Ausnahme-Skonto von 3 v. H. genießen, während wir doch auch sonst nur 2 v. H. Skonto gewähren. Wir bitten Sie daher freundlichst, es bei den Bedingungen wie gehabt bewenden zu lassen.“ Hierauf erklärte der Kunde den Auftrag kurzer Hand für nichtig, da wir seine Forderungen abgelehnt hätten, worauf wir antworteten, daß wir doch lediglich die freundliche Bitte ausgesprochen hätten, es bei den alten Bedingungen zu be lassen, denn auf dieser Grundlage seien unsere Preise abgegeben. Wir schrieben dann weiter, daß wir selbstverständlich auf seine Forderungen eingingen, da wir mit der Bearbeitung der Ware am Tage der Auftragserteilung begonnen hätten. Auf dieses Schreiben antwortete der Kunde: „Ich kann nur nochmals erwähnen, daß Ihre Bitte, es bei den Bedingungen wie gehabt bewenden zu lassen, für mich nach dem deutschen Sprachgebrauch eine direkte Ab lehnung bedeutete.“ Da wir die Handlungsweise des Kunden für ungerechtfertigt halten, möchten wir Ihr Urteil darüber hören. Im übrigen lassen wir die Sache ruhen. Papierwaren-Fabrik Antwort: § 154 BGB lautet: „Solange nicht die Parteien sich über alle Punkte eines Vertrages geeinigt haben, über die nach der Erklärung auch nur einer Partei eine Vereinbarung getroffen werden soll, ist im Zweifel der Vertrag nicht geschlossen.” Da über die Lieferbedingungen keine Einigung zustande ge kommen war, so durfte der Besteller die Bestellung als nicht angenommen betrachten und zurückziehen. Versicherung des Agenten 13195. Frage: Ist ein Vertreter, wenn er an seinem Wohnort arbeitet, nur Provision bezieht, also keinerlei feste Bezüge hat, und nur wenn er auswärts arbeitet, kleinen Spesenzuschuß neben der Provision hat, zur Kranken- und Invalidenkasse und zur Privat beamtenversicherung anmeldepflichtig ? Antwort: Der Agent ist selbständiger Kaufmann im Sinne des Handelsgesetzbuches. Infolgedessen braucht sein Geschäfts herr ihn zu keinerlei gesetzlichen Versicherungen anzumelden. Versicherung des zur Probe Angestellten 13196. Frage: Ich habe am 1. April eine Dame als kauf männische Angestellte für Druckerei- und Buchbinderei-Kontor auf 4 Wochen zur Probe, mit Wochenlohn, angestellt. Bin ich be rechtigt, den für Krankenkassen-, Invaliditäts- und Angestellten versicherung jede Woche fälligen Betrag abzuziehen, oder kann ich dies erst nach Beendigung der Probezeit Ende April? Die Probe zeit ist schriftlich vereinbart; habe ich dadurch Verpflichtungen im Krankheitsfalle übernommen ? Meines Wissens besteht in diesem Falle keinerlei Verpflichtung zur Bezahlung des Gehaltes während der Krankheit, auch zu keiner Kündigung während der Probezeit. Antwort: Wir kennen keine Bestimmung in der Reichs- versicherungsordnung, wonach zu Probe Angestellte anders zu behandeln wären, als endgültige Angestellte. Demnach muß Fragesteller für die zur Probe angestellte Dame die Beiträge für die verschiedenen Versicherungen genau so bezahlen wie für die anderen Angestellten. Er muß, auch wenn die Dame während der Probezeit krank wird, das Gehalt bis zum Ende der Probezeit bezahlen. Er kann zwar durch Vertrag die Zahlung des Gehaltes während etwaiger Krankheit ausschließen, aber nicht alle Kaufmannsgerichte halten solche Vereinbarung für zulässig. Kündigung während der Probezeit ist ausgeschlossen, das Dienstverhältnis endet vielmehr von selbst mit Ablauf der Probezeit, falls nicht vorher anderes vereinbart wird. Nicht abgerufene Ware 13197. Frage: Ich habe im Jahr 1913 einen größeren Schluß nicht blasenwerfend Ersatz gemacht. Da ich nicht alles abgerufen, hat der Fabrik-Vertreter ohne mein Wissen von demselben Schluß mit der Rechnung von der Fabrik mit meinem Namen versehen an andere Firmen geliefert. Kann ich Provision für diese Posten ver langen oder gegen diesen Vertreter vorgehen ? Kann ich Entschä digung verlangen ? Als ich von dem Schlüsse noch abrufen wallte, wurde mir vom Vertreter gesagt, daß der Schluß gestrichen sei, es koste jetzt mehr. In Wirklichkeit ist aber an andere Firmen noch davon geliefert worden. Als ich wieder anfragte und meinen Schluß weiter verkaufen wollte, wurde ebenfalls gesagt, der Schluß sei ge strichen. Es ist mir dadurch ein Schaden entstanden, denn ich hätte bei den jetzigen Preisen mehr erzielt. Was kann ich verlangen? Antwort: Die Darstellung des Streitfalles ist offenbar nicht erschöpfend, die Frage läßt sich klar nur beantworten, wenn man auch den anderen Teil hört. Anscheinend hat sich Fragesteller, als sein Schluß abgelaufen war, geweigert, den Rest abzurufen, und ist mit dem Abruf in Verzug gesetzt worden. Infolgedessen stand es dem Verkäufer frei, die Ware anderweitig zu verkaufen, d. h. vom Vertrag zurückzutreten. Von diesem Recht hat der Verkäufer anscheinend Gebrauch gemacht. Daß der Vertreter der Fabrik beim Verkauf dieser Posten dem Kauf lustigen sagte, es sei ein nicht abgerufener Posten, und viel leicht auch die Rechnung, die noch an den Fragesteller lautete, vorlegte, ist keine unerlaubte Handlung, denn was der Vertreter sagte, entsprach den Tatsachen. Fragesteller scheint also auf Grund der angegebenen Tatsachen weder gegen die Papierfabrik noch gegen deren Vertreter einen Anspruch zu besitzen. Verantwortlicher Schriftleiter Siegmund Ferenczi, Friedenau. Zuschriften nur an Papier-Zeitung, Berlin SIV 11, erbeten Druck von A. W. Hayn’s Erben, Berlin SW 68, Zimmerstraße 29