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Nr. 33/1914 PAPIER-ZEITUNG 1115 vorhanden, die sich nicht leicht ausgleichen lassen. Die weitere Uebertragung der Wärme im Kocherraume ist ebenfalls begrenzt, da nur geringe Zirkulation der Flüssigkeit vorhanden ist. Bei stehenden Kochern erfolgt der Wärmeausgleich langsamer als bei liegenden Kochern. Forcierung des indirekten Kochverfahrens ist wohl durch Vergrößerung der Heizfläche möglich. Bei liegenden Kochern geht man bis 0,8 qm auf 1 cbm Kocherinhalt. In stehenden Kochern lassen sich so große Mengen Heizrohre schwer unterbringen, man begnügt sich mit 0,3—0,4 qm Heizfläche auf 1 cbm Kocherinhalt. Eine weitere Vermehrung bewährt sich aus geschilderten Um ständen der beschränkten Wärmezirkulation nicht. Um Zirkulation hervorzurufen sind verschiedene Verfahren vorhanden, von denen das Morterudsche in letzter Zeit Bedeutung erlangt hat. Es wird bei diesem die Heizung außerhalb des Kochers gelegt, die Lauge wird durch eine Zirkulationspumpe in Umlauf gehalten. Bei Betrachtung des Kochvorganges ergibt sich folgendes: Die Wirksamkeit des Kochvorganges kann durch Temperatur erhöhung oder höhere Konzentration beschleunigt werden. Halten wir uns die rohen Werte: „um 10° höhere Temperatur oder doppelte Konzentration verdoppelt die Reaktionsgeschwindigkeit“ vor Augen, ■so ist zu ersehen, wie leicht Steigerung der Reaktionsgeschwindig keit zu bewirken ist. Es ist öfters betont worden, daß höhere Temperatur auf die Festigkeit schädlich einwirken soll. Die Beeinträchtigung der Festigkeit könnte dadurch bedingt sein, daß die Zellulose mehr •zu Glycose abgebaut, also zu Hydrozellulose wird. Inwieweit die Verzuckerung der Zellulose bei höherer Temperatur dem Aufschluß «des Holzes voreilt, wurde noch nicht genau nachgeprüft. ■ Jedoch ■durch frühzeitiges Unterbrechen des Kochens lassen sich auch bei hoher Temperatur die festesten Zellstoffe erzeugen. Bei niedriger Temperatur unter 100° treten besonders Ad sorptionen in Erscheinung. Das Kolloid-,,Holz" nimmt bis zu be stimmtem stabilem Gleichgewicht SO, auf, während Kalziumsulfit nur sehr wenig adsorbiert wird. Die Adsorption ist umso größer, je höher die Konzentration und je größer die Oberfläche ist. Die Durchdringung infolge der Adsorption wird umso vollkommener, je gleichmäßiger und kleiner das Holz ist. Ist die Adsorption bis in den innersten Kern erfolgt, so kann dort die chemische Um setzung vor sich gehen, wenn auch die Temperatur schnell ge steigert wird. Da nun Konzentration, Oberfläche (also gleichmäßiges Holz) und Temperatur das Maßgebende beim Kochen sind, so ergibt sich, daß es gleichgültig ist, wie der eine oder andere Faktor vermehrt wird, um die Reaktion zu beschleunigen. Die Wärme kann direkt oder indirekt zugeführt werden, es ist das zu wählen, was am meisten Vorteile- bietet. Da nach dem direkten Kellner-Verfahren sich die Temperatur schneller steigern läßt, so ist bei diesem Verfahren auch am schnellsten diejenige Temperatur erreichbar, bei welcher der Aufschluß des Holzeserfolgt. Bei direkter Dampfeinströmung erfolgt der Temperatur ausgleich viel rascher, da die strömende Bewegung Mischung der Säure bewirkt. Den Vorzügen des direkten Kochverfahrens stehen jedoch Nachteile gegenüber. So läßt sich die Steigerung der Temperatur innerhalb ganz bestimmter Zeiten nur dann genau ein halten, wenn große Mengen übergetrieben werden, was erhebliche Nachteile bringt. Die Säure wird durch die Regeneration oft nicht verstärkt, sondern geschwächt, besonders dann, wenn nur bleich fähiger Stoff erzeugt wird. Hat bei 110° der Kocher noch 1,8 v. H. SO,, so ist die Uebertreibflüssigkeit nicht über 2—2,5 v. H. SO stark. Mit der Uebertreibflüssigkeit kommen viel organische Stoffe in die Lauge, die schädlich wirken. Mit Recht sagt man oft, daß Ritter-Kellner-Stoff nicht so weiß und in der Festigkeit nicht so beschaffen ist wie Mitscherlich-Stoff. Aber nicht der direkte Dampf ist die Ursache, sondern die organischen Stoffe in der dünnen Ueber- treibbrühe, die die Säure schwächen und den Kalkgehalt sehr herabmindern. In vielen Betrieben wurde daher das direkte Koch verfahren aufgegeben, man ging zur indirekten Schlangenheizung zurück, die besonders in den letzten Jahren sehr verbessert wurde. Andere Fabriken verbanden direktes und indirektes Verfahren oder ließen einige Kocher direkt, andere indirekt arbeiten. Aus geglichen werden die Uebelstände auch dadurch, daß die Turm säure sehr stark gehalten wird. Es entstehen dabei oft hohe Ver luste in den Endgasen der Türme, da durch Bedingungen des chemischen Gleichgewichts der erzielbaren Säurestärke eine Grenze gesetzt ist. In den Uebertreibbrühen sind außer organischen Stoffen auch organische Säuren vorhanden, die einen Teil des Kalkes neu tralisieren oder doch das chemische Gleichgewicht, also die Um setzung stören, so daß bei Verunreinigungen die Zersetzung der SO 2 über Trithionsäure zu SO 3 beschleunigt wird. Säuren mit großen Mengen organischer Stoffe verhalten sich ähnlich wie Säuren, die Thiosulfat enthalten: Die Kocher schlagen gegen Ende schnell um, die Lauge verfärbt sich rasch, oft ist Kalkausscheidung vorhanden. Der erhaltene Zellstoff ist braun gefärbt, brüchig, bleicht sich schwer und enthält durch freie Mineralsäure viel verharzte Produkte. Um zu prüfen, ob große Menge organischer Stoffe in der Säure vorhanden ist, wird eine Probe mit Salzsäure so lange gekocht, bis alle SO, ■verschwunden ist. Bei Zusatz von H,O, nimmt die Probe eine tiefdunkle Farbe an, so daß man den Gehalt an organischen Stoffen vergleichsweise koiorimetrisch bestimmen kann. Um die Menge der Uebertreibbrühen zu verringern, werden folgende Wege eingeschlagen: 1. Ablassen der Lauge am Boden während des Kochens. 2. Die Flüssigkeit durch ein Tauchrohr am oberen Kocherhals abzapfen und gesondert verarbeiten. 3. Ausscheiden der Flüssigkeit der Uebertreibgase durch einen, Rezipienten. Das erste Verfahren bietet nur geringen Erfolg, da trotzdem beim Uebertreiben Lauge mitgerissen wird. Außerdem hat man es nicht in der Hand, das Maß der abgelassenen Lauge zu bestimmen. Das zweite Verfahren ist dem ersten ähnlich, bietet jedoch den Vorteil, daß die Menge der abgezapften Flüssigkeit nie über schritten werden kann. Die Tauchrohre werden bis 1,5 m lang ge macht und im unteren Teil gelocht. Das dritte Verfahren löst die Frage der Ausscheidung der Brühen am besten: Alle Flüssigkeiten über 110°, von wo an sie organische Stoffe enthalten, gehen durch den Rezipienten, dort scheidet sich die Flüssigkeit ab, reine Gase treten in die Kühlung ein. Die Rezipienten sind möglichst nahe den Ko chern aufzustellen, damit sie zur Entgasung heiß arbeiten können. Um die Entgasung zu unterstützen, wird etwas Dampf in den Be hälter eingeleitet. Ist der Rezipient voll (am Wasserstandszeiger zu sehen), und hat er lange genug gegast, so wird die Kalklauge abge lassen, der Verlust an SO, ist nur gering. Die abgelassenen Brühen enthalten 0,3—0,4 SO 2 und können mit diesem Gehalte ohne Bedenken ins Abwasser gelassen werden. Die Größe der Rezipienten beträgt je nach der Leistung der Fabrik 10—20 cbm. Bei richtiger Anwendung des Rezipienten hergestellte Säure ist klar wie Mitscherlichsäure. Die. Probe mit H,O, auf organischen Stoff ergibt nur geringe Färbung. Die mit dieser gereinigten Säure direkt gekochten Stoffe sind rein weiß. Man erhält je’ nach Abstellen jede gewünschte Festigkeit. Die Säure vom Turm kann auf 3 bis 3,2 v. H. gehalten werden und wird bei Herstellung nur bleichfähiger Stoffe bis 4,5 v. H. ange reichert. Da die Kochungen auch bei Temperaturen bis 145° nur langsam färben (durch geringe SOa-Bildung), kann nachhaltig ab gegast werden, wobei sich große Mengen SO, wiedergewinnen lassen. Im Anfang des Uebertreibens haben die Kondensate, kurz vor dem Eintritt in den Mischbehälter gemessen, 10—12 v. H. SO 2 , aber gleichzeitig gehen noch große Mengen reiner Gase mit. Am Ende des Uebertreibens, wenn die SO, im Kocher schon bis auf 0,1—0,05 v. H. gefallen ist, ist das Kondensat immer noch 3.5—4,0 v. H. stark. Die Menge der Brühen, die am Rezipienten weggelassen werden, beträgt 300—400 1 auf die Tonne Zellstoff und diese Menge Brühen enthält nicht mehr als 2 kg SO,. Auf 100 dz Stoff kommt demnach 0,1 kg S-Verlust. Dieser ist sehr gering und wird durch andere Vor teile, die entstehen, reichlich aufgewogen. Beim Kochen muß man berücksichtigen, daß jedes Ueber treiben während der Kochung Wärmeverlust des Kochers mit sich bringt, also mit dem Uebertreiben sparsam umgehen. Die Uebertreib- menge wird umso größer, je geringer die Wärmekapazität des Dampfes ist. Je überhitzter der Dampf, umso größer die auf Gewichts- und Raumeinheit übertragene Wärmemenge. Es läßt sich jedoch eine gewisse Temperatur des Dampfes nicht überschreiten. Als höchste Temperatur ist 220° anzunehmen, dieser Dampf hat etwa 5 v. H. mehr Wärme als gesättigter. Wird höhere Dampftemperatur an- gewendet, so entstehen örtliche Ueberhitzungen, die das Holz braun färben und verharzen. Auf gute Dampfverteilung ist zu achten, damit sowohl die Erwärmung in allen Teilen des Kochers gleich mäßig erfolgt, als auch der überhitzte Dampf durch große Ober fläche zum sofortigen Kondensieren gebracht wird. Die alte Art der Ritter-Kellner-Kocher, wo nur an einer oder zwei Stellen Dampf einströmt, ist für hohe Ueberhitzung nicht geeignet, die Gefahr der Holzbräunung ist zu groß. Bei Zehntonnen-Kochern sind drei direkte Dampfschlangen zweckmäßig, bei Zwanzigtonnen-Kochern wende man vier an. , - In der Schlange soll überall Spannung herrschen, daher enge Querschnitte, die Dampfaustrittslöcher sind tangential zur Kocher- wand zu richten. Durch überhitzten Dampf wird Wärme gespart, da geringere Mengen überzutreiben sind. Was die Form der Kocher anbelangt, so sind solche mit großem Durchmesser und geringer