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1084 PAPIER-ZEITUNG Nr. 32/1914 ein großzügiges Bild über das Gebiet der modernen Reklame zu entrollen, und durch eine reiche Sammlung hervorragend ausge statteter Anzeigen, Prospekte usw. wurde der Vortrag in bester Weise unterstützt. An den Vortrag schloß sich der korporative Besuch der zurzeit in Altenburg veranstalteten Ausstellung „Reklame kunst“. Für uns Graphiker war besonders die Ausstellung des Deutschen Museums für Kunst in Handel und Gewerbe in Hagen in Westfalen interessant. Was hier auf dem Gebiet der Plakat- und Anzeigekunst, in Geschäftsdrucksachen und Warenpackungen gezeigt wurde, muß als vorbildlich bezeichnet werden. Die Siegel marke war in 1800 Originalentwürfen von Künstlerhand vertreten, die auf ein Preisausschreiben der Sekt-Kellerei Matheus Müller, Eltville a. Rh., eingegangen waren. Auch die Aufmachung der übrigen ausstellenden Firmen bot viel Anregendes. Die Haupt versammlung fand am 9. April unter reger Beteiligung der Mitglieder statt. Aus dem vom Vorsitzenden erstatteten Geschäftsbericht ging hervor, daß im Vereinsjahr 9 Versammlungen, 7 Vortrags abende und 2 Vorstandssitzungen stattgefunden hatten. Der Be such dieser Veranstaltungen war zufriedenstellend. Das gleiche ist von dem zurzeit noch bestehenden Sprachkursus zu sagen. Aus der Vorstandswahl gingen hervor: W. Haubold (Vorsitzender), A. Scholz (Kassierer), R. Seifert (Schriftführer), K. Wittig (Sammlungsleiter), A. Müller und A. Tragsdorf (Beisitzer). Die technische Kommission setzt sich aus den Herren J. Benndorf, O. Graf, P. Sachse, A. Tragsdorf, M. Thomas und H. Schwarz zu sammen. Kassenverhältnisse und Stand der Sammlungen sowie der Bibliothek können als gut bezeichnet werden. Die Mitglieder zahl beträgt zurzeit 73 gegen 53 des Vorjahres. Von Neuerscheinungen, die gelegentlich der Generalversammlung auslagen, sind erwähnens wert: Ohio-Schriftprobe der Firma G. Butter in Dresden, Probe der Behrens-Mediaeval von Gebr. Klingspor in Offenbach, ferner Brandts Kolorertafeln. A—z. Berlin. Typographische Vereinigung. Sitzung am 1. April. Das Plakat der Leipziger Ausstellung, das augenblicklich im Vorder grund des graphischen Interesses steht, und das Plakat der Werk bund-Ausstellung haben in weiten Kreisen der Fachwelt Wider spruch erregt. Beide fanden in einem Artikel des Buch- und Stein druckers rückhaltlose Anerkennung. Zu einem entgegengesetzten Ergebnis kommt Dr. Otto Pelka in seinem Artikel „Droht eine Reaktion“ in der Zeitschrift „Das Plakat“. Der Artikel wurde ver lesen und die Versammlung stimmte diesen Ausführungen zu. Herr Hallupp hielt den ersteh Vortrag über Kalkulation. Ein leitend besprach er die wirtschaftliche Seite des Gewerbes, die verschiedenen Faktoren, die die Preispolitik bestimmen, den Zu sammenschluß der Prinzipale und Gehilfen zu Verbänden, die die Grundlage des Tarifgedankens bilden und die Entstehung des Druck preisetarifs. Dem Thema selbst legte er die Berechnung der Un kosten einer mittleren Druckerei mit zwei großen Schnellpressen, einer mittleren Schnellpresse, einer Tiegeldruck- und zwei Bostonpressen nebst Hilfsmaschinen und 14 Setzern zugrunde. Unter Berück sichtigung aller Unkosten, wie Löhne, Abschreibungen, Verzinsung des Anlagekapitals, Miete, Handlungsunkosten usw. wurden die Betriebsselbstkosten der einzelnen Maschinen errechnet, die die Grundlage für die weiteren Vorträge bilden sollen. Ausgestellt war eine Rundsendung von Tiefdrücken. Da über den Flachtiefdruck in einer früheren Versammlung schon eingehend berichtet worden war, besprach Herr Redmann an der Hand der Tiefdrucknummer des „Stereotypeurs“ vom Kempewerk den Rotationstiefdruck. Da über die Art der Uebertragung des Bildes auf den Zylinder bzw. die Kupferplatte sowie deren Aetzung noch Unklarheit herrschte, besprach der Redner hauptsächlich das Emulsions- und Pigmentverfahren. Der Charakter des Emulsions verfahrens ist eine in die Heliogravüretechnik übersetzte Form der Autotypie. Das Bild wird in Punkte von verschiedener Größe, aber gleicher Tiefe zerlegt. Die Farbaufnahme der einzelnen Punkte ist also der Tiefe nach gleich und nur der Breite nach verschieden, der Charakter des ganzen Bildes ist also weniger der einer Helio gravüre als der einer Autotypie. Nach dem Original wird ein photo graphisches Negativ angefertigt und von diesem in der Diapositiv- Kamera ein Raster-Diapositiv,, das mit Lederkollodium abgezogen wird. Dieser photographische Rasterfilm wird auf den vorher licht- empfindlich gemachten Kupferzylinder aufgelegt und unter elektri schem Licht kopiert, wobei besonders Rücksicht darauf zu nehmen ist, daß die Strahlen der elektrischen Lampe richtig verteilt sind. Das Aufträgen der lichtempfindlichen Chrom - Fischleimschicht unterliegt großen Schwierigkeiten, da sich bei dieser Arbeit leicht trockene Streifen und Buckel bilden. Die Beseitigung dieser Un ebenheiten ist wieder Gegenstand einiger Patente von Rolffs und Mertens. Nach Abnahme des Films wird die lichtempfindliche Schicht entwickelt, künstlich getrocknet und dann erfolgt die Aetzung im Eisenchloridbad von gleichbleibender Konzentration, wobei mehrmals unter Abdeckung der Lichter, und der Mitteltöne geätzt wird. Das Ergebnis des Emulsionsverfahrens ist also eine Autotypiegravüre, d. h. die rein autotypische Zerlegung der Töne, die Auflösung in Punkte von verschiedener Größe bei gleicher Tiefe. Das Bild hat also keineswegs wirklichen Photogravüre-Charakter, sondern es fallen hierbei die Mitteltöne und zarten Uebergänge auf Kosten der Weichheit, der Schärfe der Konturen, der Feinheit der Stimmung aus. Das Pigmentverfahren beruht auf dem Verhalten einer mit Kalium-Bichromat getonten Gelatineschicht gegenüber der Ein wirkung des Lichts, auf der Bildung eines Reliefs in dieser Schicht und der verschiedenartigen Durchlässigkeit dieses Reliefs bei Ein wirkung der Aetzsäure. Bei der Aetzung wird also eine wechselnde Abstufung der Vertiefungen im Kupferzylinder erreicht. Als Grund lage der Druckplatte dient das gewöhnliche photographische Negativ. Von dem Negativ wird ein Positiv aus Glas hergestellt. Man be dient sich dazu einer Positiv-Kamera, in welche die Diapositiv Trockenplatte eingesetzt wird. Das Halbton-Diapositiv wird seiten verkehrt. Es wird gleich in der Kamera auf die richtige Größe- eingestellt, die das Druckbild haben soll. Retuschiert wird das Original. Die Hauptretusche wird gewöhnlich in das Diapositiv verlegt. Von der Sorgfalt der Retusche und von dem künstlerischen. Empfinden des Retuscheurs hängt der Ausfall der Arbeit zu einem großen Teil ab. Das Pigmentpapier ist ein kräftiges Papier, gleich mäßig dick bedeckt mit einer Schicht von Gelatine, der ein gewisser Farbstoff beigefügt ist; man kauft es fertig im Handel. Bevor es in Gebrauch genommen wird, muß es durch Eintauchen in eine' Lösung von Kalium-Bichromat und Wasser lichtempfindlich ge macht (sensibilisiert) werden. Es saugt sich voll mit Chromsalz und wird auf einer Glasplatte getrocknet, an die es mit der Pigment seite kräftig angedrückt wird. Nach einigen Stunden ist es trocken, löst sich dann leicht ab und ist, weil lichtempfindlich, im dunklen Raum aufzubewahren. Durch Auflegen eines Kreuzrasters auf die- Pigmentseite und Einlegen in einen Kopierrahmen wird auf dem Pigmentpapier der Raster erzeugt. Die zwischen den hellen Linien liegenden Teile werden vom Licht nicht getroffen; es sind dies die- hellen Punkte zwischen dem Kreuzraster, welche auch nach dem Einkopieren des Rasters lichtempfindlich bleiben. Wenn nun das Bild-Diapositiv zum Zweck des Kopierens auf das rastrierte Pigment papier aufgelegt wird, dann werden diese Punkte entsprechend der Lichtdurchlässigkeit des Halbton-Negativs beeinflußt. Das Licht ruft innerhalb des Pigmentpapiers eine Veränderung hervor, die dem Auge nicht sichtbar ist. Die belichteten Stellen quellen im Wasser nicht mehr auf, während die unbelichteten Stellen gegen Wasser empfindlich bleiben. Auf dieser Eigenschaft des Pigment papiers beruht das ganze Verfahren. Um nun das Bild auf den. Zylinder zu übertragen, wird das fertigkopierte Pigmentpapier in kaltem Wasser gefeuchtet, dann um die Kupferwalze herum gelegt und festgedrückt, bis es haftet. Die Papierschicht löst sich, ähnlich wie beim Abziehbild, von der Gelatineschicht ab und die Gelatine wird nunmehr mit warmem Wasser zu einem Negativ relief entwickelt. Mit kaltem Wasser wird dann nachgespült, und die Kupferwalze ist ätzfertig. Vor Beginn der Aetzung wird jedes Bild auf dem Zylinder durch Lack sauber umrandet und der nicht zu ätzende Raum durch Lack abgedeckt. Dann wird mit Eisen chloridlösung geätzt. Man beginnt mit konzentrierter Lösung, die allmählich durch Wasserzusatz verdünnt wird. Das Eisenchlorid saugt sich langsam durch das Gelatinerelief hindurch, naturgemäß erst durch die dünnen, ungequollenen Reliefteile, also durch jene Stellen, die am wenigsten vom Licht getroffen wurden. Da frißt die Säure zuerst das Kupfer an und vertieft die Oberfläche, erzeugt also die Löcher, die nachher die Farbe aufnehmen. Nach und nach dringt die Säure auch durch die dicker aufgequollene Gelatine, die also stärker vom Licht getroffen wurde, hindurch und greift auch an diesen Stellen das Kupfer an. Dabei widerstehen die ge härteten Linien des Rasters der Säure vollständig und bilden sonach, da sie von der Säure nicht angefressen werden, die Auflagestützen für das Rakelmesser. Der Aetzer hat es durch Konzentration der Säure und Dauer der Einwirkung der verschiedenen Säurestärken in der Hand, dem Bild schärfere oder weichere Kontraste zu geben. Der geätzte Zylinder ist nunmehr druckfertig. H. R. Breslau. Typographische Gesellschaft. Am 1. April meldete der Vorsitzende zunächst eine Anzahl von Eingängen, unter denen besonders 2 Kataloge der Kunsthandlungen Köhler, Leipzig, und Micke, Dresden, zu erwähnen wären. Dann besprach Herr Rück ziegel folgende Neuheiten der Schriftgießerei D. Stempel: Ornamente von Heinz Reune, Christiansenschrift, Säkulum, Einfassungsserien, Kleukens-Fraktur, Ingeborg-Antiqua, Jaecker-Schrift, Matthies- Kursiv, Reform- und Reklame-Grotesk, Gelegenheits-Vignetten, die Gesamtprobe der „Bravour“ und Zeitungsmaterial. „Brieger Drucksachen aus der Praxis“, Tine ziemlich umfangreiche Rund sendung. wurde von Herrn Basler an Hand des von der Magde burger Graphischen Vereinigung beigefügten ausführlichen Referats besprochen. Hierauf wies der Vorsitzende auf den Wettbewerb für die' Geschäftsdrucksachen der B. T. G. hin, machte darauf auf merksam, daß Papierproben bei ihm zu haben sind und ersuchte um recht rege Beteiligung. Das Stiftungsfest der Gesellschaft wurde am 4. April unter großer Beteiligung gefeiert. Ein reichhaltiges Programm sowie der unvermeidliche Tanz, eine Kaffeetafel, wobei einige. Festlieder gesungen wurden, sicherten das gute Gelingen des Festes. G—e.