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80 die Turnlehrer an den Übungen und turnerischen Bestrebungen der Turn vereine regen Anteil nehmen.“ Ich bin überzeugt, dass diese These von der Versammlung hier allgemein gebilligt wird. Also zur Sache! Wenn für das Turnen in den Schulen mit Recht davor gewarnt wird, dass wir Künsteleien treiben, so muss auch für das Vereinsturnen der Erwachsenen die Künstelei fern gehalten werden, und gleichwohl möchte ich es als die Aufgabe des Vereinsturnens halten, dass es die technische Vollendung der Sache und eine gewisse Vollkommenheit der turnerischen Ausbildung zu Wege bringt. Diese technische Vollendung suche ich aber weniger in der geschraubten Kunstfertigkeit, als vielmehr in allseitiger Durchbildung des Körpers der Turnenden. Um diese nun zu erreichen, ist ausdrücklich zu fordern, dass neben dem Turnen an Geräten die Vereinsturner die sogenannten volkstümlichen Übungen in Pflege nehmen, was ja mehr und mehr zu geschehen anfängt. Das Turnen an den Geräten ist bereits in den Vereinen zu einer hohen Blüte gelangt, mitunter sogar schon zu einer künstlichen Blüte, indem nicht nur die Übungen selbst nahezu das Mass des Turnerischen über schreitend in das Gebiet der Künstelei hineinstreifen, sondern weil schon hin und wieder zu den künstlerischen Übungen auch zu sehr komplicierte Geräte in Benutzung genommen werden (namentlich z. B. dreifache Recke, Kreuzrecke u. s. w.). Wir haben alle Ursache, uns zu hüten vor einer Klimax in unseren Bestrebungen, welche im alten Griechentum Jahrhun derte brauchte, um durchgemacht zu werden, bei uns aber vielleicht viel schneller zum Verfall der Sache führen könnte, dass wir nämlich aus der Gymnastik zur Agonistik, und aus der Agonistik zur Athletik schreiten. Dr. Hermann-Berlin wies nicht mit Unrecht gestern, wie schon früher in den Berl. Nachr. vom 17. 10. 1880, auf manche Schauturnen der Vereine hin, von denen er sagte, sie zögen das Publikum nicht in die Turnhallen hinein, sondern drängten es aus denselben heraus. Dem gegenüber ist es ein Zeichen gesunden Lebens, dass wir wieder auch die volkstümlichen Übungen mehr zu Ehren bringen und in diesen Tüchtiges leisten wollen. So haben wir gewiss alle mit Freuden jüngst in der Turn-Zeitung gelesen, dass ein Turner aus Ulm, Klenk mit Namen, 190 cm. im Hochsprung erreicht hat. Dieser junge Mann sprang hierbei von einem 10 cm. hohen Sprung brett ab; er selbst ist aber nur 170 cm. gross, so dass nach Abrechnung der Sprungbretthöhe immer noch für ihn ein Sprung von 180 cm. übrig bleibt, d. h. also, er sprang noch um 10 cm. höher, als seine Leibesgrösse be trägt. Das ist doch thatsächlich eine sehr erfreuliche Leistung. — Es ist in der Entwicklung des deutschen Vereinsturnwesens ein bedeutender Fortschritt zu nennen, dass die unlängst fertiggestellte deutsche Wett-