48 vielfach in den Weg. Mit einer oder 2 Stunden in der Woche können wir nicht viel für körperliche Entwicklung leisten. Gutsmuths hielt 4 Stunden für diesen Zweck für wünschenswert. Aber äusser dem Turnen giebt es ja auch noch andere körperliche Bewegungen. Wir haben viele Schüler, die 2 Stunden hin und zurück auf dem Schulwege zubringen und so täglich eine kleine Turnfahrt machen. Das Schwimmen ist sehr verbreitet im Sommer und im Winter. Es wird auch vielfach gespielt; ich weiss z. B. dass Schüler in privaten Kreisen fleissig das Ballspiel üben. Ebenso ist Schlittschuhlaufen in Berlin sehr beliebt und sehr ver breitet. (Manchmal wird sogar von Direktoren ein Nachmittag für diese Übungen frei gegeben.) Die Jugend ist eine andere geworden, ich habe die Eltern vieler Schüler kennen gelernt und mich dabei oftmals gefreut, dass die Söhne ein anderer Menschenschlag sind, als die Väter. Wenn es vorher klang, als sollte der Schule der Turnunterricht entzogen werden, so frage ich: wer soll ihn dann übernehmen? Die Vereine — ich kenne sie genau — sind nicht im Stande, das hierzu Nötige zu leisten; man muss in ihnen die Hilfe eines jeden annehmen, der sie anbietet; das sind aber — bei allem guten Willen und Eifer — nicht immer die ge eigneten Kräfte. Oder sollen wir besondere Turnschulen einrichten, die nur zum Turnen erziehen? Das hiesse doch einen neuen Riss in die Jugenderziehung hineinbringen. Die Schule ist berechtigt und berufen und auch im Stande, die Schüler zu kräftigen Jünglingen und tüchtigen Männern zu erziehen. Wir sind — scheint es mir — auf dem richtigen Wege, wenn auch noch Manches besser sein und richtiger gemacht werden könnte. Wir dürfen aus vereinzelten Erscheinungen nicht un günstige und zu weit gehende Schlüsse ziehen; sosehr ich das Interesse und den Eifer unseres Dr. Angerstein anerkenne, so glaube ich doch, dass er zu schwarz gesehen hat. Ich meinerseits gebe mich der Hoffnung hin, dass wir auf dem Wege, den wir eingeschlagen haben, und auf dem wir jetzt wandeln, zu gedeihlichen und segensreichen Erfolgen kommen werden. Prof. Dr. Euler-Berlin: Ich beginne mit einer historischen Notiz. Dr. Angerstein machte es mir gewissermassen zum Vorwurf, dass ich von der Zeit der „Turnsperre“ nichts wissen wolle. Zunächst sei bemerkt, dass dies Wort von Jahn zuerst gebraucht wurde, und zwar schon im März 1819. Er hatte in diesem Monat in gewohnter Weise den Beginn des Turnens zum 31. März in den Zeitungen angekündigt. Da bedeutete ihm aber die Regierung, dass in diesem Jahre die Turnübungen nach einem Plane vorgenommen werden sollten, „welcher sie in das gehörige Verhältnis zu dem gesamten Unterrichtswesen setzen werde.“ Man