44 in diesem Sinne den erzieherischen Charakter des Turnens zur Geltung zu bringen. Wenn durch Jahn und die Macht der damals die Zeit bewegenden Ideen das Turnen vorwiegend eine nationale Richtung bezeichnete, dabei aber einen Teil seines pädagogischen Charakters einbüsste, so wurde derselbe durch die Spiesssche Schule ohne Zweifel wiederhergestellt; allein die nationale Seite der Sache trat hinter der pädagogischen dann einstweilen weiter zurück. Daraus erklärten sich auch die Widersprüche, welche gegen das Spiesssche Turnen von Seiten der Anhänger Jahns erhoben wurden, wie wir das z. B. von Massmann und von derjenigen Richtung erfahren haben, welche in den Leitern des Berliner städtischen Turnwesens vertreten ist. Es kann jetzt darüber kein Zweifel herrschen, dass die Spiessschen Massnahmen den richtigen Weg bezeichneten, welcher zu einer allgemeinen turnerischen Schulung aller Altersstufen der nachwachsenden Generation an deutschen Schulen führt. Und hierin sollen wir uns auch nicht irre machen lassen durch die Einrede, als wirke das Klassenturnen dem Gemeingeist der Schule ent gegen. Dieser Vorwurf würde den Klassenunterricht überhaupt treffen. Für die wirksame allgemeine Durchführung der Turnfrage im Spiess schen Sinne war auch das Obligatorische des Turnunterrichts von Be deutung; allein auch der Turnzwang hat seine Berechtigung, so sehr man auch heutzutage die Freiheit und Freiwilligkeit betont. Gerade die allgemeine und durchgreifende Verbreitung turnerischer Ausbildung, wie sie auf dem Wege des Turnunterrichts nach Spiess ge fördert wird, ist ein so wohlbegründetes und auch schon bewährtes Werk einer Nationalerziehung, wie es nur bei einem Volke mit allgemeiner Schul- und Wehrpflicht anzutreffen ist. Wenn das Methodische und Strenge des Turnunterrichts als eine Errungenschaft der neueren Turnbestrebungen zu begrüssen war, so ist es doch hohe Zeit, eine gleich wichtige Seite des Jugendturnens zur Gel tung zu bringen, wodurch der Jugend die Leibesübung in einer weniger zwanghaften und weniger systematischen Weise näher gebracht wird. Es ist ganz richtig hervorgehoben worden, dass man den Charakter des Turnens ganz verkennen und die Jugend bald unjugendlich machen würde, wenn man nur Bewegung in Reih’ und Glied fordern und nur einen streng systematischen Lehrgang einhalten wollte. Die Jugend verlangt ausserdem nach einer freieren Thätigkeit ihrer Leibeskräfte, wobei ihre eigentümlichen Neigungen und Richtungen zur Geltung kommen, was zugleich für die Charakterbildung des Einzelnen