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3846 PAPIER-ZEITUNG Nr. 104/1913 Aus den Typographischen Gesellschaften Leipzig. Typographische Gesellschaft. Die letzte Sitzung des Jahres fand am 10. Dezember statt. Nach Erledigung verschiedener geschäftlicher Angelegenheiten und der Wahl des Herrn Schäfer zum Kassenprüfer anläßlich der bevorstehenden Generalversamm lung, sprach Herr Schwarz über: Bodoni, Didot und Waldow, drei hervorragende Männer aus der Buchdruckergeschichte. Er führte ungefähr folgendes aus: Die Geschichte unseres Berufs ist sehr aus gedehnt, vielseitig und interessant. Bei Bodoni bot die 100. Wieder kehr seines Todestages am 30. November, bei Didot das Ableben seines Ururenkels und bei Waldow die Vollendung des 50. Bandes des Archivs für Buchgewerbe die Veranlassung zum heutigen Referat. Am Vorabend des 100. Todestages Bodonis sind in ganz Italien große Feiern abgehalten worden. Die Turiner Buchdrucker hatten sich rechtzeitig dafür eingesetzt, und so wurde an diesem Tage auch die Weihe eines Buchgewerbehauses vollzogen. Zahlreiche Druck- Schriften sind erschienen, von denen einige ausgestellt waren. Bo doni wurde als Sohn eines Buchdruckers im Jahre 1740 zu Saluzzo in Pirmont geboren. Schon in seinen Knabenjahren gab sich sein ausgezeichnetes technisches Talent durch Versuche im Holzschneiden kund. Er widmete sich dann dem väterlichen Geschäft, ging 1758 nach Rom, um in der Offizin der „Propaganda" tätig zu sein und machte hier die ersten Versuche im Schriftschneiden und Schrift gießen mit sehr guten Erfolgen. Zur weiteren Vervollkommnung seiner Studien sollte eine Reise nach England dienen, die aber infolge Krankheit nicht zustande kam. Kurz darauf erfolgte seine Er nennung zum Direktor der königlichen Druckerei in Parma, die der damalige Herzog, Infant Ferdinand errichtet hatte. Durch sein rastloses Streben bekam er bald einen bedeutenden Ruf, und mit der Unterstützung hoher Gönner errichtete er im Jahre 1790 eine eigene Druckerei. Schon 1795 ernannte ihn der König Karl IV. von Spa nien zum Königlichen Kammerbuchdrucker mit einem Gehalt von 6000 Realen. Selbst Napoleon interessierte sich für seine Kunst, indem er ihn zum Ritter der eisernen Krone ernannte. Außerdem wurden ihm viele andere Auszeichnungen zuteil, so daß er mit seinem Tode am 30. November 1813 ein Leben voll Ehrungen beendete. Nach seinem Tode führte seine Witwe die Druckerei weiter und voll endete auch den Druck der bereits begonnenen Werke, sowie ein voll ständiges Verzeichnis seiner Drucke, die nicht allzu zahlreich ge wesen sind. Die ersten erschienen unter der Firma stamperia reale mit dem Druckorte Crisopoli (ein angenommener Name). Die Stimmen des Auslandes über Bodonis wirkliche Verdienste sind geteilt. Man muß ihn als Schriftschneider, Schriftgießer, Buch drucker, Buchfabrikant und Kaufmann betrachten. Als Schrift schneider und Schriftgießer hat er unstreitig am meisten geleistet. Sein Reichtum auf diesem Gebiete ist in dem Manuale tipografico zu finden, denn das in zwei Bänden erschienene Werk enthält 143 lateinische Alphabete, jedes mit seiner Kursiv und mit sämtlichen Kapitälchen, die Schriften in der Größe um je einen Punkt steigend, ferner 17 Alphabete französische Schreibschrift, 7 Alphabete eng lische Schreibschrift, 34 griechische Alphabete, 11 hebräische, 37 ver schiedene orientalische, 2 deutsche, 21 russische Schriften mit Kursiv, 1036 verschiedene Druckstöcke und Verzierungen und drei Proben Musiknoten. Wenn auch die Druckerei der Propaganda oder die königliche Druckerei in Paris zahlreichere und in den Größen ununter brochen aufeinander folgende ausländische Charaktere besaßen, so ist dies doch das allmähliche Werk von Jahrhunderten, während Bodoni den ganzen Schatz selbst anfertigte in einer außergewöhnlich kurzen Zeit. Und doch merkt man nichts von Eile oder Ueber- stürzung, alles ist bis in die kleinsten Details mit großer Sorgfalt, Feinheit und Geschmack durchgearbeitet. Aber wenn man diese Werke betrachtet, dann muß man auch der Erzeugnisse von Caslon, Baskerville, Didot u. a. gedenken, die neben und vor ihm in gleicher Weise, aber an anderen Orten tätig waren. Bodoni hat viele Vor bilder bei seinen Arbeiten gehabt, die man bei einiger Prüfung leicht wieder erkennt. Das alles kann aber seine Vorzüge als Schriftschneider und Schriftgießer wenig beeinflussen, und auch an seinen Drucken ist nichts auszusetzen. Sie zeichnen sich ohne Ausnahme durch guten Druck, gute Anordnung des Textes und bestes Papier aus, ja selbst Sonderdrucke auf besseres Papier waren nicht selten. Nur beim Auswählen des Inhaltes ist er nicht immer einwandfrei verfahren, was wohl seinen Grund darin haben dürfte, daß er bei der Herausgabe der Bücher vollständig auf die Mitarbeit von Gelehrten verzichtete, also keine wissenschaftlichen Werke druckte. Seine sämtlichen Werke sind stark gekauft worden, so daß sie sich heute fast ausnahmslos in Bibliotheken und im Privatbesitz befinden. Bei Didot kann man eigentlich nur von einer großen Familie Didot sprechen, denn ihre Tätigkeit auf graphischem Gebiete ist so weit verzweigt und die Arbeit der einzelnen so eng miteinander ver bunden, daß sich schwer Grenzen ziehen lassen. Der Tod des Alfred Firmin Didot, der im September 1913 in Paris erfolgte, gibt Veran lassung zu einem Rückblick auf diese bedeutende Buchdrucker- familie, deren sämtliche männlichen Mitglieder als Buchdrucker, Schriftgießer, Verleger usw. tätig gewesen sind. Als besondere Lei stung muß die Schaffung des Punktsystems im Jahre 1737 genannt werden, das ganz gewaltige Umwälzungen auf dem Gebiete des Schriftgusses mit sich brachte und das nach dem Erfinder als Didot- System bezeichnet wird. Auch in der Stereotypie haben sie wesent liche Verbesserungen erreicht. jIm allgemeinen ist nur Gutes über die Familie Didot zu sagen und die gesamte aber zu sehr großem Teil französische Literatur ist des Lobes voll. Zur Erwähnung Waldows gab die Vollendung des 50. Bandes des Archivs für Buchgewerbe Veranlassung. Im Jahre 1863 ge gründet, ging es 1899 in den Besitz des Deutschen Buchgewerbe vereins über, und während des ganzen Zeitraumes ist seine Aus stattung vorbildlich gewesen. Waldow druckte es in einer eigenen Offizin und gab gleichzeitig eine größere Anzahl Fachwerke heraus, die immer noch als gut zu bezeichnen sind. Auch Waldows Ver dienste um die Buchdruckerkunst sind ohne Zweifel sehr groß, so daß man seinen Namen getrost neben den beiden erstgenannten nennen kann. dt. Schmutzkonkurrenz ? Der Zentralverband deutscher Kartonnagenfabrikanten hat in einem Rundschreiben an zahlreiche Rohstofflieferanten die Firma B. in Nürnberg als „Schmutzkonkurrenz" bezeichnet. Hiergegen hatte die Firma B. beim Amtsgericht Nürnberg Klage erhoben mit dem Anträge, der Zentralverband habe bei Meldung einer Geldstrafe bis zu 1500 M. oder einer Haftstrafe bis zu 6 Wochen für jeden Zu widerhandlungsfall die Behauptung zu unterlassen, Klägerin sei eine Schmutzkonkurrenz. Das Amtsgericht gab der Klage statt, und der Zentralverband legte Berufung ein. In der Berufungs-Ver handlung ließ der Zentralverband vorbringen, er habe mit Recht die Klägerin als Schmutzkonkurrenz bezeichnet; Klägerin sei weithin wegen ihrer Preisunterbietungen bekannt. Von der Klägerin wurde dieses Vorbringen bestritten und darauf hingewiesen, daß eine Be weiserhebung über die Behauptungen des Zentralverbandes sich auf Grund der Bestimmungen des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und des BGB §§ 823, 824, 826 sowie Reichsstrafgesetz buch § 185 erübrige. Das Gericht hat aber in Sachen der Firma B. gegen den Zentralverband deutscher Kartonnagenfabrikanten das Urteil des Amtsgerichts Nürnberg aufgehoben und die Klage abge wiesen. Die Klägerin hat hierzu noch sämtliche Kosten zu tragen. Ha. Büchertisch Der Unterricht im Maschinenschreiben nach der Achtfinger- Methode mit beweglichem Fingersatz. Von Hans Baier, Direktor der städtischen Kaufmannschule in München. Preis gebunden 1 M. 20 Pf. Hierzu 2 Uebungstastaturen zum Preise von je 25 Pf. Verlag von R. Oldenbourg in München und Berlin. In steifem Pappband. 50 Seiten Groß-Oktav. Seit Jahren wird fast überall das Maschinenschreiben nach der Zehnfinger-Methode gelehrt, und doch trifft man auf den Büros der Behörden und Kaufleute verschwindend wenig Schreiber, die sich der zehn Finger bedienen. Leute, denen die nötige Zeit oder die erforder liche Ausdauer mangelt, lernen eben nie die kleinen Finger vor schriftsgemäß gebrauchen, sie verwenden bald auch die Ringfinger seltener, und das Ergebnis ist, daß sie meist nur mit den beiden Zeigefingern in wilder Hast von einem Ende der Tastatur zum anderen fahren, dadurch eine große Schnelligkeit vortäuschen, aber tatsächlich! keine beachtenswerte Geschwindigkeit erreichen, dabei schädigen, sie ihre Nerven empfindlich und richten jede feingebaute Maschine vorzeitig zu Grunde, weil sie aus dem Hand- und nicht aus dem Fingergelenk schreiben. Das vorliegende Lehrbuch bringt in richtiger Stufenfolge einen Lehrgang, der auf die Verwendung der kleinen Finger verzichtet und darum in der Ausbildung sehr viel Zeit spart. Dadurch, daß als Grundregel aufgestellt ist, nie zwei aufeinander folgende Tasten mit dem gleichen Finger anzuschlagen, wird die Schreibschnelligkeit außerordentlich gefördert. Sehr zweckmäßig sind die zu dem Lehrbuch erschienenen Uebungstastaturen, da auf ihnen die einzelnen Tasten nicht nur durch Kreise angedeutet, son dern herausgeprägt und dadurch dem Tastsinn wahrnehmbar ge macht sind. t. Papierprüfung von Richard Nrezlog. Zweiter Teil. Verlag ,,Der Papierhändler“, G. m. b. H. in Düsseldorf. Preis 2 M. Den ersten Teil dieses Werkes beschrieben wir in Nr. 83 von 1912. Die eigentliche Papierprüfung ist im vorliegenden zweiten Teil enthalten, während der erste eine kurze Beschreibung der Papiererzeugung enthielt. Im vorliegenden Band werden die- gangbarsten Papiersorten der Reihe nach besprochen und jeweilig angegeben, welche Eigenschaften sie besitzen müssen, und in welcher Weise sie geprüft werden sollen. Die Ausführungen beweisen, daß der Verfasser auf dem Gebiete der Prüfung der verschiedenen Papier sorten gute Kenntnisse und reiche Erfahrung besitzt. Schade, daß die zur Papierprüfung dienenden Einrichtungen nicht auch, durch Abbildungen erläutert sind Taschen-Adreßbuch der Hamburger Druckereien und verwandten Gewerbe mit Anschluß der Adressen aus der ersten Postzone. 6. Folge (3. Jahrgang.) Herbst-Ausgabe 1913. Verlag von H. Andressen- 8c Sohn in Hamburg. Preis 2 M. 126 Seiten Klein-Oktav. Die Anordnung des Stoffes hier weicht wesentlich von dem Auf bau anderer Adreßbücher ab: sie ist nach Straßen geordnet undi gestattet dem Fremden, sich schnell zurechtzufinden.