Volltext Seite (XML)
3686 PAPIER-ZEITUNG Nr. 99/1913 Ulebertragene Bestellung Ein Kunde (Wiederverkäufer) kaufte im Juli 1912 1 Million Zigarettenbeutel mit Druck, erstes Drittel lieferbar in einem Monat, zweites Drittel Oktober und der Rest Dezember. Nach der ersten Lieferung zedierte mir der Wiederverkäufer die Rechnung und auch die weitere Lieferung an seinen Kunden, auf eigene Rechnung. Ich setzte mich mit dem Kunden in Verbindung, und er war auch ein verstanden, wollte aber von weiterer Abnahme nichts wissen. Da aber meine Fabrik das zweite Drittel schon fertig zum Versand liegen hatte, kam ich denn mit dem Verbraucher überein, daß er die schon fertigen Beutel abnehmen wolle, was er uns auch schriftlich bestätigte. Nach Jahresfrist forderte ich den Kunden nochmals auf, die Ziga rettenbeutel abzunehmen, daraufhin erklärt er mir, er hätte noch für ein weiteres Jahr Vorrat. Muß ich die Ware so lange liegen lassen, bis es dem Kunden gefällt, sie abzunehmen, oder kann ich ihm eine Nachfrist stellen, bis wann er sie abzunehmen hat ? Papiergroßhändler. Bevor Fragesteller die Uebertragung des Auftrages an nahm, hätte er sich mit dem Kunden seines Abnehmers ver ständigen müssen, daß er diese Ware zu denselben Zeiten über nehmen will, die der ursprüngliche Käufer vereinbart hatte. Dieser hat offenbar aus Gefälligkeit zugegeben, daß ihm die bedruckte Ware geliefert wird, jedoch anscheinend keine Zeit für die Abnahme der Lieferung angegeben. Demzufolge glauben wir, daß kein Gericht den Verbraucher zwingen wird, die Beutel früher abzunehmen als er sie benötigt Lieferfirma auf Drucksachen Ich bin Besitzer eines Papiergeschäftes ohne Druckerei, nehme aber Drucksachen an, die ich in einer Druckerei erledigen lasse. Ich habe meine Firma darunter setzen lassen, ohne die Worte „Druck von." Ist das strafbar ? X Es war bis vor einigen Jahren üblich, daß Schreibwaren händler unbeanstandet ihre Firma auf Drucksachen setzten, die sie nicht selbst druckten, sondern nur lieferten. Seit dem neuen Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb haben jedoch Druckereien und deren Vereine wiederholt mit Erfolg wegen derartiger Aufdrucke vor Gericht geklagt mit der Begründung, daß die Besteller und Verbraucher von Drucksachen annehmen, die Firma, welche auf den Drucksachen stehe, sei deren Her stellerin. Es empfiehlt sich deshalb, um Schwierigkeiten mit den Buchdruckern zu vermeiden, die Firma nicht allein auf die Drucksache zu setzen, sondern den Zusatz „geliefert von” vor die Firma zu setzen. Buchhalter ohne Arbeit Seit 1. Oktober 1912 bin ich in einer Buch- und Steindruckerei als Buchhalter angestellt. Meine Tätigkeit ist jedoch so gering, daß ich oft den ganzen Tag nicht weiß, was ich machen soll. Andere geschäftliche Arbeiten, um mir die Zeit zu verkürzen, darf ich nicht ausführen, dagegen schickt mich mein Geschäftsherr in die Stadt, um Besorgungen zu machen, die einem Arbeiter zukommen, aber keinem Kaufmann. Diese Wege habe ich stets ohne Widerrede aus geführt, weil Arbeit nicht schändet. Ich beabsichtige nun so bald wie möglich mich zu verändern, um wieder einen arbeitsreicheren Posten zu erhalten. Kann ich unter diesen Umständen meine Stelle zu jeder Zeit aufgeben, viel leicht innerhalb 8 Tagen, oder wenn ich am 15. Oktober kündige, zum 1. November oder am 1. Dezember? Oder muß ich die gesetz liche Kündigungsfrist, die ich seinerzeit bei Eingang der Anstellung anerkannt habe, einhalten. IV. Nur bei vertragswidrigem Verhalten eines Vertragsteils läßt das Gesetz fristlose Kündigung, d. h. sofortige Auflösung des Dienstverhältnisses zu. Stillschweigende Besorgung von Arbeiten, zu denen der Angestellte nicht verpflichtet ist, gilt als Einverständnis. Zulässig ist also nur regelrechte Kündigung zum Ende eines Vierteljahres mit sechswöchiger Kündigungs frist. K. Verein der Plakatfreunde. Wie in München, Bremen, Hannover und anderen Städten hat sich in diesen Tagen auch in Breslau eine Ortsgruppe des 1905 mit dem Sitz in Berlin gegründeten Vereins der Plakatfreunde gebildet. Zweck des Vereins ist, das Reklame wesen, insbesondere das Plakatwesen, in künstlerischer Weise zu beeinflussen und das Interesse am Künsterplaklat beim Publikum und in der Geschäftswelt durch Herausgabe einer Zeitschrift, Schau stellungen, Wettbewerbe sowie Tausch und Verkauf von Plakaten usw. zu fördern. Den Vorstand der neugegründeten Ortsgruppe bilden: Kaufmann Lessenthin (Breslauer Anschlagsäulen), Zahn arzt Proskauer, Buchdruckereibesitzer Aron, Zeichenlehrer Hampel und Zeichenlehrer Sobainsky. K- (Gen.-Anz. f. Breslau) Drucksache in fremder Sprache Wie sehr man sich lächerlich machen kann, wenn man Drucksachen in einer Sprache herstellen läßt, die man nicht versteht, und die auch von den Setzern und Korrektoren der Druckerei nicht verstanden wird, geht aus nachfolgender Druck schrift eines Papiervertreters in Venedig hervor, welche uns von einer deutschen Papierfabrik zum Abdruck übersandt wird. HERRN Ich erlaube mir zu Ihrer} Henntniss zu bringen dass ich wohl im Stande wäre Ihre Artikel zu placieren für welche stets Anfrege von meiner Kundschaft habe. Wollen lie denn so frdl. sein, mir Ihr General-Katalog und Ihre geheime Engrosspreisliste, eventuel nebst Mustercollectione umgehend-senden, und seitdem ich eigene tüchtige Reisende vepfüge, di wohl Artikeln und die beste Kundschaft Kennen, so wäre mir beicht, falls Sie mich mit Ihrer w: Vertretung beehren würden, für lie gute Geshaäfte ernstlich zu machen. Ich bitte Sie, falls Ihnen möglice ist, auf Italiänisch oder Fran zösisch correspondieren zu wollen. In angenehmer Erwartung Ihrer günstigen Nachrichten, mich Ihnen bestens empfehlend, zeichne Hohachtend Bodenkleber BK von Ferdinand Sichel in Limmer, Hannover. Diesen neuen Klebstoff habe ich auf den von der Rolle arbeitenden Flach-, Seitenfalten- und Kreuzbodenbeutelmaschinen aller be kannten Systeme ausgeprobt; er bietet einen vollwertigen Er satz für die bisher verwendeten Mehl- oder Stärkekleister zur Bodenklebung auf den vorhandenen Tütenpapieren für diese Beutelarten. Während er zur Bodenklebung unverdünnt ver wendet wird, kann er bei einer Verdünnung bis zu 150 v. H. Wasserzusatz auf diesen Maschinen auch zur Schlauchklebung gebraucht werden beim Verarbeiten der empfindlichen holz freien Sulfitzellstoffpapiere, da er keine Entfärbung am Kleb streifen hervorruft. Auch auf allen vom Blatt arbeitenden Maschinen, welche bis dahin Mehl- oder Stärkekleister ver arbeitet haben, läßt sich der Bodenkleber BK vorteilhaft ver wenden. Das Gleiche ist der Fall bei der Handklebung, da er sich ganz gleichmäßig mit dem Pinsel ausstreichen läßt. Der Kleber ist bei hoher Bindekraft kurz, zieht keine Fäden und schleudert beim schnellen Lauf nicht in der Maschine umher. Da er knoten- und klumpenfrei ist, läuft er gleichmäßig auf die Kleister.walze und verhindert dadurch viele Klebfehler, welche bei krustenden Mehl- und Stärkekleistern vorkommen. Durch diese Eigenschaften gewährleistet er sparsamen Verbrauch und stellt sich darum verhältnismäßig billiger als Mehlkleister. Auch fällt damit das umständliche Kochen oder Aufquellen des letzteren, wie seine unangenehmen Eigenschaften weg, welche Gegenstand der Sorge in allen Papierwarenfabriken sind. H. Th. sen. Büchertisch Deutsche Kunst und Dekoration. Verlag von Alexander Koch in Darmstadt. Dezember-Heft 1913. Preis 2 M. 50 Pf. Frankreich und das deutsche Kunstgewerbe wurden in diesem Heft von W. Michel zum Gegenstände fesselnder Betrachtungen gemacht. Im Heft ist ferner die moderne Malerei mit sehr guten Abbildungen vertreten, ausgewählt aus dem reichen Material der Münchner Internationalen im Glaspalast. Besonders spanische und belgische Meister treten mit eindrucksvollen Werken großer Prägung hervor. Man lernt ferner Max Klingers neuste plastische Schöpfung, die „Japanerin" kennen, man sieht schöne Proben von Schmid-Reuttes charaktervoller, hochstrebender Malerei. Im Gebiet der Architektur führten die Abbildungen nach Bahlsens Keks-Fabrik in Hannover (Architekt Siebrecht), ein glänzendes Beispiel für die hochentwickelte deutsche Industriebaukunst der Gegenwart. Kabinettstücke deutscher Innendekoration sind die Räume verschiedener Architekten der Vereinigten Werkstätten: W. Gropius’, R. Alexander Schröders und Bruno Pauls, des Alt meisters neudeutscher Innenkunst. Aus dem sonstigen Inhalt seien genannt: Die herrlichen, ausgezeichnet reproduzierten Spitzen aus Beccadellis Bologneser Spitzenschule, die glänzende Heerschau über die neuere Erzeugung an Beleuchtungskörpern, die schönen Stickereien von Anna Somoff-Mikhailoff und die Ansichten von dem neuen Gebäude der Hamburger Kunstgewerbeschule nach Ent würfen von Prof. Schumacher. Die altbewährte Darmstädter Kunst zeitschrift verrät in jedem ihrer Beiträge und Publikationen den hohen Geschmack ihres Herausgebers, Hofrat Alexander Koch, der nun schon seit 25 Jahren seine Tätigkeit in den Dienst deutschen kunstgewerblichen Schaffens stellt.