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Ausschuß der Papier-Fachverbände Der Deutsche Papier-Verein hatte sämtliche ihm bekannten Vereine und Verbände des Papierfaches zu einer Beratung nach dem Restaurant Heidelberger in Berlin für Sonntag, den 2. No vember, mittags 1212 Uhr eingeladen. Herr Paul Theodor Richter, 2. Vorsitzender des Deutschen • Papier-Vereins, eröffnet die zahlreich besuchte Versammlung um 12 Uhr und zählt die Verbände auf, welche auf die ihnen zugegangene schriftliche Einladung ihr Interesse an dem ange regten Gegenstand bekundet haben. Er berichtet, daß ein Aus schuß des Deutschen Papiervereins — einem Beschluß der Stutt garter Hauptversammlung entsprechend — die Gründung eines Zentralausschusses der Fachverbände der Papierindustrie an geregt habe. Redner sei Vorsitzender, Herr Müller aus Hannover 2. Vorsitzender und Herr Justizrat Wilmersdoerffer Schrift führer des Ausschusses geworden. Auch die Fachpresse habe das Unternehmen unterstützt, wofür Redner dankt. Hierauf berichtet Herr Justizrat Wilmersdoerffer aus Berlin, Rechtsbeistand des Deutschen Papier-Vereins, über die Ziele und Zwecke des neu zu gründenden Ausschusses. Er schildert aus führlich die Entstehungsgeschichte des Unternehmens. Danach ist der Gedanke zu der Gründung aus der Frage der Festlegung von Kaufpreisen für Markenartikel hervorgegangen. Zum Stu dium dieser Frage habe der Deutsche Papierverein in Weimar eine Kommission gewählt. Diese habe zwei Sitzungen abge halten und sei zu dem Ergebnis gekommen, daß die Festlegung von Kaufpreisen für sogen. Markenartikel nur dann Zweck hätte, wenn geschlossenes Vorgehen der Fabrikanten verbürgt werden könnte, d. h. wenn fast alle Fabrikanten sich beteiligten. Um diese Vorfrage zu lösen, wurde an 165 Fabrikanten eine Rundfrage gerichtet, die von 32 Firmen beantwortet wurde. 18 Antworten lauteten zustimmend, 7 unbestimmt unter Vorbehalt und 7 ab lehnend. Auch unter den 18 zustimmenden Antworten gab es solche mit Vorbehalten. Daraufhin beschloß die Kommission dem bestehenden Markenartikel-Verband beizutreten. Die Ver handlung mit diesem Verband ist aber mißlungen, weil weder über die Kosten noch über die Organisation Einigung zustande kam. Vor allem wollte der Verband keine besondere Gruppe für Schreib waren bilden. Inzwischen ist der Ausschuß von dem ursprünglichen Ge danken etwas abgerückt und hat allgemein eine Schutzstelle nicht nur gegen Preisunterbietungen, sondern auch eine Orga nisation in Aussicht genommen, welche Mißbräuche im Papier fach verhindern könnte. Auf diesen Gedanken war die Recht sprechung der letzten Zeit von Einfluß. In früheren Zeiten waren nämlich Vorschriften des Fabrikanten wohl seinem Kunden gegenüber wirksam, aber Dritten gegenüber nicht, jeder Ver käufer konnte also beliebig den Preis festsetzen. Im Jahre 1906 trat in dieser Rechtsprechung Aenderung ein: Das Reichsgericht sprach aus, daß das Schleudern gegen die guten Sitten verstoße. Redner führt dies weiter aus und weist nach, daß dieser Um- schwung in der Rechtsprechung die Errichtung einer Schutz stelle nötig und möglich machte. Dann kam der Antrag des Nordwestdeutschen Papiervereins, Mittel und Wege zu finden, um eine Zentralschutzstelle für das ganze Fach zu schaffen unter Aufrechterhaltung der Selbstän digkeit der bestehenden Verbände. Diese neue Stelle soll neue Aufgaben haben. Daraus entstand ein noch viel weiter gestecktes Ziel. Eine solche Zentralstelle würde es möglich machen, in Fällen, wo eine Frage von zwei Verbänden des Papierfachs ver schieden aufgefaßt und beurteilt wird, die Rivalität auszuschalten und durch Zusammenarbeiten mehrerer Verbände die gemein samen Zwecke zu fördern. Es.erschien möglich, für diesen Zweck alle bestehenden Verbände zu gewinnen. Ziel und Zweck des geplanten Zentralaüsschusses ist also, alle Verbände heranzu ziehen, zunächst aber die schon bestehende Schutzstelle und das Einigungsamt dem ganzen Fach nutzbar zu machen. Weiter soll, wie gesagt, der neue Zentralausschuß entgegenstehende In teressen der einzelnen Gruppen ausgleichen und darüber hinaus die einzelnen Verbände zur gemeinsamen Bearbeitung vieler Fragen zusammenfassen. Die Ausführung wird ja schwierig sein, ebenso die Organisations-Fragen, jedoch sei an den Aus spruch Fürst Bismarck’s erinnert, als den deutschen Bundes staaten eine Reichsverfassung gegeben werden sollte: „Wenn die Staaten nur unter einen Hut gebracht sind, kann die Regelung der einzelnen Fragen den Staatsrechtslehrern überlassen werden.” Auch hier gelte das Wort: Wo ein Wille, da ist auch ein Weg. Redner spricht die Hoffnung aus, daß, falls der geplante Zentral ausschuß zustande kommt, der heutige Tag vielleicht ein Wende punkt in der Geschichte des deutschen Papierfachs sein wird. Herr Richter schlägt nun vor, die Vertreter der Fachvereine mögen ihre Ansicht über die Ausführungen des Herrn Justizrats Wilmersdoerffer äußern. Herr Labus aus Berlin, Vertreter des Vereins Deutscher Briefumschlagfabrikanten, empfiehlt den Vorschlag warm. Sein Verein werde nächstens eine Generalversammlung abhalten, und Redner sei überzeugt, daß alle Mitglieder sich den eben gehörten Bestrebungen anschließen werden. Herr Braunwarth aus Würzburg, Vorsitzender des Ver bandes Deutscher Papier- und Schreibwarenhändler (sogen. Düsseldorfer Verband), erklärt für seinen Verband, daß er im Wesen mit dem Geplanten einig gehe. Herr Max Krause aus Berlin, Vorsitzender des Papier industrie-Vereins, erklärt, dieser Verein sei immer bestrebt, 7 alle Bemühungen zur Einigkeit des Faches zu unterstützen« und wenn gangbare Wege gefunden werden, so wird der Verein gerne mittun. Redner fragt jedoch, wie sich der zu begründende Zentralausschuß z. B. zu der Vereinigung für die Zollfragen der Papier verarbeitenden Industrie und des Papierhandels und zu anderen Fragen stellen würde. Der Deutsche Fachverband der Büroindustrie ist von Herrn Herzberg vertreten, dieser erklärt, er könne sich vorläufig über einen Anschluß seines Verbandes an den geplanten Zentral ausschuß nicht äußern. Herr Slaby, Vorsitzender des Bundes der Deutschen Buch binderinnungen, steht den Vorschlägen freundlich gegenüber. Sein Bund umfaßt jetzt 5200 Mitglieder, darunter ungefähr 3000, die auch Schreibwaren verkaufen. Im Juli 1914 werde der Bund seine Jahresversammlung abhalten, und hierbei könnte beschlossen werden, daß der Bund einen Beitrag für den Zentral- ausschuß bewilligt. Herr Schneider aus Berlin vom Zentralverband der Papier- und Schreibwarenhändler Deutschlands knüpft die Zustimmung seines Verbandes daran, daß die jetzt bestehende Schutzstelle im heuen Zentralausschuß Stimme erhalte. Herr Löwenstein aus Berlin, Vorsitzender des Schutzverbandes für die Postkartenindustrie, erklärt, daß sein Verband die vor geschlagenen Bestrebungen gern unterstützen werde. Für den Verein Deutscher Zellstoff-Fabrikanten spricht dessen. Geschäftsführer Herr Dr. Mirus aus Berlin. Er begrüßt den Vorschlag und will darüber seinem Verein berichten. Herr Weber aus Heidelberg, Vorsitzender der Schutzstelle und des Einigungsamtes gegen Preisunterbietungen, sagt, daß die erste praktische Arbeit für die Gründung einer solchen Schutzstelle vom Düsseldorfer Verband geleistet wurde. Die Warenhausfrage bildete die Anregung dazu. Die Zugehörigkeit zu einem einzigen Händlerverband beschränkte aber die Tätig keit der Schutzstelle, denn der Deutsche Papier-Verein nahm eine abwartende Stellung ein. Allerdings schloß sich der Zentral verband .der Schreibwarenhändler Deutschlands, Sitz Berlin, an. Als aber auch der Deutsche Papier-Verein in Stuttgart für die Schutzstelle eintrat, löste sich diese von dem Düssel dorfer Verband, damit nicht zwei Stellen entstehen. Anfang Dezember soll die Generalversammlung der Schutzstelle statt finden. Diese hat bis jetzt schon mancherlei Streitpunkte ge schlichtet und auch am Zustandekommen der Briefordner- Konvention mitgearbeitet. Die Schutzstelle werde gerne mit dem neu zu gründenden Zentralausschuß zusammen arbeiten. Der Einberufer Herr Richter erwidert nunmehr auf einige von den Vorrednern an ihn gestellte Fragen. Die Vereinigung für die Zollfragen der Papier verarbeitenden Industrie und des Papierhandels soll in keiner Weise ausgeschaltet werden, sie solle vielmehr ebenso wie alle anderen Verbände unbeeinflußt ihre Tätigkeit ausüben. Das Durchsetzen fester Verkaufspreise