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Nr. 84/1913 PAPIER-ZEITUNG 3095 Neues auf dem Gebiete der Papierprüfung im Jahre 1912 Von Prof. IV. Herzberg I. Apparate und Verfahren Fortsetzung zu Nr. 82 Nachweis der Art der Leimung Kollmann 1 ) hat die zum Nachweis von Harz- und Tierleim die nenden Verfahren unter Benützung sehr kleiner Papiermengen und Beobachtung der Reaktionsvorgänge unter dem Mikroskop durch geprüft, um ihre Brauchbarkeit für den Fall kennen zu lernen, daß nur sehr wenig Versuchsmaterial zur Verfügung steht. Wird man auch meist genügend Papier haben, um zur Ermittelung der Leimungsart den leichteren und aussichtsreicheren makro-chemischen Weg be schreiten zu können, so können doch Fälle vorkommen, in denen man so wenig Material besitzt, daß eine nur chemische Prüfung nicht durchführbar ist. In solchen Fällen muß das Mikroskop zu Rate gezogen werden. Kollmann hat auf diesem Wege geprüft das Verhalten von harz- und tierisch geleimten Papieren gegen Jodlösung (mit Jod übersättigte einprozentige Jodkaliumlösung), konzentrierte Salpetersäure (Xanthoproteinreaktion), Millons Reagens (Queck silberniträt), konzentrierte Schwefelsäure und Zucker (Raspailsche Reaktion), Kalilauge und Kupfersulfat (Biuretreaktion), Eisessig und konzentrierte Schwefelsäure {Adamkiewicz), und Tanninlösung. Als brauchbar fand er nur die Raspailsche und Tannin-Reaktion, unter der Voraussetzung, daß das zu untersuchende Papier weder Fett noch Kasein enthält; die Ausführung gibt er wie folgt an: Ras- pails Reaktion zum Nachweis der Harzleimung: Papier auf dem Objektträger mit konzentrierter Rohrzuckerlösung befeuchten, zer fasern, Lösung mit Filtrierpapier abpressen, konzentrierte Schwefel säure auftupfen. Das Material zeigt dann unterm Mikroskop deutliche Rotfärbung, falls das Papier harzgeleimt war. 2 Tanninreaktion zum Nachweis von Tierleim. Papier auf dem Ob jektträger mit Wasser erwärmen, Papier entfernen, zum Auszug Tanninlösung setzen; im mikroskopischen Bild sieht man dann einen bräunlichen, amorphen Niederschlag, falls das Papier tierisch ge leimt war. Bestimmung der Saugfähigkeit von Löschpapier Die wichtigste Eigenschaft des Löschpapiers ist seine Saug fähigkeit; wir beurteilen sie bekanntlich nach der Saughöhe für Wasser in 10 Minuten, und es hat sich gezeigt, daß diese Beurteilung ein gutes Bild von der Brauchbarkeit des Papiers zum Ablöschen von Tinte gibt. Wiederholt sind Vorschläge gemacht worden, Löschpapier von der Fläche aus zu prüfen, da ja dies der praktischen Anwendung des Papiers entspreche (Favier, Fromm); die vorgeschlagenen Ver fahren haben sich aber nicht eingebürgert. Im W.-B. 1912, S. 22 ist jetzt von ,,R“ 2 ) der Vorschlag gemacht worden, runde Scheiben des zu prüfenden Papiers in ein Glasrohr zu bringen (Rohrdurch- messer etwas kleiner als Scheibendurchmesser), die Schichten zu sammenzupressen und dann Wasser durch diesen Preßkuchen von unten her aufsteigen zu lassen. 3 ) Die Zeit, die das Wasser braucht, um den stets gleich hoch zu machenden Zylinder aus Löschpapier zu durchdringen, dient als Maßstab für die Löschfähigkeit des Papiers. Wir haben es hier mit einem Vorschlag zu tun, der leider nicht durch Versuchsergebnisse gestützt ist; man kann sich somit kein Bild von der Brauchbarkeit des Verfahrens machen. Das Zusammen pressen der Scheiben dürfte, namentlich bei lockerem Papier, das Saugvermögen der Blätter beeinflussen und so zu anderen Ergebnissen führen als die Anwendung des nichtgedrückten Blattes. Um beim Ablöschen von Tinte mit Hilfe eines Löschers einen zahlenmäßigen Anhalt zur Beurteilung des Papiers zu gewinnen, empfiehlt R., diejenige Strichdicke zu bestimmen, bei der die Tinte beim Ablöschen ganz aufgenommen, also nicht mehr über die Ränder des Striches ausgequetscht wird. Man wird auf diese Weise aber nur ziemlich weitgehende Unterschiede zwischen verschiedenen Lösch- papiersorten feststellen können, selbst wenn man stets mit möglichst gleicher Geschwindigkeit ablöscht; denn die Geschwindigkeit hat auf das Endergebnis einen bedeutenden Einfluß; auch mit einem weniger guten Löschpapier kann man kräftige Schrift, ohne sie auszuquetschen, ablöschen, wenn man die Löscher nur langsam genug niederdrückt. S 15 Feber die mikroskopische Prüfung der Papierleimung. Z. 1912 2 ) Prüfung von Löschpapier. 3) Es handelt sich also bei diesem Vorschlag um eine etwas andere Ausführungsform des Verfahrens von Dr. Fromm. W.-B. 1909 S. 4172. Die Ursachen des Vergilbens von Papier Die Frage des Vergilbens holzfreier Papiere hat Schoeller zum Gegenstand eingehender Versuche gemacht und ist bei seinen Ar beiten zu neuen und wertvollen Beobachtungen über diesen für Papiererzeuger und Papierverbraucher wichtigen Gegenstand ge kommen. 1 ) Die zurzeit herrschende Ansicht über die Ursache der Vergilbung holzfreier Papiere, gegründet auf die Arbeiten von Dr. Klemm, geht bekanntlich dahin, daß sie in seifenartigen Verbindungen des Eisens mit Harz- und Fettkörpern, die in Papier vielfach vorkommen, zu suchen ist. Um für seine Versuche einwandfreies Probematerial von genau bekannter Zusammensetzung zu haben, stellte sich Sch. die Papiere im kleinen zum größten Teil selbst her. Außerdem wurden fertige Papiere in den Kreis der Beobachtungen gezogen, aber nur solche, deren Zusammensetzung durchweg sicher bekannt war. Zur Feststellung der Vergilbungsneigung dieser Papiere wurden sie teils dem Sonnenlicht ausgesetzt, teils in einem Trockenschrank auf 95 ° C erhitzt. In beiden Fällen ergab sich angenähert die gleiche Abstufung der Versuchsproben hinsichtlich der Vergilbung. Da das Erhitzen der Papiere schon nach kurzer Zeit, bei geleimten Proben meist schon nach 3—5 Stunden, den Farbton der Papiere ändert, so gibt es ein schnell und leicht auszuführendes Mittel an die Hand, um die Neigung der Papiere zum Vergilben zu erkennen. Auf diese Weise prüfte Schoeller seine’Papiere und zwar in allen Stufen der Verarbeitung, zunächst zur allgemeinen Orientierung über den Sitz der Vergilbungsursache; er fand sie in der Chlorbleiche und besonders in der Harzleimung. Frisch gebleichter und leicht gewa schener Papierstoff ist beständig, nicht ausgewaschener und ge lagerter Stoff neigt zum Vergilben. Harzleim zeigte sich in allen Fällen als wesentlicher Faktor der Vergilbung. Wurde der Leim durch Aether - Alkohol aus den vergilbten Proben ausgezogen, so wurden auch die Vergilbungskörper mit entfernt, und die Papiere erhielten ihre ursprüngliche Farbe mehr oder weniger wieder, ein Beweis, daß der Harzleim ein Vergilbungsträger ist. Enthält ein Papier harzsaures Eisen, einen sehr lichtempfindlichen Körper, in größeren Mengen, so kann dieser mit zur Vergilbung beitragen; meist enthält Papier aber nur geringere Mengen dieser Eisenverbindung, als zur Entstehung deutlicher Vergilbung erforderlich ist. Trotzdem empfiehlt Schoeller, möglichst eisenfreien Alaun zu verwenden, um die Bildung von harzsaurem Eisen möglichst auf das geringste Maß zu beschränken. Bei den weiteren Versuchen zeigte sich, daß die Eigenvergilbung des Harzes kein Oxydationsprozeß ist, denn die Vergilbung ist auch in einer Stickstoffatmosphäre zu beobachten. Als brauchbares Mittel, die Eigenvergilbung des Harzes zu ver hindern, erwies sich die Oxydation mit Chlor (Einträgen von in salz säurehaltigem Wasser fein suspendiertem Harz in genügend starke Chlorkalklösung). Ungeleimte gebleichte Stoffe vergilben durch die Einwirkung von unterchloriger Säure, die Zellstoff stark oxydiert. Am Schluß seiner interessanten und wertvollen Ausführungen empfiehlt Schoeller zur Herstellung eines fast unvergilbbaren Papiers Lumpen ohne Zusatz von Zellstoffen zu verarbeiten; die Lumpen können ziemlich stark gebleicht werden, dürfen aber nicht lange in der Bleichflüssigkeit gelagert haben. Geleimt wird mit chloriertem Harz oder Stearinleim, als Fällungsmittel dient möglichst eisenarmes Aluminiumsulfat. Erkennen von echtem Pergamentpapier Zum Erkennen von echtem Pergamentpapier ist verschiedentlich auf den angeblich faserlosen Riß des letzteren hingewiesen worden. 2 ) Dieser ist aber nur dann vorhanden, wenn das Papier ganz durch- pergamentiert worden ist; ist dies nicht der Fall, so kann der Riß mehr oder weniger stark faserig sein, also zu Täuschungen führen. Ein solcher Fall wird unter Beigabe von Abbildungen in den ,,Mitt.“ 3 ) geschildert. Ein Papier japanischen Ursprungs zeigte stark fase rigen Riß, war aber pergamentiert, allerdings nur oberflächlich. Zu beachten ist ferner, daß es Pergamentersatzpapiere gibt, die einen Riß zeigen, der sich von dem mancher echten Pergamentpapiere nicht oder doch kaum unterscheidet. Man sei also vorsichtig in der Bewertung des Rißaussehens und greife lieber zu' der bekannten Koch- oder Kauprobe. Daß nasses Pergamentpapier nicht, wie vielfach angenommen wird, fester ist als lufttrockenes, wird an der unter 2 angeführten Stelle durch ein Beispiel belegt. Das trockene Papier ergab im Mittel die 1) Dr.-Ing. Victor Schoeller, Düren." Ueber Vergilben von Papier. Dissertation München. 1912. a ) W.-B. 1910 S. 3568 und 1911 S. 4492. ’) Mitt. 1912 S. 407.