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D)APIER-VERARBEITUNG ä Buchse werbe ssä Berliner Typographische Gesellschaft Vor Beginn der Sitzung vom 7. Oktober besuchten die Mit glieder die im Nebenraum des Lesesaales der Bibliothek des König lichen Kunstgewerbemuseums aufgemachte Ausstellung moderner Drucksachen aus der- Druckerei von Pöschel & Trepte in Leipzig. Die Ausstellung zeigt Geschäftsdrucksachen und Akzidenzen aller Art sowie Broschüren und Bücher in geschmackvoller Ausstattung. Bei den mehrfarbig ausgestatteten Arbeiten sind mit zwei oder höch stens drei Farben vortreffliche Wirkungen erzielt. Um 9% Uhr eröffnete der Vorsitzende Herr Könitzer die von 58 Mitgliedern und 8 Gästen besuchte Sitzung im Buchgewerbesaale. Der Saal war noch geschmückt mit Arbeiten aus Berliner Drucke reien, und auf einigen Tischen waren zahlreiche von Herrn Könitzer auf der Baufach-Ausstellung in Leipzig gesammelte Reklamedruck sachen ausgestellt. Der Vorsitzende berichtete, daß in den letzten Tagen Herr Buchdruckereibesitzer Robert Schroth, der der Gesell schaft seit der Begründung angehörte, sein 50 jähriges Berufs jubiläum und die beiden Vorstandsmitglieder, die Herren Gustav Naumann und Gotthelf Schneider ihr 25 jähriges Geschäftsjubiläum begehen konnten und sprach den Jubilaren an dieser Stelle noch mals die Glückwünsche der Gesellschaft aus. — In bezug auf die nächstjährige buchgewerbliche Ausstellung in Leipzig teilte er mit, daß der Vorstand in seiner letzten Sitzung sich, nachdem ein gün stigeres Angebot von der Ausstellungsleitung eingetroffen sei, für die Beteiligung der Gesellschaft an dieser Ausstellung ausgesprochen habe und die Mitglieder ersuche, die Angelegenheit durch Beschaffung von Ausstellungsmaterial zu unterstützen. Ueber die finanzielle Regelung werde die Generalversammlung zu beschließen haben. — Hinsichtlich des Stiftungsfestes wurde mitgeteilt, daß dasselbe, am 30. November im großen Saale des Papierhauses abgehalten und in bescheidenen Grenzen gefeiert werden solle, damit die Kasse nicht erheblich dadurch in Anspruch genommen werde. Der zweite Vorsitzende Herr Erler gab folgende Eingänge bekannt: Vom Königlichen Kunstgewerbemuseum das Programm für die Vor träge des nächsten Vierteljahres, unter denen derjenige des Herrn Professors Loubier über die Geschichte des Bucheinbandes für die Mitglieder besonderes Interesse habe; von der Schriftgießerei Ludwig & Mayer in Frankfurt a. M. ein Probenheft der „Neuen Reklame- Fraktur“, von der Firma Krause & Baumann in Dresden Muster von Postkarten- und Kunstdruck-Kartonen und als Neu-Erwerbungen für die Bibliothek der Gesellschaft das Hellwigsche Werk „Satz und Behandlung fremder Sprachen“ und das Otto Säuberlichsche „Buch gewerbliche Hilfsbuch“. Als Mitglied angemeldet wurde Herr Albert Koban, technischer Büroassistent im Ministerium der öffentl. Arbeiten, W 30, Nollendorf- Straße 18 II. Herr Georg Erler berichtete über Schülerarbeiten verschiedener Fachschulen. Einleitend bemerkte er, daß die praktische Einrichtung, solche Arbeiten auf dunkelfarbigen Karton aufzuziehen und in Mappen geordnet anderen zugänglich zu machen, erfreulicherweise allgemein üblich geworden sei. Es sei bedauerlich, daß die ausgestellten Ar beiten nicht immer das Interesse finden, das sie verdienen. Bei den Arbeiten der Zittauer Fachschule müsse man berücksichtigen, daß die Schule nur zwei Schriftgarnituren, die Behrens-Antiqua und die Kochschrift besitze, und die Arbeiten deshalb eine gewisse Gleich mäßigkeit zeigen. Anders verhalte es sich bei den Leipziger Arbeiten; hier stände den Schülern ein reiches Material zur Verfügung; die Arbeiten zeigten ein mehr dekoratives Bild, indessen sei immer das Gewicht auf das rein Buchdruckerische gelegt worden. Bei den Ar beiten aus der Großherzogi. Kunst- und Gewerbeschule in Mainz, Abteilung Buchdruckerei, sei die künstlerische Form vielfach als Hauptsache behandelt worden, dabei aber habe oft die Gliederung des Textes gelitten. Hier möchte der Lehrling Buchdrucker und Künstler zugleich sein und sei doch keines von beiden. Einen Gegen satz hierzu bildeten die Arbeiten aus der Münchener Fachschule. Die Schule fertige ihre eigenen Arbeiten selbst an und stelle den Schülern solche Aufgaben, wie sie in der Praxis in jeder Druckerei vorkommen; der Lehrling ziehe hieraus jedenfalls den höchsten Ge winn, denn er könne das, was die Schule ihn lehre, in der Druckerei unmittelbar verwerten. Diesen Arbeiten gegenüber erschienen die Londoner Drucksachen nüchtern und steif; man beschränke sich dort auf die Anwendung weniger Schriften in amerikanischem Ge schmack, ohne die Wirkung der amerikanischen Arbeiten zu er reichen. Leider fehle die Berliner Buchdrucker-Fachschule, weil hier zur Ausführung praktischer Arbeiten keine Gelegenheit gegeben sei. — Am Schluß seiner Ausführungen machte Redner auf einen in Nr. 80 der Papier-Zeitung abgedruckten, „Ein Wort zur Umkehr“ überschriebenen Artikel aufmerksam, dessen Inhalt er als sehr beher zigenswert bezeichnete; es könne nicht oft genug wiederholt werden, daß die Buchdrucker alles aufbieten müßten, um sich gegen die Bevormundung durch sogenannte „künstlerische“ Elemente zu wehren. Herr Georg Wagner knüpfte an die letzten Aeußerungen des Herrn Erler an; er bedauerte, daß in den Kreisen der Buchdrucker eine gewisse Gegnerschaft gegen die Buchgewerbe-Künstler um sich greife, die er für unberechtigt halte. Er schilderte, in welcher Weise heutzutage eine bedeutende Handelsfirma eine umfangreichere Propaganda-Arbeit herstellen lasse. Der Auftraggeber, der aus drücklich betone, daß er vom Buchdruck kein Verständnis habe, wende sich an einen Künstler, dem er seinen Plan vortrage. Dann werde ein Journalist zur Ausarbeitung des Textes herangezogen, ebenso eine Aetzanstalt und eine Druckerei. In Konferenzen dieser vier Beteiligten mit dem Auftraggeber werde der Plan der Aus führung besprochen, und nach etwa 8 Tagen erhalte der Auftraggeber eine fertige Skizze seiner Broschüre, in Form eines in Umschlag ge hefteten Exemplars, bei dem der Schmuck angedeutet, die Illu strationen in Abzügen an richtiger Stelle eingeklebt seien, nur der Text fehle noch. Nach dieser Skizze könne der Auftraggeber sich einen Begriff von der Ausführung machen und etwaige besondere Wünsche noch vorbringen. Diese Art der Erledigung der Arbeit mache einen guten Eindruck und erleichtere dem Auftraggeber die Sache we sentlich. Jeder der Beteiligten lasse sich seine Leistung gut bezahlen, es erwachse also dem Buchdrucker kein unlauterer Wettbewerb. Es sei zu erwarten, daß sich diese Art der Herstellung besserer Reklame arbeiten, die heute schon vielfach Anwendung finde, mehr und mehr einbürgere. Daß dies geschähe, daran seien aber weder die Künstler noch die Buchdrucker schuld, es geschähe aus dem Bedürfnis der Auftraggeber heraus. Die Konkurrenten des Buchdruckers seien nicht die Künstler, sondern die vom Buchdruckgewerbe Abtrünnigen, die aus dem Buchdruckgewerbe hervorgegangenen Zeichner, die ihrem eigentlichen Beruf untreu geworden seien und immer nur Di lettanten bleiben würden. Herr Köhler wandte hiergegen ein, daß auch der Buchdrucker sehr wohl in der Lage sei, den Auftraggeber in bezug auf höhere An forderungen zu befriedigen; in der Regel aber werde bei jedem größeren Auftrage erst bei einer Anzahl von Druckereien herumgefragt, und die billigste erhalte den Auftrag. Wo es erwünscht erscheine, werde auch der Buchdrucker einen Künstler heranziehen und habe hin sichtlich der sonstigen Helfer auch geeignete Beziehungen, um allen Ansprüchen genügen zu können. Von anderer Seite wurde darauf verwiesen, daß die Herstellung .eines Entwurfes im vollen Umfange der Arbeit durchaus nichts Neues, sondern in den Buchdruckereien schon längst üblich sei. Der Grund, warum heute so viel gezeichnet werde, was ebenso gut gesetzt werden könne, sei darin zu suchen, daß so viele junge Leute, die in den Kunstgewerbeschulen groß gezogen würden, ihre Arbeiten zu ganz erbärmlichen Preisen den Auftraggebern anbieten, um sich durchzuschlagen. Herr Könitzer faßte das Ergebnis der Aussprache dahin zu sammen, daß dem Buchdrucker, durch das moderne Reklamewesen ein Teil der Gedankenarbeit abgenommen werde, und auch auf diesem Gebiet eine Teilung der Arbeit eingetreten sei. Der intelligente Drucker werde dem Auftraggeber in allen Fällen helfen können, der andere müsse es sich gefallen lassen, wenn Zwischenleute ihm einen Teil der Arbeit abnehmen. Die alten Drucker seien auch zugleich Verleger gewesen, bis ihnen der Vertrieb ihrer Erzeugnisse vom Buchhandel abgenommen wurde. Die moderne Reklame stelle eben Anforderungen, denen der Buchdrucker nicht nach allen Richtungen voll genügen könne. Es liege im Zuge unserer Zeit, daß oft eine gut empfundene, aber flüchtig ausgeführte Idee mehr Anerkennung finde als eine wohl durchdachte ernste Arbeit. Hierauf sprach Herr Könitzer zu den ausgestellten Drucksachen von der Baufach-Ausstellung in Leipzig. An einer größeren Reihe von Arbeiten, deren Herstellung und Eigen art er näher erläuterte, zeigte Redner, daß eine große Zahl von Ausstellern durch gute, zum Teil hervorragende Drucksachen auf der Ausstellung vertreten waren. Vielfach finde man den scharfen Kontrast zwischen Schwarz und Weiß durch grau schraffierte Linien oder Schriften gemildert. Durch deren Anwendung werde manche zweifarbige Arbeit als dreifarbig empfunden. So biete die an und für sich interessante Ausstellung dem Buchdrucker auch eine Gelegenheit, gute Drucksachen zu sammeln. An einem ausgestellten Bilde im Format von 73 X 100 cm er läuterte Herr Könitzer sodann ein neues lithographisches Uebertragungsverfahren dem der Erfinder den Namen „Samtram“ gegeben habe. Mittels dieses Verfahrens könne man ohne Umzeichnung Porträte, Natur-