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Nr. 83/1913 PAPIER-ZEITUNG 3063 Wagenmangel für die Großindustrie Von Regierungsbaumeister Franz Woas, Wiesbaden F Das Gespenst des herbstlichen Wagenmangels hat seinen Schatten vorausgeworfen. Wird es diesmal besser gehen ? Diese Frage beschäftigt schon jetzt die beteiligten Kreise, und sie fand mit Recht in diesen Blättern ihre Erörterung (s. Nr. 75 S. 2774). Der preußische Eisenbahnminister hat verschiedene Handelskammern um ihre Meinung darüber befragt, ob der Verkehr um die neue Jahres wende größer oder geringer sein wird als im Vorjahr, und aus Berlin erhielt er den Bescheid, daß der Verkehr voraussichtlich nicht ge ringer ausfallen und besonders die Papierindustrie voraussichtlich eine Verkehrszunahme aufweisen würde. Für alle Fälle hat sich die Eisenbahnverwaltung gerüstet, soweit dies möglich ist. Sie hat freilich den Wagenpark im letzten Jahre nicht über das ur sprünglich vorgesehene Maß erweitern können; denn die Waggon fabriken haben reichlich mit den Aufträgen zu tun, die ihnen aus den regelrechten Bestellungen zuteil wurden. Auch eine andere Art der Abhilfe, welche die Verwaltung in Aussicht stellte, hat sich in der Zwischenzeit noch nicht bewirken lassen, nämlich der weitere Ausbau derjenigen Bahnhöfe, welche vornehmlich an der Wagen stockung leiden. Dies braucht Jahre für die Ausführung. Dagegen verspricht sich die Verwaltung von folgender Maßnahme sofortigen Erfolg: Für das Gebiet der Eisenbahn-Direktionen Essen, Elber feld und- Köln ist eine besondere Behörde geschaffen worden, die so zu sagen schon in „Friedenszeiten" — wenn man die verkehrs armere Zeit so nennen darf — Vorsorge zu treffen hat, daß im Not fälle dann alles klappt. Der Minister wird wohl selbst der Ansicht geworden sein, daß einen Teil der Schuld am Wagenmangel die Schwerfälligkeit des gewöhnlichen Betriebes trägt. Der Verkehr der Stellen, die die An- und Abfuhr der Wagen regeln, ist nicht einfach genug; zu viele Zwischenstellen sind dazu in Bewegung zu setzen. Die neue Behörde, die bei jeder der genannten drei Eisen bahndirektionen geschaffen worden ist, steht jedesmal unter einem Oberbaurat, der mit einem Stabe auserlesener Beamten unmittelbar mit der gleichen Behörde des Nachbarbezirkes verkehren kann. Der Vermittlung der Direktionen bedarf es also dazu nicht. Im Falle der Wagennot treten diese drei Oberbauräte mit ihren Stäben zu einem besonderen Ausschuß zusammen, der alle Fragen, die in der Verkehrsnot auftauchen, unter der unmittelbaren Oberaufsicht des Ministeriums erledigt, so daß dann die Direktionen so gut wie ausgeschaltet sind. Inzwischen hat sich aber noch an einem anderen Wege hier ein Abhilfsmittel gezeigt, das auf die Dauer recht wirksam zu werden verspricht, nämlich der endlich zustande gekommene ,,Transit- Wagen“, der einheitliche Güterwagen, den die „internationalen Eisenbahn-Konferenzen“, die jährlich in Bern stattfinden, seit Jahr zehnten anstreben. Eine Verständigung über die Abmessungen eines Wagens, der ungeprüft auf allen Linien Europas und auch des asiatischen Rußlands zugelassen wird, bedeutet für die Aus nutzung des Wagenparks jedes Eisenbahnnetzes ungeheuer viel. Der Umlauf der Wagen wird damit sofort um so und so viel Prozente erhöht. Noch ist die Vereinbarung, obgleich sie endgültig getroffen ist, in Preußen nicht in Kraft gesetzt. Dazu gehört eben nichts, als daß die preußisch-hessische Eisenbahn-Verwaltung die Ver ordnung anerkennt und veröffentlicht. Dazu war der 1. Januar 1914 in Aussicht genommen. Vielleicht empfiehlt es sich, diesen Termin etwas früher anzusetzen; damit würde der Wagennot schon jetzt ein wenig begegnet werden; auf weiterhin aber kann davon ein sehr günstiger Einfluß auf den gesamten Großgüter-Verkehr erwartet werden. Von diesen „Transit-Wagen“ *) werden freilich die großen Hüttenwerke und Kohlenzechen kaum starken Gebrauch machen, er berührt mehr die Textil-Industrie, aber diese wird ihn in so großem Maßstabe ausnutzen, daß der Verkehr der Schwer industrie doch wieder ihren Nutzen aus dem Vorhandensein des Transit-Wagens zieht. Das Schlimme an der jetzigen Lage der Dinge ist das: die Groß industrie, die Hütten- und Kohlenwerke, nimmt mit ihrem immer riesiger werdenden Verkehr den anderen Industrien den Atem; diese großen Werke sind es, welche die Verkehrsnot schaffen, womit sich dann die verhältnismäßig kleineren Werke, Maschinenfabriken usw., abzu finden haben. Es wird sich ja bald zeigen, ob die angewandten Mittel da gegen helfen werden. Sollte dies etwa nicht der Fall sein, dann müßten an die Stelle dieser kleinen Mittel viel gewaltigere, wirklich durchgreifende gesetzt werden. Sonst geht die deutsche Industrie am eigenen Zuviel zugrunde. Gründliche Abhilfe hätte auf Jahre hinaus der Mittelland- Kanal geschaffen, welcher der Eisenbahn die Beförderung von Massengütern zum Teil abgenommen hätte. Der Bau dieses Kanals ist aber seinerzeit vom preußischen Landtag aus Rück sicht auf die Landwirtschaft abgelehnt worden. *) Diese Wagen erhalten als deutlich sichtbares Zeichen an der Vorderseite in Augenhöhe ein T aufgemalt. Zusammensetzung der Sulfitablauge In den „Arbeiten des Kaiserlichen Gesundheitsamts” wurden Abhandlungen über „Die schweflige Säure und ihre Ver bindungen mit Aldehyden und Ketonen” veröffentlicht und sind in Jul. Springers Verlag, Berlin, als Sonderdruck erschienen. (II. Teil, Preis 12 M.). Darunter befinden sich mehrere Arbeiten von W. Kerp, P. Wöhler und E. Baur und anderen „Zur Kenntnis der gebundenen schwefligen Säuren.” Eine dieser Arbeiten handelt „Ueber Sulfitzelluloseablauge und furfurolschweflige Säure.” In Nr. 80 der Zeitschrift für angewandte Chemie werden die Ergebnisse dieser Arbeit wie folgt zusammengefaßt: Die Untersuchungen behandeln die Frage, in welchem Zu stande die schweflige Säure in der Sulfitzellstoffablauge enthalten ist. Da die schweflige Säure nur zum Teil unmittelbar mit Jod titrierbar ist, ergibt sich, daß sie sowohl in freier als auch in ge bundener Form vorhanden ist. Die Ablauge stellt etwa eine 1/10 molare Lösung von schwefliger Säure dar. Die der gesamtschwefligen Säure entsprechende Menge Schwefel beträgt 1/—1/3 des Gesamt schwefelgehaltes der Ablauge, die gebundene schweflige Säure er weist sich nach ihrem Verhalten als typische aldehydschweflige Säure, deren organische Komponenten Aldehyde (Furfurol, Vanillin) und Zuckerarten sind. In der Sulfitzellstof fablauge ist ein Sauer stoffüberträger enthalten, der oxydierend auf die schweflige Säure einwirkt. Das ligninsulfosaure Calcium ist als ein nicht einheit liches Gemenge anzusehen. Den Schluß der Abhandlung bilden eingehende Untersuchungen über den Komplexzerfall des furfurol- schwefligsauren Natriums. Gerbstoff aus Sulfitablauge S. Nr. 57 S. 2110 Nach langen Versuchen ist es dem Chemiker Hans Landmark in der vor 2 Jahren von ihm zusammen mit dem Großhändler Onsager in Drammen errichteten chemischen Versuchsanstalt gelungen, aus Sulfitablauge einen kalkfreien Gerbextrakt zu gewinnen. Durch Anwendung dieses neuen Gerbstoffs in Mischung mit Quebracho- extrakt wird erreicht, daß die ungelösten Stoffe, welche letzterer sonst absetzt, in Lösung gehen und so vom Leder mit aufgenommen werden; man vermeidet also klitschigen Rand. Der neue Gerb stoff füllt die Poren im Leder so aus, daß er sich nachher nicht aus waschen läßt; man erhält festes, starkes und wasserdichtes Leder. Versuche mit diesem Gerbstoff in Lederfabriken in England, Deutschland und Oesterreich haben befriedigt. Ausnutzung des Verfahrens zur Herstellung von Gerbextrakt durch Anlage einer Fabrik in Drammen wird geplant, bg. (Nach „Tidsskr. f. Papirindustri“) Papiererzeugung in Italien Im Vorwort des Adreßbuchs der italienischen Papierfabri kanten und Papierverarbeiter, welches Carlo Minni, Mailand, nächstens in neuer Auflage herausgeben wird, ist eine Statistik der italienischen Fabriken unseres Faches gegeben, der wir nach Industria della Carta folgendes entnehmen: Es gibt in Italien 388 Firmen, die Papier, Pappe oder Papier stoff herstellen. Sie arbeiten mit 473 Anlagen, von denen 437 im Betrieb und 36 geschlossen sind. Die meisten Anlagen gibt es in der Provinz Toscana (122), am wenigsten in Calabrien und Sizilien (je eine). Von den 223 Langsieb-Papiermaschinen sind 13 außer Betrieb. Eine der Langsieb-Papiermaschinen ist 4 m breit, 20 haben eine Breite von 2 bis 23 m, 192 sind 1 bis 2 m breit, 10 sind schmäler als ein Meter. Von 45 Langsiebpapiermaschinen ist die Breite nicht angegeben. 383 Rundsiebmaschinen sind vorhanden, davon 23 außer Betrieb. Ferner sind tätig 97 Bütten für Handpapier und 105 Holzschleifsteine. Die Zahl der Holländer beträgt 1232, die der Stampfwerke 561, und die der Kollergänge 503. Nach den Angaben der Firmen, die durch Schätzungen er gänzt wurden, werden in Italien zurzeit jährlich 270 000 t Papier und Pappe, 63 000 t Holzschliff (nicht angegeben, ob trocken ge dacht oder feucht) und 5000 t Holzzellstoff angefertigt. Die Papier fabriken besitzen Antriebskräfte im Betrag von rund 65 000 PS, und 26 000 Arbeiter. In dem Adreßbuch sind ferner 454 Firmen der Papierverarbeitung angegeben, die meisten davon haben ihren Sitz in den Provinzen Lombardei (170), Piemont (80) und Toscana (65). Argentinische Papierzölle. Vertreter der Einfuhr-, Druck- und Verlagshäuser von Buenos Aires übergaben vor kurzem dem Handelsminister der Republik Argentinien eine Bittschrift, worin sie um eine Vorlage an den Kongreß ersuchen, welche den Zoll auf Zeitungspapier auf 1 centavo das Kilo und den Zoll auf Werkdruck papier auf 2 Centavos das Kilo ermäßigen soll.