Volltext Seite (XML)
Nr. 82/1913 PAPIER-ZEITUNG 3035 nicht angängig, von Erfüllung einer publizistischen Pflicht schlecht hin durch die Vertreibung der Bilder von Personen der Zeitgeschichte, wie die Beklagte ausführt, zu sprechen. Wenn die beklagte Leipziger Firma auch in ihrer Zeitschrift dem Bedürfnis des Publikums nach kommt, bekannte Persönlichkeiten auch im Bilde kennen zu lernen und die Erfüllung dieses allgemeinen Wunsches als eine „publi zistische Pflicht" ansieht, so kann sie daraus doch kein Recht her leiten, durch Gesetz geschützte Rechte des Urhebers zu verletzen. Das öffentliche Interesse findet an diesen Rechten seine Grenze. Eine vorsätzliche Verletzung der Rechte der Firma Bieber durch die Beklagte ist nicht anzunehmen, da ihr Interesse hauptsächlich auf die Benutzung der Bilder für die Zwecke ihrer Zeitschrift ging, nicht aber darauf, der Firma Bieber einen Schaden zuzufügen. Wohl aber ist das Verhalten der Beklagten fahrlässig, denn sie konnte aus den einzelnen Bildern genau erkennen, daß sie von der Firma, mit der sie selbst über die Abtretung der Rechte des Urhebers nicht verhandelt hatte, herrühren, und nicht etwa von den Personen, die ihr das Bild gegeben hatten, hergestellt waren. Sie mußte sich bei Anwendung der gehörigen Sorgfalt sagen, daß sie durch die Art der Verbreitung dieser Bilder das Recht des Urhebers verletzte. Die Berufung des Verlags wurde deshalb verworfen. (A.-Z. 36 S. 50/13). (S. Photograph. Chronik Jhrg. 1913 S. 529.) Aus den Typographischen Gesellschaften Berlin. Typographische Vereinigung. Am 1. Oktober sprach Herr Schoder über „Die technische Herstellung der Schrift". Redner begann seinen interessanten Vortrag mit Vorführung des ersten Handgießapparates, welcher aus zwei Backen bestehend, in seinem Innern die Matrize barg. Das Metall mußte"mit einem kleinen Gießlöffel eingegossen werden. Der Buchstabe war nun zwar gegossen, mußte aber, um für den Druck gebrauchsfertig zu werden, noch durch viele Hände gehen. Die Herstellung der Matrize geschah, indem der Stempelschneider einen auf ein Stück weichgemachten Stahles aufgezeichneten Buchstaben verkehrt und erhaben ausarbeitete. Diese Patrize wurde im Feuer gehärtet und dann in ein Stück Kupfer eingeschlagen, welches den Buchstaben vertieft, aber recht, nicht verkehrt, zeigt. Diese Kupferform bildet die Matrize. Mittels dieser Matrize geschieht die Vervielfältigung. Im Jahre 1806 kam die erste Handgießmaschine auf den Markt. Zu dieser Maschine waren aber noch, sechs Personen notwendig, um den Buchstaben für den Druck fertig zu machen. Im Jahre 1880 trat dann die Firma Scheiter & Giesecke mit einer Schnell- gieß- oder Doppelmaschine hervor. Diese brachte schon den ab gebrochenen Buchstaben . Es war aber hierzu noch eine Vollend maschine nötig. Die Bedienung verringerte sich auf zwei Personen. 1886 kam dann die erste Komplettmaschine aus Paris. Sie ersetzte vier Personen und lieferte dreimal so viel wie die Handmaschine, etwa 3 — 4000 normale Korpusbuchstaben. Es kam dann noch eine Bauersche Maschine und eine englische Maschine auf den Markt, welche aber keine wesentlichen Aenderungen zeigten. In den 90 er Jahren brachte die Firma Küstermann &. Co. eine Komplettgieß maschine auf den Markt, welche infolge ihrer kompakteren Bauart einen viel kernigeren Buchstaben lieferte. Die darauf eingeführte Stempelsche Doppelmaschine war eigentlich nur eine Zusammen legung von zwei Komplettgießmaschinen. und lieferte 4500 Buch staben in der Stunde. Die Komplettgießmaschinen arbeiten in der Weise, daß von einem Pumpwerk flüssiges Metall in einen Hohl- raum, welcher der Buchstabenform und Größe entspricht, gepreßt wird und darin erstarrt. Diesen Hohlraum, welcher in seiner Länge von beweglichen Wänden gebildet wird, nennt man das Guß instrument ; die Schmalseite schließt ein Mundstück ab, durch welches das flüssige Metall eintritt; diesem gegenüber schließt die beweglich gelagerte Matrize den Hohlraum ab. Ist der Guß erfolgt, dann zieht sich die Matrize von dem gegossenen Buchstaben zurück, und gleichzeitig öffnet sich das Instrument oben und legt den Buch staben von zwei Seiten frei. Der Buchstabe wird nun von dem Kern aus dem Instrument herausgedrückt und in eine Rinne gestoßen. Hier passiert der Buchstabe den Abbrecher sowie mehrere stichel artige Messer, welche im Vorbeigehen die Grate abschleifen. Am Ende der Rinne findet sich ein Quadrant, der dem Buchstaben eine Viertelwendung erteilt. Nun wird er von einem Schieber in eine zweite Rinne gestoßen, wobei er abermals verschiedene Messer passiert, welche die noch nicht bearbeiteten Seiten glatt machen. Am Ende dieser Rinne reihen sich die Buchstaben aufgesetzt an einander und sind für den Gebrauch fertig. Die neueste Errungenschaft ist die französische Rapidmaschine, welche in einer Stunde 9000 Buchstaben liefert. Redner erwähnte auch die Monotype, welche den Schriftgießereien großen Abbruch tut und eine neue Erfindung, welche in einer Minute 2400 Buch staben liefern soll. Herr Redmann sprach dann über einige ausgestellte Kataloge, welche satztechnisch einwandfrei und im Druck sehr gut ausgeführt waren. Herr F. Kleeßen sprach über die ausgestellten Neujahrs karten. Am 4. Oktober fand das erste Stiftungsfest statt in den Räumen der Brauerei Happoldt. Die Festrede hielt Herr A. Massini. Der Gesang wurde von der „Typographia“ ausgeführt. Das Fest nahm einen würdigen Verlauf. 0. F. Am 7. Oktober besichtigte die Vereinigung die Schriftgießerei und Messinglinienfabrik von H. Berthold A.-G. Die Besichtigung war von der Geschäftsleitung sorgfältig vorbereitet. In Gruppen von je 15 Personen wurden die Mitglieder durch die verschiedenen Säle geführt. Das bot die Gewähr, daß auch alle etwas sehen konnten. Da um 5 Uhr Geschäftsschluß- ist, die meisten Kollegen aber auch erst um 5 Uhr kommen konnten, so ließ die Firma im ganzen Betrieb Ueberstunden machen. Beim Rohstoff, dem Messing blech, beginnend, sahen wir das Schneiden in Bahnen, dann das Strecken und Walzen derselben zu Viertelpetit- und Achtelpetit linien; nach diesem das Höhehobeln. Dann beginnt die feinere Bearbeitung, das Hobeln des Bildes, das Schneiden der einzelnen Längen usw. Es ist noch recht viel Handarbeit bei der Linien fabrikation nötig, jedes einzelne Stück muß mehrmals in die Hand genommen und bearbeitet werden. Sehr interessant ist das Schneiden der Klammern und Drehen von Ovalen. Aeußerst fein gearbeitete Maschinen und Geräte, man rechnet hier mit tausendstel Milli metern, die uns vorgeführt wurden, dienen zum Messen von Länge, Höhe und Stärke. Recht interessant war ein kleiner Apparat, mit dem die Härte des Metalls festgestellt wird. Ebenso systematisch wurde uns dann die Gießerei gezeigt. In der Stempelschneiderei beginnend, sahen wir das Schneiden der Stempel, dann die Her stellung der Matrizen durch Prägen in Kupfer und in der Galvano plastik die Herstellung der Matrizen auf galvanischem Wege durch Nickelniederschlag. Daran schloß sich die Erklärung und Be sichtigung der Handgieß- und Komplettmaschinen, der Fertig macherei, der Versendungsstelle und des Matrizenlagers. Die Firma hatte in jeder Abteilung dafür gesorgt, daß wir die einzelnen Er zeugnisse in jedem Stadium der Arbeit zu sehen bekamen, so daß uns fast jeder Handgriff des Arbeiters.gezeigt wurde. Hervor zuheben ist auch die liebenswürdige Art der führenden Herren, die alles eingehend erklärten und auf alle Fragen bereitwilligst Antwort gaben. Ihnen und vor allem der Geschäftsleitung der Firma H. Berthold A.-G. sei auch an dieser Stelle unser Dank aus gesprochen. Den Schluß der Besichtigung bildete die Kantine, wo uns die Firma in gastfreundlichster Weise bewirtete. H. R. Graphische Ausstellung. Im Ausstellungssaal der Bibliothek des Kunstgewerbe-Museums zu Berlin, Prinz-Albrecht-Str. 7 a, ist eine Anzahl mustergültiger Drucksachen der Firma Poeschel & Trepte in Leipzig ausgestellt. Den größten Raum nehmen die künstlerischen Bücher ein. An der Spitze steht die Janus-Presse, die unter dem Einfluß des Graphikers Walter Tiemann steht, deren erstes Werk die Römischen Elegien von Goethe waren, denen dann Torquato Tasso als zweites folgte. Auch der Hyperian-Verlag, der Tempel, die Pan-Presse und eine Anzahl anderer Verleger künst lerischer Bücher, wie Kurt Wolff, Leipzig, und Georg Müller, München, sind gut vertreten. Sind bei diesen Werken zum großen Teil bedeutende graphische Künstler die geistigen Väter der Arbeit, so zeigt die Firma ander seits, daß sie auch ohne diese direkte Beeinflussung gute Druck werke liefert. Hervorzuheben sind eine Anzahl Briefköpfe mit sehr viel Text. Gerade diese Art Drucksachen bietet dem Setzer erhebliche Schwierigkeiten. Hier sind die Aufgaben sehr gut ge löst. Der reichliche Text wirkt nicht störend und ist sehr geschickt und ungezwungen dem Ganzen eingeordnet, ohne den Kopf über mäßig groß erscheinen zu lassen. Papier und Farbe stimmen harmonisch zueinander. Die meisten Arbeiten zeigen ein stilreines Gepräge, nur bei wenigen ist die Firma den allerneuesten Neuerern gefolgt und von dieser Stilreinheit abgewichen und hat Fraktur und Antiqua mit einander gemischt. Daß die Arbeiten dadurch gewonnen hätten, kann man nicht behaupten. Das Zirkular des Tempelverlags z. B., das im großen und ganzen einen guten Gesamteindruck macht, hätte sicherlich gewonnen, wenn diese Mischung vermieden worden und es einheitlich aus der Bernhard-Antiqua gesetzt worden wäre. Dasselbe gilt mit Bezug auf die Fraktur der Theater-Programme. Daß bei dem vielen Guten auch hier und da mal eine Ent gleisung passiert, ist schließlich zu entschuldigen, aber als vor bildlich ausstellen sollte man diese Sachen nicht. Als solche Ent gleisung ist das Zirkular der Großbuchbinderei E. 'A. Enders zu betrachten. Hier suchte man nach einer neuen Form für die Flächen aufteilung, ohne sie jedoch in zufriedenstellender Weise zu finden. Die vielen ornamentierten Linien wirken nicht gut. Der Satz zwischen diesen sieht sehr gezwungen aus. Daß der Satz nur mit Gewalt in diese Form gezwängt werden konnte, beweisen auch einige recht schlechte Trennungen, die namentlich in der Ueber- schrift hätten vermieden werden müssen. Aber bei dem vielen Guten fällt das nur gering ins Gewicht, und die Ausstellung, die wochentäglich von 10—10 Uhr bei freiem Eintritt geöffnet ist, kann jedem Fachgenossen empfohlen werden. H. R. Zahlungsziel bei der Lieferung von Drucksachen. Die Handels kammer zu Frankfurt a. O. hat sich neuerdings dahin ausgesprochen, es gelte als handelsüblich, daß bei der Lieferung von Zetteln, Post karten, Kuverts, Mitteilungen, Anschreiben, Etiketten, Billett- Kuverts, Briefbogen mit Ansicht, Broschüren, Preiszetteln usw. in großen Mengen zuverlässigen Kunden ein Zahlungsziel von drei Monaten gewährt wird. Kleine Posten werden nur gegen sofortige Barzahlung gehandelt.