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auch von vr. Wigard gestellten Antrag: „Die am 27. Sept. 1865 in Dresden versammelt gewesenen Mitglieder des NationalvereinS haben Folgendes als ihre recht- liche Uederzeugung ausgesprochen: I. Es ist Pflicht eine» jeden Mitgliedes deutscher Volksvertretungen, an dem bevorstehenden deutschen Abgeordnetentage in Frankfurt a. M. Theil zu nehmen, und es ist daher dasWegbleiben zumal aller Mitglieder einer Landes- Vertretung eine unverantwortliche Lossagung vom deutschen Volke und von der solidarischen Ver pflichtung aller deutschen Volksstämme zur Her stellung der deutschen Rationalvertretung und Reichsverfassung, sowie zur gemeinschaftlichen Ver- theidigung des Rechtes des gesammten deutschen Volkes wie der einzelnen Volks stamme gegen die Ver gewaltigung der beiden deutschen Großmächte, welche in den Wiener und Gasteiner Verträgen gipfeln. II. Wie es eines jeden deutschen Einzelstaates Pflicht ist, inGemäßheit der deutschen Reichsverfassung von 1849 Hoheitsrechte an die deutsche Reichsgewalt ab zutreten, so ist auch das schleswig-holsteinische Volk nur hierzu verbunden und daher solche Hoheitsrechte an die preußische Staatsgewalt nur vorläufig bis zum Zustandekommen der deutschen Reichsgewalt, auch nur unter den Garantien der deutschen Reichsver fassung und nur erst nach Wiederherstellung eines verfassungsmäßigen Rechtszustandes in Preußen zu überlassen verpflichtet. III. Der deutsche Abge ordnetentag hat alleMittel undWege einzuschlagen, welche die Ueberzeugungen und den Willen des deutschen Volkes in dieser Angelegenheit zur Geltung zu bringen geeignet sind." Inden lebhaften Verhandlungen über diesen Antrag, an denen sich auch der nach Frankfurt gehende Abgeordnete Schreck aus Pirna eingehend betheiligte, wurden u. A. scharfe Streiflichter geworfen, nicht blos auf den augenblicklich in Preußen unterbrochenen „verfassungsmäßigen Rechtszustand", sondern auch auf die nun schon über 15 Jahre andauernde, durch die einseitige Verfassungsveränderung vom 3. Juni 1850 herbeige- führte Unterbrechung des „verfassungsmäßigen Rechtszustandes" in Sachsen. Schließlich nahm die Versammlung einstimmig, be ziehentlich gegen 2 Stimmen, die einzelnen Punkte des Schaffrath- Wigard'schen Antrages an. Ein im Laufe der Debatte gefüllter Antrag von Herrn Härtel: die Rechte des Herzogs von Augusten burg mit zu betonen, ward, da die Versammelten weder für Legitimitäts- rechte noch für den Augustenburger sich zu begeistern vermochten, vom Antragsteller selbst zurückgezogen. Dresden, 28. Sept. Se. Exc. der Minister des Cultus und öffentlichen Unterrichts, Herr Staatsminister v. Falkenstein, ist gestern von seiner Reise zurückgekehrt. — Nachdem aus Altenburg die Nachricht hier eingegangen, daß seit mehreren Tagen daselbst Cholerafälle — infolge Einschlep pung der Krankheit durch eine Frau aus Odessa — vorgekommen seien, hat sich im Auftrage des k. Ministeriums des Innern sofort der Vorsitzende des Landesmedizinalcollegiums, Herr geh. Medizinal- rath l)r. Walther, dorthin begeben, um sich an Ort und Stelle über den Sachverhalt zu unterrichten. Eine heute früh von dem selben hier eingelangte Meldung lautet dahin, daß sich das Vor kommen von Cholerafällen in Altenburg zwar bestätige, daß jedoch von einer größeren Epidemie keine Rede sein könne und in den letzten Tagen bereits eine entschiedene Abnahme der Erkrankungs- fälle zu constatiren sei. — Wir bringen dies hiermit zur öffentlichen Kennlniß, um übertriebenen Gerüchten vorzubeugen, und zugleich als eine Mahnung zur Vorsicht für das Publikum. Leipzig, 28. Sept. Einem Getreidemäkler aus Halle sind hier vor einigen Tagen, wo er sich einen tüchtigen Rausch ange trunken hatte, 1400 Thlr. gestohlen oder von, ihm verloren worden. Da er gar nicht mehr anzugeben vermag, welche Orte er damals besucht hat, so wird er kaum wieder zu seinem Gelbe gelangen. — Ein fremder angetrunkener Buchbindermeister hatte sich gestern Abend auf dem Thüringer Bahnhofe mitten in das Gleis für ankommende Züge gestellt und wollte auf Zureden diesen ge fährlichen Standpunkt durchaus nicht verlassen, so daß man ihn gewaltsam wegführen mußte. Da» „Dr. I" enthält aus Mittweida folgenden weiteren Bericht vom 27. Sept.: Für den zweiten Tag des Manövers hatte die östliche Armeebrigade den Befehl, ihre Offensive gegen Rochlitz fortzusetzen, während die westliche Brigade von ihrem Hauptcorps den Befehl erhalten hatte, dem Drängen des Gegners zwar lang sam Raum zu geben, ihrem (supponirten) Gros jedoch jedenfalls da» Debouchiren au» Rochlitz zu sichern. Die Brigade fand, ihrer Aufgabe entsprechend ä cbvvsl der Straße, sowohl auf der „Scheibe" als auf dem SchäblingSberge Gelegenheit, dem vordringenden Gea- ner einen längeren Widerstand entgegenzusetzen. Die östliche Ab« theilung war, die Stärke der gegnerischen Stellung erkennend, auf ihrem linken Flügel nur demonstrirend verfahren, auf dem rechten mit dem größten Theile der Infanterie in dem durchschnittenen Terrain, nördlich Zetteritz umgehend, vorgegangen. Da» WestcorpS gab dieser Offensive nach und setzte seinen Rückzug langsam, bei Groß- uud Kleinstedten vorüber, gegen Pürsten fort, vor diesem Orte abermals Stellung nehmend. Hier ging für die östliche Bri gade die Mittheilung ein, daß das (supponirte) Gros derselben nicht folgen werde, sondern die Marschrichtung auf Chemnitz eingeschla gen habe, und daß die Brigade sich demgemäß eine Rückzugslinie auf Chemnitz sichern solle. Der westlichen Brigade wurde gleich, zeitig der Befehl gegeben, sich durch einen Offensivstoß Aufklärung zu verschaffen, ob der Feind seinen Vormarsch gegen die Mulde noch fortsetze. Es gaben diese Befehle zu einer Frontveränderung beider Brigaden Veranlassung, indem die östliche übex Winkeln durch das durchschnittene Gelände westlich ZschoppelShain bis süd lich Wiederau zurückzog, während die westliche bis auf die nördlich dieses Dorfes gelegenen Höhen folgte. Das coupirte Terrain, in welches die Truppen bei dieser Bewegung geriethen, gab zu sehr interessanten Gefechtsmomenten Veranlassung. Nachdem die östliche Brigade das Defilee bei Wiederau passirt, wurden die Vorposten, Wiederau zwischen sich lassend, auf den nördlichen und südlichen Höhen dieses Dorfes von den zum Bivouakiren bestimmten Trup pen bezogen. Se. Maj der König, sowie Ihre königlichen Hohei ten der Kronprinz, die Frau Kronprinzessin und Prinz Georg ge ruhten auch heute den Manövern während deren ganzen Dauer beizuwohnen und verließen das Manöverterrain erst '/^3 Uhr von Wiederau aus. Se. Hoheit der Herzog von Sachsen-Altenburg hatte Mittweida diesen Morgen 9 Uhr bereits wieder verlassen. — Die heutige Nummer des hiesigen Amtsblattes veröffentlicht Folgendes: „An die in Mittweida im Cantonnement liegenden Herren Offiziere und an die Soldaten. Beim Herannahen der Stunde, zu welcher Sie uns zu verlassen haben, um in Ihre Garnison zurückzukehrendrängt es uns, hiermit öffentlich auSzu« sprechen, wie lieb wir Sie gewonnen haben, und wie wohlthuend uns Ihr Bestreben gewesen, mit der hiesigen Bürgerschaft stets den freundlichsten Verkehr zu unterhalten. Soldaten, die sich so zur Bürgerschaft zu stellen wissen, wie Sie sich zu uns gestellt, werden gewiß in jedem Cantonnementplatze nur gern gesehen werden. Empfangen Sie von uns einen herzinnigen Gruß, einen warmen Händedruck und bewahren Sie unsrer Stadt ein freundliches Andenken. Die Bürgerschaft Miltweida's durch Bürgermeister Kunze." Vom Büchertisch. Ein Buch,„Louis Weigands fünfjähriges Matrosen leben" betitelt, liegt heute vor uns. Im Dienste der holländischen Marine brachte Weigand diese fünf Jahre zu und giebt uns Er lebnisse in den indischen und chinesischen Gewässern, sowie Schilderungen von den Sitten und Gebräuchen der Eingeborenen Neuhollands rc. Der Verfasser erzählt offen und ehrlich selbst seine Jugendstreiche, um so mehr ist ihm Glauben beizumessen, wenn er die Ereignisse auf der Reise nach Indien, Australien und anderen Erdzonen uns als Augenzeuge vorführt. Seine Darstellungen er füllen demnach die erste Bedingung, die wir ihnen stellen, vollständig, sie sind wahr. — Der Verfasser ist ein gewöhnlicher Matrose, doch besitzt er eine ungewöhnliche Bildung, die es ihm ermöglicht, glücklich zu sondiren, die Hauptsache von dem Nebensächlichen zu unterscheiden und erstere entsprechend zu betonen, dadurch werden seine Mittheilnngen zweitens klar, und weil Weigand trotz alledem doch nur gewöhnlicher Arbeiter blieb und mit Menschen seine- Nanges verkehrte, so ist seine Ausdrucksweise sehr verständlich für Jedermann. Wenn es uns somit leicht wird, seinen Erzählungen Wort für Wort zu folgen und unsere Phantasie dabei sich so ge- hoben fühlt, als erlebten wir es mit ihm, als segelten wir z. B. mit ihm über den Ocean, sähe» das Leuchten des Meeres, gewahrten die fliegenden Fische, als wohnten wir selbst dem Begräbniß der Matrosen bei rc., so wird man nicht leugnen wollen, daß sein Buch sehr lehrreich ist. Auf 303 Seiten giebt er uns des Be- herzigenSwerthen unendlich viel und in den nahenden längeren Abenden dürfte dieses Buch der Kinderwelt eine glückliche Gabe sein; weil sie eine unterhaltende und belehrende zugleich ist. Doch nicht nur Kinder werden diese Gabe willkommen heißen. Tie wird jeden Erwachsenen befriedigen und daß dieses Werk bereits zwei starke Auflagen erlebte, spricht genug und überzeugend für seinen Werth.