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möerger Anzeiger und Amtsblatt deS Kgl. Bezirksgerichts zu Freiberg, sowie der Kgl. Gerichtsämter u. der Stadträche zu Freiberg, Sayda u. Brand. .1° 145 Dienstag, den 27. Juni. Erscheint jeden Wochentag früh 4 u. Inserate werden bi« Nachm. 3 Uhr für die nächste Nr. angenommen. kaum dem Fegefeuer des Parlamentarismus entkommen — sich kopfüber von Neuem wieder hinein stürzen würde. Man wird neunzig Tage vor den, gesetzlichen Termine des Zusammentritts die Auflösung des Hauses aussprechen, um die Neuwahl vorzu. nehmen. Ob ein anderes Wahlgesetz octrohirt wird, darüber be« stehen jetzt nur Verinuthungen. Sonderbar freilich müßte da- Wahlgesetz beschaffen sein, welches dem jetzigen Ministerium eine Majorität verschaffte, denn dazu ist der Haß gegen das System der Maßregelung und Vergewaltigung zu tief in alle Schichten des preußischen Volkes eingedrungen. — Wir wiesen vor acht Tagen darauf hin, daß es in materieller Beziehung vielfach besser in den Mittelstaaten aussehe, als in Großstaaten. Heute können Pr«i« vlnteljihrl. SO Ngr. Inserat« «erden die gespaltene Zeile oder deren Raum mit !i Pf. berechnet. und trotzdem ist nun fast das ganze preußische Marine-Etablissement dort häuslich eingerichtet ; es weigerte sich wegen Einberufung der 1854er Stände und stimmte hinterher doch Herrn v. Bismarck »> vr» v-— .»..»» bet und darum fürchten wir, daß auch bei der jüngsten Weigerung wir einen amtlichen Beweis anführen. Im Kreise Kalau, Provinz der hinkende Bote Nachfolgen wird. Für unsere so oft ausgesprochene Ansicht, daß Oesterreich und Preußen in der Herzogthümerfrage Brandenburg, soll laut einer amtlichen Bekanntmachung des dortigen Kreisblattes denjenigen Lehrern des Kalauer Kreises, deren Ge- sammteinnahme sich noch nicht auf jährlich sechSzig Thlr. beläuft, dasselbe auf diese Summe erhöht werden. Das ist das gerühmte Land der Intelligenz, wo der Volksbildner mit seinem Gehalte theilweise noch hinter dem Großknechte eiueS Edelmanns rangirt! — Ueber das Gutachten der Kronsyndici sind merkwürdiger Weise zwei ganz entgegengesetzte Nachrichten von Berlin aus in die Welt gegangen. Nach dem einen Telegramm, welches auch uns zuging, sollte nur König Wilhelm allein erbberechtigt sein; eine andere Nachricht behauptete nun gerade das pure Gegentheil, denn nach ihr hätten sich die Kronsyndici mit allen gegen eine Stimme gegen die Erbberechtigung Preußens ausgesprochen. Dieser Wider spruch muß sich ja nächstens aufklären. — Der Abgeordnete vr. Johann Jacobi aus Königsberg ist wegen einer Rede, welche er vor seinen Berliner Wählern hielt, zu 6 monatlicher Gefängnißstrafe vom Ober-Tribunal verurtheilt worden. ES ist dies derselbe überhaupt unter einander einiger sind, als sie sich nach Außen hin ' den Anschein geben, erhalten wir abermals einen Stützpunkt. Kurz vor dem AuSeinandergehen des preußische» Abgeordnetenhauses wurde an die Mitglieder desselben eine Druckschrift vertheilt, welche die BiSmarck'sche Politik in der Herzogthümerfrage rechtfertige» sollte. Bon Freundeshand ging uns ein Exemplar dieser Brochüre zu, und wenn wir hiervon Notiz nehmen, so geschieht es nur, um unsere vorstehend angegebene Aeußerung zu rechtfertigen. Es heißt nämlich wörtlich in dieser von officiösen Federn geschriebenen Flugschrift: . „Wenn eine vokle Uebereinstimmung der Meinungen und Absichten in Betreff der endgiltigen Lösung der Frage zwischen Preußen und Oesterreich noch nicht erzielt werden konnte, so haben doch wie früher auch neuerdings Preußens Vorschläge und Wünsche für die Anbahnung dieser Lösung schließlich die Zustimmung Oesterreichs erhalten und auch das Vorgehe »Preußens in der Geltend machung seiner eigenenRechte und Interessen in den Herzogthümern ist seilen SO esterreichs nichtbehindert worden!" Wir meinen, daß dies deutlich genug gesprochen ist. „Wer nicht für mich ist, ist Wider mich" — gilt auch in diesem Falle; tritt Oesterreich der preußischen Annexions-Propaganda nicht entgegen, so ist sie eben für dieselbe. Alles Andere ergiebt sich von selbst. Uebrigens versichert ein Holsteiner Correspondent der „Allg. Ztg.", daß die Annexionisten im Wachsen begriffen sind. Biel zahlreicher — sagt derselbe — als die Anhänger des preußischen BasallenthumS sind die eigentlichen Annexionisten, deren Zahl sich in letzter Zeit bedeutend vermehrt hat. Namentlich in Schleswig hat in dieser Beziehung ein Umschwung stattgefunden, — nicht als ob die preußischen Sympathien gewachsen wären, sondern es ist nur eben die Hoffnung auf ein selbstständiges Schleswig-Holstein schwächer geworden. ES wird dem Volke tagtäglich von allen Seiten vordemonstrirt: das Höchste, was man erreichen könne, sei ein durch eine enorme Schuldenlast überbürdeter Vasallenstaat Preußens, der über kurz oder lang ganz an Preußen fallen werde, also nur ein neues Provisorium sei. Wenn es die Schleswig« Holsteiner da vorziehe», statt solch einem Basallenstaate anzugehören, lieber gleich Bürger des preußischen Staates zu werden, kann ihnen das Niemand verargen. Seit dem Schluffe des preußischen Landtages sind aller hand Gerüchte von Octroyirungen im Gange. Wir glauben zu versichtlich, daß dieses Abgeordnetenhaus nicht mehr einberufen wird, aber an Auflösung und Octroyirung eines neuen Wahlgesetzes ist jetzt nicht zu denken, und zwar aus einem sehr einfachen Grunde. Nach der preußischen Verfassungs-Urkunde — und verfassungsmäßig , nennt doch das Ministerium Bismarck seine Handlungen gar so -1- Freiberg, 26. Juni 1865. Unsere politische Umschau kann heute nur wenig Neues bringen, denn wit der Badesaison der Diplomaten tritt für die Journalistik die alljährige politische Windstille ein. Die schleswig-holstei nische Angelegenheit steht noch auf dem alten Flecke, nur mit dem Unterschiede, daß Preußen die Entfernung des Herzogs Friedrich, welche zunächst nur als Wunsch auftrat, jetzt zur Bedingung macht, wenn es die Stände der Herzogthümer einberusen soll. So wenigstens versichern officielle preußische Blätter. Noch weigert sich Oesterreich, dieser Forderung nachzugeben, aber wir sind schon zu sehr an diese Weigerungen gewöhnt und wissen, was hinterdrein kommt. Oester reich weigerte sich ja auch, als Preußen den Kieler Hafen beanspruchte > E 1868 gern — muß bei einer Auflösung des Abgeordnetenhauses innerhalb dreißig Tagen die Neuwahl geschehen und innerhalb neunzig Tagen das neu erwählte Haus in Berlin bereits wieder tagen, Nun kann man wohl vom Ministerium nicht erwarten, daß es — Jacoby, welcher das denkwürdige Wort gegen Friedrich Wilhelm IV. äußerte: „Es ist das Unglück der Völker, daß die Könige die Wahrheit nicht hören wollen." Der 21. Juni war für den österreichischen Finanzminister ein heißer, böser Tag, denn das Abgeordnetenhaus ging mit uner bittlicher Schärfe der österreichischen Finanzwirthschaft zu Leibe und deckte alle Schäden und Blößen ohne Rücksicht auf. Statt der ge forderten 117 Millionen Gulden-Anleihe bewilligte das Haus nur 13 Millionen Gulden und ließ l04 Millionen in der Schwebe. „Das Ministerium", sagt die „N. Fr. Pr", schwieg und überließ es Herrn v. Plener allein, die Vorwürfe der Opposition zu ent kräften. Der Finanzminister entledigte sich dieser Aufgabe mit wahrer Selbstaufopferung, und wenn auch der Erfolg ausblieb, so mag dabei Herrn v. Plener dies zum Tröste gereichen, daß das größte Redner-Genie hier nicht ausgereicht hätte, einen Umschlag der Stim mung zu bewirken. Vielleicht war auch der Finanzminister schon von melancholischen Gedanken erfüllt, wenigstens hatte er gesprächs weise Aeußerungen fallen lassen, welche den Glauben erregen, daß er schon in wenig Tagen vielleicht nicht mehr nöthig haben wird, seinen Posten zu behaupten. Auch erhielt unterm 22. Juni die „BreSl. Ztg." aus Wien folgendes Telegramm: „DaS „Neue Fremdenblalt" wurde confiscirt wegen eines Leitartikels unter dem Titel: „Ein neuer Staatsminister", in welchem Kaiserfeld zum Staatsminister vorgeschlagen wurde. Der Artikel hat große Sen sation erregt. Es geht das Gerücht, Schmerling habe feine De mission gegeben, sie sei aber nicht angenommen worden." Aus all.' diesen Mittheilungen geht deutlich hervor, daß die Luft nicht recht rein sein muß, und daß hauptsächlich die klägliche Finanzlage des Staates der Grund des Mißbehagens ist. Mit Recht sagt dir