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— 1«»» Das Bier ist ein unvollständig vergohreneS und noch Zählen des geistiges Getränk, das, nicht wie der Wein unmittelbar au- süßen Pflanzensäften bereitet, sondern aus stärkmehlhaltigen Pro- ducten de« Pflanzenreichs und Hopfen durch die geistige Gährung, jedoch ohne Destillation, erzeugt wird. Das Stärkmehl muß dabei in Zucker und dieser in Alkohol und Kohlensäure verwandelt wer den. Der Theorie nach könnte man jeden Körper, der Stärkmehl enthält, zur Bierfabrikation benutzen, in d'er Praxis aber wird daS Getreide, besonders die Gerste, vorgezogen. Die gekeimte Gerste besitzt nämlich eine viel größere zuckerbildende Kraft, als jede andere Getreideart, selbst al« der viel stärkmehlhaltigere Weizen. So konnte auch die an Stärkmehl so reiche Kartoffel in den eigentlichen Bierländern bis jetzt fast gar keinen Eingang bei der Bierbereitung finden. Unter den verschiedenen Gerstensorten selbst ist ebenfalls ein bedeutender Unterschied und die Bierbrauer gehen beim Ein laufe derselben äußerst vorsichtig zu Werke. Sie berücksichtigen die Gegend und Bodenart, in der die Gerste wächst, die Größe der Körner, deren Farbe und Schwere, und prüfen selbst Geruch und Geschmack äußerst sorgfältig. Der zweite Bestandtheil des Bieres, der Hopfen, verleiht dem selben den bekannten bitteren, gewürzhaften Geschmack, außerdem Haltbarkeit und theilweise betäubende Eigenschaften. Der Bier brauer sieht bei demselben vorzüglich auf eine glänzende, hochgelbe Farbe, viel Hopfenmehl, reinen Hopfengeruch und klebrige Beschaf fenheit^ Die Güte des Hopfens ist außerdem nach Cultur, Jahr gang und Boden sehr verschieden. Soll der Hopfen mehrere Jahre aufbewahrt werden, so muß er vorsichtig getrocknet, festgestampft und vor Feuchtigkeit und Luftzutritt geschützt werden. Eine neuere Methode, den Hopfen haltbarer zu machen oder altem Hopfen da« Ansehen deS neuen zu verleihen, ist das Schwefeln desselben. Hat dieses nur den Zweck, den Hopfen besser zu conserviren, so laßt sich nichts dagegen einwenden, soll aber durch dieses Verfahren alter,, dunkel gewordener Hopfen wieder das Ansehen und die Farbe de-, neuen erhalten, so geschieht dies natürlich nur in betrügerischer Ab- sicht, und so aufgeschminkter Hopfen ist entschieden schädlich und ver leiht dem Biere nachtheilige Eigenschaften. Erkennen kqpn mach, geschwefelten Hopfe« am besten, wenn man eine Hanhvoü desselben bei den Peruanern Maisbier. Mungo Park/ der bekannte Reisende, fand im Innern Afrikas Hirsebter, und Bier aus Reis soll ein schon seit dm ältesten Zeiten bei den Chinesen bekanntes Getränke sein. Auch unsere Voreltern, die alten Germanen, sowie ihre links- rheinischen^ Nachbarn, die Gallier, waren mit der edlen Kunst des Biertrinkens vertraut und boten den Römern für ihren feurigen Wein ihr schäumendes, kühlendes Bier, das sie, wie uns TacituS erzählt, aus Gerste bereiteten. Jndeß dürfen wir kaum annehmen, daß das Dier der Alten ein genau mit dem unsrigen in seiner Zu sammensetzung übereinstimmendes Getränke gewesen sei, denn der Zusatz von Hopfen, der heut zu Tage eine unerläßliche Zuthat zum Biere ist, war ihnen jedenfalls unbekannt. Vielleicht gebührt daS Verdienst, zuerst das Bier mit Hopfen bereitet, und ihm dadurch angenehmeren Geschmack und größere Dauerhaftigkeit verliehen zu haben, GaMbrinu«, jmem fabelhaften Könige von Flandern, dessen Bild als Schützpatton jeden echten Biertempel ziert und der im gewöhnlichen Leben als Erfinder des Bieres angesehen wird. Je denfalls war mit Erfindung des Hopfenzusatzes zum Biere der wich tigste und folgenreichste Schritt in der Bierfabrikation gethan und diesem Getränke der Weg zur größten Ausbreitung gebahnt. Biele Jahrhunderte später als Wein und Bier wurde der Branntwein bekannt. Wir finden diese Thatsache erklärlich, wenn wir bedenken, daß die Darstellung dieser Flüssigkeit eine viel schwie rigere war, al« die der beiden erstgenannten. Nicht nur war zuerst die Entdeckung zu machen , daß der Wein aus einem flüchtigeren, brennbaren Theile und aus einem weniger flüchtigen, nicht brenn baren bestehe, sondern man hatte auch vollkommenere und sinnrei chere Apparate nöthig, um diese beiden Theile voneinander zu tren nen. Daher kannten sämmtliche Völker des Alterthums den Brannt wein nicht. Erst den Studien und practischen Arbeiten der Alche misten war es Vorbehalten, uns mit diesem Feuerwasser zu beglücken — ob zum Segen oder Unsegen der Menschheit, wollen wir hier nicht weiter untersuchen. Marcus GräcuS, ein Alchemist deS ach ten Jahrhunderts, gedenkt zuerst des Branntweins als eine« geisti gen Destillats, das vom Weine abgezogen oder destillirt werden könne. Aus den Lab-ratorten der Alchemisten wanderte der Vraunte wein zunächst in die Apotheken. Hier blieb er, Jahrhunderte hin durch und wurde von den Aerzten als ein vorzügliches Heilmittel, ja häufig als eine Art Universalmedizin verordnet. Unter dem Namen aqua vitne, auch »qua vitis und aqua vini war er in je der Apotheke vorräthig. Zu Anfang des fünfzehnten Jahrhundert-' siedelte er leider in die Kaufläden und WirthSstuben über und sein Gebrauch wurde bald so allgemein, daß schon 1524 ein Verbot gei gen das Branntweinschänken erlassen werden mußte. Anfänglich und lange Zeit hindurch bereitete Man sich den Branntwein durch Destillation des Weines. Die Darstellung au- Getreide scheint erst gegen Ende des sechzehnten Jahrhundert- auf gekommen zu sein. Au« Kartoffeln Branntwein zu brennen, wurde erst seit Anfang unseres Jahrhundert« allgemeiner, nahm aber nach und nach so überhand, daß gegenwärtig wohl der meiste in Europa verbrauchte Branntwein Kartoffelbranntwein sein wird. Nach dieser kurzen geschichtlichen Einleitung über die geistigen Getränke überhaupt, wollen wir uns nunmehr unserem eigentlichen Thema, dem Biere, zuwenden. Es ist eine bekannte Thatsache, daß sich das Bier und der Verbrauch desselben in neuerer Zeit in noch nie dagewesenen Ver hältnissen ausbreitet. Selbst in Ländern, die als Weingegenden berühmt sind und in denen früher ein Biertrinker fast geradezu eine Seltenheit war, wird jetzt häufig der Wein von dem Biere ver drängt und Bierfabriken im großartigsten Maßstabe entstehen bei nahe täglich. Diese Erscheinung läßt sich theils durch die größere Wohlfeilheit des Bieres im Vergleich mit dem Wein, thekkS durch die angeblich größere Nahrhaftigkeit desselben erklären. Beide« sind Eigenschaften, die da« Bier besonders der arbeitenden Claffe em pfehlen müssen, und rechnen wir dazu noch die angenehme Wirkung, die reines, gutes Bier auf den Magen äußert, so können wir unS auch die Gunst erklären, in die eö immer mehr auch bei dem rei che« und wohlhabenderen Theile der Bevölkerung kommt, denn die ser ist häufig nicht aus Mangel an Nahrungsmitteln, sondern viel mehr aus Ueberfluß derselben krank, und ein schlechter Magen ge hört ja gegenwärtig säst mit zu der besonder« Bevorzugung der feineren Welt. — Daß das Bier auch von Tag zu Tag Mehr da gewohnheitsmäßige Branntweintrinken verdrängt, diese Wahrnehmung kann uns nür mit aufrichtiger Freude erfüllen, und zum Wohle unsere« Mitmenschen wollen wir von Herzen wünschen, daß e« dem Biere gelingen möge, das Feuerwasser, wie wilde Nationen ganz bezeichnend den Branntwein nennen, wieder dahin zurückzutreiben, wo e« hingehört, in die Apotheken. Das Bier. Bon Heinrich Lindner. (Dem „Jlluftrirten Familienbuch" entnommen.) Obgleich das Wasser von der Natur als Universalgetränke für Menschen und Thiere bestimmt wurde, so wissen wir doch aus der Geschichte, daß schon in den frühesten Zeiten unseres Geschlechts andere Flüssigkeiten erfunden und ihres angenehmen Geschmackes oder- besonderer Einwirkung auf den Körper wegen mit Eifer be reitet und mit Vorliebe getrunken wurden. Bekannt ist die Ge schichte der Erfindung des Weinbaues durch Noah, der, al« zweiter Stammvater des Menschengeschlechts, dieses mit dem köstlichsten aller geistigen Getränke , mit dem von Dichtern und Weisen ver herrlichten Wein beschenkte. Der Weinstock und die Kunst der Wein- bereituug verbreiteten sich verhältnißmäßig rasch über alle Theile der alten Welt. Wir finden daher bei den alten Schriftstellern, , so, bei Homer, den Wein als ein bekanntes Getränk angeführt. Sehr alt scheint auch die Erfindung des Bieres zu sein, obgleich die KeüNtniß von der Darstellung desselben nicht so weit in der Ge- sHichte hiüaufxeichen kann, wie dies beim Weine der Fall ist, da die Bkerbereitung schon eine schwierigere und zusammengesetztere ist und einen bereits geordneteren und fortgeschrittenen Landbau voraus- sehki Wer daS Dier eigentlich erfunden hat, möchte kaum je sicher nachgeMse« werden können. Die Entdecker von Amerika tranken Rach dem Eiutxttt der Königin ward auch Ar^lauÄe-^ch zarte königl. Prinz in seinen Bettcken und von allen Mitgliedern de. Reichstag-- jeden Standes und Ranges mit f«t-rliche« Hochrufen empfangen." Zwei andere Schrift- deren Verfasser in der Nähe des Hofes und der Ereignisse lebt«« ' und zugleich gewohnt sind, alle Merkwürdigkeiten aus dem Lebe«, der berühmten Kaiserin sorgfältig zu berichten, erwähnen der in Rede stehenden- Thatsache auch nicht mit einer Silbe, was sie gewiß gethan haben würden, wenn dieselbe irgendwie begründet wate. Auch Nachforschungen in anderen Geschichtsquellen Seiten der österreichischen Historiker haben nicht die geringste Bestätigung deS Mfes morismur pro reLe nostro zu gewähren vermocht. Dit gänze Erzählung muß deshalb, wie vieles Andere, seitdem die österreichischen StUMS- uüd Privatarchive geöffnet worden sind, auS unseren Geschichtsbüchern getilgt werden. Sie ist für eine reine Vülkssäge zu erklären, die sich indeß wenigstens mit einiger Wahr scheinlichkeit an eine Stelle eine« früheren Sitzungsprotocolls der damaligen ungarischen Reichsversammlung anknüpfen läßt. Für diesen Nachweis hat jedoch dieses Blatt weder Raum noch Be- stimmung. O