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Tageblatt Amtsblatt deS Kgl. Bezirksgerichts zu Freiberg, sowie Nr Kgl. Gerichtsämter u. der Stadträthe zu Freiberg, Sayda u. Brqnd. Donnerstag, dm 13. Juni. Preußen Nichts wurde ferner lebhafter von der deutschen Nation ersehnt, als die Zerreißung des Londoner Vertrags und die gänzliche Lostrennung der Herzogthümer von Dänemark. Und als nun der Wiener Frieden diese Sehnsucht voll und ganz befrie digte — warum wollte nirgends in Deutschland darüber rechte Freude auskommen, warum war man überall gallig und grollend gegen den Mann, der in der That die Ursache dieses Erfolges bil dete? Weil es anstatt eines nationalen Sieges ein diplomatischer war, der für verwerfliche Zwecke ausgebeutet werden sollte; weil man in Deutschland das Beleidigende dieses Sieges fühlte, in Preu ßen die Spekulation mit demselben zu reactionären Zwecken erkannte, in Schleswig-Holstein sich weniger befreit als erobert/und in der Gewalt einer Politik sah, die nichts Gutes versprach und eine noch sehr unsichere trübe Zukunft erwarten ließ. Sehr Viele werden es ferner für ganz naturgemäß und ver nünftig gehalten haben, daß Preußen, als der größte Staat Nord deutschlands, eine besondere Sorge den nordischen Herzogthümern widme und in Folge des Krieges Ansprüche auf eine Machtvergrö ßerung, besonders in maritimer Hinsicht, erhebe. ES wurde gar nicht bezweifelt, daß dies iin Interesse Deutschlands - liege. Aber die Mittel zur Erreichung dieses Zweckes behagten der Nation nicht; die Nation verdammte dieselben und trat in energische Opposition gegen sie. Warum? Weil es das Sittlichkeitsgefühl der Nation beleidigte, daß die Herzogthümer durch ihre Befreiung in eine so selbstsüchtige Abhängigkeit, wie die preußische, kommen sollten; weil es die Nation empörte, daß der Wolf das Lamm vom Schakal be freite, um es selbst zu verzehren. Die Nation verwarf« es, daß die berechendste und volksfeindlichste Diplomatie sich zum Herrn deS Geschick« uud der Zukunft jene« vielgeprüften nordalbingischen Vol kes mache; es erbitterte sie, daß eine so echt nationale Sache so echt antinational geführt und ausgebeutet wurde; daß der freie Bolkswille in den Herzogthümern unterdrückt und unter der De moralisation eines unendlichen Provisoriums dies Land dazu be stimmt ward, den Packträger für die speciftsch preußische Politik und den Gegenstand der Jntriguen zu bilden, welche die Hauspolitik von Berlin und von Wien zur gegenseitigen Ueberlistung aufbietet. Kurz und gut, der deutsche Mann aller Orten sieht, daß es sich bei dieser Politik nicht um Deutschlands Interessen handelt, sondem um so stockpreußische, daß sie deutsch-feindlich genannt werden müssen. Man sieht überall faustdick das egoistische System Bis marcks in Vieser preußischen Politik und deshalb will man von ihr nichts wissen. Die That allein thut'S nicht — im rechten Geist muß sie geschehen, soll sie Ehre und Anerkennung finden! Erscheint jeden Wochentag früh S U. Inserate «erden bi« Nachm. Z Uhr für die nichste Nr. angenommen. -i- Zur Aufklärung. Es giebt so viele Menschen, welche sich nicht recht klar darüber sind, weshalb die preußische Politik so allgemein in Deutschland und auch im preußischen Volke selbst mißachtet und bekämpft oder mit Gleichgiltigkeit und Theilnahmlosigkeit verfolgt wird. Im fer nem Auslande ist man sich dieser inner» Ursachen natürlich noch weniger klar und daher kommt es wohl, daß zuweilen englische, als auch französische Blätter meinen, das preußische und deutsche Volk bekämpfe nur die Politik des Herrn v. Bismarck aus kleinlichem Haß gegen die mißliebige Person desselben. Angenommen, es sei wahr, daß die Zwecke der preußischen Politik in Schleswig-Holstein den Wünschen eines großen Theiles des preußischen und selbst des deutschen Volkes entsprächen, wie wohl die Annexion im außerpreußischen Deutschland wahrlich nur sehr spärliche Anhänger findet, — glaubt man denn nun wirklich, daß aus bloßer Antipathie gegen den Staatsminister dieser Wunsch einer großen Menge verleugnet, diese Billigung unterdrückt oder versagt werden würde? Ein solcher Glaube wäre denn doch gewiß sehr naiv. Der wirkliche Grund liegt vielmehr darin, daß selbst in dem Fall, wenn die Zwecke dieser Politik gebilligt werden könn ten, doch ihre Mittel entschieden abgewiesen und verurtheilt wer den müßten. Als iin Herbst deS Jahres 1863 der Tod des dänischen Kö nigs erfolgte, ertönte durch ganz Deutschland der Ruf nach einem Kriege gegen Dänemark zur endlichen Befreiung der Herzogthümer und zur Tilgung einer brennenden Schmach Deutschlands. Den Krieg wünschte also die Nation ganz gewiß aus innerstem Herzen. Wie kam es nun trotzdem, daß sie so sehr fro stig, mißmuthig und selbst erbittert war, als Preußen und Oester reich ihn endlich mit einer kaum vermutheten Energie unternahmen? Weil die Nation recht gut fühlte, daß die beiden Großmächte eine nationale Sache zu selbstsüchtigen Privatzwecken confiscirten; daß ihre Allianz weniger aus nationalen Empfindungen, denn aus poli tischen Berechnungen hervorgegangen; daß Preußen namentlich strebe, sich zum Herrn einer guten Sache zu machen, um eine schlechte da hinter zu verstecken; daß es einen deutschen Zweck prahlerisch und höhnend gegen die Nation und deren Hoffnungen zu einem rein preußischen verändern. werde und daß es unter nationaler Firma nichts weiter als preußische Selbstsucht, deutsch- und freiheitsfeind liche Pläne verfolge. — Tagesgeschichte. Berlin. Bei der Berathung des Commissionsberichts über die Kriegskostenvorlage stellt Abg. Wagener das Amendement: Da« HauS wolle der Kriegskostenverwendung, vorbehältlich der etatmä ßigen Behandlung und des Nachweises der Verwendung, zustimmen und dabei die Erwartung aussprechen, die Regierung wolle streben, nöthigenfalls unter Abfindung etwaiger Prätendenten, die Elbherzog« thümrr für die preußische Monarchie zu erwerben. Ref. Twesten: Preußens Forderungen seien gut und nothwendig; eingeführt könnten und dürften sie jedoch nur werden in Ueverein- stimmung mit der Bevölkerung der Herzogthümer. Preußen dürfe nicht zugeben die Constituirung eines gewöhnlichen MittelstaateS; dazu seien die von Preußen gebrachten Opfer zu groß. Preußei habe die Bedingungen der Constituirung für- den neuen Staat fest- zustellen. Verhandlungen mit Oesterreich allein würden Preußen N chtS nützen ; ein Zurückgreifen auf die Stände der Herzogthümer er cheine unerläßlich. Die Forderungen Preußens möchten die Basis der Verhandlungen bilden. Annexionsideen schadeten Preußen. Darum sei er gegen den Wagener'schen Antrag. Dagegen werde er unbedenklich für einen von dem Abg. Michaeli« eingebrachtrn Antrag stimmen. ....... i Preis »lerteljthrl. Sl> Ngr. Inserat« werden die gespaltene Zeile oder deren I Raum mit 5 Pf. berechnet. W«