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Merger Anzeiger Amtsblatt des Kgl. Bezirksgerichts zu Freiberg, sowie der Kgl. Gerichtsämter u. der Stadträthe zu Freiberg, Sayda u. Brand P»i« vkrttljährl. LV Ngr. Inserat« Pr«t« vlttteljährl. r» Ngr. Inserat« werden die gtspalten« Zeile oder deren I ML Raum mit 5 Pf. berechnet. O "UM4 Z 1L2 Dienstag, den 3Ü. Mai. i« uze« von Srscheint jeden Wochentag ftüh 8 U. Inserate werden bi« Nachm. Z Uhr für die nächste Nr. angenommen. eine üttet »nt« )W. wird woch, ucht oder xrr- uch igen den- 832, - sich » in ü zu r.6. VW A:: land: und Tageblatt iss -gen ein' oll -l- Freiberg, 29. Mai 1865. Die schleswig-holsteinische Angelegenheit ist noch um keinen Schritt weiter vorwärts gekommen. Man kann sich über die Borfrage nicht verständigen, da Oesterreich bis jetzt noch auf der I Einberufung einer Vertretung beider Herzogthümer nach dem Wahl gesetz von 1848 besteht, während Preußen nur die Stände von ' 1854 einberufen wissen will. Die Gründe, weshalb Preußen daran sesthält, sind sehr begreiflich. DaS Ständegesetz von 1854 zerreißt , den Zusammenhang zwischen Schleswig und Holstein und kennt nur getrennte Vertretungen. Nächstdem beschränkt es die Rechte dieser Stände mit Ausschluß aller legislativen Befugnisse auf ein Mini mum. Daraus folgt, daß diesen. Ständeversammlungen ein Wahl gesetz, wie Preußen vorschlägt, nicht vorgelegt werden dürfte. Ge schähe es aber, so wären beide Versammlungen berechtigt, eine solche Berathung abzulehnen. Als Mittel also, um zu einer Gesammt- vertretung zu gelangen, wären die Stände von 1854 nicht brauch bar; noch weniger aber dazu, ein Volum über die künftige staats rechtliche Gestaltung der Herzogthümer abzugeben. Dazu kommt noch, daß, wenn heute die Einberufung dieser Stände verfügt würde, dieselben gesetzlich erst nach Ablauf von dreizehn Wochen zu sammentreten könnten. Rechnet man hierzu noch die Zeit, welche die Stände zur Erledigung von Vorfragen bedürfen, so erhält man schon wieder eine recht nette neue Verschleppung. Uebrigens fehlen von den 43 schleswigschen Ständemitgliedern zwanzig, die noch gewählt werden müßten. Die 23 Gewählten sind aber meist dänisch gesinnt und würden Nordschleswig mit Vergnügen an Dänemark zurückgeben. Trotz alledem besteht aber Herr v. Bismarck auf den Ständen von 1854. — In neuester Zeit haben die Zeitungen über das Fallenlassen der Annexion nähere Aufschlüsse gebracht. Die Bismarck'schen Organe dementiren zwar, daß Frankreich Hierbeiseine Hand im Spiele haben soll, nichtsdestoweniger glaubt man den gegebenen Aufschlüssen mehr, als den officiösen Dementis. Sollte Frankreich schnell in der mexikanischen Angelegenheit engagirt wer den, so dürfte in Berlin auch der Annexionsgedanke wieder von Neuem aufwachen. Einstweilen sind es allerdings nur die preußi schen Forderungen, welche den Gegenstand der Verhandlungen mit der schleswig-holsteinischen Volksvertretung in erster Linie bilden würden, vorausgesetzt, daß es überhaupt zu Verhandlungen mit der selben kommt. Und da es schon ziemlich lange her ist, seitdem diese Forderungen bekannt geworden, so mögen unsere Leser heute ent schuldigen, wenn wir ihnen dieselben nochmals in aller Kürze in's Gedächtniß zurückrufen. Sie lassen sich unter folgende 12 Punkte rubriciren: 1. Schutz- und Trutzbündniß zwischen Preußen und den Herzogthümer»; die gesammte Wehrkraft der letzteren zu Wasser und zu Lande wird dem Könige von Preußen zur Verfügung gestellt. 2. Ueber Dienstpflicht und Stärke der schleswig-holstei nischen Flotten- und Heeresmannschaften entscheiden die preußi schen Gesetze. 3. Die Aushebung der Mannschaften wird von preu ßischen Militärbehörden vorgenommen; die gesammte p r e u- ßischeKriegsverfassung findet auf die Schleswig-Holsteiner Anwendung. 4. Die schleswig-holsteinischen Truppen können in Preußen und umgekehrt preußische Truppen in Schleswig-Holstein statt onirt werden. 5. Die schleswig-holsteinischen Mannschaften zu Wasser und zu Lande leisten nur dem Könige von Preußen den Fahneneid. 6. Zu Unterhaltung der Streitkräfte zu Wasser und zu Lande zahlt Schleswig-Holstein einenjährlichen Beitrag. 7. Rendsburg wird Bundesfestung. 8. Mehrere Territorien werden an Preußen abgetreten, so Sonderburg, Friedrichsort mit einer Menge von Ortschaften. 9. Ueber den Nord-Ostsee-Canal führt Preußen da« Oberaufsichtsrecht. 10. Verschmelzung des schleswig-holsteinischen Post- und Telegraphenwesens mit dem preußischen. 11. Schleswig-Holstein tritt dem Zollverein und für im mer dem preußischen Zollsysteme bei. 12. Wenn dies Alles geschehen, wird Schleswig-Holstein hem künftigen „Souverän" (müßte eigentlich heißen: „Vasall") über geben. — Dies sind die Kleinigkeiten, welche diejenige deutsche Macht fordert, die sich stets damit brüstet, Deutschlands Schutz zu sein. Bei solchem Schutz muß es freilich dahin kommen, daß von einem Deutschland schließlich keine Rede mehr sein könnte, sofern die ein zelnen Staaten in die Verlegenheit kämen, preußischen Schutz zu beanspruchen. Hier kann man mit Recht ausrufen: „Gott bewahre mich vor meinen Freunden rc." — Im preußischen Äbgeordneienhause ist es in letzter Zeit wieder ziemlich scharf zugegangen. Besonders verdient eine Rede des Abg. Twesten, worin er gegen die jetzige Iustizwirthschaft zu Felde zog, der Erwähnung. Mit einer wahrhaft zerschmetternden Kritik ging dieser preußische Richter seiner obersten Behörde, dem Iustizminister Grafen zur Lippe, zu Leibe. Je mehr die Conserva- tiven mit den Zähnen knirschten, daß ihrem Systeme auf dem Felde der Justiz eine so eherne Schandsäule errichtet wurde, desto größer war die Anerkennung und der Beifall der Majorität. Und diese Schandsäule, welche Twesten im Namen des preußischen Richter standes der so empörend demoralisirten preußischen Justiz des Gra fen Lippe — wir wollen noch nicht sagen, des preußischen Staats — setzte, sie wird zu den Denkmälern gehören, die sich unter Bis marck die Reaction in Preußen schuf. Die Welt wird es dereinst nicht fassen, daß nach einer solchen Prangerstellung eines Menschen, den man zum Justizminister machte, dieser Mensch nur noch einen Tag auf seinem Posten blieb; daß sein System in Preußen möglich werden konnte, in demselben Preußen, dessen Justiz sich sonst eines seltenen Ruhmes erfreute. Wo ist die Zeit hin, wo ein preußischer Windmüller seinem Könige (oem alten Fritz) zurufen konnte: „Wenn nur das Kammergericht nicht war!" Man wird es dem preußi schen Abgeordnetenhause hoch anzurechnen haben, daß es in seiner Kritik der Zustände nicht das Blatt eines verschämten Patriotismus vor den Mund nahm und endlich auch von seiner Tribüne einen gerechten Urtheilsspruch über die Iustizwirthschaft fällte, welche schon lange genug zum öffentlichen Scandal in Deutschland geworden ist. Und der Justizminister? Er stolperte gegen die Anklagen in seich ten Verwahrungen, weil ihm das Gewissen die Sprache erstickte. Die feudale Partei ist ebenso unglücklich über die Twesten'sche Rede, als über die Verthetdigung des Justizministers, die, im Grunde ge nommen, fast mehr Selbstanklage als Verteidigung war. Um deswillen soll man mit der Idee lebhaft umgehen, das Amt durch eine andere Persönlichkeit zu ersetzen, die sich mehr zum Demosthe nes eigne. — Die Budget-Commission des Abgeordnetenhauses hat schön mehrere Sitzungen wegen der Kriegskostenvorlage gehalten. In der letzten fuhr der Berichterstatter Abg. Twesten in seiner Kri- tik der Vorlage fort und hob nach und nach alle diejenigen Punkte : hervor, welche darzuthun geeignet schienen, wie sehr die Vorlage der Klarheit ermangle. Ganz abgesehen davon, daß der mit Dkne*