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822 Sachsen. Dresden, 10. Mai. Die in Leipzig erscheinende „Mittel deutsche Volks-Zeitung" vom gestrigen Tage enthält eine Berliner Correspondenz, in welcher auf einen Besuch deS königl. preußischen Ministers Grafen Eulenburg bei dem Staatsminister v. Beust in Dresden Bezug genommen und angeführt wird, es sei dem Minister v. Eulenburg gelungen, „den Minister v. Beust zu gewinnen, daß er den Bestrebungen der Lassallianer in Sachsen keine Hindernisse in den Weg lege. — ES ist dieser Mittheilung gegenüber nur zu bemerken, sagt das „Dr. Journ.", daß weder Graf Eulenburg Herrn v. Beust einen Besuch in Dresden gemacht, noch zwischen den ge dachten beiden Herren Ministern irgend eine Correspondenz statt gesunden hat. Das Feuer in Crimmitzschau, durch welches kürzlich die sämmtlichen vor der Stadt gelegenen Scheunen in Asche gelegt wurden, ist — wie wir hören — durch das unvorsichtige Gebühren dreier Kinder mit Streichhölzchen entstanden. Eins derselben, ein elfjähriger Knabe, hat nämlich an der einen Seite einen Srohwisch, den man zur Verstopfung eines in der Mauer befindlichen Loche« dort angebracht hatte, leichtsinniger Weise von Außen angezündrt und so den Brand verursacht. In den „Leipz. Nachr." vom 9. Mai findet sich folgende Erklärung: „Connewitz, 6. Mai. In einer hier stattgehabten Versammlung der Mitglieder des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins wurde nach längerer Debatte über innere VereinSangelegenheiten folgende Erklärung einstimmig angenommen: „Durch das bisherige Auftreten des Präsi denten des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins und einiger andern Consorten fühlt sich die Connewitzer Gemeinde verpflichtet, Folgendes zu erklären: 1) Daß Bernhard Becker unwürdig ist, als Nachfolger unserS unvergeßlichen Stifters und Führers, Ferdinand Lassalle, indem er, B. Becker, der Einzige ist, welcher ihn seit seinem Tode der Feig heit beschuldigt hat, und erklären ferner, daß B. Becker unfähig ist, die Arbeiter führen zu können. 2) Daß der „Social-Demokrat" nicht als Organ des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins zu betrachten ist, indem er an Lügen, Entstellung und Irreführungen nicht einem Blatte und sei es das schlechteste, nachsteht. S) Ferner, da der Leipziger Be vollmächtigte, Hr. Fritzsche, mit Wissen hierzu hilfreiche Hand leistet, macht er sich zum Mitschuldigen und Verräther am Arbciterstande, und verdient daher dessen vollste Verachtung." Teubner, Bevollmächtigter." Penig, 6. Mai. Unsere Stadt ist im Begriff, mit der Firma Ferdinand Flinsch, welche in ihrer hier belegenen bedeutenden und umfangreichen Papierfabrik die Gasbeleuchtung einsühren wirb und Mecklenburg. Am 28. April war der Auswandererzug von hier zu dem am 1. Mai abgehenden Auswandererschiffe nach Ham burg so bedeutend, daß von Hagenow ein Extrazug für Auswan derer mit acht Wagen genommen werden mußte, weil aus den ver schiedenen Theilen Mecklenburgs sich dort 500 Auswanderer gesam melt hatten, fast lauter frisches, frohes, junges Landvolk. Diese große Anzahl hatte sich besonders aus reichen und ritterschaftlichen Gegenden von Malchin, Güstrow und Bützow mit circa 160, Blan kenberg-Kleinen mit ca. 50, Wismar mit ca. 80 und aus dem klei nen Dorfe Zernin bei Bützow allein mit 25 Köpfen recrutirt. Hamburg, 8. Mai. (Nat.-Z^) Gestern ist der Herzog Christian von Augustenburg,Vater des in Kiel lebenden Herzogs Friedrich VIll von Schleswig-Holstein, von Primkenau in Schlesien, wo er den größten Theil der Jahre, die er nach dem unglücklichen Ende des ersten schleswig-holsteinischen Krieges von 1848—1851 in der Ver bannung vom heimischen Boden hatte zubringen müssen, verlebt hatte, hier eingetroffen, um sich auf seinen reizend an der Elbe zwischen Altona und Blankensee gelegenen Landsitz in Nienstedten zu begeben, wo er auf längere Zeit seinen Aufenthalt zu nehmen gedenkt. Dem Vernehmen nach wird daselbst seine Schwiegertochter, die Herzogin Adelheid, welche demnächst ihren Gemahl, den Herzog Friedrich, in Kiel besuchen wird, mit diesem zusammen anlangen, und wahrscheinlich wird auch der jüngere Bruder des Herzogs, Prinz Christian, der vor einigen Tagen in Flensburg anwesend war, sich bald in Nienstedten einfinden. Aus Freiburg vom 6. Mai schreibt die „Freib.Ztg.": „Friedrich Hecker, zum nordamerikanischen Consul in Zürich ernannt, soll mit seiner Gattin in Baden eingetroffen sein." Dagegen schreibt die „Neue Züricher Ztg." aus Zürich vom 7. Mai: „Wie wir aus bester Quelle vernehmen, entbehrt das aus deutschen in schweizerische Blätter übergegangene Gerücht, daß F. Hecker zum Consul der Bereinigten Staaten in Zürich ernannt wor den sei, aller Wahrscheinlichkeit, indem weder der hiesige Consul, Hr. Fairlamb, noch der amerikanische Gesandte in Bern irgendwelche Kunde von besagter Ernennung erhalten haben." Ein Schreiben der ,Oadischen Landeszeitung" aus Baden-Baden weiß ebenfalls nichts von der Ankunft F. Hecker'- dort. Paris, 8. Mai. (K. Bl.) Die Nachrichten über die Gesund heit des Kaisers lauten fortwährend sehr befriedigend, und alle Besorgnisse, die sich an die Abwesenheit des Staatsoberhauptes knüpften, sind verschwunden. Der Kaiser hat die Hauptorte der Ebene besucht: Das Trappistengut Sabel; Stanelli, wo ihm der Marschall Mac Mahon die Schlacht von 1830 explicirte; Sidi- Ferrueh, wo die französischen Truppen landeten. Der Kaiser ver theilte Gaben an die Arinen und schenkte den landwirthschaftlichen Anlagen große Aufmerksamkeit. Bei seiner Rückkehr nach Algier brachten ihm arabische Musikanten ein Ständchen vor dem Palais. — Wie man auf telegraphischem Wege über Marseille erfährt, ver öffentlicht der „Moniteur Algerien" vom 6. d. eine kaiserliche Pro klamation an das arabische Volk. Der wesentliche Inhalt derselben lautet: „Als vor 35 Jahren Frankreich den Fuß auf den Boden Asrika's setzte, erschien es nicht, um die Nationalität eines Volkes zu zerstören, sondern um es aus hundertjährigem Drucke zu befreien. Demunge- achtet habt ihr, in stolzer Auflehnung gegen eine auswärtige Herrschaft, gegen eure Befreier gekämpft. Ich ehre dieses Gefühl der Kriegerwürde, aber Gott hat entschieden. Erkennet die Gebote der Vorsehung. Wie ihr, widerstanden muthig eure Vorfahren, und doch stammt eure Wieder geburt von ihrer Niederlage her. Euer Prophet hat gesagt: „Gott verleiht die Macht, wem er will". Ich komme nun, um diese Macht in euerm Interesse auSzuüben. Ich habe euch unwiderruflich das Eigenthum des Bodens, den ihr inne habt, zugefichert. Ich will euere Wohlfahrt mehren. Sagt euern Brüdern, die sich in neue unselige Aufstände svrtteißen ließen, daß zwei Millionen Araber vierzig Millionen Franzosen zu widerstehen unvermögend find. Ich sage meinen Dank der großen Mehrzahl, deren Treue den Rathschlägen des Fanatismus widerstand. Bereits verbinden euch große Erinnerungen und mächtige Interessen mit dem Mutterland». Ein militärischer Bruderfinn hat sich in der Krim, in Italien, China und Mexico ausgebildet. Habt also Vertrauen, euere Geschicke find mit den Geschicken Frankreichs beinahe völlig vereint. Erkennet mit dem Koran an, daß Der, welchen Gott kettet, wohlgelektet ist. ' Napoleon." In Spanien sieht's bedenklich aus. Es ist ein offenes Ge- beimniß, daß eine Revolution vor der Thüre steht. Man soll der Königin Isabella den Rath gegeben haben, recht bald nach Paris zu reisen und von dort ihrer Krone zu entsagen. Man will den König von Portugal zum Regenten haben und dieser soll die Pyre- Esche Halbinsel wieder zu Einem Reiche vereinigen und in Madrid seine Residenz haben. So schnell wird's wohl nicht gehen. St. Petersburg, 7. Mai, Das 37. Stück derGesetzsaunn- lung veröffentlicht folgendes vom Kaiser bestätigt« Gutachten de« Reichsrachs vom 28. März Wer Vie Rechte her Husländer zum Landbesitz in Rußland r * -M 1) Ausländer können durch Kauf oder auch auf anderem Wege Güter in Rußland erwerben, und zwar sowohl solche, auf welchen die Bauern freie Besitzer des ihnen zugefallenen Landantheil- geworden find und alle Pflichtvcrhältniffe zu den Besitzern aufgehört haben, al« auch solche, wo dies noch nicht geschehen ist; iy diesem letztern Falle find fit jedoch gleich den russischen Unterthanen, welche nicht zum Erb adel gehören, auf Grundlage des Artikels 228, Band IX. der Gesetz gebung über die Stände Fortsetzung von 1863, verpflichtet, gleichzeitig mit der Vollziehung des Kausacte- den auf dem Gute ansässigen Bauern die Hofstellen mit dem Ackerlande und den Servituten, welche ihnen nach dem Gesetzbuche als ihr Antheil zustehcn, als freies Eigenthum zu überlassen. 2) Russische Unterthaninnen, welche in Rußland Güter auf Grund der dem Erbadel zustehenden Rechte besitzen und sich mit Ausländern verheiratheu, find verpflichtet, gleichzeitig alle Pflichtver- HLltnisse der Bauern nach dem im Punkt 1 angegebenen Grundsätze zu lösen. 3) Diese Vorschrift erstreckt sich auch aus diejenigen sich mit Ausländern verheirathenden Russinnen, welche diese Verordnung noch im Besitze von Gütern mit Bauern antrifft. New-Jork, 27. April. Ein Bericht des Herrn Stattton be stätigt, daß I. Wilkes Booth und fein Spießgeselle Harrold von den Sümpfen der Grafschaft St. Marie bis nach Garreth « Farm, bei Port-Royal am Rappahannock, von einem Detachement unter Oberst Baker verfolgt worden sind. Die Scheune, in welche sich die beiden Mörder geflüchtet, wurde in Brand gesteckt. Booth wurde bis auf einen Speicher verfolgt und dort erschossen, Harrold gefangen genommen und nach Washington gebracht. — Die Con- föderirten haben, ehe sie Montgomery geräumt, 94,000 Ballen Baumwolle verbrannt.