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reiöerger Kn Zeiger Amtsblatt de« Kgl. Bezirksgerichts zu Freiberg, sowie der Kgl. Gerichtsämter u. der Stadträthe zu Freiberg, Sayda u. Brand. und Tageblatt 1863 Mittwoch, den 3. Mal. Srschcint jeden Wochentag früh st II. Inserate werden bi« Nachm. 3 Uhr für die nächste Nr. angenommen. Prei« vierteljährl. LV Ngr. Inserate werden die gespaltene Zeile oder deren Naum mit 8 Pf. berechnet. -1- Die Ermordung Lineoln's! In der Nacht vom Gründonnerstag zum Charfreitag ist das nichtSwürditzste Bubenstück begangen, welches die Weltgeschichte als die größte Schandthat des gegenwärtigen Jahrhunderts in ihren Annalen verzeichnen wird. Die Kugel des Meuchelmörders streckte den Präsidenten Lincoln nieder, und am Charfreitage erlag er seinen Wunden. Auch auf den talentvollen, treuen und aufopferungsvollen Genossen Lineoln's während der fürchterlichen Krise der letzten vier Jahre, Seward, wurde ein Attentat versucht, das muthmaßlich zwei Opfer fordert, denn der zur Verteidigung gegen Mördershand in das Krankenzimmer seines Vaters herbeigeeilte Sohn ist bereits den tödtlichen Streichen erlegen und das Wiederaufkommen Seward's wird als zweifelhaft bezeichnet. Lincoln ist für Amerika kaum zu ersetzen. Auf ihm beruhten alle Hoffnungen eines baldigen versöh nenden Friedens; sein Charakter, in dem sich Energie mit Ruhe und Besonnenheit so glücklich vereinigten, hatte ihm die Achtung und das Vertrauen aller wahren Patrioten der großen Nation, so wie des Auslandes erworben. Dieser ehrenfeste, besonnene Mann, der das Schiff der Republick mit sicherer Hand durch einen Sturm gelenkt, aus welchem kein anderer Staat der Welt seine Einheit und Freiheit gerettet haben würde, war nach Beendigung des Krie ges wie kein Anderer berufen, die Aussöhnung zwischen dem Norden und Süden herbeizuführen und die Union mächtiger und blühender als je wieder herzustellen. Aber so viel auch die Vereinigten Staa ten an Lincoln verloren haben, so ist das Werk der Union auf zu granitnen Grundlagen errichtet und zu sehr mit dem Rechtsbewußt sein der freien Bürger verwachsen, als daß es die Kugel eines Meuchelmörders zerstören könnte. Abraham Lincoln war nicht der Träger der Ideen, welche soeben einen glorreichen Sieg erfochten, sondern nur ihr charaktervoller Repräsentant. So beklagens- werth der Tod des Mannes ist, der sich so eben noch den frischen Lorbeer in die Bürgerkrone geflochten, so dürfen wir doch nicht klagen, daß damit die Sache der Menschheit und des Fortschritts eine Niederlage erlitten. Als Alexander der Große auf seinem Siegeszuge sich vom Jupiter Ammon an Sohnesstatt annehmen ließ, da war es ihm nicht schwer, von seinen Zeitgenossen die gött liche Verehrung zu erlangen. Zweitausend Jahre später bedauerte Napoleon I., als er mit der Kaiserkrone von Frankreich das höchste Ziel menschlichen Ehrgeizes erreicht, dem Beispiele Alexanders nicht folgen zu können, „weil jeder Straßenjunge in Paris ihn auslachen Würde." Die Nordamerikaner würden dem glücklichen Soldaten, der sich Napoleon I. zum Muster nehmen wollte, ganz dasselbe Schicksal bereiten, das Letzteren getroffen haben würde, wenn er sein Vorbild um zweitausend Jahre zurück in der Geschichte ge sucht hatte. , Die Amerikaner sind genau so wenig für die Anerkennung de« modernen CäsarismuS gestimmt, als die Pariser zu Anfang dieses Jahrhunderts für die Anbetung des Ammonsohnes. — Daß freilich diese Mordthat andere schwere Folgen nach sich ziehen werde, wer wollte dies bezweifeln. Die Geister, Wesche aus dem Grabe Lincoln's heraufsteigen, sie werden sicherlich nicht Geister des Friedens und der Milde sein, um so weniger, da man weiß, daß die That vom Süden ausgeht. Ist es doch erwiesen und ge richtlich festgestellt, daß der nun flüchtige Präsident Davis schon vor einigen Monaten Mordbrennerbanden in Canada besoldete, um Neuyork an 46 Stellen in Brand zu stecken. Und ebenso soll eS sich bereits herausgestellt haben, daß die Mordbrüder Booth Emis säre dieses säubern Rebellenchefs sind. Wahrlich, die Conföderation hat ihr Werk in ihrer würdigen Weise zum Abschluß gebracht. Was mit dem niederträchtigsten Verrath begann, endigt mit dem gemeinsten Morde. Nach der Verfassungsurkunde der Vereinigten Staaten tritt nun der Vicepräsident an die Stelle des Präsidenten der Republik. Der betreffende Paragraph lautet wörtlich: „Wenn ein Präsident von seinem Amte entfernt wird, stirbt, eS niederlegt oder unfähig würde, es zu verwalten, so übernimmt der (gleichfalls auf vier Jahre gewählte) Vicepräsident seine Geschäfte. Sollte aber auch einer dieser Fälle sich bei dem Vicepräsidenten ereignen, so muß der Congreß durch ein Gesetz erklären, welcher Beamte die Stelle des Präsidenten vertreten soll. Derselbe soll alsdann das Amt des Präsidenten verwalten, bis der eigentliche seines Amtes wieder fähig geworden oder ein neuer gewählt ist." Der gegenwärtige Vicepräsident ist Johnson aus Tennessee, ein Mann in der Mitte der vierziger Jahre, von großer Energie der republikanischen Gesinnung, geistiger Begabung und unermüdlicher Arbeitskraft. Er war bis zur Präsidentenwahl im November v. I. Gouverneur von Tennessee, auf welchem Posten er sich unter schwie rigen Verhältnissen durch Thatkraft auszeichnete. In Anerkennung seiner Verdienste wurde er zum Vicepräsidenten gewählt. Er ist kein Mann des Compromisses, des kalt abwägenden Verstandes und der Ruhe wie Lincoln. Selbst ein Mann des Südens, gehört er zu den Koryphäen der radikalen Partei und es lodert in ihm die selbe politische Leidenschaft, die sicherlich den ganzen Norden beim Anblick der Leiche Lincoln's erfaßt hat. Das Programm Johnson's, sowohl in Bezug auf den Wiederaufbau der Union, als der aus wärtigen Politik, ist aller Wahrscheinlichkeit nach ein anderes, als das des gemäßigten Lincoln's und friedliebenden Seward's. Und darin liegt das Unberechenbare der durch Meuchelmord herauf beschworenen Situation. Tagesgefchichte. Berlin. Die „Nordd.A.Z." äußert sich Heutesehr ungehalten über die Veröffentlichung der von den Ministern in der Marinc- commission gehaltenen Reden. Derartige „ungenaue" Berichte seien „möglicherweise geeignet, in schwebende Unterhandlungen störend einzugreisen, oder den Herren Ministern mindestens die Unannehm lichkeit wiederholter Dementis zu bereiten". Wie schon bekannt, sind die Minister in der folgenden Sitzung der Marinecommission uicht wieder erschienen. — Dieselbe Zeitung bringt heute eine Interpretation der „breitesten Grundlage", auf welcher nach ihren Andeutungen die Vertretung der Herzogtümer fußen sollte. Au „demokratische" Grundlage sei dabei nicht zu denken. „Sie meine; daß es auf Grund der Gemeindewahlen möglich sein wird, Delegirte zu wählen, welche die verschiedenen Interessen aller Schichten der