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-—> ..... - 705 vermag wohl Niemand vorauszusagen; allein daß eine Schwenkung bevorstehe und daß diese nUr nach der liberalen Geile hin möglich sei, darüber sind alle Stimmen einig und wir glauben nicht, daß diese Hoffnung durch die kommenden Ereignisse Lügen gestraft werden dürfte. Einer eigenthümlichen Auffassung begegnet man in der Schweizer Presse hinsichtlich der neuern. ZDänhe Md Erscheinungen in Frank reich. Wahrend überall anderswo die Meinung verbreitet ist, der Stern Napoleon's sei am Erbleichen, durch den Tod Mocquard'S seien seinem Throne die bedeutendsten Stützen genommen, er selbst sei krank, häufig in einem Zustande völliger Abspannung und Apathie und keines energischen Entschlusses mehr fähig, sein „Leben Cäsar'ö" habe den Rest seines Ansehens bei den Franzosen untergraben, die neuesten Erscheinungen in der Legislative seien die klaren Symptome einer so mächtig wachsenden allgemeinen Unzufriedenheit und Gäh- rung, daß manche sogar den baldigen Ausbruch einer Katastrophe glauben erwarten zu dürfen, während dessen will man in der Schweiz den nicht wegzuleugnenden Thatsachen gar keine, oder nur geringe Bedeutung beilegen, von der Krankheit des Kaisers, nichts wissen, seine Ruhe und Zurückhaltung aber wieder für ein Rusten zu einem jener plötzlichen Tigersprünge halten, mit denen er schon mehrmals die Welt überrascht und erschreckt hat. Er müsse Italien frei machen bis zur Adria, um für Frankreich den längst stipulirten Löwen antheil zu erhalten. Nicht blos in Italien, denn wenn die italienische Sache zum Austrage komme, so würde nach der Abmachung oder Berechnung Napoleon's Oesterreich von einem Bundesgenossen, dem es über alle Grenzen hinaus sich nachgiebig gezeigt hat, auf eine Weise im Stiche gelassen werden, die zugleich jenen Bundesgenossen mit einem Male zum entschiedenen Herrn von Deutschland machen würde, auch dafür würde Frankreich seinen Lohn erhalten. Die neuesten Nachrichten vom nordamerikanischen Kriegsschau plätze datiren vom 8. April und lautenGeneral G r a n t setzte die Verfolgung Lee's unaufhörlich fort. Sheridan's Cavallerie erreichte die Ueberreste der Lee'schen Armee bei Burkesville, wo sich die Danville-, Richmond- und Petersburg-Lyngburg-Eisen- bahnen kreuzen, griff Lee an und schlug ihn wieder total auf's Haupt, Die Hälfte der noch aus 20,000 Mann, bestehenden Armee Lee's wurde tyeils kampfunfähig und theils zu Gefangenen gemacht. Fast die ganze Artillerie und anderes Kriegsmaterial der Lee'schen Armee fiel dem General Sheridan zur Beute. Die einzige Alternative für Lee ist die Capitulation, welche, wie aus einer Depesche von Sheridan hervorgeht, stündlich zu erwarten ist. General Grant rückt ebenfalls'mit dem Gros seiner Armee gegen Burkesville vor, um sich mit General Sherman, der sich bereits am 1. April, gleich nach dem Falle, von Richmond, -von Smithsfield in Nord-Carolina gegen Raleigh in Bewegung setzte, bei Danville zu vereinigen. Sollte der südliche General Johnston bei Raleigh Stand halten, so würde zwischen diesem General, der noch 40,000 Mann unter seinem Befehle hat, und Sherman die letzte Schlacht geschlagen werden. Es ist die Absicht GAtnt's und Sherman's, nicht nur Lee's, sondern auch Johnston'S ganze Armee gefangen zu nehmen. i . Jefferson Davis und die anderen Häupter der Rebellion sollen sich anf der Flucht nach Texas befinden, um nach Mexiko zu entkommen. Richter Campbell, der südliche Friedenscommissar, welcher neulich an der Berathnng bei Fort Monroe theilnahm, soll wieder in einer ähnlichen Mission begriffen sein. Diese Anstrengungen sind ohne Bedeutung, da weniger, als bedingungslose Capj- tulation nicht acceptirt wird und diese aus militärischer Noth wendigkeit erfolgen muß. General Canby und Granger haben Mobile ganz ein geschlossen. Ein Privattelegramm, welches in New-Jork anlangte, will wissen, daß Mobile mit der ganzen Besatzung in die Hände der Bundestruppen gefallen sei. General Lee hat an Generalen und Staabsoffizieren ungeheuere Verluste erlitten. Er hat 6 Generale, unter denen sich Gordon und Ewell befinden, verloren. Der älteste Sohn des Präsidenten Lincoln, Robert, Adjutant des Generals Grant, hat sich während der dreitägigen Schlacht vor Richmond besonders ausgezeichnet. Er wurde leicht verwundet und ein Pferd unter ihm getödtet. Präsident Lincoln blieb während der Schlachttage, vom 26. März bis 3. April, in der Nähe des Schlachtfeldes. Der österreichische Botschafter in Washington war der erste von sämmtlichen . fremden Gesandten, welcher dem Staats sekretär Seward zu dem glänzenden Siege Glück wünschte. Dieses Hat in der ganzen Union eine sehr freundliche Stimmung gegen Oesterreich hervorgerufen. „E^üe vollständigere Vernichtung einer großen Armee", sagt die „N. Fr. Pr.", „ist bis jetzt nicht erlebt worden. Selbst Waterloo wird in Schatten gestellt sein, wenn alle Details bekannt sein werden. Die entschiedene Flucht dieser einst so prächtigen Armee ist durch die verschiedensten Beweise außer Zweifel gestellt. In Petersburg schlüpfen noch jetzt zahlreiche Rebellen aus ihren Verstecken in den Häusern und Scheunen hervor, da sie lieber Gefangene sein, als sich den Gefahren einer hoffnungslosen Flucht preisgeben wollen. Es ist ferner bekannt, daß die Feinde alle ihre Kanonen, Kriegsvorräthe und Werkzeuge zurückgelassen haben. Der Weg, den die Fliehenden einaeschlagen haben, wird durch eine Schichte von weggeworfenen Gewehren, Tornistern u. s. w. be zeichnet. Gute Nacht der Rebellen-Armee von Nord-Virginien; sie war eine tapfere Armee, werth einer bessern Sache und eines schöner» Unterganges." Tagesgeschichte. London, 17. April. Der große Strike der Eisenarbeiter von Wolverhampton naht nunmehr auch seinem Ende. Ayl Sonnabend hat eine gemeinschaftliche Besprechung der Arbeitgeber und Arbeiter stattgefunden, an welcher die Besitzer der sieben Werke des Distrikts und die Vertreter sämmtlicher Arbeiter Theil nahmen. Die Arbeiter beantragen die Einsetzung eines Schiedsgerichts. Die Fabrikanten erklärten, daß sich beide Theile einem solchen Schiedsgericht nicht unbedingt unterwerfen könnten, da sowohl Arbeiter als Arbeitgeber sich danach richten müssen, was in den concurrirenden Bezirken geschehe. Man ging hiernach an die Verhandlungen der einzelnen Zwistigkeitspunkte und einigte sich über viele derselben. Beide Theile zeigten sich versöhnlich und nachgiebig. Ueberhaupt muß anerkannt werden, daß während der ganzen Dauer des Strike Symptome von persönlicher Gereiztheit weder auf Seite der Arbeiter noch auf Seite der Arbeitgeber bemerklich waren. Schließlich einigte man sich über einen Beschluß, welcher für den Fall der Wiederkehr von Streitigkeiten eine gemeinschaftliche Erledigung derselben in Aussicht stellt. Die Vertreter der Arbeiter versprachen den Beschluß in einer großen Versammlung zur Annahme zu empfehlen, und stellten die Wiederaufnahme der Arbeit in allen Werken für den Donners tag in sichere Aussicht. — 19. April. Der „Examiner" kann die „Verwegenheit" des Hrn. v. Bismarck nicht begreifen. Wenn er — meint das Wochen blatt — ohne Gefahr sich Kiels bemächtigen wolle, müsse er ganz Deutschland zu seinem „Mitschuldigen" machen, d. h. es im Namen und Auftrag des gesammten Bundes thun. Diesem würde Europa manches nachsehen. Preußen als solches allein wäre nicht im Stande, Kiel gegen eine europäische Großmacht, geschweige gegen mehrere, zu behaupten. Aber Hr. v. Bismarck suche nicht nur durch Kiel Preußen allein zu vergrößern, sondern durch diese Macht erweiterung die kleinen deutschen Staaten cinzuschüchtern, ihnen zu zeigen, daß er unter Umständen mit ihnen ebenso eigenmächtig um springen könne wie mit Dänemark. Was werde die Folge einer solchen Kühnheit sein? Eine Liga der kleinen Staaten mit Oester reich für Bildung eines deutschen Bundes ohne und gegen Preußen. Nun wünsche England keinen deutschen Bürgerkrieg, weder einen dreißig- noch einen siebenjährigen, aber schwerlich würde es im Stande sein, durch seinen geringen diplomatischen Einfluß eine solche Katastrophe zu verhindern. (D. A. Z.) Neueste Post. Paris, 23. April. Der „Moniteur" meldet, daß der Hofball, welcher am Montag in den Tuilerien stattfinden sollte, wegen des Besorgniß erregenden Zustandes des russischen Thronfolgers abbe stellt worden sei. London, 23. April. Der Dampfer „Asia" hat Nachrichten aus New-Jork bis zum 13. d. M. Abends in Cork abgegeben. Der Obergeneral der Südstaaten, Lee, hat mit seiner ganzen Armee am 9. d. M. capitulirt. Raleigh soll geräumt, Selma und Mont gomery von den Truppen Sherman's eingenommen sein. Der General Mosby von den Conföderirten will nicht capituliren. Die Negierung von Washington hat die Werbungen eingestellt. St. Petersburg, 24. April. (D. Ä.) Aus Nizza wird ge meldet, daß der Großfürst-Thronfolger heute kurz nach Mitternacht verschieden ist. Derselbe hatte gestern früh noch den Kaiser (seinen Vater) und die Prinzessin Dagmar, seine Braut, erkannt. Die kaiserlichen Aeltern sind aufs Tiefste erschüttert. (Großfürst Nikolaus war geboren am 20. September 1843.) Verantwortlicher Redactmr: I. G. W olk. .j > ,, , Thermometerstand heute Morgen 7 Uhr: 10 Grad Wärme, k.