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Amtsblatt des Kgl. Bezirksgerichts zu Freiberg, sowie der Kgl. Gerichtsämter u. der Stadträthe zu Freiberg, Sayda u. Brand. ^83. Erschein« jeden Wochentag früh Ä U. Inserate werden bi» Nachm. 3 Uhr für die nLchste Nr. angenommen. Dienstag, den 23. April. Prei» vierteljihrl. 20 Ngr. Inserate werden di« gespaltene Zeile oder deren Naum mit 5 Pf. berechnet. 1863. -t- Freiberg, 24. April 1865. Unsere Leser werden sich erinnern, daß Ende vorigen Monats, die Vertreter der schleswig-holsteinischen Vereine, nebst' Mitgliedern des Sechsunddreißiger Ausschusses deutscher Landtags- abgeordneten, sowie der Fortschrittspartei im preußischen Abgeord netenhause sich in Berlin versammelt hatten, um über die schleswig- holsteinische Frage und deren Lösung ein klares Wort zu sprechen. Die Absicht war ebenso gut als zweckmäßig, denn im Lause der Zeit und Angesichts des beklagenswerthen Provisoriums in den Herzogthümern mußte sich nun wohl heransgestellt haben, wie'von denjenigen die Sache aufgefaßt würde, welche sich derselben in specieller Weise angenommen hatten. Die Verhältnisse haben es nicht geduldet, daß der Sechsunddreißigcr Ausschuß und die schles wig-holsteinischen Vereine, die sich beim Beginn des deutsch-däni schen ConflictS gebildet, eine merklich politische Bedeutung gewinnen konnten; aber es war immerhin in ihrem Bestehen und Erhalten auch unter so ungünstigen Umständen ein Zeichen dafür gegeben, daß sich das Volk doch selbstständig und so actio als möglich mit einer ihm theuren Sache beschäftige und nicht von dem Grundsätze lasse, mit seinen moralischen Kräften auf die politischen Vorgänge einzuwirken, sich keineswegs als davon abgewiesen betrachte. Mag es auch der Fall sein, daß diese Vereine mehr und mehr an Theil- nahme verloren und ihr Einfluß nicht in'S Gewicht fiel, daß die Ereignisse sie lähmten und lange Zeit unter dem Druck der ungünstigen Stimmung erhielten — nichtsdestoweniger -verdienen ihre Er klärungen beim Volke Beachtung, und die letzte ist derart, daß sie zunächst als ein Programm dessen angesehen werden kann, was von BolkSwegen zur Lösung der schleswig-holsteinischen Frage verlangt und erstrebt werden muß. Vor Allem ist die Anerkennung des Rechts der Herzogthü- mer, sich selbst und als ein freier Staat zu constituiren, in der Versammlung betont worden, da wahrlich nicht einzusehen ist, wo durch in Folge der Befreiung vom dänischen Joche dieser Länder ihr Recht verwirkt haben sollen ; und Völker, die Anderer Rechte mißachten, dürfen sich nicht wundern, wenn ihr eigenes Recht nicht respectirt wird. Wollen die Schleswig-Holsteiner den Herzog von Augustenburg zum Fürsten haben, anstatt einer anderen Oberhoheit — man muß es ihnen zugestehen, sie haben ihr Recht darauf, und ehe sie auf dies Recht nicht freiwillig verzichten, bleibt ein Vorenthalten dieses Rechtes ein ihnen angethanes Unrecht. Aber richtig hebt dann auch die Erklärung des Vereins-Aus schusses hervor, daß die Rechtssphäre der Herzogthümer durch das Wohl und das Interesse Deutschlands begrenzt ist; es liegt im Jn- terefse des Volkes, daß jede Neuconstituirung deutscher Staaten mit Hinblick auf die Reform der deutschen Verhältnisse erfolge, um diese thatsächlich schon beginnen zu lassen, aber sie nicht durch Ber« Mehrung der alten Hemmnisse noch schwieriger zu machen. Und in diesem Interesse ist es, daß Deutschland zuerst eine einheitliche Kriegsverfassung und Kriegsleitung und eine einheitliche Flotte und Flottenleitung erhalte. Nichts ist billiger, als daß mit den neuen Verhältnissen in Schleswig-Holstein der Anfang damit gemacht wird und daher die militärischen Kräfte im Kriege und für Kriegsfälle den preußischen untergestellt werden, ebenso die Herzogthümer ihr Material und ihre Kräfte für die preußische Marine — so lange keine deutsche existirt — zur Verfügung stellen. Selbstverständlich ist auch das Verlangen gerechtfertigt, daß die wirthschaftliche Eini gung durch die nordischen Herzogthümer nicht beeinträchtigt werde, sondern vielmehr durch den Eintritt so reicher und mit dem Meer verbundener Länder in den Zollverein diesen: ein kostbarer, alle Mitglieder berührender Gewinn erwachse. Diese Ansprüche an Schleswig-Holstein kommen lediglich, wenn auch mittelst Preußen, Deutschland zu Statten und zwar in dessen Bestreben nach Einheit derjenigen Bedingungen, auf denen seine Neugestaltung beruhen muß. Die Einheit jener Bedingungen beein trächtigt die berechtigte Selbstständigkeit der Einzelstaaten nicht, die zum Schutz deutscher Freiheit erhalten werden muß. Ein Cäsaren-Deutschland, in dem alle jetzigen Staa ten Provinzen würden — dies ist nicht das Ziel der nationalen Idee. Dies Ziel ist vielmehr die Union der einzelnen Staaten zu einem Bundesstaat, in dem eS eine allgemeine Einheit für Alle neben der Besonderheit der Einzelnen giebt, wie in Nord amerika. . Die Delegirten der Schleswig-Holsteiner erklärten sich mit diesen Ansichten in der erwähnten Berliner Versammlung vollstän dig einverstanden, behielten sich aber vor, das Volk der Herzog thümer noch im Besonderen darüber zu befragen. Zu diesem Zwecke fand am 19. d. M. in Rendsburg eine allgemeine Ver sammlung statt, bei der 117 Vereine durch 185 Delegirte vertreten waren und wobei mit allen gegen nur eine Stimme folgende Beschlüsse gefaßt wurden: I. Die Delegirten-Versammlung der schleswig-holsteinischen Vereine tritt der am 26. März d. I. zu Berlin zwischen dem engeren Ausschüsse der Vereine, dem Sechsunddreißiger Ausschüsse deutscher Abgeordneten und hervorragenden Mitgliedern des preu ßischen Abgeordnetenhauses in Betreff der schleswig-holsteinischen Frage.angebahnten Verständigung hiermit bei. I>. In Erwägung, daß das Provisorium das Volk der Herzog thümer in seinen wesentlichsten materiellen und sittlichen Interessen auf das Aeußerste gefährdet und unverträglich mit der Ehre Deutsch lands ist, fordert die Delegirten-Versammlung in Uebereinstimmung mit der Gesammtbevölkerung die endliche Constituirung Schleswig- Holsteins untet seinem allein berechtigten und von seinem Volke längst anerkannten Herzoge Friedrich Vlll. Wie gerechtfertigt wir die Zusagen und Wünsche der SchleS- wig-Holsteiner finden, so wenig haben wir Vertrauen auf die bal dige Realisirung derselben. Uns will eS scheinen — irren ist ja menschlich — als ob die Würfel zwischen Oesterreich und Preußen über die Herzogthümer längst geworfen wären, und daß all' die zur Schau getragenen Verstimmungen und Differenzen zwischen den beiden Alliirten nichts weiter als diplomatisches Spiel sei, um die Wahrheit zu verbergen und der Welt gegenüber den Schein zu wahren. Wir geben nicht ein Jota darauf, daß die österreichische Flagge in den Gewässern Kiels sich zu zeigen habe, auch darauf nicht, daß Herr v. Hahlhuber etwas spröde gegen Herrn v. Zedlitz auftritt. Meinte es Oesterreich ehrlich, so wäre die Sache längst entschieden; aber je mehr es Preußen Zeit läßt, durch das elende Provisorium die Geduld der Bevölkerung zu ermüden, einzuschlä fern, um seine Pläne reisen zu lassen, desto fester wird in uns der Glaube, daß da- Schicksal der Herzogthümer nicht mehr in den Sternen, wohl aber m geheimen Verträgen zwischen Oesterreich und Preußen niedergeschrieben sei. Die Zeit wird lehren, ob uns hierbei der Pessimismus im Nacken sitzt. — In Preußen sind die Kammern wieder zusammengetreten. Die Verhandlungen des Abgeordnetenhauses betreffen nur Petitionen untergeordneter Natur und haben für uns kein Interesse. Doch dürfte recht bald die Marine-Vorlage oder die beabsichtigte Vorlegung eines Entwurfs wegen der Kriegskosteil unser volles In teresse in Anspruch nehmen. Bei dieser Gelegenheit bleibt dem Hause kein Ausweg, cs muß sich über die Herzogthümer - Frage aussprechen. Möge eS dabei seines vorjährigen Beschlusses sich erinnern. Darin stand die Anerkennung und Einsetzung des Her zogs Friedrich VI». in erster Linie; möge eS sich ferner der Ablehnung der von Bismarck geforderten Anleihe zum Zwecke seiner schleswig-holsteinischen Politik erinnern. Diese Politik war ein