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Tageblatt Amtsblatt drS Kgl. Bezirksgerichts zu Freiberg, sowie der Kgl. Gerichtsämter u. der Stadträthe zu Freiberg, Sayda u. Brand. 77 Dienstag, den 4. April. Srscheln« j«dm Wochentag früh S U. Inserate «erden bi« Nachm. 3 Nhr für die nächste Nr. angenommen. Prel« vterieljährt 20 Ngr. Inserat« werden die gespaltene Zeil« oder deren Raum mit 5 Pf. beiechnet. es treu und ehrlich zu den Antragstellern und der Bundesmajorität hält. Wird dies geschehen? Giebt sein bisheriges Verhalten nur irgendwie Bürgschaft dafür? Hat nicht Graf Mensdorff erst vor ! wenig Tagen die liebe Allianz mit Preußen als das höchste Glück Oesterreichs und Deutschlands vor dem Wiener Abgeordnetenhause proclamirt? Sollte nun wirklich am 6. April der »Antrag ange nommen werden, so wird, nach der Sprache officieüer preußischer Blätter zu schließen, die nächste Frage eine Spannung zwischen Oesterreich und Preußen sein. Die Consequenz dieser Spannung wäre dann ein Depeschenwechsel zwischen Wien und Berlin und wahrscheinlich ein sich in die Länge spinnender, daß darob weder die Sache des Herzogs von Augustenburg, noch jene der Herzogthümer etwas profitiren würde. Vor Allem kommt es darauf an, welche Gründe Oesterreich hatte oder noch hat, als es den Antrag unter stützte und quasi in's Leben rief. Sollte es wirklich sich mit dem Gedanken vertraut gemacht haben, die bundesgemäße Lösung der Herzogthümerfrage Preuße» gegenüber zu erzwingen? Dazu stimmt die Aeußerung des Grasen Mensdorff nicht, denn ein solcher Zwang müßte die Allianz durchschneiden. Ist aber jeder Zwang ausgeschlossen, dann hat die gegenwärtige diplomatische Action ab solut nicht das geringste Element in sich, um einen bedeutungsvollen Sitnationswechsel herbeiführen zu können. Dann wäre Oesterreichs Interesse an der nunmehrigen diplomatischen Action des Bundes als gar nicht dahin gehend zu betrachten, daß Preußen zu einem Aufgeben seiner Pläne auf die Herzogthümer veranlaßt werde; es würde sich einfach um eine moralische Beihilfe des Bundes für Oesterreich handeln, damit dieses zu eiiier entsprechenden Ver- werthung seines Mitbesitzrechtes an den Herzogthümer« Preußen gegenüber gelange. Wir wollen uns nicht auf das Gebiet der Prophezeiungen versteigen, aber — im Rückblick auf die bisherige österreichische Politik — beschleicht uns das Gefühl, als ob Oester reich durch diesen Antrag nichts weiter beabsichtige, als die Herzog thümerfrage auf das Terrain der Ausgleichung und Entschädigung hinüber zu spielen. Schon öfter haben wir aus Wien vernommen: Preußen habe Propositionen zu machen. Preußen hat solche bisher nur in seinem Interesse gemacht. Vielleicht denkt Oesterreich nun auch einmal Propositionen im österreichischen Interesse zu erhalten. Wie gesagt, wir können uns täuschen, können vielleicht zu schwarz sehen, aber so ganz in's Reich der Fabel gehört sicher unsere Com bination nicht. Der 6. April steht ja vor der Thür, die Sachen werden sich also bald klären und es würde uns freuen, wenn wir un« selbst dementiren könnten. Unter hundert Fällen behält man aber leider bei neun und neunzig Recht, wenn man von der Diplomatie immer das wenigst Gute denkt. — Die Deputaten der Schleswig- Holstein-Vereine, welche mit dem Sechsunddreißiger-Ausschuß in Berlin eine Zusammenkunft vor einigen Tagen hielten, haben auf die Frage, was nach ihrer Meinung Schleswig-Holstein an Preußen zugestehen könne, geantwortet: die erste Voraussetzung sei und bleibe, daß der Erbprinz von Augustenburg als Herzog von Schleswig- Holstein und das Land als ein deutscher Bundesstaat anerkannt werde; geschehe das, so hielten sie dafür, daß das Land sich dazu verstehen werde, daß die Armee auf preußischem Fuße formirt und im Kriegsfälle unter preußischen Oberbefehl gestellt werde; daß Preußen im Lande Festungen und Kriegshäfen anlege, daß da« Land Matrosen und einen Geldbeitrag zur preußischen Flotte leiste, so lange, als eS keine Deutsche Flotte gebe, daß das Land in den Zollverein trete und daß Preußen die Ausführung eines Canal« gestattet werde. Für unannehmbar aber erklärten sie: l. daß di« schleswig-holsteinischen Truppen dem Könige von Preußen den Fahneneid leisten; 2. daß Zoll-, Post- und Telegraphenwesen von preußischen Beamten verwaltet werde, und 3. daß zur preußischen Armee Rekruten in Schleswig-Holstein ausgehoben werden. Gegen diese Forderungen beanspruchten sie den Schutz des preußischen Ab geordnetenhauses, wie der ganzen deutschen Nation. — WaS da« preußische Abgeordnetenhaus anlangt, so sei hier gleich die Bemerkung beigesügt, daß sich die Fortschrittspartei in drei Fraction«- sitzungen mit der schleswig-holsteinischen Frage beschäftigt hat. E« traten leider dabei die verschiedenartigsten Auffassungen zu Tage. Die Einen hielten die Einsetzung des Herzogs von Augustenburg für das dringendste, damit das alle Rechtsbegriffe verwirrende Interimistikum aufhöre, welches die Bevölkerung der Herzogthümer auf die Folter spannt; Andere wollten erst die preußischen For derungen bewilligt und ausgeführt wissen, ehe an die Jnstallirung des Herzogs zu denken sei. Viele hielten jedoch diese Forderungen (siehe Nr. 71) viel zu hoch gespannt, während etwa 40 Abgeordnete sich für die reine Annexion aussprachen. Das preußische Abgeordnetenhaus tagt noch immer fort. Alle Gerüchte von einer Auflösung oder Vertagung sind damit widerlegt; gleichzeitig aber auch unsere in dem Artikel „Die muth« maßliche Dauer des preußischen Abgeordnetenhauses" dargelegten Ansichten gerechtfertigt. Freilich nach konstitutionellen Begriffen müßte unmittelbar nach dem Schluß der Budget-Debatte, d. h. de« Vorberichts, die Auflösung des Hauses, oder der Rücktritt de« Ministeriums erfolgt sein. Aber wo können wir konstitutionelle Maximen als Maßstab der Beurtheilung brauchen, wo ein BiSmarck an der Spitze steht? Auflösung nützt ihm nicht«, da» weiß Herr v. Bismarck und die Mmisterpolster müssen doch nicht gar so hart sein, wie Herr v. Roon in der Budget-Debatte behauptete.' Mittler weile hat ja aber auch das Abgeordnetenhaus einen Schritt zur Versöhnung gethan, den wir — offen gestanden — eben so wenig erwartet, als gewünscht haben. Es hat den Antrag des Abgeordneten Michaelis abgelehnt, welcher die Verhandlungen über die Eisenbahn- Vorlagen so lange vertagen wollte, bis ein Budget zu Slanee gekommen sei. Mit seiner Verwerfung hatte das Abgeordnetenhaus den Standpunkt, welchen es bisher der ministeriellen Interpretation des Budgetrechts gegenüber eingenommen, noch nicht verlassen; unbeachtet dieses Standpunktes konnte es auf die Berathung der Eisenbahn-Borlagen eingehen ; es konnte seinen guten Willen zeigen, in allen materiellen Fragen von seiner sonnigen Opposition gegen das Ministerium absehen zu wollen; eS konme sich bereit erklären zur Uebernahme von ZinSgarantien und selbst Anleihen — aber die definitive Entscheidung mußte eS sich Vorbehalten bl« zur Entscheidung über die Budgetfrage. In Bezug auf kaS Budget- recht kann es nur den einen Grundsatz geben: „keme Bewilligung vor Feststellung des Budgets und Anerkennung des Budgetrechte«." So lange das Ministerium Ausgaben machen kann, die vv« Ab geordnetenhause nicht bewilligt sind, ist es ganz einerlei, ob da« Abgeordnetenhaus noch zusammen kommt, oder nicht. -t- Freiberg, den 3. April 1865. Wird das Schicksal der Elbherzogthümer durch, den sächsisch-baherisch-hessischen Antrag am Bunde im Sinne der Bevölkerung, im Sinne der gesammten deutschen Nation endlich einmal entschieden werden? Oder wird der Antrag auch nur dazu beitragen, die Entscheidung möglichst nahe zu rücken? Das sind die Fragen, welche gegenwärtig die Presse beschäftigen und die wir nach Lage der Sache eher verneinen, als bejahen möchten. Wir wollen nicht bestreiten, daß durch den Antrag die Hcrzogthümerfrage in eine neue Phase getreten ist, aber ob diese Phase auch bedeutungsvoll genug sich für die Zukunft gestalten werde, um einen entscheidenden Druck auf Preußen zu üben, das ist eine andere Frage. Nur Oesterreich ist im Stande, diese Bedeutung herbeizuschaffen, wenn