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Akademie-Echo ,lch habe nun auch im weitern Gange des Lebens oftmals hören müs sen: wie es doch gekommen sei, daß ich nie an eine Künstlerlaufbahn ge dacht habe, da ein gewisses zeichne risches und malerischerfindendes Talent mir allerdings nicht abgespro chen werden konnte ... Einesteils mochte wohl der gewaltige Vor schlag, den das Wissen als Wissen schaft immer in meinem Geiste ge habt hat, davon die Ursache sein, und andern teils wäre mir auch, gerade bei einer feinen Verehrung für die Kün ste, es immer etwas Widerstreitendes gewesen, wenn ich meinen materiel len Lebensunterhalt gerade ihnen hätte verdanken müssen. Poesie und Kunst waren mir immer als etwas so Reines, Ätherisches erschienen, daß es mir ganz fern lag, daran denken zu dürfen, man könne davon wohl auch sich nähren und kleiden". C. G. Carus. Lebenserinnerungen und Denkwürdigkeiten, Weimar 1966, Bd. 1, S. 52 f. D,U (, 4aru Carl Gustav Carus. Stich von L. Linsen nach L. Zoellner. CmI Gjwstav Carws (1759—1569) Zum bevorstehenden 200. Geburtstag am 3. Januar 1989 (Teil 6) 0 „Es gibt keinen deklarierten CARUS- Stil in der Malerei“ (42), die ihm eigent lich nie mehr als eine bereichernde und entspannende Freizeitliebhaberei ist. Dennoch muß Carus' bildkünstlerisches Schaffen als ein gewichtiger und eigen ständiger Beitrag zur Kunstentwicklung des frühen 19. Jahrhunderts angesehen werden und ist heute weltweit bekannter und populärer als dessen ärztliches Wir ken oder wissenschaftliche Bemühungen auf den verschiedensten Gebieten. Seine ehedem nicht zuletzt von Goethe hoch geschätzten Werke hängen heute in rund 70 europäischen Galerien, Museen und Privatsammlungen. Bereits in der Leipziger Zeit hat Carus bei seinem Freund Julius Dietz (1770 bis 1843), der ihn später auch bei der ästhe tisch anspruchsvollen druckgrafischen Il lustration vergleichend-anatomischer und weiterer biologischer Beiträge unter stützte, eine solide zeichnerische Ausbil dung erhalten. Seit 1817 mit Caspar Da vid Friedrich (1774 bis 1840) bekannt, wurde Carus besonders in den 20er Jah ren stark von dessen romantischem Idea lismus beeinflußt. 1818 lernte er den ei ner realistischen Landschaftsauffassung verpflichteten Johann Christian Clausen Dahl (1788 bis 1857) kennen und orien tierte sich - wie besondere Naturstudien der 20er Jahre belegen - an diesem dem Realitätssinn des Naturforschers und Arz tes entgegenkommenden Vorbild. In sei nen „. . . Briefen über Landschaftsmale rei" (43) forderte Carus gleichzeitig eine mit der naturwissenschaftlichen Erkennt nis übereinstimmende, d.h. an der Reali tät kontrollierbare Kunst. Unter dem Ein fluß Dahls und des Dresdner Realisten Johann Christian Klengel (1751 bis 1824) sowie in polarer Spannung mit der ro mantischen Auffassung Friedrichs ent standen bereits in den 20er Jahren bedeu tende Werke einer zukunftsweisenden bürgerlich-realistischen Landschafts kunst. Der von Carus mit auf den Weg Carus' Landhaus in Pillnitz. Gemälde von Carus aus den 30er Jahren. nun auch „. . . einen gewissen Tick, einen krankhaften Beigeschmack . . ." fand (44), griff er in den 30er Jahren und später immer wieder auf das eigene ro mantische Intermezzo zurück. Damit zog eine unübersehbare Stilunsicherheit in sein Schaffen ein. Carus' künstlerisches Spätwerk schließlich war - nicht nur zu dessen Vorteil - unübersehbar von der idealistischen Düsseldorfer Malschule be einflußt. Anmerkungen (42) Kleine-Natrop, H.-E.: Carl Gustav Carus (1789 bis 1869). Ausgewählte Aspekte seines Le bens hundert Jahre nach seinem Tod. Nova Acta Leopoldina. N. F. Bd. 36, Nr. 198, Leipzig, 1970, S. 199 (439 Carus, C. G.: Neun Briefe über Land schaftsmalerei, geschreben in den Jahren 1815 bis 1824 Zuvor ein Brief von Gothe als Einlei tung. Leipzig 1831. (44) C. G. Carus in einem Brief an Regis am 14 Dezember 1831. Sächsische Landesbiblio thek, Mser. dresd. h 45, Bd 1-2, Nr. 160 gebrachte biedermeierliche Realismus wurde in Dresden seit um 1830 vorherr schend. Obwohl Carus 1831 mit Friedrich gebrochen hatte, in dessen Bildern er Prof. Dr. sc. med. Günter Heidel Dr. phil. Marina Lienert Abteilung für Geschichte der Medizin scu» sricfe Eandcaftsmaterei, Mnwe • m Sasren ists—1421 - 1 ß. W. 6 a r u 6. eepsla, 1831. Betas vou Uosar ziilet /+xc; Blick auf Dresden bei Sonnenuntergang. Gemälde von Carus um 1822. Caspar David Friedrich. Selbstbildnis um 1810. Carus' bedeutendster ästhetischer Bei trag zur Theorie der Landschaftskunst. Titelblatt. Johann Christian Dahl. Zeichnung von Karl Vogel von Vogelstein 1823. Der Friedhof auf dem Oybin im Winter. Gemälde von Carus um 1828.