Volltext Seite (XML)
Akademie-Echo Carl Cwstau Carws (1789—1569) Anmerkungen Wieviel Bedeutung er selbst der „geneti ¬ schen Methode" beimaß, erhellt die Tat- zusammen und gehörten mit über 1000 beschleunigten Blutkreislaufes . . . V ersuch Darstellung des Nervensystems des Gehirns Bedestung. Entwiekelung uud Vollendang Cfifl Oustav CaritA fe Hattet. dem Jahre 1814. den Larven netzflüglicher Insecten" (22), Titelblatt von Carus' erster verglei- „Entdeckung eines einfachen vom Her- chend-anatomischer Spezialarbeit aus zen aus beschleunigten Blutkreislaufes in (20) Carus, C. G.: Von den Ur-Theilen des Knochen- und Schalengerüstes. Leipzig 1828. Tafel kung die ihm den Ehrennamen eines „Harvey der Insektenforscher" einbrachte (23). Besonders fasziniert war der über den engeren Rahmen der Medizin hinaus wis senschaftlich breit interessierte Arzt Ca rus wie nicht wenige seiner Berufs- und Zeitgenossen von der gesamten belebten Natur, zu deren Untersuchung er sich aber nicht experimenteller und rechneri scher Methoden bediente. Er ging zeitle bens von einem noch in der antiken Tra dition wurzelnden methodischen Konzept aus, das genaue empirische Beobachtung mit theoretischer Durchdringung und In terpretation der gewonnenen Erkennt nisse verband. Wiederholt warnte er da vor, einen der beiden methodischen Hauptschritte zu verabsolutieren (14), konnte sich selbst aber nicht immer von rein spekulativen Gedankengängen frei halten. Eine von Carus als Verfechter des Entwicklungsgedankens wesentlich mit begründete methodische Neuerung ist al lerdings die von ihm so genannte „gene tische Methode", die ermöglichen sollte, „. . . den Weg. . . (kennenzulernen), wel chen die Natur in ihrer Entwicklung ge nommen zu haben schien, und welchen die wissenschaftliche Betrachtung nun wieder rückwärts verfolgen soll" (15). Die weitere Entwicklung im ausgehen den 19. und im 20. Jahrhundert hat ge zeigt, daß sich von den Entdeckungen des Naturforschers Carus vor allem dieje nigen als bleibend gültig erwiesen haben, die Ergebnis gewissenhafter Beobach tung und von Spekulation weitgehend freier Beschreibung waren. Hierzu gehö ren die von ihm 1823 entdeckten Polkör perchen in den Eiern der Teichhorn- .. Schnecke (21), die später für die Zeu- gungs- und Vererbungstheorie außeror dentlich interessant geworden sind, wie auch die aus dem Jahre 1826 datierende (24) Carus, C. G.: Lebenserinnerungen und Denkwürdigkeiten. Weimar 1966 Bd. 1, S. 494 (19) Carus, C. G.: Erläuterungstafeln zur ver gleichenden Anatomie. Leipzig 1826-1855. 9 Hefte 4-7 gern, mit A. W. Otto, Heft 7-9 gern, mit Ed. d'Alton (18) Carus, C. G.: Lehrbuch der Zootomie. Mit stäter Hinsicht auf Physiologie ausgearbei tet, und durch zwanzig Kupfertafeln erläutert. 2 Bde., Leipzig 1818 (21) Carus, C. G.: Von den äußern Lebensbe dingungen der weiß- und kaltblütigen Thiere. Eine von der Königlichen Akademie der Wis senschaften zu Kopenhagen gekrönte Preis schrift. Nebst 2 Beilagen über Entwicklungsge schichte der Teichhornschnecke, und über Herzschlag und Blut der Weinbergschnecke und des Flußkrebses. Leipzig 1824. Sache, daß er sich 1826 und dann noch einmal 40 Jahre später in gesonderten Aufsätzen um ihre ausführliche Darle gung bemühte (16). Erstmalig angewandt hat er diese Betrachtungsweise bei sei nen vergleichend-anatomischen Studien, bediente er sich ihrer aber auch bei sei nen psychologischen Arbeiten. (15) Carus, C. G.: Lehrbuch der Zootomie. Leipzig 1818, S. 6 (17) Carus, C. G.: Erfahrungsresultate aus ärztlichen Studien . . . a. a. O , S. 93 Stets um die Ganzheitsbetrachtung der Natur bemüht, begann Carus 1829, sich mit einem weiteren Problemkreis zu be schäftigen: „Mir schwebt jetzt zuweilen der Entwurf einer Arbeit vor, welche ich wohl nach und nach durchzuführen- . . . suchen möchte, nämlich, nachdem ich mit so vielfältigen Entwicklungsge schichten und Metamorphosen mich her umgeschlagen habe, einmal die Entwick lungsgeschichte der menschlichen Seele recht einfach und klar zu verfolgen . . ." (24). (14) Siehe hierzu vor allem Carus, C. G.: Von den Anforderungen an eine künftige Bearbei tung der Naturwissenschaften: Eine Rede gele sen zu Leipzig am 19. September 1822 in der ersten Zusammenkunft deutscher Naturfor scher und Ärzte, Leipzig 1822 sowie Carus, C. G.: Gelegentliche Betrach tungen über den Charakter des gegenwärtigen Standes der Naturwissenschaft. In: Phoenix 2 (1854) 7, S. 52-54 Tafel XII aus Carus' „Von den Ur-Thei len . . III aus Carus' „Über die Entdek- eines einfachen, vom Herzen aus (16) Carus, C. G.: Von dem Unterschiede zwischen descriptiver, geschichtlicher, verglei chender und philosophischer Anatomie ... In: (Heckers) Litterarische Annalen der gesammten Heilkunde 4 (1826), S. 1-30 Carus, C. G.: Über Begriff und Vorgang des Entstehens: Ein Beitrag zur richtigen Würdi gung der genetischen Methode In: Leopoldina (1866) Heft 5, Nr. 14 und 15, S. 139-152. „Die Zergliederungskunde, inwie fern sie den Bau der verschiedenen Thiergattungen kennen lehrt und ver gleicht, verdient und erregt die Auf merksamkeit des Physiologen, des Zoologen, des denkenden Arztes in gleich hohem Grade; denn wenn sie dem Erstem die Annäherung zu den Geheimnissen organischer Kräfte er leichtert, und dem Andern die Ver wandtschaft Innern und äußern Thier lebens verstehen lehrt, so verspricht sie dem Letztem dagegen eine klarere Ansicht von der Bedeutung mancher krankhaften Bildungen und Zustände auch des menschlichen Körpers zu gewähren." C. G. Carus: Lehrbuch der Zootomie, Leipzig 1818, S. III Prof. Dr. sc. med. Günter Heidel Dr. phil. Marina Lienert Abteilung für Geschichte der Medizin instruktiven Abbildungen zu den bedeu tendsten Werken ihrer Art. Als einen sei ner gewichtigsten wissenschaftlichen Beiträge hat Carus seine spekulative Ur wirbel-Theorie angesehen, die er von der Goethe-Okenschen Schädellehre ausge hend 1828 in einer Monographie „Von den Ur-Theilen des Knochen- und Scha lengerüstes" (20) dargelegt hat. Diese Ar beit war von Anfang an umstritten, wurde aber auch von so hervorragenden Natur forschern wie Alexander von Humboldt (1769-1859) begeistert begrüßt. (22) Carus, C. G.: Entdeckung eines einfa chen, vom Herzen aus beschleunigten Blut kreislaufes in den Larven netzflüglicher Insec ten. Leipzig 1827 (23) Der Ehrenname nimmt Bezug auf den englichen Arzt William Harvey (1578-1657), der 1628 den von ihm entdeckten großen Blut kreislauf beschrieben hat. Zunächst sind jedoch seine beachtli chen Beiträge zu der seit dem ausgehen den 18. Jahrhundert in Mode gekomme nen vergleichenden Anatomie hervorzu heben, die er ehedem in Leipzig als der in Deutschland erste explizit für dieses Fach wirkende Dozent gelehrt hatte. Noch in seinen „Erfahrungsresulta ten . . ." zieht Carus aus seinen früheren morphologischen und dann auch physio logischen Bemühungen ein für die Medi zin bis heute grundsätzlich gültiges Fazit: ich deute hier nun nochmals darauf hin, daß ebenso wie meine zeitweiligen Beschäftigungen mit der Kunst meiner schärfern gegenständlichen Auffassung überall und überhaupt zugute gekommen sind, so insbesondere die vielfältig ver gleichend-anatomischen und physiologi schen Arbeiten meiner frühem Jahre mir durchgängig das Verständniß auch kran ker menschlicher Zustände und deren Verhältniß zur äußern Natur ganz wesent lich erleichtert haben." (17) Mit einem 1818 herausgegebenen und nicht zuletzt von Goethe begeistert aufge nommenen „Lehrbuch der Zootomie" (18), das eine Geschichte der stufen weise sich vervollkommnenden Organi sation in der Beschreibung des verschie denen Baues der einzelnen thierischen Geschöpfe . . ." nachweisen sollte, wurde Carus zugleich einer der Wegbe reiter der Evolutionstheorie, wobei er al lerdings später den Konsequenzen aus Darwins materialistischem Entwicklungs konzept nicht zu folgen vermochte. Die innerhalb von 30 Jahren herausgegebe nen „Erläuterungstafeln zu vergleichen den Anatomie" (19) faßten den derzeiti gen Erkenntnisstand auf diesem Gebiet Zum bevorstehenden 200. Geburtstag am 3. Januar 1989 (Teil 3) Der als Arzt und Naturforscher aner kannte Carl Gustav Carus im Alter von 39 Jahren (1828).