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werten Notiz nehmen, wollen wir nachstehend einen Auszug seine- letzten vom 14. d. M. datirten Artikels geben. Es heißt darin, daß die nächste Zukunft die Thronentsagung König Johann's bringen werde, der seinem Sohne, Kronprinz Albert, die oberste Lenkung des Staates überlassen will. Herr v. Beust stimme mit dem Kron prinzen in der Ueberzeugung überein, daß ohne eine unbedingte und rückhaltlose Befriedigung der Bevölkerung kein Souverän der Mittelstaaten mehr existiren könne. König Johann wünsche aber Frieden mit seinem Volke und mit den deutschen Fürsten, während der Kronprinz eine stärkere Heeresmacht und ein Büudniß mit Oesterreich anstrebe. Vor Preußen dürfe man sich um so weniger fürchten, weil unter dem Regime des neuen Fürsten auch liberale Reformen im Innern eingeführt würden. „Drei Forderungen", sagt der Correspondent wörtlich, „sind es, welche die Linke unserer dem nächst zu berufenden Kammer stellen wird: Reform des Wahlge setzes, Einführung der Volkswehr und Verschmelzung der beiden Kammern. Begreiflich genug, daß König Johann auch nur einer Ventilation solcher Zugeständnisse fern steht." Der Correspondent führt dann weiter aus, daß der Kronprinz und Herr v. Beust dies Alles geben wollen, um das Glück und die Unabhängigkeit ihres Volkes zu sichern. —Wir können uns wohl einer speciellen Wider legung dieses Unsinns enthalten, es genügt, darauf hinzuweisen, daß von allen diesen Dingen hier Niemand etwas weiß und auch nicht wissen kann, weil sie blos der Phantasie lügenhafter Correspondenten entspringen. — Der gestern in der hiesigen Papierfabrik verunglückte Arbeiter Nöbel ist sofort nach seiner Unterbringung im städtischen Krankenhanse gestorben. Die Section hat ergeben, daß der rechte Arm zermalmt, der linke Unterschenkel und der rechte Oberschenkel, ferner sämmt- liche Rippen der rechten und mehrere der linken Seite, sowie das linke Schlüsselbein gebrochen, und endlich der rechte untere Lungen flügel zerrissen waren. Diese grauenhafte Verstümmelung erklärt sich nur dadurch, daß Nöbel, ehe man die Maschine zum Stehen bringen konnte, 40—50 Mal vom Rade herumgedreht und an die Decke geschleudert wurde — Nächsten Sonntag findet eine Zusam menkunft derjenigen Eisenbahnverwaltungen statt, welchen von Seiten Oesterreichs die Verfrachtung der Außig - Teplitzer Braun kohlen nach Sachsen obliegt. Wie es scheint, wollen die Oester reicher bezüglich der von unserer Regierung erst in neuester Zeit bewilligten Tarifermäßigung für Kohlenfracht gegenüber auch Hand anlegen, um Erleichterungen des Verkehrs durch billigere Frachtsätze zu erzielen. Jedenfalls handeln sie damit ebenso in ihrem eigenen, als im Jnterresse des Publikums. Ein directer Verkehr der Außig- Teplitzer Gruben mit Dresden ist um so mehr zu wünschen, als eS sich nicht rechtfertigen läßt, daß, wie es jetzt geschieht, kleinere Plätze (z. B. Meißen, Großenhain, Radeberg rc.) niedrigere Frachtsätze zu zahlen haben, als das näher gelegene Dresden mit seinem außerordentlich starken Consum. Uebrigens liegt es in der Absicht, durch das Eylaut-Thal eine neue Verbindung zwischen dem Aussig - Teplitzer Kohlenbassin und Bodenbach herzustellen. Dieses Unternehmen würde allerdings den Transport der Braunkohle wesentlich billiger gestalten. Dresden, 18. Oct. Da nach dem neuen bürgerlichen Ge setzbuch alle seit dessen Publication geborenen außerehelichen Kinder den Familiennamen ihrer Mutter zu führen haben, so hat das CultuSministertum die Geistlichen und Kirchenbuchsührer anweisen lassen, beim Einträgen in das Kirchenbuch, also auch bei Ausstel lung der kirchlichen Geburts- und Taufzeugnisse, solchen Kindern ausschließlich den Familiennamen der Mutter beizulegen. Leipzig, 19. Oct. Das heutige „Tagebl." enthält folgende Bekanntmachung des Raths: „Heute vor hundert Jahren wurde Goethe als Student bei der Universität Leipzig eingeschrieben. Zur bleibenden Erinnerung hieran haben wir beschlossen, die Straße am obern Park von heute an mit dem Namen „Goethesttaße" zu be zeichnen." — Das sür den 19. October bestimmte Programm der Universität hat den Titel: „Der hundertjährigen Wiederkehr des Tages, an welchem Johann Wolfgang Goethe am 19, Oct. 1765 in die Zahl ihrer Studirenden ausgenommen ward, widmet die Universität Leipzig die nachfolgende Abhandlung ihres Mitgliedes vr. Friedrich Zarncke, ord. Professor der deutschen Sprache und Literatur." Den Inhalt bildet die 93 Seiten in Quart enhaltende erste Abtheilung der Abhandlung: „Ueber den fünffüßigen Jambus mit besonderer Rücksicht auf seine Behandlung durch Lessing, Schiller und Goethe von Friedrich Zarncke." In der Aula wird eine Büste Goethe'S aufgestellt werden. Die Kosten der Herstellung werden durch freiwillige Beiträge gedeckt. Gewerbcverein. Die 27. Sitzung im laufenden BereinSjahre war der Feier des 21. Stiftungsfestes gewidmet. An der hierbei arrangirten Festtafel betheiligten stch ca. 60 Mitglieder bez. Ehrenmitglieder des Vereins. DaS erste GlaS wurde dem Wohle Sr. Majestät des Königs Johann geweiht. Daran reihten sich Toaste, welche den Ehrenmitgliedern, den vortragenden Mitgliedern, dem Verein-« directorium, den bei der GewerdeauSstellung thätig gewesenen Aus« stellungs- und VerloosungS-Commissionsmitgliedern, sowie noch anderen Vereinömitgliedern galten und in Verbindung mit dem, von Hrn. Musikdirector Eckardt bereitwilligst vorgetragenen wirkungs reichen Liede „den Schönen Heil" den Abend zu einem sehr ange« nehm unterhaltenden gestalteten, umsomehr als auch einige Curiost« täten mit zum Vorschein kamen. Namentlich war eS einerseits die Ausstellungs-Commission, welche mit einem 4blättrigen Kleeblatt? verglichen von einem seiner Mitglieder, das sich selbst ausdrücklich als das Jüngstgewordene bezeichnete, in so individueller Weise illustrirt wurde, daß sich weder eines der übrigen Mitglieder, noch irgend Jemand der übrigen Anwesenden bemühte, darauf zu ant worten; andererseits war es die berühmte oder berüchtigte Meißner Cxcursion, welche zu den heitersten Bemerkungen Veranlassung bot ünd Vielen erwünschte Gelegenheit gab, in versteckter Weise darüber den Stab zu brechen, daß dieselbe, wie auf Grund eines Verein-« beschlusses geschehen war, an einem Sonntage stattgefunden hatte, an welchem natürlich gewerbliche Etablissements in der Regel ge schlossen und deshalb außer etwaigen Weinproben nur wenig Studien gewerblicher Art vornehmen sind. In welcher Art hierbei einem neuen Sprecher die Mitanwesenheit der Damen unliebsam geworden sein mag, konnte nicht ganz klar erkannt werden, soviel schien aber gewiß, daß er dieselben lieber ausgeschlossen gesehen hätte, um sich vor ihrem zerstreuenden Einflüsse nicht fürchten zu Müssen. Daß bei solcher Gelegenheit auch der Wunsch zu verstehen gegeben wurde, das Directorium hätte für hinreichende Vorräthe von Hirschbraten sorgen, nicht minder die in der Stadt zerstreuten Mitglieder zu sammensuchen, in gute Weinstuben führen und überhaupt anweisen sollen, wie sie es anzudrehen hätten, um sich Jeder nach seiner Art in Meißen zu amüsiren, kann bei den mancherlei Liebesdiensten, welche jedes Mitglied von seinem Directorium zu verlangen hat (und wozu wäre dasselbe denn sonst da?), nur als ganz in der Ordnung gefunden werden. Es hat denn auch keines der Direktorial- Mitglieder gewagt, derartigen wohlbegründeten Ansprüchen entgegen zutreten, vermuthlich vielmehr jedes derselben im Stillen den guten Vorsatz gefaßt, dergleichen wichtigen Anforderungen in Zukunft diensteifrigst zu genügen. Der Schluß der Sitzung, welcher um 11 Uhr erfolgte, war das Signal zur Bildung von Gruppen, in denen die Mehrzahl der Festtheilnehmer noch einige Stunden lang eines traulichen Beisammenseins sich erfreute. Nächsten Dienstag, den 24. October, Nachmittags, wird eine Excursion in das Muldenthal behufs einer Besichtigung der Thiele'« scheu Drathzieherei (des sogenannten DrathhämmerS) und der Mehner'schen Papierfabrik zur Ausführung gelangen, dafern die geehrten Herren Besitzer der Etablissements, wie zu hoffen, ihre Genehmigung ertheilen. Für den Abend desselben Tages hat Herr Rentier Busolt zu Dresden in seiner gewohnten Opferbereitwilligkeit einen Vortrag zugesagt, der, in Beziehung auf Form und äußere Ausstattung, dem im vorigen Winter gehörten ähnlich höchst interessant zu werden verspricht. Das Programm desselben lautet: Vortrag über eine Reise durch Deutschland und die Schweiz nach Nizza, mit Bezug auf Architektur, Technik, Landschaft und Vegetation, erläutert durch 60 allen Anwesenden zugleich sichtbare Zeichnungen. Da Herrn Busolt das Vereinslocal etwas zu klein erschien, so soll, um zugleich dem mehrfach ausgesprochenen Wunsche zu genügen, „in einem geeigneten Falle auch einmal den Damen Zutritt zur Vereinsversammlung zu gestatteu", für diesen Abend der Rupprecht'scke Saal benutzt, die Einführung einheimischer Gaste aber, um Ueberfüllung des Saales zu vermeiden, ganz ausgeschlossen werden. F. Vermischtes. * Während man seit fast einem Jahrzehnd in Deutschland nach dem Beispiele, welches England und Frankreich gegeben, neben poli tischen Zeitungen auch Unterhaltung«-Journale zu einem sehr billigen Preise kaufen kann, ist dieß bei Moden-Zeitungen, die unseren Damen unentbehrlich geworden sind, noch nicht der Fall. Die Moden-Zeitungen sind verhältnißmäßig immer doppelt so theuer, als die besten Unter- Haltungs-Journale. Diesem Uebelstande wird jetzt durch ein in Berlin seit dem 1. October erscheinendes Journal: „Die Modenwelt"*), illustnrte Zeitung sür Toilette und Handarbeiten, abgeholfen, und umsomehr müssen wir auf dieses Journal Hinweisen, als eS sich ange legen sein läßt, nur da« wirtlich Praktische in Toilette und Hand arbeiten zur Anschauung zu bringen, während eS das ost Harlekin« *) Vorräthig bei L. 2. Frotscher in Freiberg.