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München, N- Oct. (B. Bl.) Daß bei den Vorfällen vom vorigen Sonntag unter dem Haufen der Lärmer und Schreier auch Manche waren, die eS auf Schlimmeres abgesehen hatten, mag aus der Thatsache zu entnehmen sein, daß, als ein Kiirassiercadet mit dem Pferd stürzte, sofort Mehrere über ihn herficlen und mit Messern auf ihn losstachen; glücklicherweise schützte ihn sein Küraß vor Verwundung; die Spuren der Stiche fanden sich Tags darauf am Küraß, wie auch an dem durchlöcherten Mantel. Hatten die Excesse vom Sonntag ihren Entstehungsgrund in der Rohheit des zum Theil angetrunkenen Pöbels auf der Festwiese, der in jedem Gendarm einen Feind erblickt und stets bereit ist, gegen denselben Partei zu ergreifen, so waren die Unruhen des zweiten TagS lediglich der Ausfluß der Freude am Scandal, wozu die von den Genüssen der Kirchweih und des blauen Montags erhitzten Köpfe Lust verspürten. Durch die Vorgänge des vorigen Abends war für diese Sorte von Menschen das Losungswort gegeben, sich wieder einen solcheki Jux zu machen, und die Patrouillen, die bei ein brechender Nacht die Straßen durchzogen, boten ihnen den er wünschten Anknüpfungspunkt zu provocirendem Schreien, Pfeifen, Heulen. Indessen diesmal hatten sie sich verrechnet; die Civil- und Militärbehörden, durch die Ereignisse des vorigen Abends belehrt, hatten umfassende Vorbereitungen getroffen; außer dem Militär war auch Landwehr aufgeboten, und letztere säumte am wenigsten, kräftig dareinzufahren, wo sich Scandalmacher blicken ließen. Als diese merkten, daß sie überall auf ernsten Widerstand stießen, daß ihren Gelüsten nirgends Raum gegeben, dagegen Jeder, der sich hervorthat, ohne Nachsicht gepackt wurde, verloren sie auch bald die Lust, und so war ihnen ziemlich bald das Handwerk gelegt. — Nach einer Mittheilung der „N. fr. Pr.", die sie aus be sonders guter Quelle geschöpft haben will, wäre nicht nur Alles, was in Bezug auf Verhandlungsversuche der Mittelstaaten mit dieser oder jener ausländischen Großmacht vorgebracht wird, pures leichtfertiges Geschwätz, sondern es würde sich über kurz oder lang eclatant herausstellen, „daß die Mittelstaaten an ihrer trotz allen UnmutheS über die Gasteiner Convention doch stets festgehaltenen Ueberzeugung auch fernerhin nicht wankend zu werden brauchen, daß Oesterreich, soweit es die Würdigung und Wahrung ihrer Interessen betrifft, noch immer als ihre zuverlässigste Stütze und ihr natür lichster Hort zu betrachten sei." Coburg. Der um unsere Stadt hochverdiente frühere Bürger meister Oberländer hat von der Königin Victoria ein ehrendes Schreiben und eine kostbare Brillantnadel mit dem Bildniß des Prinzen Albert erhalten, als Dank für seinen warmen Eifer für die Errichtung des fürstlichen Denkmals. Ein öffentlicher Vorschlag, eine der neuen Straßen der Stadt nach der Königin Victoria, die andere nach Oberländer zu nennen, findet verdienten Beifall. In Stuttgart ist die Wassernoth so groß, daß König Carl den Wasserbedarf seiner Hofhaltung zu Gunsten der Stadt auf das Allernothwendigste eingeschränkt hat. Das Springen der Fontänen auf dem Schloßhofe ist eingestellt, die laufenden Brunnen der Stadt sind Nachts geschlossen. Frankfurt. Im „Franks. Journ." liest man: „Wie Heuer die Cholera in Altenburg eingeschieppt wurde, so wurde sie auch im Jahre 1854 von München in Frankfurt eingeschleppt und pflanzte sich beim Reinigen der Wäsche rc. durch dritte Personen so fort, daß, wenn der Schreiber dieses nicht irrt, sieben Sterbefälle daraus emstanden. Eiu Cholerafall dagegen, welcher aus der Schweiz nach Frankfurt verschleppt wurde„ blieb dort ohne Folgen, weil die Vorsicht gebraucht wurde, die Leiche nicht zu entkleiden und dieselbe samml Bettleinen, Federbetten, Bettdecken, sowie mit den Hand tüchern, welche bei der Kranken verwendet waren, schleunigst zu beerdigen. Der Ehegatte jedoch, welcher den Plaid, in welchem seine Frau verschieden, am folgenden Tage auf der Weiterreise ge brauchte, starb am gleichen Abend binnen wenigen Stunden in Köln an dieser Seuche. Mexiko. Der Kaiser Max hat, um die Einwanderung nach Mexiko zu begünstigen, ein Decret erlassen, durch welches den Ein wanderern bestimmte Vortheile bewilligt werden. Dasselbe enthält 9 Artikel, die nach dem Pariser „Moniteur" lauten: Art. t. Mexiko ist der Einwanderung aller Nationen eröffnet. Art. 2. Es werden vom Staate zu bezahlende Einwanderungs agenten ernannt, deren Aufgabe es sein wird, die Einwanderer heran zuziehen, sie auf dem ihnen zugewiesenen Giund und Boden untcrzu- bringen und durch alle möglichen Mittel ihre Niederlassung zu er leichtern. Diese Agenten werden ihre Befehle von einem durch Uns eigens zu bestellenden kaiserlichen AuswanderungScommiffar erhalten, dem auch durch Vermittelung Unsers Ministers der öffentlichen Arbeiten alle auf die Einwanderung bezüglichen Mittheilungen zngehen werden. Art. 3. Jeder Einwanderer erhält einen authentischen, unum stößlichen Act über sein Eigenthumsrecht, wie einen Schein darüber, daß sein Grund und Boden mit keiner Hypothek^belastet ist. Art. 4. Sein Eigenthum ist für das erste Jahr von Steuern, sowie von Mutation-gelvern, von letztern jedoch nur für die erste lieber- tragung, frei. Art. 5. Die Einwanderer können, so wie sie sich im Lande als Kolonisten niederlassen, Naturalisation-rechte erlangen. Art. k. Den Einwanderern steht es frei, Arbeiter in beträcht licher Zahl und von welcher Race immer, mitzubringen oder einführen zu lassen. Allein diese Arbeiter werden unter den Schutz eines be« sondern Reglements gestellt werden. Art. 7. Die Effecten der Einwanderer, ihr Acker- und Zuchtvieh,' ihre Sämereien, Werkzeuge, Maschinen und industriellen Geräthschasten bezahlen keine Zoll- und CirculationSgebühren. Art. 8. Die Einwanderer find während fünf Jahren vom Militärdienste frei. Sie können sich jedoch als Miliz zur Ver- theidigung ihres Eigenthums und der benachbarten Felder constituiren. Art. 9. Die CultuSfreiheit wird, in Gemäßheit des organischen Statuts des Kaiserreichs, den Einwanderen zugesichert. Sachsen. Freiberg. Oeffentliche Gerichtsverhandlungen, den 27. Oct. Vormittags 10 Uhr: Verhandlungstermin in Privatanklagsachen des Schlagwärter Karl Gotthelf Kremtz zu Niederbobritzsch gegen den Tagearbeiter Johann Traugott Kunze daselbst; Vormittags 11 Uhr: Verhandlungstermin in der Untersuchung wider vr. Christian Hartmann Schellwitz in Leipzig und Karl Friedrich Engler hier, wegen staatsgefährlicher Schmähung und Beleidigung. Leipzig, 13. Oct. Die ungewöhnlichen Menschen werden in unserer Alles nivellirenden Zeit immer seltener. So hat vor gestern der Tod wieder ein Stück Original, den Seilermeister Johann Gottfried Höhle sen. aus unserer Mitte abgerufen. Wer kennt nicht dessen Seilerladen auf dem Peterssteinwege, dem der Volkswitz wegen des in ihm herrschenden Gegentheils von Luxus sogar einen eigenen Beinamen gegeben Hut? Wer kennt nicht das von dem Verstorbenen in der kleinen Burggasse erbaute sonderbare große Haus mit dem hohen Dache, auf dessen Spitze sich eine lange mit Geländer versehene Gallerte befindet, die zur Seilerbahn bestimmt war? — Herr Höhle hatte sich durch sein Geschäft — er betrieb außer seinem Seilerhandwerke einen in seinem butiken artigen Laden gar nicht vermutheten, höchst bedeutenden Handel mit Mühlsteinen, Werg, Dachschindeln rc. — ein ganz namhaftes Ver mögen erworben, das er indeß keineswegs dazu verwendete, um sich das Leben angenehm und comfortabel zu machen. Im Gegen theil lebte er gleich einem armen Schlucker überaus einfach und dürftig, er kehrte sogar die Straße vor seinem Hause selbst, ja vor dem Turnfeste putzte er — obwohl ein Greis von 73 Jahren — sein Haus ohne jede Beihilfe selbst ab und strich es eigenhändig mit frischer Farbe an. Das Alles geschah aber keineswegs aus Geiz oder Geldgier. Denn wo es sich um einen wohlthätigen oder gemeinnützigen Zweck handelte, da war Höhle stets der Erste, der mit vollen Händen gab und mancher Arme wird seinen Tod schmerz lich empfinden. Viele Miethbewohner seines Hauses zahlten Jahre lang keine Mieihe und wenn inan ihm seine Verwunderung darüber aussprach, daß er solche Leute nicht heraussetze, erwiderte er mit echter Humanität: „Wer soll sie denn nehmen, wenn ich sie nicht behalte?" Man vermuthet bei diesem vielbewiesenen Wohlthätig- keitssinn auch, daß der Entschlafene einen Theil seines Vermögens für gemeinnützige Anstalten seiner Vaterstadt bestimmt haben wird. Originell übrigens, wie sein Leben, war auch sein Tod. Seit 8 Tagen leidend, wollte er doch Niemanden zur Pflege um sich haben, schloß Tags vor seinem Tode die Thüre hinter sich zu und da er am andern Morgen nicht wieder zum Vorschein kam, so mußte man die Thüre gewaltsam öffnen und fand ihn, wie man erwartete, todt auf seinem Lager liegend, vor. Oschatz. Ein langer Trauerzug bewegte sich am Montag, den 9. d. Mts., durch die Straßen von Oschatz. Es wurde die Leiche eines edlen Mannes zur Ruhe bestattet, eines Mannes, der über 50 Jahre dort gewohnt und gewirkt hatte und von Allen hochgeschätzt und verehrt wurde. Es waren die irdischen Ueberreste des am 5. d. Mts., Nachmittags gegen 5 Uhr, verstorbenen Hrn. Karl August Gadegast auf Thal, königl. sächs. OekonomierathS und Ritters des AlbrechtordenS. Sein Name als Landwirth und Schaf züchter ist nicht allein in den engen Grenzen seines Vaterlandes, sondern in allen Welttheilen bekannt und berühmt. Werdau. Eine Belehrung über das Verhalten bei der artigen Krankheitsfällen, wie sie sich jetzt hier zeigen, wird in den nächsten Tagen erfolgen und wäre schon bei dem ersten Todesfall erfolgt, wenn nicht von competenter Seite für gut befunden worden wäre, eine solche auf Zeit noch zu beanstanden. Vom Freitag