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1724 MWWWWWWWWMW ihren leitenden Grundsätzen. Sie würden die» in einem collectiben Schreiben an den deutschen Abgeordnetentag constatiren und in diesem Schreiben zugleich die Gründe entwickeln, weshalb die öster reichischen Abgeordneten diesmal fern bleiben. Prag, 21. Septbr. Die Vorstellung im böhmischen Theater war sehr bewegt. In Folge Verlautbarung des kaiserlichen Mani feste- war die Bevölkerung Prags aufs Höchste animirt. Das HauS war festlich beleuchtet. Als der Vorhang aufging, stimmte daS Orchester die BolkShhmne an. Die Bühne war reichlich mit Blumen geschmückt und die kaiserlichen Büsten mit Lorbeeren be- kränzt. Das Theaterpersonal und der Director desselben erschienen im Festgewande; das Publikum stimmte die Volkshymne an, und nach jeder Strophe wurden stürmische Slava's ausgebracht. Der Stadtrath hat beschlossen, alle Feierlichkeiten, sowie die Illumination auf den 20. Oct. zu verlegen. (Oeb.) München, 22. Sept. Die heute Abend in der Westendhalle stattqehabte Urwählerversammlung war sehr zahlreich besucht; wohl 2000 Männer, zum größten Theil Bürger Münchens, füllten den Saal. Ein Mitglied de« Schleswig-HolsteinS-Vereins, Hr. Olken- bourg, eröffnete, da Keiner von der Borstandschafl des Vereins er schienen war, die Versammlung. In Worten, die sich mehr an den Verstand, als an das Gemüth der Anwesenden wendeten, legte er die gegenwärtigen Verhältnisse in Deutschland dar. Nicht um die Rechtsfrage in der Sache der Herzogthümer handle es sich heute; die sei längst entschieden, entschieden im Gewissen des Volkes. Die Großmächte hätten dem Bunde das Schwert enrwunden, um den chleSwig-holsteinischen Knoten zu zerhauen; sie hätten ihn aber nicht gelöst, die Schwierigkeiten nur noch vergrößert. ,,Wollen Sie — chloß der Redner — daß ein Stück Deutschland nach dem andern an den Meistbietenden verkauft werde? (Rufe: nein! nein!) Ge gen ein solches System müssen wir Protest einlegen!" Mehr noch als diesem, gelang es dem zweiten Redner, Hrn. Vecchioni, die Ge- müther zu erregen. Er verbreitete sich über unsere Zustände und die Mittel, resp. daS Mittel, welches allein uns noch retten könne. DaS bessere Wissen, das bessere Wollen und die höhere Macht des Volkes müsse nunmehr den gebührenden Platz einnehmen, da die Künste der Diplomaten so schmählich zu Schanden geworden. Ge genüber dem Gebühren der Großmächte müßten wir unverbrüchlich sesthalten am Rechte de« Voltes, über seine Geschicke selbst zu ver fügen.. Die Zeit des Vertrauens in die Diplomaten sei dahin; es gebe nur ein Mittel, das uns retten könne: ein deutsches Parla ment. Der Ruf nach ihm müsse wieder durch Deutschland ertönen, und der Abgeordnetentag sei berufen, uns den Weg zu zeigen, wie dieses Parlament wieder erstehen solle. Stemmten wir uns nicht mit aller Energie dagegen, daß den Herzogtümern der Wille der Großmächte aufoctrohirt werde, so drohe uns das gleiche Loos, dem die Herzogthümer ohne unsere Hilfe verfielen. Redner schließt mit der Aufforderung, uns die guten Verhältnisse, in denen wir in Baiern leben, nicht vom „Junkerstaat" Preußen oder vom „Con- cordatsstaat" Oesterreich verderben zu lassen und mit aller Macht gegen ihre Prätensionen und Gelüste auszutreten. Der schließliche Vorschlag des Redner-, den beantragten Resolutionen ohne Debatte en blac zuzustimmen und nicht um Worte zu mäkeln, wurde so dann, nachdem noch Advocat Henle denselben unterstützt hatte, an genommen. Mit einem Hoch auf Deutschland (Schleswig-Holstein sei jetzt Deutschland), das den begeistertsten Wiederhall bei der Ver sammlung fand, schloß der Vorsitzende hierauf die Verhandlungen. D>e Beschlüsse lauten: „Die versammelten Urwähler erklären: 1. Heute wie immer ist unverbrüchlich fest;uhalt->U an dem vollen Rechte der untheilbaren Herzogthümer Schleswig-Holstein unter dem von ihnen selbst aner kannten Fürsten, welches nur beschränkt werden kann im Interesse Gesammtdculscblands durch ein deutsches Parlament. 2. Dieses Recht ist durch die Convention von Gastein auf das Tiefste ver letzt und daber jeder Widerstand gegen die Durchführung dieser Convention als berechtigte Nolhwehr anzuerkennen. 3. Die bishe rige Haltung der Regierungen der Mittel- und Kleinstaaten gegen über der Vergewaltigung der Herzogthümer ist eine Verschuldung, welche die gleiche Gefahr für die ersteren, wie für ganz Deutsch land herbeiführt. 4. Der deutsche Bundestag hat die absolute Un fähigkeit, die Geschicke des deutschen Volkes zu leiten, in diesem Falle wiederholt auf das Augenfälligste bewiesen. 5. Das Recht de- deutschen Volkes zur Geltung zu bringen, giebt es nur ein Mittel: die Schaffung einer Vertretung desselben durch ein deut sches Parlament. So lange ein solches nicht besteht, bilden die im Abgeordnetentag vereinigten Volksvertreter der einzelnen Staaten einen Ersatz desselben; wir fordern daher unsere Abgeordneten auf, in diesem Sinne ihre Pflicht zu thun, indem sie an dem Abgeorb« netentage in Frankfurt Theil nehmen." — 24. Sept. Ueber die diesen Nachmittag hier stattgehabte Berathung von 25 Mitgliedern unserer Kammer der Abgeordneten kann ich nun folgende« Nähere mkttheilen. Die Versammlung war ohne Zweifel zu dem Zwecke veranstaltet, um eine Nichtbetheiligung am Abgeordnetentage zu erzielen, wie denn auch die Einladung zu derselben von solchen Abgeordneten auSging, welche bei der deutschen Avgeorvnetenvcrsammlung von 1863 den bekannten Protest unter- zeichneten. Der beabsichtigte Zweck wurde aber nicht vollständig erreicht, denn eine molivirte Erklärung der Nichtbetheiligung am Abgeordnelentage wurde schließlich nur von 14 der Anwesenden unter zeichnet, während 10 erklärten, daß sie nach Frankfurt gehen werden. Die 14 Unterzeichner der ablehnenden Erklärung sind: v. Steins dorfs, Prof. Pötzl, v. Neumayr, .Sedmeier, (sämmtlich Münchener Abgeordnete; der fünfte Vertreter der Residenzstadt, Herr Hänle, war in der Versammlung nicht zugegen); Graf Hegnenberg, Steng- lein, l)r. Wirschinger, Förg, Reger, Prandtner, Hirschberger, Wieden hofer, Engert und Frhr. v. Ow. Von diesen 14 hatten nur v Steinsdorff, Reger und Wiedenhofer den Protest von 1863 nicht unterzeichnet. Ihren Entschluß, nach Frankfurt zu gehen, erklärten die Heeren: Schloer, Mandl, Dantl, Grünwald, Thürmeyer, Hohenadel, l)r. K. Barth, Berlenz, Krumbach und Kapfhammer, letzterer obwohl Mitunterzeichner des 1863er Protestes. Der eben falls in der Versammlung anwesende Or Gottfried Schmidt hat eine bestimmte Erklärung noch nicht gegeben, wird sich aber wahr scheinlich den 10 Letzteren anschließen. (Nürn. Corr.) KarlSrube, 23. Septbr. DaS „Deutsche Wochenblatt" von Eckardt giebt folgende Sätze als das provisorisch allseitig angenommene Programm der in Darmstadt unlängst stattgehabten demokratischen Parteiversammlungen an: „I> Demokratische Grundlage der Ver fassung und Verwaltung der Einzelnstaaten; allgemeines und direkte- Wahlrecht; parlamentarische Reaierung; Selbstverwaltung des Volkes in den Gemeinde- und Bezirköoerbänaen; Ersetzung des stehenden Heeres durch allgemeine Volkswehr; Erziehung des Volke- zu politischer Selbstständigkeit und geistiger Freiheit; 2) keine preußische, keine österreichische Spitze; föderative Verbindung der gesamnuen unter sich gleichberechtigten deutschen Staaten und Stämme, mit einer über den Einzelnregierungen stehenden Bundes gewalt und Nationalvertretung; 3) in dem Verkehr mit andern Nationen gegenseitige Anerkennung der Princ'pien der Nationalität und des Selbstbestlmmungsrechts, der Freiheit und Gerechtigkeit." Stuttgart, 21. Sept. Vom herrlichsten Wetter begünstigt, ist heute Nachmittag die Feier der Enthüllung von L. UhlanrS Denkmal vorübergegangen. Unter den letzten Klängen von Uhlandö: „Das ist der Tag des Herrn", fiel die Verhüllung, worauf I. G. Fischer die Stufen des Denkmals betrat und eine freimüthige, schwungvolle Rede an die zu Tausenden versammelte Menge hielt, welche dieselbe mit rauschendem Beifall begleitete. Es waren außer dem zuletzt gesungenen Arnbt'fchen Liede: „Was ist des Deutschen Vaterland!" laut r Uhland'sche Lieder, die den Abend ausfüllten, neben ihnen der gesprochene Vortrag des Gedichts: „Wenn heut' ein Geist herniedersticge." Besonders rührend war die Episode, daß Carl Mayer, der achtzigjährige Freund und Sanggenosse Uh- lands, von dem Festredner geführt, zu Füßen des Denkmals ein den Verherrlichten auf's wärmste feierndes Gedicht sprach. Koburg, 25. Sept Die heutige „Kob. Ztg." berichtet officiö», die deulsche Presse habe ungerechtfertigte Schlüsse über die Rück berufung Tempeltey's und über anderweitige Vorgänge verbreitet. Es sei eine irrige Annahme, daß die bisherige herzogliche Politik aufgegeben sei. Kassel. ES gehen über den Gesundheitszustand des Kurfür sten beunruhigende Gerüchte um. Der Leibarzt soll ihm Luftver änderung und absolutes Fernhalten von aufregenden StaatSgeschäf- ten anempfohlen haben. Frankfurt a. M., 22. Sept. Der ständige Ausschuß des deutschen Handelstags hat die Tagesordnung, wie folgt, festgestellt: 1. Handelsverträge des Zollvereins, insbesondere mit Rußland, mit Italien, mit der Schweiz. 2. Differenzialfrachtsätze der Eisenbahnen. 3. Gewichts- und Maßwesen. 4. Herstellung deutscher Münzeinheit. Neue Vereinsgold" ünze. 5. Zollvereinsangelegenheiten: Reform der Verfassung. Zollamtliche Behandlung für den Waarenimport und Export. Consulatswesen. 6. Einführung von Handelsgerichten. 7. Reformen im Poslwesen. 8. Allgemeine deutsche Versicherungs gesetzgebung. 9.' Kaufmännische- Concurswesen. 10. Empfehlung der Errichtung einer deutschen Gesellschaft zur Classification von Schiffen. Bis jetzt sind Vertreter aus circa 90 Städteu — circa 200 Mitglieder — angemeldet. Unter den letzter» befinden sich 29 preußische; 14 baierische; 9 hannoverische; 4 österreichische — Gratz, Linz, Triest und Wien (Gremium der Großhändler); r- 5 würtembergische; 5 badische u. s. w. Von beiläufig 50 Handels kammern, welche ebenfalls noch zum HandelStag gehören, find die Anmeldungen noch rückständig.