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' - 1868 gaben diese Thatsachen als Vorläufer gleicher und ausgedehnterer Maßnahmen aus, bis das Augustenburgerthum den Spruch erfüllt: „hinaus aus Holstein!" Fortan jedoch wird dergleichen nicht gut geschehen können, wenigstens in Holstein nicht, das von Preußen geräumt wird! Das ist Umkehr, starke Umkehr! die siebente That- sache ist die Forderung, daß die holsteiyische Presse und die Vereine, welche in Holstein ihren verderblichen Sitz haben, nach den Maß regelungsgesetzen, die Dänemark dem Lande gegeben hat, behandelt werden müssen. Jetzt wird die Verhandlung einer von Oesterreich einzusetzenden Regierung anheim gestellt, und es läßt sich an den Fingern abzählen, daß Presse und Vereine ihre zeilhertgen Tendenzen nur noch entschiedener werden befolgen können. Auch das ist Umkehr von sehr merkwürdiger Eigenthümlichkeit. — Die achte Thatsache ist, daß gewisse Februarforderungen existirt haben, bis zu deren Erfüllung der provisorische Zustand verbleiben solle, wie er ist, und dieser provisorische Zustand war so, daß in Holstein und in Schleswig das Post- und Telegraphenwesen in preußischer Hand war. Jetzt soll Preußen Einen Draht und nicht mehr durch Holstein haben und es ist ihm gestattet, preußische Postwagen mit eigenen Preuß. Beamten auf zwei vorgeschriebenen Landstraßen durch Holstein gehen zu lassen.' Auch das ist gewiß eine starke beachtenswerthe Umkehr. In Bonn ist vor 14 Tagen ein Franzose, Namens Ott, das Opfer brutaler Rohheiten geworden. Der Fall hat zu lebhaften Erörterungen in der englischen und französischen Presse geführt und dürfte auch zu einer Einmischung der betreffenden Regierungen Anlaß geben. Der Fall ist folgender: Ott, ein geborener Straß burger und seinem Stande nach Koch, kam auf seinem Wege nach Coburg durch Bonn. Er stand im Begriffe, sich dem Haushalte der Königin Victoria während ihres Aufenthaltes in Deutschland anzuschließen. Nachher sollte er Küchenchef im Haushalte des Prinzen Alfred werden, und wie es scheint, hatte er zur Feier dieser Anstellung für den Abend, an welchem sich das unglückliche Ereigniß zutrug, einige Freunde zum Abendessen eingeladen und bewirthet. Um 10 Uhr Abends verließ er in Begleitung von vieren seiner Gäste die Schänke und ging Arm in Arm mit zweien derselben, während die andern beiden in einer Entfernung von ein paar hundert Schritten hinterher gingen. Es dauerte nicht lange, so begegneten sie einer Schaar Äudenten, unter denen sich auch ein Soldat in Uniform befand; es kam zu einem kurzen Wort wechsel und dann zum Handgemenge. Die Studenten, angeblich 20 an der Zahl, schlugen mit ihren mit Blei auSgegossenen Stöcken um sich und streckten schnell zwei Gefährten Ott's zu Boden. Mittlerweile zog der Soldat seinen Säbel und versetzte dem armen Ott zwei furchtbare Hiebe über den Kopf. Darauf lief die ganze Gesellschaft fort, und als die beiden anderen Freunde Ott's an Ort und Stelle anlangten, kamen sie gerade noch zeitig genug an, um ihn aufzuheben und nach dem Hospital zu bringen. Dort wurden seine Wunden verbunden; allein am nächsten Tage stellte sich der Kinnbackenkrampf ein, und das arme Opfer hauchte endlich sein Leben nach furchtbarer Pein aus. Es wird nicht behauptet, daß Ott und seine Freunde betrunken gewesen seien, während aufs be stimmteste in Abrede gestellt wird, daß sie ihre Angreifer irgendwie beleidigt hätten. Doch wird gesagt, sie hätten die Kneipe „singend" verlassen, und da sie beim lustigen Mahle zusammen gewesen waren, so mochten sie wohl ein wenig aufgeregt gewesen sein und keine Lust bezeigt haben, den Studenten aus dem Wege zu gehen. Auch hatte dem Vernehmen nach der lumpige Scandal seinen Anlaß wirklich in dem Vorschläge der Freunde Otto's, auf einer gewissen Seite des Weges zu gehen, obgleich nicht angedeutet wird, daß sie darin gegen Brauch oder Recht verstoßen hätten. Die Studenten hatten vermuthlich gleichfalls gezecht, so daß sich der ursprüngliche Character des Streites unschwer errathen läßt. Auch die Anwesen heit des Soldaten in Uniform erklärt sich ganz einfach. Er diente als einjähriger Freiwilliger in dem zu Bonn liegenden Husaren- regimente. Es ist geradezu unmöglich, daß die Studenten genöthigt gewesen sein sollten, zur Selbstvertheidigung zu den Gewalthätig- keiten, die sie verübten, ihre Zuflucht zu nehmen. Sie waren ihren Gegnern an Zahl um das Fünffache überlegen und führten furcht bare Waffen bei sich. Es wird ausdrücklich versichert, daß Ott nicht einmal einen Stock in der Hand gehabt habe, und doch zieht ein preußischer Freiwilliger seinen Sävel gegen diesen armen, allein dastehenden, waffenlosen und wehrlosen Mann. Die „Times" schließt: Dem Vernehmen nach hat die Königin sich bereits für diese Sache interessirt, und eS nicht unwahrscheinlich, daß der Kaiser Napoleon mit seinen Genugthuungs-Forderungen auftreten wird. Der „A. Z." wird aus Weimar geschrieben: Die Wahl Kuno Fischer's, des bekannten Philosophen, als Begleiter unseres Erb- großherzogS auf seiner bevorstebenden Reise durch Europa, konnte nicht verfehlen, bei der Bevölkerung unseres Landes einen höchst günstigen Eindruck hervorzurufen. Während andere Fürsten bei ähnlicher Veranlassung sich bemühen, ihre Sprößlinge der Obhut irgend eines Jesuiten oder Mucker'S anzuvertrauen, erwählt der Großherzog, treu dem Geiste seiner erlauchten Vorfahren, einen Mann für diese Stelle, der unter seinen Zeitgenossen als eminenter Denker eine hervorragende Stellung einnimmt. Paris. Der Zeitungsnachricht gegenüber, daß Graf Blome eine Mission nach Paris erhalten habe, um der französischen Re- gierung die Motive der Gasteiner Convention eingehender darzule- geu, dürfte ein Artikel der „France", die für das specielle Organ des französischen Ministers des Auswärtigen gilt, von Interesse sein, der überschrieben ist: „Cherbourg und Salzburg" und wie folgt lautet: „In dem Momente, wo sich Preußen und Oesterreich zu Salzburg in die Beute theilen, die sie dem besiegten Dänemark abgenommen, reichen Frankreich und England zu Cherbourg sich freundschaftlich die Hände, um in gemeinsamen Festlichkeiten die Entente zu befestigen, welche für die moderne Gesellschaft eine Ga rantie des Friedens, der Civilisation und des Fortschrittes ist. Diese beiden Acte charakterisiren in der Geschichte unserer Epoche eine zweifache Politik. Oesterreich und Preußen brachten mit ihrem Kriege gegen Dänemark Europa schon einmal in Gefahr, in die , Wechselfälle eines allgemeinen Krieges gestürzt zu werden. Däne mark, von allen Seiten verlassen, wurde besiegt; nun aber begann auf's Neue der Kampf um die Oberherrschaft zwischen den beiden deutschen Mächten, und ohne das in Salzburg abgeschlossene Com- promiß drohte auf's Neue ein Krieg auszubrechen, der ganz Europa in Brand stecken konnte. Der Conflict ist aber doch nur für den Moment beschwichtigt, das Feuer glimmt unter der Asche fort, und wer weiß, was aus dieser Rivalität eines Tages noch Alles ent stehen kann. Dahin führte die Allianz zwischen Preußen und Oester reich. — Ganz anders stehen aber die Westmächte nach ihren Cher bourger Festen da. Diese inaugurirten eine große, edle und nutz bringende Politik. Sie repräsentiren die friedliche Civilisation, wozu natürlich das beste Symbol in den mörderischen und vervoll kommneten Zerstörungswerkzeugen lag, die in Cherbourg und Brest vor aller Welt zur Schau gestellt wurden. Sie vertheidigen beide die Grundsätze der Gerechtigkeit und Freiheit. Stets bereit, ihre Stimme zu Gunsten der Unterdrückten zu erheben, vereinigen sie sich, um den modernen Nationen den weitesten Horizont zu eröffnen, die großen socialen Fragen zu entscheiden. Hierzu bedarf es keiner diplomatischen Combinationen. Als sich Frankreich und England gegen Rußland vereinigten, vertheidigten sie den Schwachen gegen den Starken, das Recht gegen das Unrecht. Nicht so war es mit der österreichisch-preußischen Allianz der Fall. Frankreich und Eng land gingen aus einem riesigen Kriege hervor, ohne einen speciellen Vortheil für sich errungen zu haben." Ueber die in Bukarest stattgehabten Unruhen sagt der „Moniteur": daß dieselben in den Donaufürstenthümern eine leb hafte Erregung hervorgerufen hätten und als Symptome einer be- klagenswerthen, gegen den Fürsten Kusa gerichteten Erbitterung, die nicht ohne Grund sei, gelten müßten. Wiener Blätter sprächen von einer Intervention. Der „Moniteur" will aber weder eine gemein same Intervention der Großmächte, noch die Intervention einer einzelnen Macht; denn eine Intervention würde eine Reihe von Verwickelungen für die Cabinete in der vorliegenden Angelegenheit Hervorrufen. Die einzig mögliche Haltung werde sein, dem Fürsten Kusa die Nothwendigkeit darzulegen, sich zu rechtfertigen gegen die Angriffe, indem er eine vorwurfsfreie Politik befolge und die Ordnung in der Verwaltung zurückführe. Unter den gegenwärtigen Umständen dürften die Cabinete dem Fürsten Kusa ihre moralische Unterstützung nicht verweigern. Sachsen. Freiberg. Oeffentliche Gerichtsverhandlungen den 15. Sept., Vormittags 9 Uhr: Verhandlungstermin in der Untersuchung wider Christiane Friedericke verw. Böhme aus Lichtenberg, wegen Dieb stahls. — Vormittags 10 Uhr: Verhandlungstermin in Privatan- klagsachen Karl Wilhelm Krämer's in Seifen und Gen. gegen Carl August Wolf daselbst. — Verhandlungstermin in Privatanklagsachen Christianen Carolinen verehel. Drechsel zu Niederseifenbach gegen Johanne Christiane verw. Kunze zu Pfaffroda. — Vormittag» 11 Uhr: Verhandlungstermin in Privatanklagsachen Karl August Wagner's zu ClauSnitz gegen Hrn. Pastor Ernst August Tittmann daselbst. Leipzig, 1. September. Heute Morgen zwischen 9 und 10 Uhr wurde Gustav Harkort in feierlichster Weise zur Erde bestattet. Dem Zuge folgten eine lange Reihe von Wagen und nahe an 600 Leidtragende aus allen Theilen der hiesigen Bürgerschaft, darunter Mitglieder der königlichen und städtischen Behörden, der Universität, des Officiercorps, sämmtlicher Eisenbahndirectionen, de« Handels- Vorstandes und der Kramerinnung, des Buchhändlergremiums und