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reiber^er Anzeiger und Amtsblatt des Kgl. Bezirksgerichts zu Freiberg, sowie der Kgl. Gerichtsämter u. der Stadträthe zu Freiberg, Sayda u. Brand. 178. Dienstag, den 1. August Srschetn» jeden Wochentag früh S U. Inserate werden bi« Nachm. Z Uhr für die nächste Nr. angenommen. Pret« vierteljihrl. 20 Ngr. Inserate werden die gespaltene Zeile »dir deren Raum mit S Pf. berechnet. 1863. Souveränetät besitzt — wenigstens nach den Bestimmungen des be stehenden Preßreglements — „beleidigt" und dadurch rem Verfah ren jener einen materiell gerechtfertigten, selbst von Herrn v. Halbhuber nicht anfechtbaren Boden geliefert. Zudem ist Herr May nicht geborner und vielleicht nicht einmal naturalisirter Holsteiner, sondern aus Posen übergesiedelt. Endlich hat die extreme und viel fach gehässige Art und Weise, wie er den Kampf gegen Preußen geführt, ihm auch in den Herzogthümern selbst die Sympathien mancher gemäßigterer Patrioten entzogen. Ihm war also offenbar weit leichter, als irgend einem andern Mitgliede und Matador der Landesvereine persönlich beizukommen. Hinter diesem speciellen und persönlichen Angehen aber steckt natürlich ein formelles und prin- cipielles. Ist Herr May aus der Hand, die ihn jetzt erfaßt hat, nicht zu retten, so werden bald noch andere Dinge Und Personen derselben Hand nicht mehr zu entziehen sein. Und sollte diese Hand nicht wirklich weiter greifen wollen, so würde sie auch den armen Herrn May schwerlich so energisch angegriffen haben. Bezüglich des Kölner Abgeordnetenfestes veröffentlichen mehrere Augenzeugen, unter ihnen der Abgeordnete Schmidt aus Elberfeld, folgendes Schriftstück über die Brutalitäten des nassauischen Mili- tärS in Lahnstein: „Wir befanden uns am Sonntage den 23. Juli m Lahnstein als Theilnehmer an dem in Köln projectirt gewesenen und polizeilich inhibirten Abgeordnetenfeste. Nachdem die Festver sammlung beendet war und ein großer Theil der anwesenden Ab geordneten und Festgäste gegen 4 Uhr mit den beiden zur Verfü gung stehenden Dampfbooten die Rückfahrt angetreten hatte, rückte gegen 4»/, Uhr nassauisches Militär, von Wiesbaden kommend, in Lahnstein ein. Da wir beschlossen hatten, mit der Eisenbahn an statt mit den Dampfbooten zurückzukehren, warteten wir im Garten des Hotel Lahneck auf die Abfahrt des rheinabgehenden Schnell zuges, um mit demselben unsere Heimreise anzutreten. Das Mili tär nahm inzwischen in der Nähe des Hotels Aufstellung. Nach dem dasselbe längere Zeit daselbst gestanden, wurde eine PatryMt nehmen wir noch von einer Depesche Notiz, welche der ,,K. Z." zugeht und worin es heißt: „Eine Zusammenkunft des Kaisers von Oesterreich und der Könige von Preu ßen, Baiern und Sachsen in Salzbu'rg oder Gastein ist als nahe bevorstehend anzunehmen." Der preußische Gewaltakt gegen den Redacteur der „schles wig-holsteinischen Zeitung" erfährt in der Presse die mannigfachste Auslegung, natürlich aber nirgends Billigung. Man fragt sich, was hat 0r May denn eigentlich gethan, daß in solcher Weste ge gen ihn eingeschritten wird ? Allerdings hat er böse Dinge ver- öffentlicht, denn die „schlesw.-holst. Ztg." war ein fortlaufendes Sündenregister der preußischen Regierung. Gleichwohl durfte nicht darin und noch weniger in den scharfen Reden, die Herr May kürz lich in Bremen, wie anderwärts gehalten hat, der Grund seiner Verhaftung zu suchen sein; sondern vielmehr darin, daß er der Se kretär und Hauptagitator des engeren Ausschusses der schleswig- holsteinischen Vereine ist. Indem nun die preußische Regierung be kanntlich diese Vereine als die organisirte Parteiherrschast des her zoglichen Prätendenten betrachtet, konnte sie voraussetzen, daß in dem Bureau des Herrn May die Fäden dieses Organismus zusammen laufen, daß in seinem Pulte sich Documente über die Beziehungen des Herzogs selbst zu diesem Vereinswesen vorfinden möchten. Nicht also nm Herrn May, sondern um den Herzog kann es sich handeln; zu dessen Cabinete ist in Altona die Thüre aufgebrochen worden und man wird je nach Befund durch dieselbe weiter gehen. Daß man aber gerade bei Herrn May Bresche machte, hat seinen guten Grund, denn es zeigte sich eben dort der schwächste Punkt der au- gustenburgischen Festung. Herr May hat unleugbar die preußische Regierung, welche nun einmal factisch und vertragsmäßig eine Art -1- Freiberg, 31. Juli 1865. Das in die schleswig-holsteinische Frage tief und viel leicht entscheidend eingreifende neueste Ereigniß ist die Ministercon- ferenz in Regensburg unter Vorsitz des Königs von Preußen. Noch sind die Resultate unbekannt, welche sich daraus ergeben haben,- denn dasjenige, was man darüber meldet, steht gegenseitig so im Widerspruch, wie Tag und Nacht. Wie die preußischen Blätter -darüber schreiben, haben wir in letzter Nummer mitgetheilt. Hören wir nun österreichische Blätter über dieselbe Conferenz. „Die entscheidende Bedingung", schreibt die „N. Fr. Pr.", „welche Preußen im Februar gestellt hatte, war diejenige, welche den König von Preußen zum Kriegsherrn in den Herzogthümern machte. Wir hören nun, daß Preußen diese jede Souveränität des eventuellen Herzogs von Schleswig-Holstein aufhebende, jede Selbstständigkeit der Herzogthümer vernichtende Bedingung in Regensburg fallen gelassen hat. Preußen ist, unsern Nachrichten zufolge, auf die von Oesterreich beantragte und festgehaltene Bedingung, daß die mit den Herzogthümern abzuschließende Militär-Convention dem Bunde unterbreitet und von demselben sanctionirt werde, ein- , gegangen, "und dieses preußische Zugeständniß bildet in diesem Au genblicke den Ausgangspunkt der Verhandlungen behufs Präcisirung der übrigen bezüglich des Kieler Hafens, der Festung Rendsburg und des Nord-Ost-See-Canals Preußen zu gewährenden Begün stigungen. Die Candidatur des Großherzogs von Ol denburg, welche Preußen noch in den letzten Tagen in den Vordergrund gestellt, ist nun bei Seite ge setzt. Die Annexion der Herzogthümer ist vom preu ßischen Cabinete auf gegeben." So weit österreichische Blätter. Unsere Leser werden aus diesen beiden Mittheilungen er sehen , daß sie sich, wie wir oben schon erwähnten, wie Tag und Nacht gegenüberstehen. Es fragt.sich nun zunächst, welche An schauungsweise den neuesten Handlungen der preußischen und resp. österreichischen Regierung entspricht. Aber auch diese Betrachtung führt uns zu keinem entscheidenden Resultate. Die Verhaftung des Redacteur May, die Ausweisung des Abgeordneten Frese aus den Herzogthümern sprechen ganz und gar für die Mittheilungen der „Provinzial-Correspondenz", denn mit diesen beiden Gewaltacten hat Preußen die Initiative ergriffen, auf eigene Hand in den Herzogthümern aufzuräumen. Lesen wir dagegen die österreichische Thronrede beim jüngst erfolgten Schluffe des Reichsrathes, so drängt sich wiederum die Ueberzeugung hervor, daß die Mittheilung der „N. Fr. Pr." das Richtige getroffen habe. „In der schleswig- holsteinischen Frage", sagt die Thronrede, „wird Se. Majestät im Einvernehmen mit Ihrem erhabenen Bundesgenossen, dem Kö nige von Preußen, dieselbe einer Lösung eütgegeu zu führen trach ten, wie sie den Interessen Gesammt-Deutschlands "und der Stellung Oesterreichs im deutschen Bunde entspricht." Kann man füglich diese vom Erzherzog Victor noch mit besonderer Betonung hervorgehobene Stelle der Thronrede nicht blos als eine Redensart, als eine Phrase betrachten, so ist eben ein Ausweg aus all' diesen Widersprüchen schwer zu finden.. Unsere persönliche Ansicht müßten wir in diesem Falle, um den künftigen Ereignissen nicht zu präjudiciren, eigentlich zuryckhalten, indeß wollen wir wenigstens andeuten, daß die österreichische Auffassung und Dar stellung uns als die richtigere erscheinen will. Selbst die gegen wärtigen Gewaltacte Preußens in den Herzogthümern dürften viel leicht nur dazu dienen sollen, daß Bismarck dadurch seinen Rückzug decken will. In Preußen freilich würde man mit Zähneknirschen Regensburg in ein zweites Ollmütz umtaufen. In jedem Falle aber wird es gut sein, vorläufig noch abzuwarten, wie das Räthsel sich löse. Die nächsten Tage müssen die Situation klären. Endlich