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Merger Anzeiger und Tageblatt. Amtsblatt des Kgl. Bezirksgericht« zu Freiberg, sowie der Kgl. Gerichtsämter u. der Stadträthe zu Freiberg, Sayda u. Brand. 188. Krschtmt jwm' Wvchenlag früh S U. Inserate werden bi« Nachm. Z Uhr für kie nächste Nr. angenommen. Sonnabend, den 22. Juli Pul» vierteijjhrl. LV Ngr. Inserate werden die gespaltene Zeile oder deren Raum mit 5 Pf. berechnet. 1863. -i- Zum Feste! Im Festesschmuck öffnen sich heut' die Thore der Residenz zum Einzuge deutscher Sänger aus allen Enden der Welt. Weit hinüber über die Grenzen Europa'« ist der Festesruf gedrungen und all' überall fand er freudigen Widerhall in den Herzen der Deutschen, die So weit die deutsche Zunge klingt Und Gott im Himmel Lieder singt mit Sehnsucht den Tag erwarteten, wo sie einkehren sollten in die Heimstätte deutscher Kunst 'und deutschen Geistes, in den Mittel punkt unseres lieben Sachsenlandes. Heut' ist ^er schöne Tag angebrochen ; wie im Brautschmuck empfängt das herrliche Dresden die Söhne der Germania; heut' ziehen sie ein von den jenseitigen Gestaden des atlantischen und stillen OceanS, von Amerika und dem im tiefen Asien liegenden China; von den Spitzen der Alpen, sowie von den Gefilden jenseits der Pyrenäen; von dem meerumschlungenen Jnselreiche Groß- brittannien, von den weinumkränzten Fluren de« Rheins, von der sarmatischen Ebene des Osten«, von der brausenden Donau, von der Adria, kurz überall her, wo deutscher Fleiß und deutsche Sitte eine Stätte gefunden. Ein solcher Tag ist nicht allein ein Festtag für den Festort, ganz Deutschland, vor Allem aber ganz Sachsen fühlt den Pulsschlag der Freude aus dem Herzen des eigenen engeren Heimathslandes. Darum rufen auch wir unser freudiges , Willkommen" allen lieben Sangesbrüdern von Nah und Fern, von Nord und Süd, von Ost und West entgegen, Allen, die zur Verherrlichung des großen nationalen Festes herbeiströmten. ES gilt ja, die edle Gesangeskunst, deren Wirkungen auf das Menschen' Herz so wunderthätig sind, mehr und mehr zu entfalten, um sie zum innersten Eigenthum der deutschen Nation zu machen. Die Gesangeskunst vor Allem ist es, welche das Volk erhebt, begeistert, tröstet, edelere Empfindungen in ihm wahrt und nicht selten jener entsetzlichen, alles Höhere vernichtenden Philosophie, die nichts gelten lassen will als „Kraft" und „Stoff", einen festen Damm entgegen- etzt. Sie ist eS, von der unser unsterblicher Schiller singt: ES rafft von jeder eiteln Bürde, Wenn des Gesanges Ruf erschallt, Der Mensch sich aus zur Geisterwürde Und tritt in heilige Gewalt; Den hohen Göttern ist er eigen, Ihm darf nichts Irdisches sich nah'n, Und jede andre Ma-bt muß schweigen. Und kein Verhängniß fällt ihn an; ES schwinden jedes Kummers Falten, So lang des Lieder Zauber walten. . - Aber noch ein anderer hoher Gedanke liegt dem Feste zu Grunde. Wie die alten Hellenen durch ihre olympischen Spiele das Nationalgefühl und Nationalbewußtsein im Volke belebten und damit den inneren Kern des Volkslebens veredelten und kräftigten, so sind auch nnsere deutschen Feste berufen, das nationale Leben zu fördern, die Zwietracht zwischen den einzelnen deutschen Stämmen mehr und mehr zu verscheuchen, damit wir dem Auslande gegen über stets dastehen „als ein sestgeschlossenes einig Volk von Brüdern". Und wie die deutsche Tricolore von den gastlichen Dächern weht, so möge das Gefühl der Zusammengehörigkeit Alle, Alle durchwehen,' die diesem schönen Feste beiwohnen. Möge vor Allem das Gefühl für Recht und Freiheit diejenigen Festgenossen im Innersten be wegen, die unter dem Drucke eines deutsch-feindlichen Systems der Gefahr entgegentreiben, das Recht und die Selbstständigkeit eine« deutschen Bruderstammes, der seit langen Jahren zum ersten Male mit entstörter Fahne unter uns weilen wird, der Habsucht und der Pergrößerungslust ihrer Diplomaten zu opfern. Mögen sie er kennen lernen, daß das deutsche Volk nur dann zu ihnen steht und ihren eigenen inneren Kampf mit seinen Sympathien begleitet, so fern auch sie die Rechte ihrer Brüder höher stellen, als alle übrigen Interessen. Und so werde da« Fest für Alle, Alle ein reicher Quell geistiger Erfrischung und ein Band herzinniger Eintracht! Möge der Mahnruf Hoffmeisters nicht umsonst erschallt sein, der Mahnruf: Dresche Liebe, deutsche Treue, Deutschen frommen Bruderfinn Legt, Ihr Säuger, hier aufiS Neue Auf Germania'- Mai^hin! Zeigt im tausendstimm'geu Thore Deutschen Muth und deutsche Kraft; Daß der Zwietracht Brust durchbohre Männerfang der Eintracht schafft! Tastesgeschichte. Berlin, 19. Juli. (B. Bl.) Der Ministerpräsident v. Bis marck wird in Gastein und auch in Baden-Baden in der Nähe de« Königs bleiben und dann erst nach Biarritz ins Seebad gehen. — Der hiesige „Social-Demokrat" ist dreimal in den letzten Tagen, zuletzt heute wieder confisciri worden. Es befand sich darin eine Aufforderung des Präsidenten des allgemeinen deutschen Arbeiter vereins, Arbeiterversammlungen in ganz Deutschland zu veranstalten, nm in der Kölner Angelegenheit sich für den Festcomitö auszu sprechen. — Wie man hört, beabsichtigt die Regierung infolge des Eisenbahnunglücks bei Magdeburg, verschiedene neue Anordnungen zu treffen. Das Rangiren von Zügen auf dem Schienengleise soll nicht mehr geduldet werden und ebenso wenig dürfen solche aus demselben stehen bleiben, sofern eine falsche Weichenstellung ein Un glück herbeiführen kann. * — Der preußische „Staatsanzeiger" bringt folgende königl. Verfügung:,Da es nicht gelungen ist, ein Gesetz über den Staats haushalt deS JahreS 1865 mit dem Landtage zu vereinbaren, so bestimme Ich auf den Bericht des StaatsministerS vom 4. Juli, daß die hierbei zurückerfolgende Nachweisung der für das laufende Jahr zu erwartenden Staats-Einnahmen und der zu leistenden Ausgaben als Richtschnur sür die Verwaltung dienen soll. Zugleich will Ich dem Marineminister hierdurch ein- Summe bis zu 500,000 Thlr. zur Beschaffung von schweren Gußstahlgeschützen für die Flotte zur Verfügung stellen, über deren Verwendung resp. Ver rechnung Mir von dem Marine- und dem Finanzminister am Schluffe dieses Jahres Bericht zu erstatten ist.. Diesen Erlaß hat da« StaatSwinisterium durch den „Staats-Anzeiger" zur öffentlichen Kenntniß zu bringen. Karlsbad, 5. Juli 1865. Wilhelm.