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und Tageblatt. Amtsblatt des Kgl. Bezirksgerichts zu Freiberg, sowie der Kgl. Gerichtsämter u. der Stadträthe zu Freiberg, Sayda u. Brand. .1° 163. Mittwoch, den 1v. Juli Erscheint jeden Wochentag früh 9 U. Inserate werden bi« Nach«. L Uhr für dir nächste Nr. angenommen. Pret, »terteljihri. LV Ngr. Inserate werden die gespaltene Zeile oder deren Raum mit L Pf. berechne«. 1865. Tagesgeschichle. Aus Deutschland, 15. Juli. Die Anerkennung des König- * reichs Italien beschäftigt im Augeilblick die deutsche Diplomatie und Presse um der handelspolitischen Frage willen lebhafter als je. Und abermals ist Deutschland zwieträchtig. Oesterreich beschuldigt ' Preußen, daß es aus Jntrigue die Frage in den Zollverein ge worfen habe, woraus indeß ganz einfach zu antworten ist: Oester reich braucht nur seinen dynastischen Groll den materiellen Interessen zu Liebe, die doch wahrlich hoch genug stehen, aufzugeben, lind die ! preußische Jntrigue wird sofort in's Wasser fallen, da Baiern, Sachsen re. seinem Beispiele gewiß folgen würden. Eine Stimme aus Oesterreich, die überhaupt schon manches höchst vernünftige Wort hat vernehmen lassen, spricht sich über die Sache so treffend aus, daß wir das Wesentliche ihres Ausspruchs unseren Lesern mittheilen zu müssen glauben: „Selbst Spanien hat aufgehört, die Anerkennung des Königreichs Italien bedenklich zu finden. Die Lage Oesterreichs ist bezüglich der vorliegenden Frage allerdings nicht ganz dieselbe, als die des entfernteren Spaniens. Allein niemals können wir zugeben, daß katholische und legitimistische Rücksichten für die Nichtanerkennung maßgebend sein sollen. Oester reich braucht doch wahrhaftig nicht konservativer zu sein, als der Papst, und nicht legitimistischer, als der spanische Hof. WaS aber Venetien betrifft, welches von Florenz her mehr aus Furcht vor uns, als in der Absicht, uns Furcht zu machen, bedroht wird, so liegt die Bürgschaft für diesen Besitz in unserer Macht und Stärke und steht derselbe mit der Anerkennungsfrage in gar keinem Zu sammenhänge. Die Behauptung: Oesterreich müsse die Aner kennung Italiens davon abhängig machen, daß die italienische Re gierung auf Venetien Verzicht leisten zu wollen erkläre, ist uns geradezu unverständlich. Der Rechtstitel, kraft dessen Venetien zu Oesterreich gehört — seit dem Frieden zu Campo Formio 1797 durch Napoleon I. — ist so gediegen wie der, kraft dessen irgend eine europäische Macht Land und Leute besitzt und beherrscht. Italien hat auf Nichts zu verzichten und Nichts zu versprechen: denn es hat aus unser Gebiet keinen Schatten von Recht oder Anspruch. Die Frage der Anerkennung und die der Sicherheit sind zwei ganz verschiedene Dinge. Am sichersten werden wir fein, wenn wir stark sind, und stark machen kann uns nur der Friede und Sparsamkeit mit unseren Kräften. Die officielle Ankündigung einer Reduction unserer Armee in Italien darf man für ein günstiges Vor zeichen halten. Und wenn nur einmal der Papst mit Victor Ema nuel handelseinig geworden ist, was früher, als man glaubt, der Fall sein wird, dann ist uns nicht bange, daß auch Oesterreichs Regierung in die Fußtapfen Spaniens tritt, und der europäische Friede eine neue, heute noch fehlende Bürgschaft gewinnt. Auch Oesterreich wird früher oder später nicht unterlassen können, wozu Spanien sich durch die liberale Meinung des Landes und seine wohlverstandenen Interessen unwiderstehlich hingedrängt sah". Schließlich können wir eine historische Vergleichung nicht unaus gesprochen lassen: wie nämlich Maria Theresia die mit Oesterreich entzweiten Ungarn um jeden Preis zu gewinnen suchte, was ihr auch gelang, um ihren Feinden Friedrich d. Gr. von Preußen und dem mit Frankreich verbündeten Baiern gewachsen zu sein, so sucht auch jetzt das österreichische Kaiserhaus eine Aussöhnung mit Ungarn, um das Machtgewicht, was in diesein Lande liegt, den Gelüsten Preußens zu seiner Zeit entgegenzuwerfen. D Berlin. Hier waren in diesen Tagen allerhand alarmirende Gerüchte über arge Differenzen zwischen Preußen und Oesterreich verbreitet. Das, was Alles erzählt wurde, unterlassen wir wieder zugeben, weil die Phantasie dabei im Spiel war; allein das Eine ist richtig: die Beziehungen zwischen Wien und hier sind nie schlech ter gewesen, wie gerade jetzt, und wir werden uns auf die ärger lichsten diplomatischen Zwischenfälle gefaßt zu machen haben. — Uebereinstimmend damit wird dem „Fr. Journ." aus Berlin ge schrieben : Die Spannung zwischen Oesterreich und Preußen, welche offenbar in den letzten Wochen immer größer geworden ist, deutet viel eher auf einen blutigen Krieg als auf einen Friedenskongreß hin. Von beiden Seiten wird mit dem Säbel gerasselt, und zwar nicht ohne die Absicht, ihn nöthigenfalls auch aus der Scheide zu ziehen. Von Berlin versichert man, die Befestigung und Armirung der schlesischen Festungen sei schon vor der Spannung zwischen Ber lin und Wien beschloßen gewesen und habe nur technische Gründe, und die österreichische „Generalcorresp." antwortet darauf nicht we niger drohend — wenn auch vorerst nur aus Frankfurt — der sie benjährige Krieg sei in Oesterreich noch nicht vergessen, es sei und bleibe die österreichische Politik, die Hcrzogthümer vor preußischer Vergewaltigung zu schützen, und die Absicht Bismarcks, Oesterreich ebenfalls in einen Berfassungsconflict hineinzuziehen, um seine Kräfte zu lähmen, sei längst durchschaut. — Bon Wien aus wird dieses feindselige Verhältnis zwischen den beiden Großmächten vollständig bestätigt. Die preußischen Verhandlungen mit Italien und neuer dings die Congreßintriguen Preußens hätten den Kaiser Franz Jo seph vollständig von seiner Vorliebe für ein preußisch-österreichisches Bündniß abgebracht. Man sei aber fest entschlossen, in der deut schen Politik Preußen nicht nachzugeben, sondern lieber sich mit Ita lien zu verständigen, als Preußen in Deutschland obenauf kommen zu lassen. — Die Berliner „Gerichts-Ztg." schreibt: „Verschiedene Zei tungen berichteten vor einigen Tagen, daß ein Student, der sich trotz der Aufforderung eines Schutzmannes geweigert hatte, die Mütze vor dem König bei dessen Abreise von hier zu ziehen, vom akademischen Senat mit sieben Tagen Carcer bestraft worden ist. Gestern früh fand inan ein auf diese Verurtheilung bezügliches fri voles Gedicht, im Bänkelsängerton gehalten, an dem schwarzen Bret an der Universität angeschlagen, um das sich alsbald die Studenten sammelten und zahlreiche Abschriften nahmen. Nach zwei Stunden wurde es vom Pedell abgerissen. Der Inhalt des Gedichts entzieht sich jeder Veröffentlichung." — Die „Köln. Ztg." hält den Pariser Blättern gegenüber ihre Congreß-Nachricht aufrecht. Sie sagt: daß die Sache schon bis zum Notenaustausche vorgerückt wäre, hat kein Mensch behauptet; es wäre auch in der That überraschend, wenn das sonst so langwierige Stadium der Präliminarien so schnell überwunden sein sollte. Daß aber der Kaiser Napoleon nicht mit der Thür in's Haus zu fallen pflegt, wie sehr er auch zu überraschen liebt, sollten doch wenigstens die französischen Blätter wissen. Wie uns geschrieben wird, hat Drouyn de l'Huys auf eine Anfrage wegen der Congreß-Nachrich- ten die Achseln gezuckt und schmunzelnd geäußert: „Es scheint, man will uns Appetit machen." Die französische Diplomatie spielt bei den Verhandlungen den unwissenden Theil, ganz wie sie dies wäh rend der Verhandlungen in Rom gethan hat. Kiel, 10. Juli. Einen nicht uninteressanten Beitrag für die Anschauungen und Erwartungen der höheren Kreise in Preußen in Bezug auf die Lösung der schleswig-holftoinischen Frage dürfte ein Brief bilden, den Prinz Hohenlohe-Ingelfingen vor einigen Tagen an einen unserer hiesigen, weniger durch seine diplomatischen Tha- ten, als durch seine Leidenschaft für derartige Auszeichnungen be kannten Magnaten gerichtet hat. In demselben spricht der hohe > Berichterstatter — ob in ebenso officieller Weise, wie seine nord- . schleswigschen Bemühungen betrieben wurden, oder nur als privat« > freundliche Aeußeruug, ist nicht zu ersten — seine zuversichtliche,